bentastik : wie hat Dir „Die Anomalie“ gefallen? Ich habe jetzt etwas ein Drittel des Buches durch und finde die einzelnen Geschichten atemberaubend erzählt in einer schönen Sprache. Allerdings frage ich mich langsam, ob die Vielzahl handelnder Personen irgendwann mal zusammenkommen und ob ich mich dann noch an die einzelnen Charaktere mit den vielen Details erinnern kann ….
Der Roman war ja in Frankreich hochgelobt - bisher empfinde ich ihn eher als Sammlung von Erzählungen.
PS. Bist Du Buchhändler? Deine Auswahl der Bücher habe ich in unserer winzigen Buchhandlung (wo ich arbeite) fast alle in der Auslage liegen
Fand ich absolut super. Die Erzählstränge konvergieren nicht unbedingt, aber gehen in sich schlüssig auf. Hier hat Tellier meisterhaft dargestellt, wie sehr einzelne Lebensgeschichten und persönliche Wahrnehmungen und Erlebnisse, sowie die subjektive Sicht auf sich selbst und die Welt sich doch
fundamental unterscheiden können, vor dem Hintergrund einer konstanten Rahmenbedingung für alle. Genauso divergieren die "Lösungen" der Personen im Umgang mit dem Konflikt der Rahmenhandlung auch so geschickt und clever voneinander auf der Ebene der Handlung, unterstützt von Tellier, der hier auch noch in den unterschiedlichen Strängen seine Erzählform stark variiert. Dabei fliessen implizit viele Erkenntnisse moderner Psychologie und Philosophie mit in das Buch und die Charaktere mit ein. Nicht unbedingt die leichteste Kost, schon eher an intellektuelles Zielpublikum mit Hintergrundwissen gerichtet, aber durchaus auch ohne solches gut lesbar. Von Nick Bostroms Simulationshypothese solle man vorher schonmal gehört haben.
Mir hat es besser gefallen als erwartet, und ich denke auch nach Wochen noch öfter daran.