[Filmtipp] Kinotipp der Woche

  • Ist beim Genre Actionfilm tatsächlich nur die Action ausschlaggebend?

    Und zum Video:

    Wenn es im Video um Kriterien geht, warum ein Actionfilm gut oder schlecht sein soll, und dabei auf Dinge wie Charaktertiefe, (Psycho-)Logik, Realismus etc. überhaupt nicht eingegangen wird, ja, dann gehe ich schon davon aus, dass der Macher des Videos diese Dinge als nicht wichtig ansieht. So funktioniert Kommunikation gemeinhin. Nach Deiner spitzfindigen Logik könnte man ansonsten so gut wie jede Aussage relativieren.

    Das "nur" kommt aber von Dir, dieser Ausschließlichkeitsgedanke findet sich eben nicht im Video und den kann man auch nicht einfach daraus ableiten, dass das Video isoliert diesen Aspekt betrachtet. Weniger wichtig =|= unwichtig.

    Ich kann den Punkt von Bananenfischer schon verstehen: mir fällt auch spontan kein anderes Genre ein, das man so sehr auf Handwerk reduzieren kann. Mir fallen nichtmal abstruse Beispiele ein, was das für andere Genres sein könnte. Vielleicht noch, einen Horror-Film danach zu bewerten, wie gruselig das Monster aussieht. Aber was wäre ein handwerklicher Aspekt, bei dem man zwischen gut und schlecht unterscheiden kann, in Bezug auf einen Krimi? Oder eine Komödie? Oder eine Romanze? Oder einen SciFi-Film? Da entsteht das Genre doch immer aus dem Plot heraus.

    Einmal editiert, zuletzt von verv ()

  • Doch, dieser Ausschließlichkeitsgedanke ist implizit auch im Video enthalten, ohne dass er ihn aussprechen muss. Sonst würde seine Argumentation nämlich gar nicht funktionieren.

    Wenn er sagt, Film x ist ein guter Actionfilm, weil die Action gut gemacht ist, dann ist das für ihn das ausschlaggebende Kriterium. Denn wenn er auch wert auf z.B. Charaktertiefe legen würde, müsste er, wenn er den Film als guten Actionfilm einstuft, diese auch als gut einstufen.

    Die Tatsache, dass er das nicht tut, und auch keinen anderen Faktor erwähnt außer der Qualität der Action-Darstellung, lässt den Schluss zu, dass er diesen anderen Faktoren wenig bis gar keine Bedeutung zumisst.

  • Klassisch werden in diesem Zusammenhang das Melodram, Horrorfilm und Porno genannt. Alles Genres, wo es um viscerale Reaktionen beim Publikum geht, bzw. um die Produktion von Körperflüssigkeiten, sei es nun Adrenalin, Lacrimae, Testosteron oder Cortisol. Das Besondere an Filmen wie John Wick wäre m.E., dass die Zuschaueridentifikation durch Stilmittel der Verfremdung und Distanzierung fast schon brechtisch heruntergefahren wird und die Mechanik der Szenen ausgestellt wird. Im Hongkong-Heroic-Bloodshed-Kino eines John Woo bist Du auf Gedeih und Verderb in die Figuren investiert, wirst mitgerissen, bist in die Handlung involiert und fieberst mit. Bei John Wick bleibt man imho (vielleicht ist das aber auch nur meine Wahrnehmung) deutlicher außen vor, beobachtet die Brillianz der Inszenierung, sieht dabei aber auch die Räder der Maschine, die hier besonders kunstfertig angefertigt sind.

  • Archibald Tuttle

    Danke, das erklärt wohl auch, warum mir persönlich andere Actionfilme wie Equalizer, aber auch Mad Max und im weiteren Sinn Für Warrior deutlich besser gefallen haben als John Wick 1.

    Der hat mich emotional einfach nicht mitgenommen, und somit blieben auch die Actionszenen für mich ohne emotionale Involvierung bloßes Schauwerk.

  • Ich kann den Punkt von Bananenfischer schon verstehen: mir fällt auch spontan kein anderes Genre ein, das man so sehr auf Handwerk reduzieren kann. Mir fallen nichtmal abstruse Beispiele ein, was das für andere Genres sein könnte. Vielleicht noch, einen Horror-Film danach zu bewerten, wie gruselig das Monster aussieht. Aber was wäre ein handwerklicher Aspekt, bei dem man zwischen gut und schlecht unterscheiden kann, in Bezug auf einen Krimi? Oder eine Komödie? Oder eine Romanze? Oder einen SciFi-Film? Da entsteht das Genre doch immer aus dem Plot heraus.

