Wie groß / relevant ist der deutsche Brettspielmarkt?

  • Wenn ich meinem Pariser Freund glauben darf, ist der Spielemarkt da nach dem Pandemiehoch v.a. durch die Inflation massiv eingebrochen. Da stehen einige Spieleläden, Cafés und Verlage wohl vor dem Aus. Zumal moderne Brettspiele in Frankreich primär ein Großstadtphänomen ist, in Familien und Kneipen auf dem Lande werden nach wie vor eher traditionelle spiele gespielt.

    Warum sollte das denn ein französisches Problem sein? Deren Inflation ist doch dieselbe wie bei uns. Das könnte man doch 1:1 auch auf Deutschland übertragen. Wenn ich so an meine bucklige Verwandtschaft auf der schwäbischen Alb denke, dann spielen die auch immer noch Kniffel, Skat und Monopoly.

  • Wir haben in Deutschland eine über Jahrzehnte fest etablierte Szene. In Frankreich ist das Phänomen nicht so alt. Als ich 1999 in Paris studiert habe gab es keine Spieleläden, keine spielecafés, und wesentlich weniger Menschen haben sich zum spielen getroffen. Das ist alles Aufwuchs der letzten 15-10 Jahre und damit weitaus fragiler als in Deutschland, wo die Szene seit den 1980ern/1990ern existiert und seitdem immer weiter gewachsen ist. Sprich: das Hobby hat dort ein höheres Risiko wieder aus der Mode zu fallen als bei uns, wo die Basis größer ist.

  • Und auch der französische Markt scheint sehr relevant zu sein, aber ich kenne keine Zahlen. Insgesamt scheint mir der französische Markt zumindest kreativer, aber auch risikofreudiger als der deutsche zu sein.

    Wenn sich das nicht massiv geändert hat leidet der französische Markt auch nicht an der im deutschen Markt so präsenten "Geiz ist Geil" - Mentalität; das ermöglicht es auch risikofreudiger zu sein und mit kleineren Auflagen Break Even zu erreichen

    Ich sag mal jein. Es gibt diverse Auswirkungen dieser Mentalität aber böse gesagt könnte dem Verlag der Preiskampf, den die Händler führen erstmal egal sein. Das hat ja eigentlich nichts mit der Kalkulation des Verlags und seinem Break Even zu tun. Ein französischer Verlag kalkuliert auch nicht mit Traumfaktoren, aber sie sind ggf. in der Lage ein Produkt besser auszustatten und es trotzdem noch auf dem Heimmarkt verkaufen zu können, was ihnen ggf. auf dem internationalen Markt mehr Sichtbarkeit und dann durch Koproduktionen bessere Herstellungspreise bringt

  • Wenn ich auf meine Abrechnungen kucke, wobei die natürlich durch lokale Auszeichnungen und einen verkackten US-Start verzerrt sind...


    Ganz oben: Deutschland

    Weit oben: Frankreich, Holland, US/UK

    Ordentlich: Spanien, Italien

    Überschaubar: Rest von Europa, Russland, China, Korea, Japan (ca. 15 Sprachen machen zusammen < 10% der Gesamtauflage aus)

    Völlig irrelevant: Afrika, Südamerika, alle anderen Teile von Asien


    Vermutlich sieht die Liste unverzerrt ungefähr so aus:

    1-2. US/UK, Deutschland

    2-3. Frankreich, Spanien

    4.-5. Holland, Italien

    6. Rest Europa

    7. Rest Welt

    Puh, für Kennerspiele klingt das für mich noch viel zu hoch gegriffen (kann natürlich dennoch stimmen).

    Ich glaube, du kriegst ein Kennerspiel einfach wesentlich leichter in den "echten" Handel, und dann wird es automatisch auch außerhalb der Zielgruppe verkauft.

  • Weit oben: Frankreich, Holland, US/UK

    Ich find es halt auch immer krass, was z.B. ein 999 Games zu leisten imstande ist. In einzelnen Ländern können bestimmte Verlage mit hervorragendem Zugang zum Handel absolut überdurchschnittliche Stückzahlen im Vergleich zur Bevölkerung erzielen. Die können natürlich auch nicht alles lokalisieren, aber das was sie machen, hat dann eine gute Chance.

  • An den Niederlanden sieht man dabei übrigens auch gut, wie wichtig eine etablierte Spieler- und Ladenszene für den Erfolg des Brettspiels ist. Da haben viele auch kleinere Städte einen Spieleladen, und es gibt sehr viele Spieletreffs. 999 Games und White Goblin Games sind für die Zahl der Einwohner (17 Mio.) sehr gut aufgestellte Verlage, die überdurchschnittlich viel lokalisieren und sogar in Eigenregie veröffentlichen.

  • Ich find es halt auch immer krass, was z.B. ein 999 Games zu leisten imstande ist.

