Nachdem wir uns zwischenzeitlich bereits bekannter Titel gewidmet hatten, wollte in den letzten Tagen auch wieder eine Neuheit erkundet werden. Eine Neuheit, die ich eigentlich haben wollte, seit ich das erste Mal davon gehört hatte und über die ich hier im Forum so viel Negatives gelesen hatte, dass ich doch von einer gewissen Skepsis ergriffen war. Es half letztlich nur kaufen und spielen.
Ein Fest für Odin landete auf dem Tisch! Wer gerne auspöppelt, ist nach dem Öffnen der Schachtel im Paradies angekommen – wer Auspöppeln als lästige Pflicht ansieht hat harte 30 Minuten vor sich. Ich gehöre zum Glück zur ersten Kategorie. Unglaublich viele Stanzbögen, praktischerweise sind auch gleich zwei passende Sortierkästen dabei. Das restliche Material habe ich in eigene Sortierboxen gepackt und so gestaltet sich der Aufbau des Spiels doch erstaunlich zügig (deutlich schneller als z.B. Arler Erde, bei dem ich aber auch noch alles in Zipüten habe) und man wird der Materialfülle gut Herr.
Das Erarbeiten der Regel dauert zwar seine Zeit, aber die Qualität und Struktur dieser sind positiv hervorzuheben. Da war nach dem erstmaligen Lesen eigentlich alles klar und auch das Erklären ging verhältnismäßig leicht und schnell, obwohl man immerhin satte 12 Phasen einer Runde erläutert und in der Aktionsphase auf ca. 50 Aktionsfelder verweisen muss.
Wie man auf den Fotos sieht, kommt man zumindest zu zweit mit dem Platz noch gut hin (Sortierkästen neben dem Tisch auf einem Stuhl). Die Spieldauer ist auch sehr überschaubar (faktisch bei uns nicht, weil wir in beiden Partien viele Babypausen hatten), aber die reine Spieldauer würde ich auf 30-40 Minuten pro Spieler schätzen.
Was natürlich zuerst ins Auge springt ist der Aktionsplan, der einem mit den ca. 50 möglichen Aktionsfeldern im ersten Moment umhaut. Letztlich ist aber alles halb so wild, da diese Aktionen (auch farblich unterlegt) in diverse Aktionsgruppen unterteilt sind. Da reicht es eigentlich die Funktion einer Gruppe zu erklären, die Unteraktionen ergeben sich aufgrund der guten Symbolik von allein. So gibt eine große Gruppe, in der man schlicht Waren erhält (Ertragsfelder sowie Bergaktion = Holz/Stein/Erz erhalten), eine in der man Rohstoffe tauschen kann, eine Gruppe zum Handeln (= Aufwerten) der Waren, eine Gruppe zum Schiffsbau, eine zum Entdecken und Auswandern, eine für Jagd/Überfälle/Plünderungen und zuletzt eine für die Ausbildungen (= Handkarten). So heruntergebrochen wird es plötzlich gut überschaubar.
Auch die Tatsache, dass es 12 Phasen gibt, klingt letztlich gewaltiger als es im Spiel ist. Die meisten Phasen sind in einem Handgriff erledigt (bekomme einen neuen Wikinger, ernten, Inseln umdrehen, Waffenkarte ziehen, Startspielerwechsel, Geldeinkommen, Tiervermehrung, Ernährung, Wikinger vom Plan nehmen usw.). Wirklich zeitintensiv sind nur die Aktionsphase und die Jederzeit-Aktionen, wenn man an seinen Plänen puzzelt.
Im Ergebnis war ich jedenfalls überrascht, wie schnell das Spiel sich doch spielt und wie wenig kompliziert es ist. Der optische Eindruck hatte anderes suggeriert.
Was die Kritik angeht, so kann ich diese teilweise nachvollziehen: das Spiel ist sehr mechanisch oder zumindest der Puzzleteil. Man puzzelt grüne, blaue, rote und orangene Plättchen + Geld / Erz auf diverse Pläne und versucht das möglichst geschickt anzustellen, um Prämien und Einkommen freizuspielen und Minuspunkte zu verdecken. Ja, thematisch überzeugen kann das nicht. Die Frage ist aber auch, ob es denn Spaß macht und da kann ich für mich klar festhalten: mir macht es großen Spaß die Pläne mit den Puzzleteilen zu füllen, auch wenn es sehr mechanisch ist. Ansonsten gibt es durchaus auch ein paar thematische Elemente (zumindest so thematisch, wie es auch andere Rosenbergtitel sind), wenn man an die Ernährung der Zwerge zum Festmahl denkt, die Jagd/Plünderung, die Erkundung usw. Alles eine Frage, wie sehr man sich darauf einlässt.
Ich für meinen Teil kann jedenfalls festhalten: mir macht es großen Spaß - Thema vs. Mechanik hin oder her – und das ist für mich die Hauptsache!
Das Spielgefühl erinnert mich – abgesehen vom Puzzlepart – sehr an Arler Erde. Bei Ein Fest für Odin habe ich dieses Sandboxgefühl sogar noch viel mehr, da die Ernährungsphase nicht wirklich Druck erzeugen kann. Einfache drauflosspielen und Dinge ausprobieren lautet die Devise. Und obwohl der Aufbau statisch ist, kann man gut variieren. Man kann es über Erkunden versuchen und sich jedes Mal eine neue Insel als Ziel setzen oder über Gebäude spielen oder Tiere oder über Auswanderungen/Schiffe usw.
Dieses Sandboxgefühl wird ja hier im Forum auch öfters kritisiert und meine Frau, die das Spiel an sich und auch den Puzzleteil mochte, kritisierte es auch dahingehend. Dass sie vom Spiel so gar keine Führung bekommt und die Optionen ja dennoch nicht wenig sind, erzeugte bei ihr mehr Stress als das klassische Mangelspiel. Das muss dann wohl jeder für sich entscheiden. Bei mir erzeugt es eher eine sehr gelassene Grundstimmung.
Obwohl aus dem Bauch heraus, habe ich im ersten Spiel mit 96 Punkten, glaube ich, ganz gut abgeschnitten (leider ein Baufehler, s. Foto, der mit 3 Minuspunkten bestraft wurde). Gestern waren es schon 103. Meine Frau landete in beiden Spielen unter 50 und war entsprechend unzufrieden. Sie empfand es schon alles als leichten „Overkill“, der schwierig handzuhaben ist.
Für eine schöne Variabilität sorgen übrigen die Ausbildungskarten, wobei diese bisher nicht so stark und die Strategie beeinflussend waren wie beispielsweise bei Agricola. Könnte mir aber vorstellen, dass in den Decks B und C noch komplexere und stärkere Karten kommen.
Im Ergebnis bleibt für mich ein tolles Spiel, welches für mich vom Spielgefühl aber an Arler Erde so nah dran ist wie Caverna an Agricola. Der Hauptunterschied ist natürlich das Puzzlen. Ich denke, ich behalte erst mal beide Titel, auch wenn ich Ein Fest für Odin zukünftig wohl erst mal solo spielen muss.