    Naja, wie Archibald Tuttle ja sagt: ein Melodram, das keine zwischenmenschlichen Beziehungen beleuchtet, ein Horrorfilm, der keinen Schreck- oder Schockgefühle auslöst... ein Sci-Fi Film, der keine Science Ficiton enthält, kann noch so tolle Charakterstudien haben, es ist halt kein Sci-Fi.

    Aber selbst wenn man sich darauf einließe, ist das doch eher eine Frage, wie man Genre(-grenzen) definiert, keine Diskussion darum, ob ein Genrefilm die Anforderungen seines Genres erfüllen muss. Scary Movie ist kein Horrorfilm, sondern eine Komödie -- wenn die Witze darin schlecht sind, zudem eine schlecht gemachte, weil unlustig.

    Ich verstehe gar nicht, was es da zu diskutieren gibt. Ein Musical ohne Musik ist kein Musical, eines mit nur einem Song oder schiefer Musik ein schlechtes, weil es die Genreanforderungen schon nicht /nicht handwerklich gut erfüllt.

  • Das "nur" kommt aber von Dir, dieser Ausschließlichkeitsgedanke findet sich eben nicht im Video und den kann man auch nicht einfach daraus ableiten, dass das Video isoliert diesen Aspekt betrachtet. Weniger wichtig =|= unwichtig.

    Ich kann den Punkt von Bananenfischer schon verstehen: mir fällt auch spontan kein anderes Genre ein, das man so sehr auf Handwerk reduzieren kann. Mir fallen nichtmal abstruse Beispiele ein, was das für andere Genres sein könnte. Vielleicht noch, einen Horror-Film danach zu bewerten, wie gruselig das Monster aussieht. Aber was wäre ein handwerklicher Aspekt, bei dem man zwischen gut und schlecht unterscheiden kann, in Bezug auf einen Krimi? Oder eine Komödie? Oder eine Romanze? Oder einen SciFi-Film? Da entsteht das Genre doch immer aus dem Plot heraus.

    Eine Komödie wird danach bewertet,.ob man sie lustig findet, eine Romanze nach dem "Aaawww"-Effekt, ein Thriller nach dem Spannungsgefühl und ein Horrorfilm nach dem Gefühl, ob man sich gegruselt hat.

    Man bewertet den Film immer danach, wie handwerklich gut er ein "Gefühl" auslöst. Das muss gar nicht immer aus dem Plot kommen (weder Paranormal Activity noch Das Leben des Brian funktionieren primär aus ihrem Plot heraus.)


    Welches Gefühl will aber ein Actionfilm auslösen?

    So richtig gibt es da keins, oder eben eine Mischung aus allen. Am ehesten noch dieses "Wow"-Gefühl, bei dem man mit offenem Mund dasitzt und staunt. Und was bringt uns zum "Wow"-Gefühl? Selten der Plot und noch seltener der dreimillionste Film über einen Bullen, der Gangster abknallt.

    Wir staunen über abenteuerliche Stunts, wilde Verfolgungsjagden, akrobatische Kämpfe und wahnwitzige Ideen.

    Das heißt, anders als andere Genres müssen Actionfilme mit Physis überzeugen, mit Dingen und Körperlichkeiten. Darum ist hier ein anderes, visuelles, physisches und plastisches Handwerk gefragt und spielt eine viel wichtigere Rolle als bei Komödien, Thrillern, Horror oder Romanzen. Auch da wird das Handwerk bewertet, es liegt nur weniger im Außen und mehr im Innen.

    Darum die unterschiedliche Bewertung.


  • Da bin ich weitgehend bei Dir. Trotzdem glaube ich dass es da irgendwann einen Paradigmenwechsel gab, so in den 90ern/Anfang der 2000er. Vorher ging es auch im Actionkino viel mehr um Identifikation mit dem "Helden", wir haben mit ihm gelitten, dramaturgisch gab es auch viel mehr Handlungsszenen und emotionale Entwicklung. Wenn ich mich richtig erinnere, waren es vorrangig Titel in der Nachfolge zu True Lies und Matrix, die das zugunsten immer spektakulärerer Actionszenen aufgegeben haben (auf Anhieb fielen mir Titel wie Wanted, Ballistic, Ultraviolet, Shoot-em-up etc. ein). In den frühen 1990ern war emotionales Investment in die Filme noch deutlich wichtiger (siehe Terminator 2, Last Boy Scout, Lethal Weapon etc.).

