[2023] Bier Pioniere - Thomas Spitzer

  • Ich bin echt geflasht wie hier analysiert wird. Selber würde ich das ja niemals durchkalkulieren sondern einfach Spielen und immer was neues / anderes probieren, daran liegt ja irgendwie auch der spaß, zumindest bei mir.

  • Ich finde das hier gerade wirklich interessant. Allerdings verunsichert mich das doch etwas.

    Sagen wir mal so, mit dem Wissen was man hier bekommt, sofern es so funktioniert kann man es ggfs. schaffen dem Spiel dann doch keine Chance zu geben.

  • Ich finde ja, man sollte allgemein mehr Vertrauen in Autoren und Redaktionen haben. Das kann natürlich an meinem Beruf liegen. :)

    Aber trotzdem: Falls solche "Probleme" in vielen unterschiedlichen Runden auftauchen, die das Spiele alle schon mindestens 2-3 Mal gespielt haben, dann kann man solche Kritik auch durchaus ernst nehmen. Aber solange nur ein einziger User hier so etwas schreibt - zumal es um eine Partie zu gehen scheint, die für alle anderen außer ihm die Erstpartie war, wäre mir persönlich das zu dünn, um einem Spiel deshalb keine Chance zu geben.

    Just my 2 cents.

  • Ich finde ja, man sollte allgemein mehr Vertrauen in Autoren und Redaktionen haben.

    Grundsätzlich ja. Aber dieses Vertrauen müssen sich die Redaktionen auch verdienen und Spielefaible hat da bisher noch nicht ganz so viel vorzuweisen.


    Ansonsten: actaion hat erstmal nur ein mögliches Problem geschildert und dann näher ausgeführt. Es sollte möglich sein, über sowas vernünftig zu diskutieren, ohne gleich in die Extreme zu fallen ("das Spiel ist broken, bloß nicht kaufen!" vs. "alles völliger Blödsinn, an der Kritik ist überhaupt nichts dran!"). Vielleicht liegt die Wahrheit auch irgendwo in der grauen Mitte, d.h. die Balance ist unter bestimmten Rahmenbedingungen nicht ganz so ideal gelungen, und natürlich kommt man da auch schnell in Geschmacksfragen rein, etwa dabei, in wie weit strategische Wege erfolgreich sein dürfen, die nicht tun, was das Spiel thematisch von einem will (hier: gewinnen können ohne viel Bier gebraut zu haben), was dann nochmal eine ganz andere Dimension hat als die Balance-Geschichten. Da mit der notwendigen Genauigkeit zu diskutieren, ist in Foren erfahrungsgemäß schwierig.

  • Ich finde ja, man sollte allgemein mehr Vertrauen in Autoren und Redaktionen haben.

    Grundsätzlich ja. Aber dieses Vertrauen müssen sich die Redaktionen auch verdienen und Spielefaible hat da bisher noch nicht ganz so viel vorzuweisen.


    Ansonsten: actaion hat erstmal nur ein mögliches Problem geschildert und dann näher ausgeführt. Es sollte möglich sein, über sowas vernünftig zu diskutieren, ohne gleich in die Extreme zu fallen ("das Spiel ist broken, bloß nicht kaufen!" vs. "alles völliger Blödsinn, an der Kritik ist überhaupt nichts dran!"). Vielleicht liegt die Wahrheit auch irgendwo in der grauen Mitte, d.h. die Balance ist unter bestimmten Rahmenbedingungen nicht ganz so ideal gelungen, und natürlich kommt man da auch schnell in Geschmacksfragen rein, etwa dabei, in wie weit strategische Wege erfolgreich sein dürfen, die nicht tun, was das Spiel thematisch von einem will (hier: gewinnen können ohne viel Bier gebraut zu haben), was dann nochmal eine ganz andere Dimension hat als die Balance-Geschichten. Da mit der notwendigen Genauigkeit zu diskutieren, ist in Foren erfahrungsgemäß schwierig.

