Fussball-WM: Übersteht Deutschland die Vorrunde?

  • Das Problem ist, dass einige / viele (?) / eine wahrnehmbare Masse die angebrachte Kritik dazu nutzen, Beleidigungen und Rassismus auszuleben.

    Definitiv richtig, Rassismus gibt es, leider, und natürlich gehört Rassismus auch überall bekämpft, wo's geht, gar keine Frage.


    Ich persönlich glaube allerdings, dass man (oder hier im konkreten Falle: Mesut Özil) dem Kampf gegen den Alltagsrassismus keinen Gefallen tut, wenn man z.B. die autonome Entscheidung eines Werbepartners/Sponsors, mit einem bestimmten Spieler nicht mehr öffentlich werben zu wollen, sofort in die Nähe von Rassismus rückt. Meiner persönlichen Meinung nach bekämpft man Rassismus am besten, indem man sich auf die klaren und eindeutigen Fälle einschießt, und nicht, indem man alles Mögliche unter Rassismus-Verdacht stellt. Oder konkreter wieder zu Özil: Dem DFB und seinem Präsidenten Reinhard Grindel (von dem ich nicht viel halte) Nähe zu Rassismus zu unterstellen, ist ganz großer Mist. Da braucht's keine Andeutungen, sondern konkret benannte Taten, dann kann man darüber reden. So aber zerschlägt Özil nur unnötig Porzellan für die Integration türkischstämmiger Migranten in Deutschland, und genau das muss sich Özil nach dieser dreiteiligen Erklärung meines Erachtens vorwerfen lassen.

  • Ich habe kein Recht gegen jemanden vorzugehen nur weil dieser (in meiner Wahrnehmung) nicht nachvollziehbare Dinge tut.

    Richtig, und das tut auch keiner. Sehr wohl hätte man ihn aber einfach aus der Nationalelf rauswerfen können, hier gibts ja keinen Rechtsanspruch.

    Das hätte man tun können und

    • sportliche Gründe vorschieben
    • die Spieler aufgrund ihres Verhaltens nicht mehr berücksichtigen

    Ersteres hat der Bundestrainer wohl nicht unterstützt und letzteres hätte die derzeitige Diskussion mit voller Wucht in die WM getragen. Die Erklärung von Oliver Bierhoff lässt ja erahnen dass man darüber wohl nachgedacht hat.


    Besser gespielt hätten die Truppe wohl in keinem Fall.

    Gruß aus dem Münsterland
    Herbert

    ______________________________

    I'm old enough to know what's wise
    and young enough not to choose it

  • Da braucht's keine Andeutungen, sondern konkret benannte Taten, dann kann man darüber reden. So aber zerschlägt Özil nur unnötig Porzellan für die Integration türkischstämmiger Migranten in Deutschland, und genau das muss sich Özil nach dieser dreiteiligen Erklärung meines Erachtens vorwerfen lassen


    Ganz ohne Fehl und Tadel ist Grindel nicht, er hat sich laut Tagesspiegel 2004 folgende Aussage gemacht:


    "Multikulti ist in Wahrheit Kuddelmuddel“, verkündete Grindel dort bereits im Dezember 2004. Es handle sich dabei um „eine Lebenslüge, weil Multikulti in vielen Vierteln eben nur Monokultur geschaffen hat, wo Anreize zur Integration fehlen“. Es gebe in den Städten zu viele islamisierte Räume „und Verhaltensweisen von Ausländern, die zu Unfreiheit führen“.


    Hier der ganze Bericht: DFB-Präsident in der Özil-Debatte: Schon der Politiker Reinhard Grindel war gegen Multikulti - Politik - Tagesspiegel


    Das verleiht demStatement des DfB zu Ösils Vorwürfen, dass man sich zur Integration bekenne und gegen Rassismus sei, nicht unbedingt mehr Glaubwürdigkeit. Mir fehlt das klare Zeichen gegen Rassismus, das die schwedische Mannschaft gegeben hat, als Durmaz beleidigt und beschimpft worden ist. Bislang kamen nur Lippenbekenntnisse.

    we are ugly but we have the music

    3 Mal editiert, zuletzt von Lighthammel ()

  • Definitiv richtig, Rassismus gibt es, leider, und natürlich gehört Rassismus auch überall bekämpft, wo's geht, gar keine Frage.