  • Wie lange spricht man denn überhaupt schon von Action-Film als eigenes Genre? War das nicht früher vielleicht eher der Abenteuer-Film, der dann auch etwas Action hatte?


    (Ernstgemeinte Frage.)

    Das weiß Tuttle vermutlich besser. Meines Wissens seit den 70ern/80ern.

    Aus den Western als populären "Actiongenre" wurden Polizeigeschichten (im Grunde dasselbe: Gut jagt Böse, dazu Verfolgungsjagden (im Auto statt zu Pferd)), und als dann noch Star Wars kam und das ganze Fantastische, lockere fürs Kino öffnete, entwickelten sich die "Actionfilme" der 80er.


    Vor Mitte der 70er ist mir der Ausdruck aber nicht untergekommen.

    Ich sehe da immer French Connection als den Kipppunkt zur Genreentstehung.


    Aber das mag jemand mal klarer definiert haben.

  • Wie lange spricht man denn überhaupt schon von Action-Film als eigenes Genre? War das nicht früher vielleicht eher der Abenteuer-Film, der dann auch etwas Action hatte?

    (Ernstgemeinte Frage.)

    Das wäre die These aus dem Video von Behaind...

    Ja, das stimmt – der spricht dort mal einen Errol Flynn an. Und die Beispiele für Action-Filme stammen bei ihm ja frühestens aus den 80ern. Aber so richtig beantworten tut das Video meine Frage nicht, oder? Oder hab ich was vergessen?


    Meine Vermutung wäre, dass das Zeitalter der Action-Blockbuster in den 80ern erst so richtig angefangen hat. Aber das kann absolut eine verzerrte Wahrnehmung sein. So umfassend ist mein Film-Wissen nicht und je weiter es zurück geht, desto lückenhafter wird es bei mir.

  • Das wäre die These aus dem Video von Behaind...

    Ja, das stimmt – der spricht dort mal einen Errol Flynn an. Und die Beispiele für Action-Filme stammen bei ihm ja frühestens aus den 80ern. Aber so richtig beantworten tut das Video meine Frage nicht, oder? Oder hab ich was vergessen?


    Meine Vermutung wäre, dass das Zeitalter der Action-Blockbuster in den 80ern erst so richtig angefangen hat. Aber das kann absolut eine verzerrte Wahrnehmung sein. So umfassend ist mein Film-Wissen nicht und je weiter es zurück geht, desto lückenhafter wird es bei mir.

    Naja, denk mal an Rambo I und wie dann Rambo II aussah... andererseits war eine Filmreihe wie Smokey and the Bandit schon vor den 80ern stark auf spektakuläre Stunts ausgelegt -- Anfang bis Mitte der 80er wurde diese Art Film aber immer spektakulärer, wer da den Stein ins Rollen gebracht hat, müsste ich auch nochmal drüber nachdenken. Da gab es halt ein paar Paradigmenwechsel in Hollywood, nicht zuletzt auch durch Filme wie Terminator (spektakuläre Action/Schießereien), Rambo II (Action over the top) und dann später nochmal durch Top Gun (Werbeästhetik). Indiana Jones 1981 (und vielleicht auch Star Wars) haben da vielleicht auch ihren Anteil dran gehabt.

    Den Anfang hatte es vermutlich aber schon in immer spektaluläreren Auto-Stunts... etwa Cannonball von 1976. So richtig angefangen hat es vielleicht sogar schon mit den Bond-Filmen...

    2 Mal editiert, zuletzt von m4xx ()

  • Vor Mitte der 70er ist mir der Ausdruck aber nicht untergekommen.

    Ich sehe da immer French Connection als den Kipppunkt zur Genreentstehung.

    Den würde ich tatsächlich noch in die Rubrik Thriller einsortieren... die Verfolgungsjagd hat ja auch einen starken psychologischen Effekt... wie übrigens auch schon in "Duell" von Spielberg.

  • Übriegns

    Vor Mitte der 70er ist mir der Ausdruck aber nicht untergekommen.

    Ich sehe da immer French Connection als den Kipppunkt zur Genreentstehung.