    Für Balancingprobleme braucht man halt eine größere Stichprobe verschiedener Gruppen und Teilnehmer. Selbst mehrere Partien von Person XY reichen einfach nicht aus. Der Geschmack bleib trotzdem im Nachgang bitter, wobei gerade bei Bier...

  • Für Balancingprobleme braucht man halt eine größere Stichprobe verschiedener Gruppen und Teilnehmer.

    Nein, da würde ich widersprechen wollen. Balance ist im Endeffekt reine Mathematik. Das lässt sich berechnen und/oder per Computer simulieren, und nur wer das nicht kann, braucht hunderte Versuche, um rein empirisch zum Ziel zu kommen.

    Ein fähiger Autor/Redakteur wird dann aber noch eine große Prise Psychologie drüberstreuen. Dass das Spielen Spaß macht, ist mindestens so wichtig wie die perfekte Balance. Und da kommen die Testrunden dann aus meiner Sicht doch wieder rein. Die psychologischen Effekte lassen sich nämlich nicht so leicht berechnen.

  • Für Balancingprobleme braucht man halt eine größere Stichprobe verschiedener Gruppen und Teilnehmer.

    Nein, da würde ich widersprechen wollen. Balance ist im Endeffekt reine Mathematik. Das lässt sich berechnen und/oder per Computer simulieren, und nur wer das nicht kann, braucht hunderte Versuche, um rein empirisch zum Ziel zu kommen.

    Ein fähiger Autor/Redakteur wird dann aber noch eine große Prise Psychologie drüberstreuen. Dass das Spielen Spaß macht, ist mindestens so wichtig wie die perfekte Balance. Und da kommen die Testrunden dann aus meiner Sicht doch wieder rein. Die psychologischen Effekte lassen sich nämlich nicht so leicht berechnen.

    Ich kann mein zugrundeliegendes Punkte-Modell auf mathematischen Gleichgewicht bereits im Vorfeld konzipieren. Bei einer empirischen Erhebung (also qualitativ) möchte ich eher menschliche "Probleme" und Motive für bestimmte Spielweise (ob negativ oder positiv) ermitteln. Mein Problem ist eher wenn ein einziger User von Balancingprobleme spricht, auf welcher Informationsgrundlage tut er dies? Er kennt ja weder das mathematische Modell dahinter, noch hat er oft genug gespielt um pauschale Aussagen davon ableiten zu können. Es sind ja nur Mutmaßungen. Vielleicht liegt es an seiner Spielweise oder bestimmte Denkmuster...

  • Mein Problem ist eher wenn ein einziger User von Balancingprobleme spricht, auf welcher Informationsgrundlage tut er dies?

    Gute Intuition. Unterschätze mal nicht, was manche mathematisch/analytisch starke Spieler leisten können. Auch schon in einer Erstpartie und auch ohne exzessive Grübelei.

    Aber ja, das sind wenige und das sind Ausnahmen. 95% der "XYZ ist broken!!!" Behauptungen in Foren sind Dummschwatz. Aber das war ja hier nicht der Fall. Hier hat jemand geschrieben, dass er das Spiel gut findet, aber den Eindruck hat, dass ein bestimmter strategischer Weg zu leicht umzusetzen wäre. Extra noch "meines Erachtens" dazugeschrieben, samt Aufforderung, darüber ernsthaft zu diskutieren. Sowas muss in einem Forum möglich sein, sonst haben wir schnell jegliche Diskussion über Strategien vergrault.

    (Damit ist keinerlei Aussage verbunden, ob ich die Beobachtung für richtig oder falsch halte. Ich habe Bier Pioniere nie gespielt, ich habe es nur auf meiner Beobachtungsliste, weil ich den Werken von Thomas Spitzer wegen ihres themengetriebenen Ansatzes grundsätzlich positiv gegenüber stehe, und lese deshalb diesen Thread hier.)

