Erneut auf den ersten Blick gegensätzliches selbstgewähltes Doppelfeature, wobei beide Filme gemeinsam haben, dass die auf Dialogwortwitz aufbauen ...
Good Boys : Ein typischer Coming-of-Age-Film rund um drei Freunde, bei der sich vordergründig alles um eine Drohne und eine bevorstehende Knutschparty dreht, aber eigentlich geht es um Freundschaft und die Grenze zwischen Kindheit und Heranwachsenden. Der Trailer kommt zotiger herüber als der Film eigentlich ist. Klar gibt es viele Genital-Gags, aber der Humor hat dann doch mehr Tiefgang als wie ich von Seth Rogen erwartet hätte. Erinnerte mich positiv an Superbad. Durchaus sehenswert, auch weil glaubwürdig geschauspielert.
Gut gegen Nordwind : Ein Liebes-Drama und die Verfilmung eines modernen Briefromans zugleich, das es auch auf die Bühne geschafft hat. Dazu noch 120 Minuten. Sehr dialoglastige 120 Minuten, in denen gekonnt mit der Sprache gespielt wird und die gezeigte Handlung eigentlich nur den Rahmen bildet, teils banal, teils egal, teils charaktererklärend ist.
Man muss schon die eher ruhige und geruhsame Art dieses E-Mail-Verkehrs mögen. Wobei Frau Tschirner für meinen Geschmack zu sehr abliest und ihrer Stimme anfangs die Dynamik fehlt, die ihr Gegenpart in Person von Alexander Fehling gekonnter zeigt. Dadurch ist es zwar typisch Nora Tschirner, wie wir sie eben mögen oder auch nicht, aber die Rolle hätte jemanden verdient gehabt, der weitaus mehr mit der Stimme arbeiten kann. Eben weil diese Stimme anfangs enorm viel vom Film tragen muss. Allerdings wurde Nora Tschirner im Abspann als Mitproduzenzin genannt und ihr Ex-Mann ist eben auch dabei. Die Filmbranche scheint noch kleiner und iniger als die Brettspielbranche zu sein. Man kennt sich eben.
Wer sich auf den Film und die Erzählart einlassen kann, erlebt ein gutes Kammerspiel, das ich fast lieber auf der Bühne als im Kino gesehen hätte. Weil diese ganzen begleitenden Bilderwelten lenkten doch nur von der Essenz der E-Mail-Dialoge ab und schufen eine Kontextebene, die ich so gar nicht gebraucht habe. Zudem fand ich das ständige E-Mail-Plink zu aufdringlich, zeigte aber gut wie abhängig wir inzwischen von diesen parasitären Geräten sind, dass die so unseren Lebenstakt bestimmen können. Damit bekommt der Film eine kritische Subebene, die eventuell so gar nicht gedacht war.