    Den würde ich tatsächlich noch in die Rubrik Thriller einsortieren... die Verfolgungsjagd hat ja auch einen starken psychologischen Effekt... wie übrigens auch schon in "Duell" von Spielberg.

    Japp, aber ich sehe ihn immer so ein bisschen als die "Ursuppe" des modernen Actionfilms, weil er wirklich viele Maßstäbe gesetzt hat, auf denen später aufgebaut wurde und die den "Cop-Film" der 70er maßgeblich geprägt haben.

    Und am Ende war "Popeye" Doyle doch der Prototyp des Typs von "Bulle", der später so überstrapaziert wurde, dass er schließlich in "Last Action Hero" zur Parodie geraten ist.

    2 Mal editiert, zuletzt von Huutini ()

  • Vor Mitte der 70er ist mir der Ausdruck aber nicht untergekommen.

    Ich sehe da immer French Connection als den Kipppunkt zur Genreentstehung.

    Die Grenzen sind da sicherlich fließend. Wenn man vom Kriminalfilm als Ursprung des Actionfilms ausgeht, dann sind sicherlich French Connection oder auch Getaway von Peckinpah zwei wichtige Landmarken. Aber aus dem Kriegsfilm heraus entstanden ja Genreklassiker wie Das dreckige Dutzend oder Agenten sterben einsam.

    we are ugly but we have the music

  • Die Grenzen sind da sicherlich fließend. Wenn man vom Kriminalfilm als Ursprung des Actionfilms ausgeht, dann sind sicherlich French Connection oder auch Getaway von Peckinpah zwei wichtige Landmarken. Aber aus dem Kriegsfilm heraus entstanden ja Genreklassiker wie Das dreckige Dutzend oder Agenten sterben einsam.

    Habs oben noch rein editiert: was ist mit James Bond? Goldeneye, Man lebt nur zweimal (Auto an einem Magneten unter einem Hubschrauber, Kleinstflugzeug), Im Dienste ihrer Majestät (Bogner bei den Skistunts), das ist alles noch vor den Kriminalfilmen; wobei in Liebesgrüße aus Moskau und Dr. No ja auch schon spektakuläre Actionsequenzen waren.

  • spektakuläre Actionsequenzen

    Da kann man ja noch etwas weiter zurückgehen: Der Flugzeugangriff auf der Landstraße mit anschließender Tanklaster-Kollision oder der Showdown auf Mount Rushmore in Hitchcocks Unsichtbarem Dritten.

    we are ugly but we have the music

    Einmal editiert, zuletzt von Lighthammel ()

  • Wie ist denn Bullit hier einzuordnen fragt der Laie ?

    Gute Frage.

    Die "Sheriff muss Gangster/Zeugen nach X bringen" Geschichte ist natürlich schon vorher sehr populär gewesen, auch wenn Bullitt der Story einen interessanten Twist verleiht.


    Bullitt hat das hervorragend vom Western in die Neuzeit und Großstadt übertragen und mit seinen Actionszenen und der damals modernen "Coolness" von McQueen Maßstäbe gesetzt.

    Mir ist er immer noch zu nahe am Western und vor allem der McQueen-Faktor hebt ihn davon ab, aber er ist natürlich auf jeden Fall ein Brückenfilm.


    (Übrigens finde ich ja immer noch, dass Eastwoods The Gauntlet dieser "Zeugen begleiten" Story das größte Denkmal setzt, und dann auch schon moderner. Noch dazu mit Plakat von Frazetta! 😍)

  • ... gesprengte Ketten...

    Aber ja, dachte auch an Hitchcock... wobei die spektakulären Stunts ja schon bei Buster Keaton kamen.

    Aber Hitchcock ist für mich halt auch wieder primär Thriller, siehe zB Über den Dächern von Nizza. Auch Ben Hur ist nicht vorrangig Action, sondern Historienschinken.

  • ... wobei die spektakulären Stunts ja schon bei Buster Keaton kamen.

    Keaton hat damals schon im Grunde das gemacht, was Tom Cruise heute macht.

    In seinem Rahmen natürlich.😁


    Ich sehe ja Keaton und Flynn als die ersten großen Actionstars. 😍

  • Wie lange spricht man denn überhaupt schon von Action-Film als eigenes Genre? War das nicht früher vielleicht eher der Abenteuer-Film, der dann auch etwas Action hatte?


    (Ernstgemeinte Frage.)