  • Also ich habe mal versucht das Muster von actaion nachzuspielen, da sind schon ein paar Dinge dabei die vom Zufall abhängen. Zu 33% ist der Spot 9 (Truckaktion für 2 Münzen) nicht verfügbar. Du musst Startspieler sein. In Runde 2 bist sehr wahrscheinlich nicht Startspieler, wenn dann noch der Arbeiter-Upgrade Spot durch den Spielaufbau dauerhaft blockiert ist wirst du da kein Upgrade bekommen wenn die anderen am Tisch das Spiel kennen. Und da bin ich erst in Runde 2 ohne sicher zu sein das das Spiel auch so läuft. Sehr theoretisch, dass größte Problem ist mMn das man zwar das Spiel beendet aber nicht zwingend gewinnt. Bei bisher 4 Partien hatte der Sieger immer mehr als 24 Punkte am Ende (25, 28, 30, 35). Kann zwar bei den anderen 3 nicht mehr sagen wie viele Runden es waren aber die 35 stammen aus der 5-Runden-Partie. Bei auch in der Anleitung angegeben 6 oder 7 Runden sind 5 mMn nicht besonders außergewöhnlich...

  • Also ich habe mal versucht das Muster von actaion nachzuspielen, da sind schon ein paar Dinge dabei die vom Zufall abhängen. Zu 33% ist der Spot 9 (Truckaktion für 2 Münzen) nicht verfügbar. Du musst Startspieler sein. In Runde 2 bist sehr wahrscheinlich nicht Startspieler, wenn dann noch der Arbeiter-Upgrade Spot durch den Spielaufbau dauerhaft blockiert ist wirst du da kein Upgrade bekommen wenn die anderen am Tisch das Spiel kennen. Und da bin ich erst in Runde 2 ohne sicher zu sein das das Spiel auch so läuft. Sehr theoretisch, dass größte Problem ist mMn das man zwar das Spiel beendet aber nicht zwingend gewinnt. Bei bisher 4 Partien hatte der Sieger immer mehr als 24 Punkte am Ende (25, 28, 30, 35). Kann zwar bei den anderen 3 nicht mehr sagen wie viele Runden es waren aber die 35 stammen aus der 5-Runden-Partie. Bei auch in der Anleitung angegeben 6 oder 7 Runden sind 5 mMn nicht besonders außergewöhnlich...

    natürlich kann man das nicht immer 1:1 so spielen wie oben beschrieben, wiel es ja immer davon abhängt, welche Plätze noch frei sind, welche Ziele im Spiel usw. Ich hatte aber ja noch ein paar ungenutzte Aktio in dem Plan oben, und zudem kann es teilsweise sogtra noch besser laufen als angegeben (z.B. dass man 2 Bonusaktionen pin einer Runde bekommt). Man muss also natürlich ein bisschen flexibel ragieren, ganz trivial ist es sicher nicht.


    35 Punkte in 5 Runden ist natürlich stark Wie hat er das gemacht? Anscheiend gibt es doch noch ein stärkere Strategie, wenn das stimmt...


    Aber wie gesagt, es sollte auch nie meine Behauptung sein, dass die Strategie dominant ist und immer gewinnt, sonderd nur, dass sie stark ist und relative leicht zu spielen ist und oft gewinnt, und mir das nicht gefällt, weil es das Thema und auch im zweiten Teil die Komplexität des Spiels etwas unterläuft.

    Einmal editiert, zuletzt von actaion ()

  • Vll blöde Antwort, aber wenn es ja anscheinend so ist, dass es bessere Strategie gibt, diese Strategie nicht immer zu spielen ist etc, dann ist das doch einfach nur eine mögliche Strategie, nicht mehr und nicht weniger? Zu Thema und Komplexität hab ich ja schon was gesagt. Spiel sie dann halt einfach nicht, wenn sie dir keinen Spass macht? Gibt viele Spiele, wo ich möglche Strategien nicht spiele, weil sie mir keinen spass machen?

  • 35 Punkte in 5 Runden ist natürlich stark Wie hat er das gemacht? Anscheiend gibt es doch noch ein stärkere Strategie, wenn das stimmt...