    Ich finds auch völlig absurd, die haben Paleo gefühlt an jeden einzelnen Holländer verkauft. 8-))

    (es hat dort auch das Äquivalent zu KSdJ und DSP gewonnen, aber trotzdem sind die Zahlen, gemessen an der Bevölkerung, weit über Durchschnitt)

    Mein Blog (Illustrationen, Brettspieldesign, Angespielte Spiele)

  • Spiele werden ja bereits jetzt schon verstärkt mit sprachneutralem Material konzipiert, damit die Lokalisation "nur noch" die Anleitung betrifft. Das hat vor allem bei der Produktion und den damit verbundenen Kosten der verschiedenen internationalen Versionen einen Vorteil.

    Meine Hypothese ist, dass zukünftig dann auch irgendwann auf die gedruckte Anleitung verzichtet wird und lediglich QR Codes zu den verschieden-sprachlichen digitalen Anleitungen in der Box sind. Dann muss zwar noch immer die redaktionelle Arbeit zur Übersetzung der Anleitung gemacht werden, Produktion kann dann aber komplett einheitlich gemacht werden.


    Besorgt euch also schon mal alle ein Tablet, falls ihr noch keins habt :D

  • Man sollte noch erwähnen, dass Jumbo da auch viel Vorarbeit geleistet hat und ja auch in Deutschland in den 1980er/90ern ein noch größerer Player als heute war. Die haben bereits in den 1970er/80ern nationale Stratego- und Rummikub-Turniere in den Niederlanden und in Deutschland organisiert und so die Szene dort mit aufgebaut.

  • Spiele werden ja bereits jetzt schon verstärkt mit sprachneutralem Material konzipiert, damit die Lokalisation "nur noch" die Anleitung betrifft. Das hat vor allem bei der Produktion und den damit verbundenen Kosten der verschiedenen internationalen Versionen einen Vorteil.

    Meine Hypothese ist, dass zukünftig dann auch irgendwann auf die gedruckte Anleitung verzichtet wird und lediglich QR Codes zu den verschieden-sprachlichen digitalen Anleitungen in der Box sind. Dann muss zwar noch immer die redaktionelle Arbeit zur Übersetzung der Anleitung gemacht werden, Produktion kann dann aber komplett einheitlich gemacht werden.


    Besorgt euch also schon mal alle ein Tablet, falls ihr noch keins habt :D

    Da gabs zuletzt einen großen Aufschrei beim aktuellen "Gloomhaven" Projekt. Das recht kleine Spiel "Buttons & Bugs" verzichtet bereits auf eine beigelegte Anleitung, man bekommt nur noch einen QR Code. Ist zwar ein anderes Thema, aber das finde ich nicht so prickelnd. Ich sehe das ein, weil die Schachtel für eine 40-seitige Anleitung viel zu klein ist, aber generell würde ich die PDF Anleitung nur als Option anbieten.

  • Spiele werden ja bereits jetzt schon verstärkt mit sprachneutralem Material konzipiert, damit die Lokalisation "nur noch" die Anleitung betrifft. Das hat vor allem bei der Produktion und den damit verbundenen Kosten der verschiedenen internationalen Versionen einen Vorteil.

    Meine Hypothese ist, dass zukünftig dann auch irgendwann auf die gedruckte Anleitung verzichtet wird und lediglich QR Codes zu den verschieden-sprachlichen digitalen Anleitungen in der Box sind. Dann muss zwar noch immer die redaktionelle Arbeit zur Übersetzung der Anleitung gemacht werden, Produktion kann dann aber komplett einheitlich gemacht werden.


    Besorgt euch also schon mal alle ein Tablet, falls ihr noch keins habt :D

    Da gabs zuletzt einen großen Aufschrei beim aktuellen "Gloomhaven" Projekt. Das recht kleine Spiel "Buttons & Bugs" verzichtet bereits auf eine beigelegte Anleitung, man bekommt nur noch einen QR Code. Ist zwar ein anderes Thema, aber das finde ich nicht so prickelnd. Ich sehe das ein, weil die Schachtel für eine 40-seitige Anleitung viel zu klein ist, aber generell würde ich die PDF Anleitung nur als Option anbieten.

    Kann ich komplett verstehen und weiß noch nicht, wie ich selbst dazu stehe.
    Auf der einen Seite schätze ich die physische Anleitung, vor allem weil ich während des Spielens ungern am Smartphone oder Tablet hängen möchte, wenn was nachzuschlagen ist.

    Auf der anderen Seite kann es auch von Vorteil sein, weil man die Suchfunktion nutzen kann, Markierungen und Kommentare hinterlegen kann und auch überarbeitete Anleitungen / Erratas direkt mit drin sind. Mich nervt es z.B. tierisch, dass ich bei meiner Root Version immer das Gefühl hab es könnte Updates in den Regeln geben aber ich hab keine Lust mich mit der Errate auseinanderzusetzen...