    Ihr habt wesentliche Punkte schon genannt, ich versuch es mal in Kurzform (habe dazu geforscht und veröffentlicht, da ist man nicht immer der Richtige um es präzise zusammenzufassen):


    - Den Begriff Actionfilm gibt es tatsächlich erst so seit den 1970er Jahren. Vorher war "action" schlicht ein Begriff für die Produktion und Beschreibung bestimmter Szenen in Filmen aller möglichen Genres, nämlich zumeist die, wo es um Stunts und aufwändigere Special Effects ging (also beispielsweise im Slapstick, die Erdbebenszenen in San Francisco von 1936 oder der Brand Atlantas in Vom Winde verweht). Für solche Szenen gab es häufig eigene Regisseure (oft dann unter Second Unit geführt), die darauf spezialisiert waren, die im Vor-/Abspann genannten Regisseure waren oft gar nicht am Set, wenn solche aufwändigen Szenen gedreht wurden. Zentraler Ort dieser "action" war dann z.B. das sog. "action-adventure"-Genre, also oft im Dschungel oder anderen exotischen Locations platzierte Abenteuerfilme oder Swashbuckler (insoweit passt Flynn als früher Actionheld natürlich hervorragend, aber auch der frühe Burt Lancaster hat mit Der rote Korsar so etwas wie einen Musterfilm für das spätere Actiongenre gedreht).


    - Der tatsächliche stilistische Vorfahr (dramaturgisch wie in der Platzierung der Action) des Actiongenres, wie man es heute kennt, war aber eher der Western, nicht unbedingt der Edelwestern a la John Ford oder Anthony Mann, eher der kleine Zwischendurch-B-Western, der sich eben über viele Pferdestunts und Shoot-Outs verkaufte. So gesehen liegen die Ursprünge des Actiongenres klar im B-Film, das gilt auch für die Polizei- und Gangsterfilme der 50er und 60er Jahre. In den Mainstream überführt wurden sie dann teilweise im Monumentalfilm (Ben Hurs Wagenrennen), aber auch in den erfolgreichen, bereits genannten großen Kriegsfilmen wie Das dreckige Dutzend, The longest day etc.


    - Stilistisch der wohl einflussreichste Actionregisseur aller Zeiten dürfte aber nicht aus Hollywood kommen - diese Ehre kann man wohl ohne Übertreibung Akira Kurosawa zuschreiben. Dessen Filme wurden von den Filmstudierenden der UCLA (der ersten US-Filmhochschule) zelebriert, und haben Lucas, Spielberg, Milius, Coppola und Scorsese (davor auch schon Frankenheimer und Yates) zutiefst geprägt. Es ist ziemlich einfach, direkte Linien aus Die sieben Samurai bis hin zu den meisten Action-Inseznierungsstrategien der nächsten 50 Jahre zu ziehen. Das gilt ebenso für das Personal dieser Filme.


    - Zentral für Action als Genre im internationalen Sinn ist aber auch das Peplum (Sandalenfilm) und der Italo-Western, aus denen dann ja auch der Poliziotto der 1970er entsteht. Die greifen natürlich jeweils Vorbilder aus Hollywood (und teilweise auch Kurosawa selbst) auf, führen aber auch eine Ruppigkeit ein, die dem US-Kino weitgehend fremd war (natürlich gibt es auch da Ausnahmen, Peckinpah ist da auch sehr stilbildend). Und natürlich ist die international erfolgreichste Filmreihe der 1960er, die James-Bond-Filme, zentral auf die darin enthaltenen Actionszenen hin gebaut, auch wenn sie damals noch im Kern Agentenfilme waren.


    - Wenn man einen Film sehen will, der den Übergang von Western zu Action wirklich exemplarisch zelebriert, dann ist das MacKenna's Gold. Kein wirklich guter Film, aber der Film nimmt quasi die kompletten 1970er und ihre Lieblingsgenres vorweg (bis hin zum Katastrophenfilm), und zeigt überdeutlich, wie wichtig die Inszenierung von Action im Western immer war und wie sehr die Action sich bis hierhin schon verselbständigt hat. Die 1970er sind dann die Zeit, wo der Western durch Polizeifilme abgelöst wurden (so wie Eastwood zu Dirty Harry wechselte), die dann zunehmend die Folie für den Actionfilm wurden.


