Tja, von der Story war ich überrascht. Ich hatte da was weichgespühltes erwartet, so um Familie und Zusammenhalt und dann wird alles gut. Bekommen habe ich hingegen etwas ganz anderes, zumindest in meiner Wahrnehmung, die allerdings durch die Originalversion in meinem Verständnis geprägt sein könnte:
Ein König, der sein Königreich in allerbesten Absichten und aus seiner negativer Erfahrung getrieben (die allerdings nur angedeutet wird, was da genau passiert ist) beschützen will und damit auch die Bewohner dieses Königreiches, die ihn verehren und von denen er sich verehren lässt.
Dazu ist es allerdings notwendig, die Kontrolle über alle Wünsche der Bewohner zu haben und das geht nur, in dem diese Wünsche weggenommen werden (was dann positiv als "geschützt" verkauft wird), geprüft werden und nur sehr dosiert gewährt werden. Weil Wünsche, die nicht in Erfüllung gehen, weil der Wünschende daran scheitert und da sind diese Wünsche eher Lebensträume in meinem Verständnis, vor dieser negativen Erfahrungen müssen die Wünschenden geschützt werden. Selbst wenn die sich dadurch leer fühlen und selbst nicht wissen, warum sie sich so leer und unerfüllt fühlen, weil sie ihre Wünsche nicht mehr kennen und somit weder die eigene Macht haben, diese Wünsche umzusetzen noch wissen, was diese sind. Die Last des Schutzes übernimmt der König. Diese Bürde schultert er zunächst scheinbar selbstlos und die Wünschenden lassen sich gerne diese Bürde abnehmen.
Zudem können manche Wünsche auch gefährlich sein oder werden. Selbst ganz harmlose Wünsche, weil die Auswirkungen davon unkontrollierbar sein könnten. Gefährlich für die Integrität und Sicherheit des Königreiches. Deshalb lieber keine solche Wünsche gewähren und nur die absolut banalen und auch nur einen pro Jahr oder zu ganz besonderen Gelegenheiten als Belohnung. Damit wird der König zum Gönner.
Allerdings ist die Verführung gross für den König, sich durch mächtige Magie korrumpieren zu lassen, um diese Bürde der Wunschverwahrung und Wunschkontrolle besser zum Wohl aller schultern zu können. Warum sich nicht helfen lassen von dieser Magie, wenn das Ergebnis doch der besserer Schutz aller ist? Allerdings ist dieses Buch der starken Magie weggeschlossen und das hat einen tieferen Grund, der in Vergangenheit begründet ist. Aber bis auf ein verbranntes Banner des alten ehemaligen Königreiches, von dem der König fliehen musste, um entlegen ein neues und besseres, weil sicheres Königreich aufzubauen, wurde das nicht weiter ausgeführt.
Asha erkennt und hinterfragt, was der König seinem Volk durch die Kontrolle und das Wegsperren der Wünsche vorenthält. Sie rebelliert dagegen und wird als Verräterin verfolgt. Das Volk und besonders ihre Freunde werden mit Falschinformationen gefüttert und dazu aufgestachelt, sie zu verraten, lockt doch die persönliche Wunscherfüllung als Belohnung. Hier wird eine Belohnung durch den inzwischen korrumpierten König versprochen, die eigentlich keine ist, wurden die Wünsche doch dem Volk weggenommen.
Im Strudel der Korrumption durch die benutzte mächtige Magie, welche allerdings die Wünsche der Volkes aufzerrt und den König mächtiger macht, das Volk vor den eigenen Wünschen zu schützen, stürzt sich der König in eine Abwärtsspirale des Unterganges. Am Ende würde ein von Wünschen entleertes Volk übrig bleiben und ein König, der in seinem Machtmissbrauch gar keine Wünsche mehr beschützen muss und dadurch selbst von dieser Last befreit ist, die er sich selbst aufgebürdet hat. Stattdessen aber von allen verehrt wird, weil er in seiner Macht als scheinbarer Beschützer alles überstrahlt, da das Volk gar nicht mehr weiss, was ihm genommen wurde und vor sich selbst beschützt ist, weil es bildlich gefesselt ist vom König und gar keinen Handlungsspielraum mehr hat. Wer nichts mehr machen kann, der kann auch nichts machen, was das Königreich gefährdet.
Nur durch die Kraftanstregung der Gemeinschaft, sich von diesen Fesseln zu befreien, weil jeder Einzelne wieder an sich selbst glaubt und seine Wünsche selbst in die Hand nimmt, um diese wahr werden zu lassen, kann der König besiegt und eingesperrt werden. Der Stern, der Asha inspiriert hat und die Inspiration, die auf die Einzelnen des Volkes überspringt und die Fesseln sprengt, in die sich das Volk hat legen lassen, ist dazu der Auslöser. Unklar bleibt, was genau dieser Stern überhaupt ist. Da geht der Film nicht auf die Detailebene.
Soweit so überraschend. Weil so eine Rebellengeschichte der Auflehnung gegen die Obrigkeit hatte ich nicht von Disney erwartet. Wer Verantwortung und Kontrolle abgibt, um Schutz zu bekommen, wird am Ende versklavt, wenn in den zunächst besten Absichten übertrieben wird. Aus Furcht vor den negativen Folgen, wenn jeder einfach so seinen Wünschen folgen könnte und keine ordnende Kontrollinstanz vorhanden ist. Da bin ich gespannt, wie diese Story in China vermarktet wird.
Allerdings hat mich das Ende enttäuscht oder verblüfft (da bin ich mir selbst nicht einig), weil in meiner Wahrnehmung der alte Status Quo wieder hergestellt wird. Erst Rebellion und Befreiung, nur damit sich dann das Volk wieder einer neuen Führung unterordnet? Da übernimmt dann die Königin zusammen mit Asha die Macht. Natürlich nur zum Besten des Volkes. Aber genau das hatte der König anfangs ja auch behauptet. Somit ist der Grundstein gelegt, dass sich die Geschichte erneut wiederholt. Denn der König wusste ja durch das verbrannte alte Königreich, zu was Macht und dann Machtmissbrauch führt und hat trotzdem die Kontrolle über das Volk an sich gerissen und sich durch mächtige Magie noch weiter korrumpieren lassen. Warum gibt das Volk die Macht erneut in die Hände von Wenigen? Sollte das Volk es nicht besser wissen oder ist die Hoffnung in Asha und die Königin so gross? Wenn das zynisch gemeint war, dann Glückwunsch zu dieser leider treffenden Analyse, dass aus Fehlern der Vergangenheit nichts gelernt wird ... wird diesmal hoffentlich schon gut gehen.
Kann natürlich sein, dass Disney das alles viel oberflächlicher angelegt hat und das alles nur meine übertriebene Interpretation ist. Aber so verstanden, hat mir Wish wirklich gut gefallen.