Beiträge von MetalPirate im Thema „Wie groß / relevant ist der deutsche Brettspielmarkt?“

    Für mich kommt das hier teilweise so rüber, als würden sich die ausländischen (Nischen-)Verlage denken: "Übersetzung brauchen wir keine, der finanzielle Aufwand wäre größer als die Einbußen, die wir durch die nur auf Englisch verkauften Exemplare einfahren". Ist dem so?

    Der Originalverlag kann es Lokalisierungsverlagen leichter oder schwerer machen. Um es leichter zu machen, muss man es erstens wollen, aber zweitens auch gut wissen, was handwerklich zu tun ist, z.B. bei der Anlage von Grafikdateien, wenn da Texte leicht austauschbar bleiben sollen. Wenn das bei US-Kleinverlagen nicht passt, dürfte es oft ein Mix sein aus "nicht für nötig erachten" und "nicht wissen, wie man es besser machen können". Sobald ein Verlag größer wird und öfters mit Lokalisierungspartnern zusammengearbeitet hat, sollte sich das aber normalerweise besser einspielen.


    Meines Erachtens gilt Deutschland im englischsprachigen Ausland nicht gemeinhin als Nation, in der praktisch jeder halbwegs gutes Englisch spricht.

    Ich würde sagen: solides Mittelfeld. Die Skandinavier oder Niederländer tun sich mit Englisch leichter als wir, aber Franzosen oder Italiener dafür eher schwerer. Da kommt uns Deutschsprachigen immer noch zu Gute, dass Deutsch genau wie Englisch zu der germanischen Sprachfamilie gehört. Die hochdeutsche Lautverschiebung einmal rückwärts, ein paar mehr lateinische Vokabeln reinwerfen, und man ist ja schon halb da. ;)


    Es gibt etwa 100 Millionen Deutsch Muttersprachler, ich denke wir haben da durchaus eine Relvanz.

    Jo. Eine gewisse Relevanz sicher. Streitet sich mit diversen anderen Sprachen um die Plätze zwischen 2 bis 10. Aber das Entscheidende ist, dass der Abstand zu Platz 1, nämlich englisch, in der international orientierten Brettspielwelt für alle anderen Sprache immer größer wird. So isses halt, wenn in den relevanten Märkten (fast) jeder als erste (und oft dann auch einzige!) Fremdsprache Englisch lernt.

    Fänden sich einfachere Lösungen wie man lokalisierte Versionen von Anfang an in die Crowdfunding-Projekte einbinden könnte, dann wäre das schon ein großer Schritt aus meiner Perspektive.

    Wenn's genau das früher zwar öfter, mittlerweile jedoch seltener gibt, dann kann man getrost davon ausgehen, dass es oft nicht wirtschaftlich war. Sprich: Wenn die Finanzierung beim gemeinsamen Crowdfunding nur eher knapp erreicht wird, schreibt der Originalverlag vielleicht noch schwarze Zahlen, aber der Lokalisierungspartner sehr schnell rote.

    Es hat schon einen Grund, warum Lokalisierungspartner sich gerne erstmal anschauen wollen, wie ein Spiel auf dem Markt ankommt, wohlwissend, dass dann ein Teil der potenziellen Kunden das englische Original kauft. Oder warum man nicht im Kickstarter selbst mitmacht, sondern lieber eine eigene Kampagne auf der eigenen Plattform hinterherschiebt (Modell Spieleschmiede). Genau diese paar Prozente, die man an die Plattform wie Kickstarter oder Gamefound abdrückt, können die paar Prozente zu viel sein.

    Als Nicht-Englisch-Muttersprachler muss man sich schon entscheiden: Will man im eigenen nationalen Bereich hängenbleiben oder will man über den nationalen Tellerrand hinausschauen? Im zweiten Falle heißt das nun mal: offen sein für Englisch. Und zwar ganz egal ob für Deutsche, Brasilianer, Franzosen, Italiener oder Japaner.

    Weil Englisch nun mal die Lingua Franca der gesamten, zumindesten westlichen Welt ist, sollte sich auch niemand wundern, dass das Angebot auf Englisch fundamental größer ist. Wer sich auf internationalen Plattformen wie Kickstarter oder Gamefound herumtreibt, der kann nicht erwarten, dort ein besonders tolles deutsches oder sonstwie nationales Angebot zu finden.

    Wobei: Wirklich wichtig ist das eigentlich nur für extrem nischige Produkte. Ansonsten hilft Geduld.

    Ich finds auch völlig absurd, die haben Paleo gefühlt an jeden einzelnen Holländer verkauft.

    OT: Du meinst Niederländer. Holländer sind die Einwohner der beiden (von 12) Provinzen Noord-Holland und Zuid-Holland.

    Grüße aus der westlichsten Großstadt Deutschlands, ca. 5 km entfernt von der niederländischen Provinz Limburg, wo z.B. "Holländer" nur zur Abgrenzung vom Nordwesten des Landes genutzt wird.

    Bei vielen amerikanischen Klein- und Crowdfunding-Verlagen kommt sicher noch als Problem dazu, dass denen alles Nicht-Englischsprachige oft herzlich egal ist.

    Wenn man z.B. bei der Anlage von irgendwelchen Projekten mögliche Lokalisierungen nicht direkt auf dem Schirm hat, nicht Reserven beim Platz lässt oder sowas wie Texte auf Grafiken nicht in eigene Layer packt, dann ist eine Lokalisierung direkt der vielfache Aufwand. Und das ist nur der rein technische Aufwand und berücksichtigt dabei noch nicht mal einen möglicherweise nur begrenzt kooperativen Originalverlag als Partner.

    Das ist zugegebenermaßen ein Problem, das Lokalisierungspartner aus anderen Ländern dann ganz genauso haben. Aber es unterstreicht eben auch, dass es manchmal ein Maß an Selbstausbeutung braucht, das man eben nicht mal einfach so erwarten darf.

    Franzosen sind im allgemeinen stärker an ihre Sprache gebunden und lernen nicht so gerne Fremdsprachen (natürlich nicht alle, aber viele wie ich bei unserem damaligen Schüleraustausch feststellen musste)

    Yep. Wobei ich immer stärkere Indizien dafür sehe, dass die jüngere Generation der Franzosen sich von dem "wer mit uns zusammenarbeiten will, soll gefälligst französisch sprechen!" ihrer Vorfahren verabschiedet und genau wie jeder andere in der westlichen Welt akzeptiert hat, dass Englisch die gemeinsame Sprache ist, die man nun mal sprechen muss, wenn man mit der Welt kommunizieren will.