    Genauer in Richtung dessen, was wir heute darunter verstehen, wurde der Actionfilm unter dem Einfluss von zwei Industriebegriffen beeinflusst: Auf der einen Seite dem BLAM! (Big Loud Action Movie), wie ihn Bond jahrzehntelang vorgelebt hat und wie er dann ab Mitte der 1980er zum Kinostandardmodell wurde. Zum anderen durch den Begriff des High Concept (der ja auch in vielen anderen Genres funktioniert), der aber insbesondere dem Actionkino zugeordnet wurde. Die Entstehung des Videomarktes führte dazu, dass auch kleinere Produzenten international ihre Filme verkaufen konnten, und das war im Actiongewand mit am einfachsten - auch spielte hier die Altersfreigabe anders als vorher keine limitierende Rolle mehr, im Gegenteil, gerade im Videomarkt wurde die Gewaltdarstellung zum Verkaufsargument. Das führte dazu, dass Produzenten wie Mario Kassar und Firmen wie Carolco den Markt mit immens erfolgreichen Actionfilmen fluten konnten - man siehe die Entwicklung zwischen First Blood und Rambo Part Two als klassisches Beispiel.


    - Ich würde historisch gesehen argumentieren, dass sich der Begriff "Actionfilm" als eigenständiges Genre endgültig in den 1970er Jahren etabliert, auch wenn viele der damals so benannten Filme wie Dirty Harry, French Connection, Bullitt heute vielen eher als reine Polizeifilme und gar nicht so actionreich vorkommen. Die Besonderheit war damals die besondere Sorgfalt in der Inszenierung der Actionszenen und die Ruppigkeit, mit der die Hauptfiguren dargestellt wurden und agierten - Antiheld und Action sind in dieser Zeit quasi untrennbar miteinander verbunden. Das löst sich erst, als der muskulöse Hard Body der 1980er in Mode kommt und Darsteller wie Schwarzenegger, Seagal, van Damme etc. die Macht übernehmen (Stallone passt nur begrenzt, der hat diesen Antihelden-Charme noch sehr lange weitergepflegt).


    Das soll erstmal reichen, man könnte noch viel mehr dazu sagen, z.B. dass Action nur in einem kurzen Zeitraum (1985-1995) das dominierende Genre Hollywoods war, dann aber recht schnell in eine Nische geraten ist, aus der es bis heute nicht wirklich wieder herausgekommen ist, zugleich aber eine eher nerdige Anhängerschaft gewonnen hat, also vom Mainstream hin zu solchen Entwicklungen wie "Filme für sehr spezifische Publika" gekommen ist, heutzutage also eine ähnliche (durchaus kassenträchtige) Spezialität ist wie der Horrorfilm.

  • Hach, 1985-1995 was waren da in meiner Jugend für schöne Perlen am Start. Hard Boiled und Red Heat könnte ich mal gut wieder sehen. Wäre interessant, wie solche Streifen gealtert sind.

  • Hach, 1985-1995 was waren da in meiner Jugend für schöne Perlen am Start. Hard Boiled und Red Heat könnte ich mal gut wieder sehen. Wäre interessant, wie solche Streifen gealtert sind.

    Red Heat besser als Hard Boiled. Aber Ed O'Ross geht auch einfach immer. :)

  • Hach, 1985-1995 was waren da in meiner Jugend für schöne Perlen am Start. Hard Boiled und Red Heat könnte ich mal gut wieder sehen. Wäre interessant, wie solche Streifen gealtert sind.

    Red Heat besser als Hard Boiled. Aber Ed O'Ross geht auch einfach immer. :)

    Red Heat mochte ich noch nie wirklich, der war für mich immer das Gegenstück zum imho ebensowenig gelungenen Tango & Cash (lag aber auch an diesem bockschweren C64-Game, wo ich nichtmal auf den dritten Level kam). Hard Boiled ist der John Wick von 1994. Vergiß den Plot (was für John Woo zugegeben schade ist), genieß die unglaubliche, für mich bis heute kaum überbotene Krankenhaus-Action.

  • Red Heat besser als Hard Boiled. Aber Ed O'Ross geht auch einfach immer. :)

    Red Heat mochte ich noch nie wirklich, der war für mich immer das Gegenstück zum imho ebensowenig gelungenen Tango & Cash (lag aber auch an diesem bockschweren C64-Game, wo ich nichtmal auf den dritten Level kam). Hard Boiled ist der John Wick von 1994. Vergiß den Plot (was für John Woo zugegeben schade ist), genieß die unglaubliche, für mich bis heute kaum überbotene Krankenhaus-Action.

