Am Freitag in wechselnden aber stets entspannten Spielrunden:
Watson & Holmes : Wir haben zu viert den ersten Fall gespielt. Für alle am Tisch das allererste Spiel. Somit war die Erklärung noch etwas holprig, weil es doch weniger Regeln gibt, als gedacht. Im Kern reduziert sich das Spiel darauf, dass wir still für uns die in Orte aufgeteilte Ermittlungsstory lesen, wobei wir eher passiver Zuschauer sind, weil direkte Nachfragen nicht möglich sind. Wir erfahren also nur, was Watson und Holmes an diesen Orten ermittelt haben und ziehen unsere Schlüsse daraus. Aus diesem in Ortshäppchen aufgeteilten Rätsel ergibt sich dann ein Spiel, weil wir uns gegenseitig von Orten verdrängen können, wobei ein einfacher und offener Bietmechanismus zu Einsatz kommt. Zudem können wir Orte per Polizei absperren, die man dann nur mit Sondermarkern erkunden kann, die man vorab erstmal besorgen muss, also durchaus Zeit verliert. Zeit ist aber wichtig, denn wer zuerst meint zu wissen, wie die ermittelten Antworten auf drei fallspezifische Ausgangsfragen lauten, sucht die Bakerstreet auf, vergleicht seine Antworten mit der Lösung und hat eventuell gewonnen.
Im gespielten ersten Fall mit dem einfachsten Schwierigkeitsgrad 1 von 3 haben wir alle versagt. Eine ganz bestimmte Antwort war bei uns allen falsch. Wir hatten schlicht alle ein bestimmtes Detail übersehen bzw. falsch interpretiert. Wichtig zu erinnern ist, dass wir uns in der viktorianischen Zeit befinden. Damals war die Ermittlungsarbeit anders und bestimmte "Situationen" lassen sich nicht 1:1 auf die heutige Zeit übertragen. Hier bleibe ich bewusst wage, um keine Storyinhalte zu verraten. Die Lösung war in sich gesehen durchaus logisch, unsere vermutete Lösung war aber moderner. Interessant war, dass wir alle unterschiedliche Ermittlungswege gegangen sind, somit teils unterschiedliche Informationen hatten oder eben Informationen in anderer Reihenfolge, so dass bestimmte Schlüsse erst als erinnerte Rückschlüsse möglich waren.
Anscheinend gibt es einen optimalen Ermittlungsweg von Ort zu Ort, so dass man mit minimalen Notiz- und Zeitaufwand der Lösung auf die Spur kommt. Da sich aber nur immer ein Ermittler an einem Ort befinden kann, wir andere Ermittler wegbieten und zudem Orte zeitweise gesperrt sein können für einzelne Ermittler, wird man diesen optimalen Ermittlungsweg nicht folgen können, selbst wenn man den vorab wüsste. Somit spielt auch der Zufall mit, ob man nicht nur richtig kombiniert hat, sondern ob man ein Bietduell um einen begehrten Ermittlerort aufnehmen will und kann oder es erst gar nicht dazu kommt, weil die Mitspieler woanders unterwegs sind.
Die Stimmung des Spiels ist schon besonders, weil anders. Ohne ausreichende Englischkenntnisse kommt man nicht weit. Wir alle mussten einzelne Begriffe im Online-Wörterbuch nachschlagen, eben weil die typisch aus der Zeit waren und heute eher ungebräuchlich. Das hielt sich aber in engen Grenzen. Wer Sherlock Holmes Bücher im Original gelesen hat, wird da keinerlei Probleme haben. Englische Texte selbständig lesen und stimmungsvoll vorgelesen durch das Audiofile der Szenarioeinleitung oder durch Mitspieler (wenn man Holmes bittet, die Ermittlungen an einem Ort offenzulegen) sollte man hingegen verstehen können. Somit braucht das Spiel schon eine gewisse ruhige und konzentrierte Umgebung, weil zu der Knobelarbeit auch noch die gewisse Sprachhürde dazukommt.