    Ich saß natürlich auf der anderen Seite... Aber grundsätzlich waren die Karten hier der entscheidende Faktor. So hatte mein Mitspieler einen Experten angeheuert der iirc zusätzliches Geld für jedes verkaufte Bier brachte, die Engine der grünen Karten lieferte regelmäßig ab und er schleifte 4(!) Karten über die gesamte Zeit mit die dann in Runde 5 eben jene 15 Punkte brachten, dazu waren dann noch die Punkte der Schlusswertung gekommen. ABER das war im Zwei-Personen-Spiel! Hier sehe ich das als deutlich einfacher an weil die Belegung der Spots potenziell planbarer ist, zu dritt ist viel mehr Konkurrenz und zu viert sind gar keine Spots blockiert.

  • 35 Punkte in 5 Runden ist natürlich stark Wie hat er das gemacht? Anscheiend gibt es doch noch ein stärkere Strategie, wenn das stimmt...

    Ich saß natürlich auf der anderen Seite... Aber grundsätzlich waren die Karten hier der entscheidende Faktor. So hatte mein Mitspieler einen Experten angeheuert der iirc zusätzliches Geld für jedes verkaufte Bier brachte, die Engine der grünen Karten lieferte regelmäßig ab und er schleifte 4(!) Karten über die gesamte Zeit mit die dann in Runde 5 eben jene 15 Punkte brachten, dazu waren dann noch die Punkte der Schlusswertung gekommen. ABER das war im Zwei-Personen-Spiel! Hier sehe ich das als deutlich einfacher an weil die Belegung der Spots potenziell planbarer ist, zu dritt ist viel mehr Konkurrenz und zu viert sind gar keine Spots blockiert.

    Gibt es nicht ein Handkartenlimit von drei?

  • Nein, da würde ich widersprechen wollen. Balance ist im Endeffekt reine Mathematik. Das lässt sich berechnen und/oder per Computer simulieren, und nur wer das nicht kann, braucht hunderte Versuche, um rein empirisch zum Ziel zu kommen.

    Ein fähiger Autor/Redakteur wird dann aber noch eine große Prise Psychologie drüberstreuen. Dass das Spielen Spaß macht, ist mindestens so wichtig wie die perfekte Balance. Und da kommen die Testrunden dann aus meiner Sicht doch wieder rein. Die psychologischen Effekte lassen sich nämlich nicht so leicht berechnen.

    Balancing ist halt nicht gleich Balancing, weil unterschiedliche Strategien oft unterschiedlich schwierig zu spielen sind. Und dann steht man vor der schwierigen Entscheidung, soll man die Balance so ausrichten, dass man mit der Erfahrung von 15+ Partien mit jeder Strategie gleich wahrscheinlich gewinnt? Oder soll man die Balance so ausrichten, dass man mit der Erfahrung von 3-5 Partien mit jeder Strategie gleich wahrscheinlich gewinnt? Dies ist manchmal nicht beides miteinander zu vereinen.

    André Zottmann / Thygra Spiele - u. a. viel für Pegasus Spiele tätig
    Ich gebe hier generell immer meine eigene, ganz persönliche Meinung von mir.

    Einmal editiert, zuletzt von Thygra ()

  • Ich gebe auch mal meinen Senf dazu. Ich habe Bier Pioniere direkt auf der Spiel geholt, weil


    1. mich das Thema angesprochen
    2. ich Viticulture mag und die Ähnlichkeit meiner Meinung nach bestechend ist (Worke Placement, Alkoholproduktion, Wettlauf auf 20 Punkte, "Helfer-Karten",...)
    3. ich kleine Verlage gerne unterstütze.


    Nun habe ich 4 Partien von Bier Pioniere gespielt. Bei der ersten Partie ist unter 3 Neulingen "ungewollt" von mir ziemlich genau das passiert, was hier geschidert wurde. Ich habe das Rennen recht leicht gewonnen und das alleine durch Geldumwandlung in Siegpunkte, die Passaktion + die Bonusaktion. Daraufhin war ich etwas ernüchtert, da ich ein Spiel, wo es um das Bierbrauen geht gewonnen hatte, ohne Bier zu brauen. In der nachfolgenden Partie wollte ich die These widerlegt bekommen. Gleiche Spielgruppe + 1 Neuling. Zwei der anderen wussten also was passieren kann. Und trotzdem hat es wieder funktioniert. Danach noch zwei partien mit starkem Fokus auf das Bierbrauchen. Dies kam einem zu aufwendig und teilweise zu glücksabhängig bzgl. der benötigen Aufträge für das vorhande Bier vor, im Vergleich zur Geld-Strategie, womit andere Ihre Punkte machen.