    Das ist (ich hatte es extra nicht geschrieben) einer der Gründe, warum Red Heat besser gealtert ist: Der war damals schon trashig und ist das heute noch. Hard Boiled wirkt auf mich inzwischen doch ziemlich angestaubt.
    (Witzigerweise habe ich mir gerade heute mal wieder den Abend mit Demolition Man versüßt - selbe Diagnose. Guckt sich heute noch genau so wie damals. :) )
    Edit: Und ja, das Zehfie-Spiel hat mich bis in die Träume verfolgt. Gab es eigentlich Level nach der Schnee-Sauna-Prügelei? :/

    Einmal editiert, zuletzt von Huutini ()


  • Edit: Und ja, das Zehfie-Spiel hat mich bis in die Träume verfolgt. Gab es eigentlich Level nach der Schnee-Sauna-Prügelei? :/

    Vier Level. In keinem kommt James Belushi vor, und Schwarzenegger zieht sich auch in Chicago nichts an. Für mich war im zweiten Level, dem Krankenhaus Schluss. Es ist aber auch bohrend langweilig, da er nur schlagen oder headbutten kann - in der Amiga-Version konnte man wenigstens die Waffen auch aufheben.

  • Jetzt wo ich das so lese, fällt mir noch ein, dass die "Grindhouse"- und -ploitation Kultur der 70er noch einen großen Einfluss hatte und als Vorgänger der Videokultur den subversiven, rebellischen Subtext vieler Action-(und Horror-)streifen grade beim jungen Publikum etabliert und gefördert hat, was auch zur Diversifizierung und Popularität des Genres beitrug.
    (Wobei ich ja hier wieder Parallelen zu den B-Movies der 50er und 60er sehe, die ja vornehmlich als Filler dienten, um das Kinopublikum anzuheizen und zu pushen, und daher auf große Schauwerte angewiesen waren.)


    (Und ich hab Peckinpah vergessen, stimmt ...!)

    Einmal editiert, zuletzt von Huutini ()

  • das Gegenstück zum imho ebensowenig gelungenen Tango & Cash

    da muss ich immer an Lethal Weapon denken, Action-Komödie würde ich das alles nennen und T&C wirkte für mich wie ein"billiger" Abklatsch

    Funfact:
    Kurt Russell wurde ursprünglich die Rolle des Martin Riggs angeboten, er hat aber abgelehnt. Cash wurde daraufhin als klare Anspielung auf die Figur konzipiert.
    Nachdem Russell dann für Tango & Cash zugesagt hatte, wurde ihm die Rolle in Ein Vogel auf dem Drahtseil angeboten, die er aber jetzt nicht mehr annehmen konnte. Er hatte den Produzenten dann Mel Gibson für die Rolle empfohlen, der sie auch bekam. :)

    Generell nennt man das übrigens "Buddy Komödie" oder "Buddy Cop Komödie", und auch wenn es da schon frühere Titel gab, war "Nur 48 Stunden" der Prototyp für alle weiteren und setzte den Ton für Ruppigkeit der "Kumpels" und die Deftigkeit der Sprüche.

  • Es ist halt so ein bisschen die Frage, welche Filme man jeweils dazuzählt. Man darf nicht vergessen, dass Grindhouse spezifische Aufführungsbedingungen bezeichnet, die es so "auf dem Platten Land" nie gab. Da waren viele der sonst als Exploitation gehandelten Filme oft erfolgreicher als die durchschnittliche Hollywoodware. Zwei Beispiele: Walking Tall und Billy Jack zählen laut Variety (die ich zu diesem Zweck einmal komplett ausgewertet habe) zu den 20 erfolgreichsten Filmen der 1970er. Diese Filme haben aber den größten Teil ihrer Einnahmen auf dem Land, in den Südstaaten, maximal in Kleinstädten eingenommen, tauchen in den Listen heute gar nicht mehr auf, weil die durch die Box-Office-Meldungen der Studios entstanden sind. Hollywood selbst war eher irritiert, wieviel Geld unabhängige Produzenten damit verdienen konnten, dass sie mit ein paar Kopien über die Lande tingelten und durch persönliches Marketing dort die Leute ins Kino brachten. Ich denke dass solche Einflüsse (beides sind nach heutiger Definition ebenfalls Action-Selbstjustiz-Streifen) in der Filmgeschichte oft untergehen und hinterher durch eine Geschichte der Gewinner und der kanonisierung vermeintlicher Klassiker allzu oft vergessen werden.