Dabei sind die Texte der einzelnen Ortskarten durchaus länger, enthalten sozusagen ein Kurzkapitel der Ermittlungsstory, mal mit mehr und mal weniger interessant scheinende Details und Hinweise, teils überwiegt auch der Stimmungstext. Am Ende hatte jeder von uns so ein bis zwei A4-Zettel unterschiedlich dicht - teils doppelseitig - beschrieben mit seinen selbst zu wählenden Notizen. Was wichtig und was nicht, ist gar nicht so einfach zu entscheiden. So musste ich zwei Orte zweimal aufsuchen, weil ich gewisse Hinweise erst später bekam und dann erst einen Zusammenhang herstellen konnte. Das kostet Zeit. Generell sollte man sich aber darauf einigen, nur Stichworte zu notieren und keine kompletten Kartentexte abzuschreiben. Wir sind eben Ermittler im Schlepptau von Watson & Holmes und in der Story gesehen, hätten wir auch nicht unendlich Zeit und Möglichkeit, jedes kleinste Detail niederzuschreiben. Das hat bei uns aber gut geklappt, auch weil jeder mit sich beschäftigt war und somit keine wirklichen Wartezeiten entstanden.
In Summe haben wir rund zwei Stunden an dem ersten Fall gespielt. Eine kurzweilige Zeit, die arg schnell verging. Erzählerisch dicht, von der Story interessant präsentiert und spielerisch lenken nicht zu viele Regeldetails von der eigentlichen Ermittlungsarbeit ab. Ich bin gespannt, wie es mit den anderen 12 Fällen weitergeht. Der Wiederspielwert pro Fall ist allerdings nicht gegeben, weil einmal gespielt, kennt man eben alles. Auch weil es nach dem Fall ordentlich Diskussionsbedarf gab, nachdem man so lange alleine still ermittelt hat. Der Gegenwert mit 13 Fällen ist aber vorhanden. Sozusagen sind es 13 Kurzgeschichten, die man deduktiv im Wettstreit zu lösen versucht. Macht Laune, ist aber auch ein sehr spezielles Spiel. Wer Sherlock Holmes generell und Deduktion mag und zudem nicht bei der englischen Sprache zurückzuckt, der ist hier genau richtig. Empfehlenswert!
Word Slam & Codenames : In grösserer Runde gespielt. Macht (mir) weiterhin Spass und nutzt sich selbst nach ungezählten Partien nur wenig ab. Hat einen festen Platz in meinen Spielrunden gefunden und wird auch weiterhin öfters auf den Tisch kommen. Eben immer dann, wenn man sechs oder mehr Spieler hat und nicht direkt die Gruppe aufteilen mag. Die idealen Spiele, um Zeit zu überbrücken, bis sich einzelne Spielrunden gesammelt und gefunden haben. Word Slam noch mehr, da die einzelnen Runden kürzer sind und man einfacher eine Partie abbrechen oder verlängern kann.
Great Western Trail : Habe ich nach Monaten mal wieder mitgespielt. Bei der mitgelauschten Regelerklärung für zwei Erstspieler wurde dann erst einmal klar, wie viele kleine Detailregeln das Spiel braucht, um funktionieren zu können. Der Spielablauf, der sich daraus ergibt, ist dann aber schon fast einfach bis banal. Wir bauen uns unsere Aktionswege und optimieren auf dem Weg unsere Kartenhand. Das alles machen wir rund siebenmal, wobei es einen arg wenig ansteigenden Spannungsbogen gibt, da jeder Ritt nach Kansas City nur wenig unterschiedlich ist.