  • Auf der anderen Seite kann es auch von Vorteil sein, weil man die Suchfunktion nutzen kann, Markierungen und Kommentare hinterlegen kann und auch überarbeitete Anleitungen / Erratas direkt mit drin sind. Mich nervt es z.B. tierisch, dass ich bei meiner Root Version immer das Gefühl hab es könnte Updates in den Regeln geben aber ich hab keine Lust mich mit der Errate auseinanderzusetzen...

    Ich sehe die Vorteile der digitalen Anleitung auf jeden Fall. Würde es sehr schätzen, wenn diese zukünftig mit angeboten wird. Die gibts ja meistens. Außer bei Schwerkraft.

  • Ich finds auch völlig absurd, die haben Paleo gefühlt an jeden einzelnen Holländer verkauft.

    OT: Du meinst Niederländer. Holländer sind die Einwohner der beiden (von 12) Provinzen Noord-Holland und Zuid-Holland.

    Grüße aus der westlichsten Großstadt Deutschlands, ca. 5 km entfernt von der niederländischen Provinz Limburg, wo z.B. "Holländer" nur zur Abgrenzung vom Nordwesten des Landes genutzt wird.

  • Das mit dem Niederländischen Brettspielmarkt bis in kleinere Städte finde ich auch sehr beachtlich und wirklich Erstaunlich

    Die deutsche Comicszene staunt ja ebenso über deren Einheimische und Lizensierte Comicverbreitung ( bzw.Suske und Wiske, Rote Ritter sowie ins NL übersetze Lizensierte Marvel, DC Oder französische Conics ) bis ins allerkleinste Orte zu günstigen Preisen in Supermärkte, Kioske, Tankstellen .

    Die Analyse von Fachleuten warum das dort so gut funktioniert : andere gewachsene Mentalität , andere Strukturen und Förderungen und vor allem anderere Vertriebswege und Vertriebsnetze als bei uns .

  • Selbst für die Stückzahlen mit denen wir in der Brettspielbranche eigentlich ganz zufrieden sind (SdJ mal ausgenommen), würden andere in anderen Branchen nicht mal aufstehen.

    Wenn sich kleinere Stückzahlen nicht mal mehr ansatzweise lohnen, ist die Branche aber mitunter auch selbst schuld daran.


    Ich komme ja aus der Computerspielebranche (wenngleich nicht von der Herstellerseite), und ich kann mich noch daran erinnern, wie so um 1996 rum eine deutsche PR-Sprecherin erklärte, warum sie einen eh schon nur mittelmäßigen US-Titel hier trotzdem vertreiben werden. Alles war so aufs Small Business hin optimiert, dass man schon mit 600(!) Exemplaren den Break Even erreicht hat (was trotzdem schwierig genug war. :))


    Und ja, dafür würde die Branche heutzutage nicht mal mehr aufstehen. Aber, wie gesagt: selbst schuld, weil man just so spätestens ab Mitte/Ende der 90er über Gebühr alles auf Triple-A hin ausgerichtet hat. Alles musste immer aufwendiger, immer hochglanzpolierter werden. Selbst bei Genres/Titeln, wo jedem Insider (aber eben nicht den Managern) sofort klar war, dass das Schwachsinn ist und wirtschaftlicher Selbstmord. Aber dann kamen halt auch noch Brecher wie World of WarCraft, FIFA oder Call of Duty, wo ein einzelner Titel einen Publisher auf Jahre hinaus saniert hat. Dummerweise haben die Publisher in ihrer Gier und der Jagd nach dem Multimillionenseller sukzessive immer mehr "vergessen", dass man auch - entsprechend weniger aufwendig produzierte - Titel braucht, die auch mal mit 50.000 oder 100.000 weltweit verkauften Exemplaren was abwerfen.


    Nicht umsonst sind in den 2000ern reihenweise Publisher zusammengebrochen, obwohl sich ihre Titel eigentlich gut verkauft haben. Nur eben nicht gut genug angesichts teilweise irrsinniger Produktionskosten. Und einer Genre-Zielgruppe, wo eigentlich selbst den Halbblinden klar hätte sein müssen, dass diese für den Break Even einfach nicht groß genug ist.


    Das Schöne (wenn auch nicht für die Hersteller) war/ist ja letztendlich bis heute, dass trotz aller Marketingmittel der Erfolg eines Videospiels nur sehr begrenzt beeinflussbar ist. Nur haben diese Hersteller ebenso bis heute nicht begriffen, dass man vielleicht auch mal an der Produktion ansetzen sollte, um einen Titel schon ab x Stück zum Erfolg werden zu lassen. Und nicht mit aller Macht zu versuchen, Marketing-seitig die zigmal-x zu erzwingen, die angesichts irrsinniger Pre-Release-Kosten nötig sind.