  • John Wick 4 : Tolles Action-Spektakel für Fans von Feuerwaffen-Nahkampf-Gefechten und sehenswerten Stunt-Choreographien mit vollem Körpereinsatz. Wie viel die SFX-Leute da noch nachgearbeitet haben, kann ich nicht beurteilen, da waren im Abspann (sitzen bleiben bis zum Ende lohnt sich!) schon eine ganze Menge aufgelistet. Nur in ganz wenigen Szenen wirkte das Geschehen auf mich ein wenig nach CGI-Übertreibung. Entweder waren etliche Stuntmen gut gepolstert oder schlicht solche Brocken, die zeitgleich noch arg dynamisch agieren konnten. Respekt. Wie alle John Wick Teile natürlich ultra-brutal mit enormen Body-Count, ohne allerdings sich an der Härte zu weiden wie so mancher Horror-Streifen. Dafür gab es auch erstaunlich wenig Blut und wenn das mal spritzt, sah das leider arg digital eingefügt aus, weil eher ein Sprühnebel und weniger händisch angerührte Blutflatschen.


    Der Film dreht zum finalen Showdown hin nochmal mächtig auf, sorgt zwischendurch auch immer wieder für ruhige Szenen. Gut so, weil die basslastigen Schussgeräusche waren mir im IMAX Bochum schon fast zu penetrant, weil ständig der Boden und der Sitz wackelte. Dafür fehlte mir im Gegenzug mehr räumliche Trennung und Tiefe in den Soundeffekten, nur laut ist eben doch kein Qualitätsmerkmal. Eventuell besser im iSens-Dolby-Saal schauen?


    Die 170 Minuten empfand ich als kurzweilig, weil der Film enorme Schauwerte bietet. Klar war, dass die Storytiefe da in keinster Weise mithalten konnte. Hatte ich aber auch nicht erwartet. Die mit Kevlar verstärkten Maßanzüge sind im Kern zwar durchaus realistisch nach meinen beschränkten Infos, aber der Einsatz als mobiler Schutzschirm war mir dann doch zu wiederholend eingesetzt. Mit dem vierten Teil habe ich mich nun an diese Art von Filmen sattgesehen. Reicht mir, auch weil ich mir kaum vorstellen kann, wie das gezeigte nochmals getoppt werden sollte. Eventuell wenn es mehr in Richtung Bollywood-Action wie RRR geht, der nochmals mehr Spektakel bietet? Gerne, aber ein John Wick 5 brauche ich wohl eher nicht, obwohl ich das schon nach Teil 2 dachte.


    In Summe hält John Wick 4 genau das ein, was man sich von einem neuen John Wick Kapitel in Überlänge erhoffen kann - und in etlichen Szenen noch mehr. Deshalb absolut sehenswert für Fans des doch eher speziellen Genres. Wer aber die Vorgängerteile schon nicht so mochte, schaut lieber was anderes an, gibt ja ausreichend Auswahl aktuell.

    Content-Nachschlag gefällig? Brettspieltag.de – Das etwas andere Boulevard-Magazin der versammelten Brettspiel-Szene

  • Dafür gab es auch erstaunlich wenig Blut und wenn das mal spritzt, sah das leider arg digital eingefügt aus, weil eher ein Sprühnebel und weniger händisch angerührte Blutflatschen.

    Ist es auch. Wie ich gelesen habe ist sogar jegliches Mündungsfeuer digital eingefügt, jedes Einschussloch ebenso. Dadurch mindert man die Gefahr von Splittern oder anderen Gegenständen durch Platzpatronen und natürlich auch durch die Hitze und den Druck des echten Mündungsfeuers. Dass selbst die Zerstörung der Umgebung teilweise digital ist, lässt sie eine Szene günstig mehrmals drehen.

    Zum CGI generell: sie waren nie am Triumphbogen :)

  • Kann jemand, der den neuen Dungeons & Dragons schon gesehen hat, etwas zur FSK Einstufung sagen? Macht FSK 12 Sinn, hätte es besser 16 sein sollen oder tendiert er am Ende sogar Richtung <12?

    Einmal editiert, zuletzt von d0gb0t ()