[Mod] selektiv kopiert aus Wochenthread -- MP
SpaceCorp : GMT wildert erneut im Genre der Eurogames, was die Mechanismen und die Komplexität angeht. Wer mit Dominent Species zurecht kam, wird auch SpaceCorp locker spielen können, denn von einem typischen GMT CoSim ist es meilenweit entfernt. Einzig die etwas altbacken wirkende Aufmachung erinnert an GMT-Spiele. So sind wir als Megafirmen auf dem Markt der Weltraumressourcenausbeutung unterwegs und unsere Austronautenteams sind kleine Holzklötzchen, während die von uns zu bauenden Basen runde Pappcounter sind und Erkundungsplättchen ebenso unspektakulär daherkommen. Dazu noch Karten mit scheinbar unnötig grossen Aktionsaufdrucken und fertig waren meine Vorurteile, dass ich dieses Spiel mal locker links liegen lassen könnte.
Was für eine vorschnelle Fehleinschätzung. Mit optischer Pracht kann SpaceCorp nicht glänzen, dafür ist es eher auf geradlinige Übersichtlichkeit getrimmt. Die Aktionsaufdrucke sind absichtlich so gross, damit man die Kartenauslage in den Hauptquartieren der Mitspieler gut sehen kann, weil im Spielverlauf kann man deren Aktionen mitnutzen gegen Entschädigung. Die Counter sind ebenso völlig ausreichend und bieten alle Informationen, die man braucht. Da zudem das Spiel das Geschehen im Weltraum stark abstrahiert darstellt und dabei völlig auf unnötiges Detailregelwerk verzichtet, konnte ich auch prima mit Holzklötzchen leben und habe keine Plastikraumschiff-Miniaturen vermisst.
Wir spielen drei aufeinander aufbauende Epochen, die uns immer tiefer von Mond bis Mars über die äusseren Planeten bis hin in entfernte Galaxien führen. Dabei bringt jede Epoche neue Regeln ins Spiel und bietet so weitere Möglichkeiten und baut auf dem Grundgerüst der schon aus der vorherigen Epoche bekannten und gespielten Regeln auf. Drei Kartendecks und drei Erkundungscounter-Typen und drei Spielpläne liegen dem Spiel bei. Wer mag, kann auch als Variante in Epoche 2 oder 3 einsteigen und startet dann mir einer angepassten persönlichen Ablagetafel. Idealerweise erlebt man allerdings das Spiel von Epoche 1 über 2 bis 3 und baut seine Megafirma immer mehr und verbessert aus.
Im spielerischen Kern haben wir Handkarten und eine eigene Ablagetafel für Karten, die uns in Kombination einmalig oder dauerhafte Werte für die Stärke einer der von uns frei gewählten Aktionen bieten. Wollen wir von unserer Erdbasis zum Mond fliegen, um diesen zu erkunden und dann eine Basis zu bauen, sind das drei Aktionen. Da wir pro Spielzug aber nur eine Aktion auswählen dürfen, sind zwischendrin immer reihum die Mitspieler am Zug und setzen so einen mächtig unter Druck.
Weil während man selbst mit dem Mond beschäftigt ist, um schnellstmöglichst aber uneffektiv einen Basis dort zu errichten, optimieren die eventuell ihre dauerhaft geltende Kartenauslage und fliegen dann direkt zum Mars, wo bessere Produktionschancen locken. Eine gemeinsame Kartenauslage mit passender Aktion, von dort oder vom verdeckten Stapel Karten nachzuziehen, sorgt für weitere indirekte Interaktion. Weil die ausliegende 2er-Baukarte, die man zudem noch in seine Auslage einbauen dürfte oder die eine Karte, mit der man direkt zwei Züge hintereinander machen darf, auch wenn man dafür auf deren eigentliche Kartenfunktion verzichen müsste, locken ebenso und die will man ungern den Mitspielern überlassen.
Das alles ist allerdings kein Selbstzweck, sondern wir wollen schnöden Mammon einstreichen. Geld sind Siegpunkte und die sind in Trillionenform auf einer Geldleiste die eigentliche Messlatte, ob man erfolgreich spielt oder eben nicht. Für alle offen ausliegende und in allen Partien gleiche Ziele geben dem Spiel die Struktur, denn meist wird Ausbau, Ausbreitung und Ausbeutung belohnt. Und den Bonus in Form von Geldpunkte kann nur einer bekommen.
Erstaunlich für ein GMT-Spiel und ebenso toll ist, dass sich SpaceCorp enorm flott spielt. Aktion wählen und die Aktion mit der Auslage und/oder Karten verstärken, Aktion ausführen, eventuell ein Ziel erfüllen, Auslage eventuell ergänzen und eventuell eine Karte nachziehen, wenn man nicht mehr als deren vier auf der Hand hält und schon ist der Mitspieler am Zug. Das geht im Sekundentakt reihum und will optimiert werden, denn Zeitverlust bedeutet, dass die Mitspieler schneller sind und einem Produktionsstätten und Ziele vor der Nase wegschnappen. Also gilt es abzuwägen, wo man dringend agieren muss und wo man eher noch abwarten kann.
Aus Zeitgründen mussten wir allerdings unsere Erstpartie mitsamt gelungener Erklärung und entspannt zusammen erforschter Detailzusammenhänge nach 1 1/2 gespielten Epochen abbrechen. Die dritte Epochen haben wir also nicht gespielt, die spielerischen Möglichkeiten der ersten beiden Epochen aber gut ausgelotet. Das Regelwerk ist zwar einfach, aber man muss es doch erst einmal spielerisch selbst erlebt haben, wie man effektiv und noch effektiver spielen kann und wie die Spielelemente zusammenhängen. Gut ist, dass man sich nach wenigen Zügen voll aufs Spiel und nicht mehr auf Regelwerkverständnisfragen oder unnötige Detailregeln konzentrieren kann. Das sorgt für einen enorm flüsssigen wie zügigen Spielablauf.
Für mich eines der besten GMT Eurogames und von den seit der SPIEL 2018 gespielten Neuheiten ebenfalls ganz weit vorne, wenn nicht sogar unter den Top 3. Soloregeln gibt es auch noch, aber davon kann ich nichts berichten. Freue mich auf die nächste Spielpartie und wenn ich auf meinen Bauch höre, dann ruft der ganz laut: Kauf es Dir!