    Ich persönlich glaube allerdings, dass man (oder hier im konkreten Falle: Mesut Özil) dem Kampf gegen den Alltagsrassismus keinen Gefallen tut, wenn man z.B. die autonome Entscheidung eines Werbepartners/Sponsors, mit einem bestimmten Spieler nicht mehr öffentlich werben zu wollen, sofort in die Nähe von Rassismus rückt.

    Ganz genau das meine ich. Rassismus- und Nazivorwürfe sind gern gesehenes Allzweckmittel gegen für "Die Entscheidung des Deutschen da passt mir nicht!".

  • Lighthammel : Diese 14 Jahre alte Aussage des DFB-Präsidenten ist für dich eine ausreichende Begründung, um ihm Rassismus vorzuwerfen?!

    Ich wollte an dieser Stelle aufzeigen, dass es sehr wohl konkrete Aussagen von Grindel gab, die einen durchaus rassistischen Beigeschmack haben. Das sie mittlerweile 14 Jahre auf dem Buckel haben, macht die Aussagen nicht besser. Außerdem werden in dem Artikel weitere und deutlich jüngere Beispiele aufgeführt.

    we are ugly but we have the music

  • Die Aussage passt zumindest dazu, dass Özil in seinem Statement schreibt, dass sich Grindel nicht wirklich für seine Sicht der Dinge interessiert hat, sondern nur seine politische Agenda / Ansichten durchdrücken wollte. Steinmeier sei da anders gewesen.


    Mal schauen, wie es mit Grindel und auch mit der EM-Bewerbung weitergeht.

  • Özils Erklärung ist in einigen Teilen nachvollziehbar, manche seiner Kritikpunkte finde ich berechtigt. Aber dass er keinerlei Einsicht zeigt, auch selbst einen Fehler begangen zu haben, damit hat er sich weiter angreifbar gemacht. Ich hoffe daher, sein Rücktritt ist endgültig, da er die Werte der Nationalmannschaft offenbar nicht zu 100% vertreten kann.

    Warum reicht eigentlich die Erklärung, dass es für ihn eine Frage des Respekts war die Einladung von Erdogan nicht auszuschlagen nicht aus? :denk:

    Weil das eine eindimensionale Betrachtung ist. Das Thema ist deutlich komplexer, und das hat Özil mit Sicherheit schon vor dem Foto gewusst.

    Er war dort als Privatperson. Damit ist es Privatsache.

    Eine Privatsache wäre es gewesen, wenn das Foto nur in seinem privaten Fotoalbum gelandet wäre. So wie es gelaufen ist, ist es aber keine Privatsache mehr.

    André Zottmann / Thygra Spiele - u. a. viel für Pegasus Spiele tätig
    Ich gebe hier generell immer meine eigene, ganz persönliche Meinung von mir.

    Einmal editiert, zuletzt von Thygra ()

  • Ich bin nicht sicher, ob man das Foto als Fehler bezeichnen muss. Aus seiner Sicht war der Termin mit Foto völlig nachvollziehbar. Seine Erklärung halte ich für glaubwürdig, nachollziehbar und logisch.

    Dass viele von uns Erdogan anders sehen und seine Bestrebungen, eine andere Türkei zu formen, nicht vor nicht akzeptablen Aktionen Halt macht, ist eine Sache. Eine andere aber, dass viele Türken ihn in einer wohl demokratischen Wahl zum Präsidenten gemacht haben und auch die Verfassung so wollen. Von daher sehen viele Türken ihn selbstverständlich als legitimen Präsidenten an. Die Sichtweise vieler Deutscher ist eine andere. Wenn vor diesem Hintergrund ein türkischstämmiger Spieler eine Einladung annimmt und ein Foto machen lässt, finde ich das erst einmal überhaupt nicht verwerflich. Naiv ist jedoch zu glauben, es hätte keinen Bezug zum Wahlkampf gehabt.

    Was der DFB und die Medien sowie die Öffentlichkeit daraus gemacht haben, ist aber aus meiner Sicht ein Unding. Kritik am Verhalten ist eine Sache. Aber eine Hetzjagd bis zum Auspfeiffen auf dem Platz von Gündogan (eines eigenen Spielers!) ist unwürdig, unanständig und im Verhältnis unangemessen. Das Nachtreten von Bierhoff und Grindel NACH der WM und nach dem wochenlangen Beschwichtigen ist zudem unerträglich.