    Das Ende vom Lied war, dass ich Bier Pioniere verkauft habe, da ich diese "Art" des möglichen, einfachen Siegs nicht stimmig fand.


    Sicher hat Viticulture im Grundspiel ähnliche Anleihen, dass man ohne Wein gewinnen kann. Aber zwei Spiele derselber Art und Weise brauchte ich dann nicht. Schade für Bier Pioniere, denn ich wollte das Spiel mögen.

  • Ich kenne Viticulture nicht, daher kann ich nicht vergleichen. Ich werde Bier Pioniere aber erstmal nicht verkaufen, da es mir ja an sich gefällt.
    Das genannte Problem lässt sich imho , wenn es einen den stört durch eine der folgende Hausregeln lösen:


    a) man deckt das unendlich Zeichen beim Tauschfeld ab
    sobald mind 1 Spieler den Tauschspieler etwas stört, wird es weniger gut funktiieren, da die Aktion nicht mehr beliebig oft gemacht werden kann. (Ich würde Geld aber auf 2 Münzen Ertrag erhöhen, um es auch für nicht-SP-Tauscher halbwegs attraktive zu machen)


    b) analog zu den anderen unendlich-Feldern unten, kann nur der 1. Spieler, der hier drauf geht, Siegpunkte eintauschen, den anderen späteren bleiben nur die anderen Optionen (Ich würde Geld aber auf 2 Münzen Ertrag erhöhen)


    c) man verlangt für den Siegpunkt 1 Ressource mehr (Fass oder Münze)


    d) man deckt die beiden 1 SP Aktionen ab (in der Reihenfolge-Leiste und im unteren Bonusaktions-Bereich)

    ehrlich gesagt finde ich diese Aktionen eh blöd, zumal sie nicht nur Not-Aktionen sind, sondern recht stark.


    Ich tendiere aktuell dazu, dass Spiel das nächste Mal mit Variante D (+ 2 Münzen Ertrag auf dem Tauschfeld) zu spielen-

    Einmal editiert, zuletzt von actaion ()

  • Ist es denn ein Problem eines Brettspiels wenn Strategien "aufwändig" sind und trotzdem zum gleichen Erfolg führen? Wenn ich 5 Runden lang nur Geld in Siegpunkte tausche und das in jeder Partie kann ich mich dann beschweren, dass mir das Spiel zu langweilig ist? :/

    Ich kann das auch nicht so wirklich nachvollziehen. Wenn ich weiß, es gibt eine mögliche Siegstrategie, die aber halt langweilig zu spielen ist, dann spiel ich sie halt einfach nicht?

  • Balancing ist halt nicht gleich Balancing, weil unterschiedliche Strategien oft unterschiedlich schwierig zu spielen sind. Und dann steht man vor der schwierigen Entscheidung, soll man die Balance so ausrichten, dass man mit der Erfahrung von 15+ Partien mit jeder Strategie gleich wahrscheinlich gewinnt? Oder soll man die Balance so ausrichten, dass man mit der Erfahrung von 3-5 Partien mit jeder Strategie gleich wahrscheinlich gewinnt? Dies ist manchmal nicht beides miteinander zu vereinen.

    Yep. Ich würde sogar sagen, dass es ein Wunder wäre, wenn alle denkbaren Strategien eines Spiels unabhängig von der Spielerfahrung balanciert wären. Sobald wir unterstellen, dass (a) die strategischen Ansätze unterschiedlich komplex sind und dass (b) das Erlernen komplexer Strategien zwar schwieriger, aber dennoch möglich ist, kann das ja gar nicht mehr funktionieren. Das heißt dann: eine solche Verschiebung der Balance ist nicht die Ausnahme, sondern schlicht der Normalfall.