    Das lässt sich natürlich nur sehr begrenzt auf den Brettspiel-Markt übertragen. Aber Unternehmensberater tun einem Unternehmen ja nur sehr selten wirklich gut. Und so wäre es mE ein Irrweg, nur noch auf die zwei, drei Titel im Jahr zu hoffen, die auf einmal extrem nach oben ausschlagen und das Jahr retten. Ich denke mal, die Branche ist eben sehr gut dahingehend aufgestellt, auch mit relativ kleinen Stückzahlen ihr Auskommen zu haben. Und daran sollten sie auch nichts ändern, wenn man nicht gerade Asmodee oder Kosmos heißt. :)

    Einmal editiert, zuletzt von Biberle ()

  • Vielen Dank für die interessanten Einblicke in den Computerspielbereich. Mein letzter Absatz war jetzt auch eher als launiger Kommentar gedacht, weil der Unternehmensberater einfach nur versucht die Stückkosten zu reduzieren und es ihm im Prinzip egal ist, ob Handgranaten oder Babyrasseln verkauft werden (auch das bitte nicht zu ernst nehmen). Es funktioniert ja für die meisten Verlage ganz gut, nur kann man damit nicht soo dolle Gehälter bezahlen und in vielen anderen Branchen wird halt jedes einzelne Produkt in deutlich höherer Stückzahl hergestellt. Wenn ich mit niedrigeren Stückzahlen arbeite, dann muss ich eben auch entsprechende Preise durchsetzen können und das ist in einem Marktumfeld, in dem es viel Konkurrenz und einen hohen Preisdruck gibt eher schwierig. Es liegt sicher nicht an dekadent hohen Investitionen bei der Produktentwicklung.

    Wenn du dir z.B. Firmen wie Hasbro oder Mattel anschaust, dann versuchen sie sich von Zeit zu Zeit an sogenannten "Autorenspielen", also das was wir einfach normale Spiele nennen ;) . Da hat dann irgendein Manager gelesen, dass sich das Spiel des Jahres 200.000 Mal verkauft hat und es wird versucht, was eigenes aufzubauen. So schnell wie das aufgebaut wird, reißen sie es dann auch wieder ein, weil die Stückzahlen, die sie erwarten nicht zu erreichen sind. Deshalb kaufen sie lieber bereits etablierte Spiele ein, für die wir dann aber natürlich auch nicht die Hauptzielgruppe sind. Im Prinzip ist die Idee, die Asmodee verfolgt (hat) ähnlich.

  • Ja, und weil den Unternehmensberatern meist die DNA eines Unternehmens ziemlich egal ist, halte ich sie auch für eine ebenso ziemlich überflüssige Spezies. Bei meinem AG, der Deutschen Post, haben sie mal kurz nach der Privatisierung "ausgerechnet", dass es schlauer (sprich: billiger) wäre, Post und Pakete grundsätzlich getrennt auszuliefern. Da hat dann teilweise ein Auto die Briefe ins 500-Einwohner-Kaff gebracht und 10 Minuten danach ein anderes Auto die (damals nur) drei Pakete hinterher. Das Experiment ist schnell wieder eingestellt worden, die Berater waren aber wieder ein paar Milliönchen reicher.


    Um nicht zu OT zu werden: Insgesamt ist es glaube ich sehr schwierig zu beantworten, wie es um die Relevanz Deutschlands steht.


    Typisch Deutsch ist es aber wohl, sich ziemlich umfangreich vor einem Kauf über etwas zu informieren. Beziehungsweise nur etwas zu kaufen, was er vorher schon kennt. Wodurch es nischigere, speziellere Titel hierzulande besonders schwer haben. Oder auch "nur" gute Spiele, weil es für das Geld dann unbedingt das Beste sein muss. Und wenn er nur das SdJ automatisch mit "das Beste" gleichsetzt.

  • Typisch Deutsch ist es aber wohl, sich ziemlich umfangreich vor einem Kauf über etwas zu informieren. Beziehungsweise nur etwas zu kaufen, was er vorher schon kennt. Wodurch es nischigere, speziellere Titel hierzulande besonders schwer haben. Oder auch "nur" gute Spiele, weil es für das Geld dann unbedingt das Beste sein muss. Und wenn er nur das SdJ automatisch mit "das Beste" gleichsetzt.

    Ich stimme Dir zu dass es typisch Deutsch ist, sich vorher genauestens (!!) zu informieren und abzusichern. Allerdings halte ich es nicht für falsch, sich im Vorfeld zu informieren.

