Beiträge von Calredon im Thema „Wie groß / relevant ist der deutsche Brettspielmarkt?“

    Wir hatten mal einen Spielestammtisch in einem Würzburger Lokal. Das war mit Sicherheit kein schlechtes Geschäft für den Wirt, da wir jede Woche etwa 4-8 Personen waren und jeder zwischen 18 und 23 Uhr ein Essen und 2-5 Getränke bestellt hat. Was wollen sie denn mehr von einem Tisch? Mittlerweile braucht man gar nicht mehr daran zu denken ein Spiel auszupacken, da man generell schon krumm angeguckt wird wenn man nach dem Essen noch die Dessertkarte will.

    Ganz ehrlich, jeweils ein Essen und dann nur 2-5 Getränke in 5 (!!) Stunden? Das würde ich als dreist empfinden, wenn ich der Wirt wäre.

    Typisch Deutsch ist es aber wohl, sich ziemlich umfangreich vor einem Kauf über etwas zu informieren. Beziehungsweise nur etwas zu kaufen, was er vorher schon kennt. Wodurch es nischigere, speziellere Titel hierzulande besonders schwer haben. Oder auch "nur" gute Spiele, weil es für das Geld dann unbedingt das Beste sein muss. Und wenn er nur das SdJ automatisch mit "das Beste" gleichsetzt.

    Ich stimme Dir zu dass es typisch Deutsch ist, sich vorher genauestens (!!) zu informieren und abzusichern. Allerdings halte ich es nicht für falsch, sich im Vorfeld zu informieren.

    Egal was ich kaufe, ich möchte einen entsprechenden Gegenwert für mein Geld. Ein Werkzeug, welches ich vielleicht nur ein- oder zweimal für eine spezielle Aufgabe benötige kann ruhig ein Billiges sein, wenn ich es mir nirgends leihen kann. Den Akku-Bohrschrauber den ich jetzt seit fast 20 Jahren besitze habe ich teuer bezahlt, zurecht, denn der wird auch die nächsten Jahre noch halten. Ich habe mich vorher informiert und Erfahrungen aus meiner ersten Ausbildung einfließen lassen.

    Auf Spiele bezogen möchte ich kein Geld für einen Blindkauf ausgeben, der dann bei mir komplett versagt. Deswegen informiere ich mich vorher um zu entscheiden ob mich das Spiel überhaupt interessiert oder ob es Elemente hat, die für mich ein No-Go sind. Nur weil ein Spiel bei mir nicht funktioniert, muss es ja nicht schlecht sein. So etwas probiere ich gerne aus und kann es im Notfall weiterverkaufen. Aber eine echt schlechtes Spiel werde ich nicht mehr los, das ist dann zum Fenster rausgeschmissenes Geld.

    Und ich glaube besonders dadurch das man die Möglichkeit hat sich umfassend zu informieren kommen manch nieschige Titel überhaupt erst auf den Radar - wenn ich mich nicht informiere lerne ich die auch nicht kennen. Wir besitzen viele Spiele, die lt. der einen oder anderen Bewertung (oder im Schnitt nach BGG) nur "gut" sind und nicht "die Besten der Besten" - weil wir uns informiert haben und deswegen der Meinung waren, dass das Spiel zu uns passt.

    Diese Sorgen scheinen Spanier, Franzosen, Italiener und Holländer nicht zu haben. Und deren Markt ist doch kleiner?

    Keine Ahnung, vielleicht können die günstiger produzieren, andere Wirtschaftslage....

    Bis auf Englisch, Spanisch und Italienisch sind aber auch noch keine anderen Versionen released worden wenn ich das richtig sehe.

    Letztlich ist ja auch nicht die größe des Marktes alleine entscheidend, sondern auch die individuellen Erfahrungen eines einzelnen Verlages mit Titeln eines bestimmten Autoren. Wenn sich z.B. Suchy Titel in Italien und Spanien für Delicious in der Vergangenheit besser verkauft haben als hier, dann interessiert es Delicious Games eventuell nicht ob der deutsche Markt größer ist. Was nützt ein Angebot auf dem größten Markt, wenn der Absatz dort die Kosten kaum deckt?

    Das ist aber nur Kaffeesatzlesen, das könnte und nur der Verlag erklären.

    Abgesehen von der Ausgangsfrage, die mich auch interessiert, Hier eine Mutmaßung meinerseits:

    Gerade bei neuen Titeln heutzutage muss der Verlag eine gewisse Sicherheit haben, dass das Spiel auch angenommen wird. Bei der Masse an Neuerscheinungen ist das sicher nicht mehr so selbstverständlich.

    Wenn man sich mal bei BGG die Menge an Bewertungen der einzelnen Suchy Titel anschaut sieht man auch, dass die Zielgruppe hier eher klein ist, seine anspruchsvolleren Titel haben im Vergleich zu anderen bekannten Hits eher wenig Bewertungen (Ausnahme Underwater Cities).

    Suchy Titel wurden in der Vergangenheit meistens von Delicious Games selber lokalisiert, aber oft erst deutlich nach Release der englischen Version. Möglicherweise schauen die sich erst die Nachfrage aus Deutschland an, bevor sie in eine Lokalsierung investieren.

    Abgesehen davon wird ja gerade in Deutschland von den besonders lauten "Kenner- und Expertenspielern" immer wieder darauf hingewiesen, dass man ja sowieso lieber zum englischen Titel greift, weil die deutsche Version nicht gleich zum Release mit 5-stelliger Auflage erscheint, also erst später verfügbar ist, die Übersetzung schlecht ist oder, Gott bewahre, der übersetzende Verlag auch noch Geld für das bisschen Arbeit möchte ;)