    Aber auch rein praktisch sollten das alle interessierten Beobachtern wissen, spätestens seit der Dominion-Geldstrategie, wo es am Anfang auch manchmal hieß, diese Primitiv-Strategie wäre dominant. Das ist natürlich Blödsinn. Aber dieser Eindruck fällt auch nicht einfach so vom Himmel, der ist tatsächlich vielfach entstanden. (Falls die Dominion-Geldstrategie dem Leser nicht bekannt ist: Wann immer möglich, kaufe die höchste Siegpunktkarte. Ansonsten kaufe die höchste Geldkarte, die du dir leisten kannst. Die 10 zufällig gewählten Königreichkarten komplett ignorieren. So durchziehen bis Spielende. Fertig.)

    Das schlägt ziemlich sicher alle Anfänger, die oft nur planlos Zeugs zusammenkaufen, kann mit leichten Anpassungen unter bestimmten Bedingungen auch später noch kompetitiv sein, aber gegen gute Spieler sieht man normalerweise nicht mehr viel Land damit. Aber: diesen Punkt, besser als die 08/15-Geldstrategie zu sein, den muss man erstmal erreichen. Manche Spieler schaffen das nie (und solange sie die Geldstrategie nicht kennen, finden sie womöglich Dominion trotzdem noch toll, auch das ist möglich).


    Wie siehst du ( Thygra ) als Redakteur die Existenz und das Balancing von eher primitiven und ggf. am thematischen Schwerpunkt des Spiel vorbeilaufenden Strategien? Bei Viticulture gab's ja auch diverse Diskussionen, ob es okay ist, durch Abgreifen von Siegpunkten an allerlei Stellen außerhalb der Weinproduktion (Tour geben, Aufstehzeitpunkt, Karten, etc...) schnell zur benötigten Siegpunktschwelle zu hetzen. Was ist da aus deiner Sicht als Redakteur gefühlt richtig bzw. erstrebenswert beim Feinschliff?


    Nach meinem Verständnis ist es im Prinzip völlig okay, so eine Primitiv-Strategie als Benchmark zu haben, selbst wenn sie geeignet ist, planlos spielende Anfänger zu schlagen. Wichtig ist nur, dass erstens die Primitiv-Strategie im Erfolg hart limitiert bleibt (d.h.: sie wird mit Kartenzieh- oder Würfelglück nicht merklich besser) und dass zweitens der normal begabte Spieler schnell den Punkt erreicht, wo er mit etwas Spielerfahrung besser ist. Und zwar sicher, nicht nur gelegentlich. Wobei man hier nach meinem Bauchgefühl bei Dominion schon diskutieren kann, ob die Geldstrategie nicht sogar schon ein kleines bisschen zu gut funktioniert, denn Beschwerden, dass eine Primitiv-Strategie zu stark wäre, kann kein eigentlich Spiel brauchen, wenn es erfolgreich sein will. Wobei es Dominion ja offensichtlich nicht geschaden hat...

  • Wie siehst du ( Thygra ) als Redakteur die Existenz und das Balancing von eher primitiven und ggf. am thematischen Schwerpunkt des Spiel vorbeilaufenden Strategien? Bei Viticulture gab's ja auch diverse Diskussionen, ob es okay ist, durch Abgreifen von Siegpunkten an allerlei Stellen außerhalb der Weinproduktion (Tour geben, Aufstehzeitpunkt, Karten, etc...) schnell zur benötigten Siegpunktschwelle zu hetzen. Was ist da aus deiner Sicht als Redakteur gefühlt richtig bzw. erstrebenswert beim Feinschliff?

    Ich finde es legitim, wenn es eine Strategie gibt, die am Thema des Spiels vorbeiläuft. Allerdings sollte eine solche Strategie dann nicht diejenige sein, die man am schnellsten entdeckt oder die am einfachsten zu spielen ist. Sondern eine solche Strategie sollte man entweder erst nach 2-3 Partien entdecken oder man sollte sie erst mit der Erfahrung von 2-3 Partien gut spielen können.