    Egal was ich kaufe, ich möchte einen entsprechenden Gegenwert für mein Geld. Ein Werkzeug, welches ich vielleicht nur ein- oder zweimal für eine spezielle Aufgabe benötige kann ruhig ein Billiges sein, wenn ich es mir nirgends leihen kann. Den Akku-Bohrschrauber den ich jetzt seit fast 20 Jahren besitze habe ich teuer bezahlt, zurecht, denn der wird auch die nächsten Jahre noch halten. Ich habe mich vorher informiert und Erfahrungen aus meiner ersten Ausbildung einfließen lassen.

    Auf Spiele bezogen möchte ich kein Geld für einen Blindkauf ausgeben, der dann bei mir komplett versagt. Deswegen informiere ich mich vorher um zu entscheiden ob mich das Spiel überhaupt interessiert oder ob es Elemente hat, die für mich ein No-Go sind. Nur weil ein Spiel bei mir nicht funktioniert, muss es ja nicht schlecht sein. So etwas probiere ich gerne aus und kann es im Notfall weiterverkaufen. Aber eine echt schlechtes Spiel werde ich nicht mehr los, das ist dann zum Fenster rausgeschmissenes Geld.

    Und ich glaube besonders dadurch das man die Möglichkeit hat sich umfassend zu informieren kommen manch nieschige Titel überhaupt erst auf den Radar - wenn ich mich nicht informiere lerne ich die auch nicht kennen. Wir besitzen viele Spiele, die lt. der einen oder anderen Bewertung (oder im Schnitt nach BGG) nur "gut" sind und nicht "die Besten der Besten" - weil wir uns informiert haben und deswegen der Meinung waren, dass das Spiel zu uns passt.

    Liebe Grüße

    Cal


    „Das einzige was es zu bekämpfen gibt, ist der nach Kampf strebende Geist in uns.“

    Ō Sensei Ueshiba Morihei

  • 3 Punkte finde ich als Brettspieler im angeblichen "Brettspielland" Deutschland etwas traurig:

    - Es scheint so, dass bei Spielen von deutschen Autoren und sogar von deutschen Verlagen, die deutschsprachigen Ausgaben immer mehr in den Hintergrund rücken. Ein paar wenige aktuelle Beispiele: die Neuauflage von "Durch die Wüste" auf KS nicht in deutsch erhältlich, CoB SE teils schlecht übersetzt trotz deutschem Ursprungsmaterial und Ravensburger Beteiligung, Karma Games auf KS deutsche Anleitung nur gegen Aufpreis, Horrified (2019, BGG #180) von Ravensburger US keine deutsche Version?!?

    - Verlage finden immer noch zu wenig Möglichkeiten andere Sprachversionen in KS- oder GF-Projekten einzubinden; die überwältigende Masse der Brettspielprojekte sind English only.

    - Während in USA gefühlt jede größere Stadt mindestens ein Brettspielcafé hat muss man in Deutschland mit der großen Lupe suchen.

  • Während in USA gefühlt jede größere Stadt mindestens ein Brettspielcafé hat muss man in Deutschland mit der großen Lupe suchen.

    naja, weil es in Deutschland eben genug andere Möglichkeiten gibt sich zum spielen zu treffen gibt es keine kommerziellen Angebote. Das ist lediglich Nachfragegetrieben

    Ich gebe hier, auch wenn ich es im Text nicht explizit erwähne, immer meine persönliche Meinung wieder.

  • Als Nicht-Englisch-Muttersprachler muss man sich schon entscheiden: Will man im eigenen nationalen Bereich hängenbleiben oder will man über den nationalen Tellerrand hinausschauen? Im zweiten Falle heißt das nun mal: offen sein für Englisch. Und zwar ganz egal ob für Deutsche, Brasilianer, Franzosen, Italiener oder Japaner.

    Weil Englisch nun mal die Lingua Franca der gesamten, zumindesten westlichen Welt ist, sollte sich auch niemand wundern, dass das Angebot auf Englisch fundamental größer ist. Wer sich auf internationalen Plattformen wie Kickstarter oder Gamefound herumtreibt, der kann nicht erwarten, dort ein besonders tolles deutsches oder sonstwie nationales Angebot zu finden.

    Wobei: Wirklich wichtig ist das eigentlich nur für extrem nischige Produkte. Ansonsten hilft Geduld.

  • Wobei: Wirklich wichtig ist das eigentlich nur für extrem nischige Produkte. Ansonsten hilft Geduld.

    Da würde ich Einwände erheben. Ich habe bei Release des Marvel Champions LCGs direkt bei Asmodee angefragt, ob da eine deutsche Version geplant ist.


    Das wurde kategorisch abgelehnt... es kommt keine deutsche Version. Nachdem ich mir dann für 400€ alle englischen Inhalte gekauft habe, kam die Ankündigung der deutschen Version. Und das ist doch kein extrem nischiges Produkt?

