Beiträge von ravn im Thema „Rezensionsexemplare“

    Eine Bedeutung hat wohl jede Rezension, die ein Publikum bekommt. Eben weil es die Flut an Neuheiten gibt, so dass niemand mehr alles selbst kennen, anspielen und kaufen kann und mag, sondern noch viel mehr filtern muss. Da fällt halt vieles durchs Raster, obwohl es eventuell Potential zum Hit hätte.


    Ob und wie viel mehr verkauft wird aufgrund einer Rezension? Bei ShutupSitdown konnte ich schon mehrmals den Nachfrageboom nach deren Videos erleben, weil dann Rest-Auflagen plötzlich ausverkauft waren und extra neue Kickstarter & Co von den Verlagen angekündigt wurden. Letztens erst bei Mind Mgmt. Davor u.a. bei Crokinole. Gab es vergleichbares auch im deutschsprachigen Rezensenten-Bereich?

    Niemand wird gezwungen, Brettspiele zu besprechen. Niemand wird gezwungen, Rezensionsexemplare anzufragen. Den Verlagen steht es frei, ob und wie und an wen und unter welchen Bedingungen diese verteilt werden. Den Rezensenten steht es frei, diese Bedingungen abzulehnen.


    Oftmals gibt es auch keinerlei Bedingungen oder Einschränkungen, weil die Kontrolle und Durchsetzung im Aufwand den Nutzen für die Verlage nicht rechtfertigt. Dann müssen beide Seiten damit leben, wenn es unterschiedliche aber eben nicht ausgesproche Erwartungen gibt und das eventuell nachträglich korrigieren.


    Ist die eigentliche Frage nicht eher, ob und wer sich dabei ausgenutzt oder übervorteilt sieht und ob man das dann ändert oder nicht? Das können aber nur die Verlage und Rezensenten für sich beantworten. Alle Diskussionen von Unbeteiligten haben dafür eh keine Relevanz fernab des Unterhaltugswertes. Oder gibt es eine Rezensenten-Gewerkschaft, um Mindestforderungen durchzusetzen? In einem Bereich, in dem geschätzte 90% Hobbyisten unterwegs sind, würde das eh schnell untergraben werden. Kaum jemand hat die Relevanz eines Dice Tower oder ShutUpSitdown.

    Ich kann es nur aus dem Blickwinkel der Videospielbranche beurteilen: Verschickt wurden damals hauptsächlich Promo-Versionen von Spielen auf dem jeweiligen Datenträger. Der hatte dann eine Slim-Hülle und einen Vorabdruck des CD-Einlegers. Die CDs waren auch klar als Promo-Version gekennzeichnet und der "Verkauf untersagt". Inwieweit das überhaupt rechtsverbindlich ist, war eigentlich egal, denn man wollte es sich nicht mit den Publishern verscherzen. Weil dann wurde man bei den Einladungen zu Presse-Events übergangen und hat auch keine Rezensionsexemplare mehr bekommen. So ist es einem Ex-Kollegen ergangen, der diverse Videospiele für sich privat abgegriffen hat und dann am Telefon betteln und erklären musste, warum er doch keine zeitnahe Besprechung zu dem Titel veröffentlicht hat, wo er das doch bei der Anfrage zugesagt hatte. Dass es solche schwarzen Listen gab, hatte aber nie jemand offen gesagt. Die schwarzen Schafe waren aber durchaus bekannt in der Branche, so dass diese Listen eventuell nur in den Köpfen existierten und das reichte dann schon völlig aus.


    Im Grunde war es ein Geben-und-Nehmen zum beiderseitigen Vorteil. Als Redakteur oder Content-Community-Event-Manager wurde man ja von seinem Arbeitgeber bezahlt und nicht von den Publishern. Bei teureren Sachen wie Rockband Premium Schlagzeug waren es dann Leihstellungen der Publisher, die man nach x Wochen auch wieder zurückschicken musste - bei persönlicher Anfrage aber auch zum ermässigten Preis erwerben konnte, sofern der Publisher dem zugestimmt hat. Ist aber eher seltenst vorgekommen, eben weil man in der Redaktion mit Rezensionsexemplaren überfrachtet wurde.


    Es gab allerdings auch einige Publisher, die haben Vollversionen verschickt, weil es keine Promo-Versionen gab. Zumindest ein Ex-Kollege hat die dann per Reseller-Plattformen verkauft und sich so sein Gehalt aufgebessert. War aber eigentlich Diebstahl, da die Version nie einer Person gehörte, sondern dem Arbeitgeber als Arbeitsmittel und man die als Redakteur nur zur Verfügung gestellt bekommen hat.


    Ob es in der Brettspielbranche anders läuft, weil es dort kaum festangestellte Redakteure gibt sondern ganz viele Freiberufler oder Hobbyisten, die Grundlage also eine andere ist, davon müssen andere erzählen.