Ich kann es nur aus dem Blickwinkel der Videospielbranche beurteilen: Verschickt wurden damals hauptsächlich Promo-Versionen von Spielen auf dem jeweiligen Datenträger. Der hatte dann eine Slim-Hülle und einen Vorabdruck des CD-Einlegers. Die CDs waren auch klar als Promo-Version gekennzeichnet und der "Verkauf untersagt". Inwieweit das überhaupt rechtsverbindlich ist, war eigentlich egal, denn man wollte es sich nicht mit den Publishern verscherzen. Weil dann wurde man bei den Einladungen zu Presse-Events übergangen und hat auch keine Rezensionsexemplare mehr bekommen. So ist es einem Ex-Kollegen ergangen, der diverse Videospiele für sich privat abgegriffen hat und dann am Telefon betteln und erklären musste, warum er doch keine zeitnahe Besprechung zu dem Titel veröffentlicht hat, wo er das doch bei der Anfrage zugesagt hatte. Dass es solche schwarzen Listen gab, hatte aber nie jemand offen gesagt. Die schwarzen Schafe waren aber durchaus bekannt in der Branche, so dass diese Listen eventuell nur in den Köpfen existierten und das reichte dann schon völlig aus.
Im Grunde war es ein Geben-und-Nehmen zum beiderseitigen Vorteil. Als Redakteur oder Content-Community-Event-Manager wurde man ja von seinem Arbeitgeber bezahlt und nicht von den Publishern. Bei teureren Sachen wie Rockband Premium Schlagzeug waren es dann Leihstellungen der Publisher, die man nach x Wochen auch wieder zurückschicken musste - bei persönlicher Anfrage aber auch zum ermässigten Preis erwerben konnte, sofern der Publisher dem zugestimmt hat. Ist aber eher seltenst vorgekommen, eben weil man in der Redaktion mit Rezensionsexemplaren überfrachtet wurde.
Es gab allerdings auch einige Publisher, die haben Vollversionen verschickt, weil es keine Promo-Versionen gab. Zumindest ein Ex-Kollege hat die dann per Reseller-Plattformen verkauft und sich so sein Gehalt aufgebessert. War aber eigentlich Diebstahl, da die Version nie einer Person gehörte, sondern dem Arbeitgeber als Arbeitsmittel und man die als Redakteur nur zur Verfügung gestellt bekommen hat.
Ob es in der Brettspielbranche anders läuft, weil es dort kaum festangestellte Redakteure gibt sondern ganz viele Freiberufler oder Hobbyisten, die Grundlage also eine andere ist, davon müssen andere erzählen.