    Einmal editiert, zuletzt von Prodigy1971 ()

  • Wenn sich das nicht massiv geändert hat leidet der französische Markt auch nicht an der im deutschen Markt so präsenten "Geiz ist Geil" - Mentalität; das ermöglicht es auch risikofreudiger zu sein und mit kleineren Auflagen Break Even zu erreichen

    Ich sag mal jein. Es gibt diverse Auswirkungen dieser Mentalität aber böse gesagt könnte dem Verlag der Preiskampf, den die Händler führen erstmal egal sein.

    Jein, was ist mit Zielkostenrechnung? Sprich: Es gibt einen Sweetspot einen VK Preis, den man erreichen will/soll/muss und von dem kann/soll /muss man rückwärts rechnen ob es zu diesem realisierbar ist.


    Die Verlage, die dazu noch einen UVP vorgeben, müssen/Sollten eben den Regalverkaufspreis sehen: ist damit der Größtmöglich Umsatz möglich ? (Also das Produkt Menge mal Preis am Größten) und dann von da Rückwärts Rechnen.


    Dabei müssen Nachfrage und Preis Elastizität berücksichtigt werden. Heisst: Es ist nicht so Preis 10% Hoch, nachfrage geht nur 10% runter, dann wäre es egal... nein, es kann sein, Preis 10% höher, Nachfrage sinkt um 20% ein, dann wird durch höheren Preis der Umsatz geschmälert usw. und umgekehrt! Es gibt eine Stelle da ist Preis X Menge am Größten. Und den gilt es zu treffen.


    Jetzt wird wieder kommen: Woher sollen die Verlage das wissen: Naja, dafür gibt s1. Vorab Marktforschung, und 2. Sollten Große und Professionelle Unternehmen den Kunden und den Markt kennen und sowas wenigstens ungefähr abschätzen können.


    Will nur sagen: Der Endverkaufspreis kann mitnichten dem Hersteller egal sein, im Gegenteil, er muss/Sollte von Anfang an, schon bevor er überhaupt in Produktion geht, vom Endverkaufspreis her denken.


    Ansonsten hat man eben das Problem, dass man ggf. zu teuer ist und das Produkt im Markt liegen bleibt, oder man zu billig verkauft und nicht das Maximum rausholt.


    Aber das ist jetzt alles natürlich nur sehr Grob und verkürzt zusammengefasst.

    Einmal editiert, zuletzt von Gelöscht_2002204 ()

  • Während in USA gefühlt jede größere Stadt mindestens ein Brettspielcafé hat muss man in Deutschland mit der großen Lupe suchen.

    naja, weil es in Deutschland eben genug andere Möglichkeiten gibt sich zum spielen zu treffen gibt es keine kommerziellen Angebote. Das ist lediglich Nachfragegetrieben

    Nicht alle meine Punkte sind auf die Angebotsseite gemünzt. Ich bin auch etwas enttäuscht von der deutschen Spielergemeinde, dass solche Angebote immer weniger angenommen werden. Nach dem Motto "Ich spiele lieber solo."

  • Mir würde hier noch The Isofarian Guard einfallen. Oder dann gibt es eben auch die Beispiele, die lokalisiert werden, aber nicht vollständig, wie Tainted Grail. Warum hat man hier die App nicht mitgenommen?


    Hinzu kommt, dass in den Nischen die Leute eher bereit sind auch die englische Version zu spielen. Warten die Nischenspieler wirklich auf eine Lokalisierung oder haben Sie nicht eher schon die englische Version geholt.

    Ist das nicht genau das Problem im Problem? Je länger man wartet, desto gesättigter ist der Markt bereits mit der englischen Version. Wenn man dann zu lang wartet, ist der Hype weg, und die deutsche Version lohnt sich nicht mehr. Wie löst man das?

    Hierfür werde ich zu 100% gebannt.

  • Ist das nicht genau das Problem im Problem? Je länger man wartet, desto gesättigter ist der Markt bereits mit der englischen Version. Wenn man dann zu lang wartet, ist der Hype weg, und die deutsche Version lohnt sich nicht mehr. Wie löst man das?

    Ich unterstütze in den letzten Jahren gerne Brettspielprojekte im Crowdfunding weil ich dort genauer mitbestimmen kann welche Spiele für mich relevant und interessant sind und nicht so stark davon abhängig bin was in Deutschland vermarktet wird.


    Fänden sich einfachere Lösungen wie man lokalisierte Versionen von Anfang an in die Crowdfunding-Projekte einbinden könnte, dann wäre das schon ein großer Schritt aus meiner Perspektive. GF wäre hier eigentlich in einer optimalen Position um Vorreiter zu werden, da sie auf den Brettspielmarkt spezialisiert sind und so auch spezialisierte Lösungen anbieten könnten.