    Dass Özil JETZT nur zurücktreten konnte, ist klar. Die Art und Weise ist ein Rundumschlag, der mir auch nicht in allen Teilen gefällt. Er spricht aber wichtige DInge an. Rassisimus als Begriff ist aus meiner Sicht etwas übertrieben. Aber man darf schon nachfragen, warum der DFB nach der WM so nachtritt, warum der Sponsor ihn aus dem Bild genommen hat und ob die Kampagne der BILD nicht ein rassistisches Motiv hat. Und ob er nicht korrekt wiedergibt, dass er bei guten Spielern der deutsche Star ist und bei schlechten Abschneiden der Mannschaft unabhängig von seiner - bei der WM ohnehin eher guten - Leistung der Türke, den keiner haben will.

    Er ist trotz einer breiten Antimeinung einer der besten und verdientesten Spieler der letzten zehn Jahre, wenn auch nicht mehr so gut wie um 2012 herum. Er kreiert die meisten Chancen und ist der Spieler, der den Ball zum Vorbereiter passt. Bei aller Kritik am Foto und an seinem langen Schweigen hat er mit dem Vorwurf der Respektlosigkeit zumindest recht. Und das wäre vermutlich anders, wenn es um Boateng gegangen wäre, der sich in Ghana mit seinem Bruder beim Präsidenten ablichten lässt, oder um Podolski beim polnischen Präsidenten (der ja auch nicht ohne ist) gegangen wäre. Oder ein deutschstämmiger Spieler im Ausland hätte sich mit Merkel oder Weidel ablichten lassen. Hätte da irgendwer in seinem Heimatland etwas gesagt?

    Das Sommermärchen hat viel zusammengeschweißt, der Trend der letzten Jahre ist aber gefühlt nationaler, ohne gemeinsam sein zu wollen, rassistischer und egositischer. Das ist zu berücksichtigen. Ebenso aber auch der verletzte Stolz, der Özil in einigen Teilen über das Ziel hinauisschießen lässt. Alerdings halte ich den Grundtenor für nachvollziehbar. Was einige Politiker einerseits und Medien wie die BILD andererseits wieder daraus machen, ist aber wirklich haarsträubend.

  • Aber eine Hetzjagd bis zum Auspfeiffen auf dem Platz von Gündogan (eines eigenen Spielers!) ist unwürdig, unanständig und im Verhältnis unangemessen.

    Auspfeifen halte ich für eins der wenigen legitimen Mittel der Fans. Solange es im Rahmen bleibt dürfen und sollen Fans ihren Unmut äußern. Welches andere Mittel haben sie außer zu Pfeifen? Dass es für die Leistung des jeweiligen Spielers nicht förderlich ist steht auf einem anderen Blatt. Ich wehre mich aber dagegen ein legitimes Mittel der Kritik als unwürdig und unanständig hinzustellen. Unabhängig, ob ich die Einstellung der Fans teile oder nicht.

  • Einen einzelnen eigenen Spieler auszupfeiffen, das geht für mich gar nicht.

    Warum? Für mich ist die freie Meinungsäußerung eines der höchsten Güter, die wir in dieser Gesellschaft haben und dieses Gut steht jedem zu. Sogar Fußballfans. ;) Ob das Zielführend ist oder der gewünschte Effekt erziehlt wird lassen wir mal dahingestellt. Darum geht es auch gar nicht. Solange es im Rahmen bleibt muss ein Fußballer auch solche Reaktionen der Fans ertragen können. Fußballer haben kein Recht immer nur umjubelt zu werden. Demokratie heißt für mich die Meinung des anderen ertragen zu können.


    Natürlich muss alles im Rahmen bleiben und darf nicht wochenlang so weiter gehen. Nach ein 1 bis 2 Spielen sollte auch wieder gut sein und fair miteinander umgegangen werden.