Weiterhin für mich mehr Eurogame-Optimierarbeit als Spiel. Zumal manche Aktionen eben nur Sekunden dauerten, während man schon weiss, welche weiteren Aktionsfelder man nutzen wird und dazwischen nur darauf wartet, wieder agieren zu können. Die Interaktion ist dabei arg begrenzt bis nicht vorhanden, weil ich schlicht hinnehmen muss, ob mich meine Mitspieler bewusst oder unbewusst behindern. Also den eigenen Weg durch Gebäudebau verlängern, vorab in einen Bahnhof abbiegen und den damit blockieren, Rinder oder Personen wegkaufen. Dagegen wehren kann ich mich eh nicht. Ich kann nur abwarten, meinen Plan entsprechend ändern und ebenfalls sehen, dass ich es meinen Mitspielern nicht zu leicht mache, wenn das zum eigenen Plan passt.
Auf meiner Euphorieskala inzwischen von "wirklich gut, aber auch ein wenig anstrengend" auf die Wertung "noch ganz ok, aber fast schon zu wenig spielerisch" abgerutscht. Werde ich dann und wann mal wieder mitspielen, aber für den ganzen Erkläraufwand dann doch zu wenig Spiel und zu viel solitäre Optimierarbeit. Eventuell bin ich der Zielgruppe der reinen Eurogames auch ein wenig entwachsen. Es braucht da schon ganz spezielle Kandidaten, um mich in diesem Genre weiterhin gut unterhalten zu fühlen. Bei Great Western Trail fehlt mir hingegen der tragende Spannungsbogen, das ganze Spiel ist mir zu sehr Aufbauarbeit um Siegpunkte in diversen Kategorien.
Fold it : Wir falten seidenartige Stoffservietten nach Vorgabe und auf Zeit. Wer zu langsam ist, verliert ein Leben und wer dreimal zu langsam war, ist aus dem Spiel ausgeschieden. Die gemeinsame Kartenvorlage gibt dabei vor, welche zwei bis vier Gerichte auf der eigenen Serviette zu sehen sein sollen. Nichts anderes darf mehr sichtbar sein. Also falten wir die doppelseitig gleiche und auch für alle Mitspieler gleich bedruckte eigene Servietten im Wettstreit. Wer fertig ist, grabscht sich eines der Holzovale, von denen es stets eines weniger gibt als Mitspieler dabei sind. Klare Regeln, also los.
Zunächst gilt es erst einmal die vorgegebenen Gerichte zu identifzieren und zu finden, weil die sehen sich teils doch recht ähnlich und in der aufkommenden Hektik, nicht zu langsam zu sein, kommt der Zeitdruck eben dazu und macht es nicht einfacher. Dann falten wir, mal mehr oder weniger nach Plan, manchmal auch an der Grenze der Überforderung oder auch darüber hinaus. Eigentlich könnte man bei seinen Mitspielern abgucken. Aber da man nicht weiss, ob die richtig falten und es gar nicht so einfach ist, Falttechniken zu kopieren, ist man nur mir sich selbst beschäfitgt. Mal einem kurzen bis panischen Blick, wie weit die Mitspieler sind und ob man selbst Gefahr läuft, Letzter zu werden und damit ein Leben zu verlieren.
Gar nicht so einfach. Besonders im höheren der zwei Schwierigkeitsgrade, bei der komplexere Falttechniken gefragt sind. Teils hatte ich da echt keine Ahnung und auch keine Chance. Hektik und Überforderung können da schnell stressig und wenig entspannt werden. Deshalb für mich auch kein Spiel auf ewig. Gut, es mal kennengelernt zu haben, aber auf Dauer ist es mir schlicht zu hektisch und frustrierend. Eventuell erlernt man mit der Zeit bestimmte Falttechniken, weil man Anordnungsmuster erkennt und diesen im Spiel gelernte Falttechniken zuordnen kann. Soweit ist es bei mir allerdings nicht gekommen. Für den Moment durchaus spannend und anders. Empfehlenswert für die Ubongo-Fraktion, die neuartiges Knobelfutter braucht und zudem stressresistenz ist.