  • Fänden sich einfachere Lösungen wie man lokalisierte Versionen von Anfang an in die Crowdfunding-Projekte einbinden könnte, dann wäre das schon ein großer Schritt aus meiner Perspektive.

    Wenn's genau das früher zwar öfter, mittlerweile jedoch seltener gibt, dann kann man getrost davon ausgehen, dass es oft nicht wirtschaftlich war. Sprich: Wenn die Finanzierung beim gemeinsamen Crowdfunding nur eher knapp erreicht wird, schreibt der Originalverlag vielleicht noch schwarze Zahlen, aber der Lokalisierungspartner sehr schnell rote.

    Es hat schon einen Grund, warum Lokalisierungspartner sich gerne erstmal anschauen wollen, wie ein Spiel auf dem Markt ankommt, wohlwissend, dass dann ein Teil der potenziellen Kunden das englische Original kauft. Oder warum man nicht im Kickstarter selbst mitmacht, sondern lieber eine eigene Kampagne auf der eigenen Plattform hinterherschiebt (Modell Spieleschmiede). Genau diese paar Prozente, die man an die Plattform wie Kickstarter oder Gamefound abdrückt, können die paar Prozente zu viel sein.

  • Jetzt wird wieder kommen: Woher sollen die Verlage das wissen: Naja, dafür gibt s1. Vorab Marktforschung, und 2. Sollten Große und Professionelle Unternehmen den Kunden und den Markt kennen und sowas wenigstens ungefähr abschätzen können.

    Vorab Marktforschung ist (außer für Branchenriesen wie Ravensburger) quasi nicht bezahlbar, dazu sind die Auflagen von Spielen zu niedrig.

    Will nur sagen: Der Endverkaufspreis kann mitnichten dem Hersteller egal sein, im Gegenteil, er muss/Sollte von Anfang an, schon bevor er überhaupt in Produktion geht, vom Endverkaufspreis her denken.

    Natürlich ist der Endverkaufspreis dem Verlag nicht egal, aber das hatte sprettbieler auch gar nicht geschrieben.

  • 3 Punkte finde ich als Brettspieler im angeblichen "Brettspielland" Deutschland etwas traurig:

    - Es scheint so, dass bei Spielen von deutschen Autoren und sogar von deutschen Verlagen, die deutschsprachigen Ausgaben immer mehr in den Hintergrund rücken. Ein paar wenige aktuelle Beispiele: die Neuauflage von "Durch die Wüste" auf KS nicht in deutsch erhältlich, CoB SE teils schlecht übersetzt trotz deutschem Ursprungsmaterial und Ravensburger Beteiligung, Karma Games auf KS deutsche Anleitung nur gegen Aufpreis, Horrified (2019, BGG #180) von Ravensburger US keine deutsche Version?!?

    - Verlage finden immer noch zu wenig Möglichkeiten andere Sprachversionen in KS- oder GF-Projekten einzubinden; die überwältigende Masse der Brettspielprojekte sind English only.

    - Während in USA gefühlt jede größere Stadt mindestens ein Brettspielcafé hat muss man in Deutschland mit der großen Lupe suchen.

    Gerade bei Spielen, die eher in der Nische angesiedelt sind, ist das Venndiagramm von potentiellen Käufern und Leuten, die zur Not auf Englisch kaufen, halt vermutlich sehr nah am Kreis, sprich: eine Lokalisierung macht wirtschaftlich wenig bis keinen Sinn.


    Bei jedem Spiel muss sich erstmal ein Verlag finden, der daran glaubt, dass es für das Spiel einen ausreichend großen Markt gibt, und der obendrauf noch Kapazitäten frei hat, so dass er das Spiel überhaupt lokalisieren kann (das ist ja auch kein Nullaufwand). Und selbst wenn alles passen würde, vielleicht hat auch der Ursprungsverlag keine Lust oder man wird sich einfach nicht einig (da ist zB #LordsofWaterdeep ein Paradebeispiel, das hätte vermutlich ungefähr jeder deutsche Verlag lokalisieren wollen).


    Ich sehe hier aber keinen "Trend", also dass das speziell bei deutschen Autoren/Verlagen zugenommen hätte.

    KS Spiele waren schon immer eher englisch, mit keiner Garantie für deutsche Sprachversionen, ob sofort oder später.


    Und bei Brettspielcafés muss halt einfach alles passen: großes Einzugsgebiet, idealerweise viele Studenten, keine andere gewachsene Brettspielinfrastruktur (hier in Köln wär's imho wahnsinnig, man kann hier gefühlt jeden Abend zu einem öffentlichen Brettspieltreff gehen). Und dann muss sich jemand mit ausreichend Energie und Startkapital finden, der so richtig Lust darauf hat, nicht nur sein Hobby zum Vollzeitberuf zu machen, sondern obendrauf noch Wirt zu werden. Mit großem Risiko, das die ganze Geschichte nicht angenommen wird und in ein paar Monaten der Laden wieder dicht ist (was für ungefähr jede Art von Gastro gilt).