    Einmal editiert, zuletzt von BlackTears ()

  • BlackTears Wenn man einen einzelnen Spieler der eigenen Mannschaft auspfeift, schadet man der ganzen Mannschaft, die man doch eigentlich unterstützen möchte. Deshalb ist so etwas während des Spiels total daneben. NACH dem Spiel kann man ja gerne dem Spieler noch mal mit Pfiffen deutlich machen, was man von ihm hält. Aber doch bitte nicht während des Spiels.

  • BlackTears Wenn man einen einzelnen Spieler der eigenen Mannschaft auspfeift, schadet man der ganzen Mannschaft, die man doch eigentlich unterstützen möchte. Deshalb ist so etwas während des Spiels total daneben. NACH dem Spiel kann man ja gerne dem Spieler noch mal mit Pfiffen deutlich machen, was man von ihm hält. Aber doch bitte nicht während des Spiels.

    Dass man dadurch nicht nur den Spieler, sondern die ganze Mannschaft schwächt ist mir bewusst. Ich habe ja bereits gesagt, dass ich selbst bezweifel, dass das Zielführend ist. Ich wehre mich lediglich dagegen ein legitimes Mittel der Kritik als unwürdig und unanständig hinzustellen.

    Einen Spieler gezielt vor bzw. nach einem Spiel auszupfeifen hört sich in der Theorie gut an, aber ist in der Praxis ist das schwer umzusetzen. Wie soll ich das "Pfeifkonzert" gezielt an einen Spieler adressieren, wenn sich alle Spieler geleichzeitig warm machen bzw. alle Spieler gemeinsam vor der Tribüne stehen?

    Eine Fanreaktion selektiv auf einen einzelnen Spieler zu lenken geht halt am einfachsten, wenn der konkrete Spieler innerhalb des laufenden Spiels den Ball besitzt. Dann ist unmissverständlich klar wer gemeint ist.

    Ich sage nicht, dass es die beste Art ist die Kritik zu überbringen, aber Fußballfans haben oft einfach keine andere Möglichkeit. So etwas ist mir immer noch lieber als jeder Shitstorm in sozialen Netzwerken.

    Einmal editiert, zuletzt von BlackTears ()

  • In der ganzen Diskussion sehe ich eigentlich nur einen Gewinner: Recep Tayyip Erdoğan


    Weder Özil, noch der DFB, noch die Medien haben sich hier mit Ruhm bekleckert. Der einzige der sich freudestrahlend die Hände reibt ist Erdoğan. Ich glaube diese mediale Aufmerksamkeit hat er sich nicht in seinen künsten Träumen vorgestellt.

    Daher fände ich es gut, wenn wir (Medien, DFB und Fans) wieder zum sportlichen zurückkommen könnten.

    Einmal editiert, zuletzt von BlackTears ()

  • Ich habe ja bereits gesagt, dass ich selbst bezweifel, dass das Zielführend ist. Ich wehre mich lediglich dagegen ein legitimes Mittel der Kritik als unwürdig und unanständig hinzustellen.

    Natürlich ist Pfeifen legitim. Aber so jemand beweist dann aus meiner Sicht, dass ihm das Auspfeifen des Spielers wichtiger ist als der Erfolg der Mannschaft. Und so jemand ist aus meiner Sicht kein echter Fan, sondern nur ein Mitläufer oder Selbstdarsteller.

  • Ich habe ja bereits gesagt, dass ich selbst bezweifel, dass das Zielführend ist. Ich wehre mich lediglich dagegen ein legitimes Mittel der Kritik als unwürdig und unanständig hinzustellen.

    Natürlich ist Pfeifen legitim. Aber so jemand beweist dann aus meiner Sicht, dass ihm das Auspfeifen des Spielers wichtiger ist als der Erfolg der Mannschaft. Und so jemand ist aus meiner Sicht kein echter Fan, sondern nur ein Mitläufer oder Selbstdarsteller.

    Erfolg? In einem bedeutungslosen Vorbereitungsspiel gegen Saudi-Arabien?

    The dice decide my fate. And that's a shame.

  • In der ganzen Diskussion sehe ich eigentlich nur einen Gewinner: Recep Tayyip Erdoğan

    Jo der hat heute schon das Foto in Plakatgröße an der Özil-Straße aufhängen lassen und gegen D gegiftet, wie rassistisch wir doch wären ...


    1:0 für ihn, hat alles so geklappt

    >>>>Maximal genervt von der Wattebauschfraktion<<<<