A fake Artist in New York : Microgame, wobei alle an einem gemeinsamen Bild malen, aber nur einer keine Ahnung hat, was da gemeinsam gemalt werden soll. Sehr auf wenige Regeln konzentriertes Spielerlebnis. Dabei gibt es je nach Rolle unterschiedliche Herausforderungen: Der Spielleiter muss sich frei einen Begriff ausdenken, der interessant zu malen ist. Einfach zu erkennen aus dem Zusammenhang, aber eben nicht zu typische Details enthält. Wir hatten "Elefant" und der hat eben ganz bestimmte Ohren, die von anderen Tieren als genannten Überbegriff des Spielleiters abweichen. Der Unwissende versucht möglichst unauffällig zu malen, so dass er am Spielende, nachdem jeder zweimal reihum ein Teil des gemeinsamen Bildes malen durfte, nicht von seinen Mitspielern per Spontanabstimmung enttarnt wird. Die Wissenden wollen nicht so malen, dass der Unwissende den gemeinsam gemalten Begriff erraten kann. Mit "Bagger" in der zweiten Partie hat das dann auch gut geklappt, weil zwar eine Fahrzeug erkennbar war, aber niemand die typische Schaufel gezeichnet hatte. Allerdings will man auch nicht so abwegig oder gar falsch malen, weil man ansonsten selbst als Unwissender angesehen wird von der Abstimmungsmehrheit - damit hätte der Unwissende zusammen mit dem Spielleiter gewonnen.
Der Grad, auf dem sich eine wirklich gute Partie bewegt, ist also eher schmal. Der Spielleiter muss einen passenden Begriff finden. Die Wissenden dürfen nicht zu objekttypisch malen. Der Unwissende muss einfach mit dem Strom mitmalen und nicht verdächtig agieren. Am Ende entscheidet eine Abstimmung und falls der Unwissende enttarnt wurde, hat der noch eine Chance, das Spiel doch noch zu gewinnen, indem der gemalte Begriff erraten wird. Insgesamt zwei lustige Runden, allerdings ist das Spiel dann doch verkopfter als das gemeinsame Malen den Anschein hat, so dass die Zugänglichkeit eher trickreich ist. Zudem ist man als Wissender auf sein Team angewiesen, so dass man eben auch ohne eigenes Zutun verlieren kann, weil ein Teammitglied schwächer war. Muss man akzeptieren können. Insgesamt eben typisch Microgame. Mir gefällt es, andere Malspiele wie Stille Post Extreme sind allerdings einfacher und damit einfach lustiger.
Celestia : In der Zweitauflage gespielt. Als Besitzer der Erstauflage möchte ich meine alte Version fast in die Tonne treten, weil alle Unzulänglichkeiten der Erstauflage hier beseitigt wurden. So sind die Würfelsymbole besser zu erkennen. Die Sonderkarten haben besser zu erkennende Symbole. Jeder hat eine Symbolübersicht und eine Sonderkartenübersicht. In der Summe wirkt das Spiel somit wertiger und ist damit wesentlich einfacher zugänglich. Muss es auch, weil es im Kern ein einfaches Push-your-Luck-Game mit Cant-Stop-Mechanismus ist. Ein Spiel, das zu einfach ist, als dass man über die Unübersichtlichkeiten der Erstauflage stolpern sollte. Hallo Asmodee, wir wäre es mit einer kostenfreien Upgrade-Aktion als Werbemassnahme?
Es folgten spielerisch spannende Zockerpartien. Gleich zweimal hintereinander gespielt. Spricht für das Spiel. Einzig auffällig in unserer Fünferrunde war, dass sich meist der selbe Spielrhythmus ergab, also die Schwelle von zwei zu drei Gefahrenwürfeln meist bei dem selben Spieler lag. Wenn es Spielsituationen geben würde, die das eher durchbrechen könnten, wäre das Spiel nochmals besser. Eventuell war es auch einfall Zufall. Egal, Hauptsache es hat gemeinsam Spass gemacht. Für Zwischendurch immer mal wieder empfehlenswert - sofern man die Zweitauflage hat.