  • Und bei Brettspielcafés muss halt einfach alles passen: großes Einzugsgebiet, idealerweise viele Studenten, keine andere gewachsene Brettspielinfrastruktur (hier in Köln wär's imho wahnsinnig, man kann hier gefühlt jeden Abend zu einem öffentlichen Brettspieltreff gehen).

    OT: In Köln hat doch gerade ein Brettspielcafé eröffnet (oder steht kurz davor, so genau habe ich das nicht verfolgt), dazu gab es ein Crowdfunding IIRC!?

  • Wobei: Wirklich wichtig ist das eigentlich nur für extrem nischige Produkte. Ansonsten hilft Geduld.

    Da würde ich Einwände erheben. Ich habe bei Release des Marvel Champions LCGs direkt bei Asmodee angefragt, ob da eine deutsche Version geplant ist.


    Das wurde kategorisch abgelehnt... es kommt keine deutsche Version. Nachdem ich mir dann für 400€ alle englischen Inhalte gekauft habe, kam die Ankündigung der deutschen Version. Und das ist doch kein extrem nischiges Produkt?

    Eben weil das kein nischiges Produkt ist, kam es ja dann auch auf deutsch. Hier ist der Satz "Ansonsten hilft Geduld" von MetalPirate hervorzuheben.
    Auf die Ablehnung von Asmodee würde ich nichts geben. Wenn ein Spiel international erfolgreich läuft, kommt es fast immer früher oder später auch auf deutsch.

  • Ohne allzusehr unken zu wollen: Das Kölner Brettspielcafé (Bingo Club), das im September am Bahnhof Süd aufgemacht hat, sitzt in einer Location, wo in den letzten 15 Jahren mindestens 5 verschiedene Lokale drin waren (darunter eine Gaming-Bar, die auf Retrokonsolen gesetzt hat, und nach weniger als zwei Jahren wieder schließen musste), und wird betrieben von einem ehemaligen Food-Truck-Besitzer aus Holland. Ich hatte da bereits während der Kampagne den Eindruck, dass man es unbedingt probieren will und nicht allzusehr auf Warnungen geachtet hat. Auch der Slogan "das erste Brettspielcafé in Köln" ist in keiner Weise korrekt, aktuell sind sie vielleicht das einzige, aber mir sind allein in Ehrenfeld schon zwei gescheiterte Projekte bekannt.


    Um etwas positives zu sagen: Preislich bewegen die sich bei Leihgebühr (3 Euro), Essen und Trinken tatsächlich am unteren Rand, vielleicht hilft das ja diesem Projekt zum Erfolg.

  • Nicht alle meine Punkte sind auf die Angebotsseite gemünzt. Ich bin auch etwas enttäuscht von der deutschen Spielergemeinde, dass solche Angebote immer weniger angenommen werden. Nach dem Motto "Ich spiele lieber solo."

    ich sprach bei meiner Antwort spezifisch nur von Brettspielcafes und bei diesen ist das Nachfrage einfach (fast überall) zu gering, da es genügend andere Angebote gibt. Diese Angebote gibt es eben in anderen Ländern nicht in diesem Maße.

    Ich gebe hier, auch wenn ich es im Text nicht explizit erwähne, immer meine persönliche Meinung wieder.

  • Bei uns gibts das nicht... also so ein richtiges Brettspielcafe. Bei uns in Reutlingen gibts eine "Spielwerkstatt e.V." und die bieten Mittwochs im Haus der Jugend einen Abend mit Brettspielen an. Das allerdings habe ich noch nicht ausprobiert, weiß nicht obs das noch gibt.

  • Nicht alle meine Punkte sind auf die Angebotsseite gemünzt. Ich bin auch etwas enttäuscht von der deutschen Spielergemeinde, dass solche Angebote immer weniger angenommen werden. Nach dem Motto "Ich spiele lieber solo."

    ich sprach bei meiner Antwort spezifisch nur von Brettspielcafes und bei diesen ist das Nachfrage einfach (fast überall) zu gering, da es genügend andere Angebote gibt. Diese Angebote gibt es eben in anderen Ländern nicht in diesem Maße.

    Was für andere Angebote sollen das denn sein? Privat treffen kann man sich immer, Brettspielclubs u.Ä. gibt es auch in anderen Ländern.

  • Es gibt eben keine Brettspielcafes in Deutschland weil es keine Nachfrage gibt, da es andere öffentliche Brettspieltreffen gibt. Der OP sprach ja von Brettspielcafes in den USA

    Ich gebe hier, auch wenn ich es im Text nicht explizit erwähne, immer meine persönliche Meinung wieder.