    Aber das hängt natürlich auch stark vom jeweiligen Spiel und Thema ab, und wenn du 10 Redakteur:innen fragst, erhältst du vermutlich 12 unterschiedliche Antworten. ;)

    André Zottmann / Thygra Spiele - u. a. viel für Pegasus Spiele tätig
    Ich gebe hier generell immer meine eigene, ganz persönliche Meinung von mir.

    Einmal editiert, zuletzt von Thygra ()

  • Wobei man hier nach meinem Bauchgefühl bei Dominion schon diskutieren kann, ob die Geldstrategie nicht sogar schon ein kleines bisschen zu gut funktioniert, denn Beschwerden, dass eine Primitiv-Strategie zu stark wäre, kann kein eigentlich Spiel brauchen, wenn es erfolgreich sein will. Wobei es Dominion ja offensichtlich nicht geschaden hat...

    Da widerspreche ich gern. "Big Money" ist nur dann eine valide Strategie, wenn die Kartenauslage wirklich völlig unglücklich ist (also z.B. nur 2er- und 4er-Karten, oder eine krude Mischung aus Dauer- und Tableau-/Wirtshauskarten). Solche Auslagen passieren aber auch nur, wenn man die Königskarten wild über die Erweiterungen hinweg zufällig zusammenstellt und dann im Zweifelsfall nicht mehr eingreift. In 95% der Fälle kann ich Big Money immer schlagen, wenn ich die richtigen Aktionskarten nutze und/oder mein Deck verdünne. Oder eben mit Angriffskarten sabotieren. Und ich habe den Eindruck, dass die Diskussion damals eigentlich auch schon spätestens bei Intrige oder Seaside beendet war.


    Wenn eine vermeintlich einfache Strategie mit etwas mehr Können leicht geschlagen oder (wie die Schädel bei Tzolkin) mit etwas Aufmerksamkeit der Mitspieler verhindert werden kann, sehe ich darin keinen "Fehler" des Spiels, sondern eher eine natürliche Progression spielerischen Könnens. Anders sieht es aus, wenn es eine simple Siegstrategie gibt, die dann wirklich nur mit erheblichem Aufwand geschlagen werden kann, oder wenn alle die gleiche Strategie zumindest mitspielen müssen, um einen Sieg zu verhindern (mein Hauptproblem mit Tekhenu ohne Erweiterung). Wo sich da jetzt die Bier-Pioniere verorten weiß ich nicht, aber die Expertenspieler, mit denen ich mich über das Spiel unterhalten konnte, haben da bisher keine solchen Probleme rückgemeldet (und das tun sie sonst gerne und oft).

  • Archibald Tuttle : Vielleicht hast du mich da auch etwas falsch verstanden. Ich bin mir absolut bewusst, wie limitiert "Big Money" wird, sobald man kein blutiger Anfänger mehr ist. Ich hätte aber Verständnis dafür, wenn man beim Balancing solche Strategien noch ein klitzekleines Stückchen schlechter macht als das bei "Big Money" der Fall ist, so dass auch bei Anfänger-Runden gar nicht erst das Gefühl aufkommen kann, dass sowas Primitives eine dominante Strategie sein könnte.


  • Wenn eine vermeintlich einfache Strategie ... mit etwas Aufmerksamkeit der Mitspieler verhindert werden kann, sehe ich darin keinen "Fehler" des Spiels, sondern eher eine natürliche Progression spielerischen Könnens. ...

    Ich persönlich mag Spiele die auch völlig ohne Interaktion auskommen genauso gerne, wie stark interaktive Strategiespiele - was ich hingegen hasse ist es wenn ich durch irgendwas gezwungen werde etwas zu tun was meine Strategie stört, in eher solitären Spielen - ergo gegen eine Strategie anspielen oder mitmachen müssen, weil der Andere sonst gewinnt ist meiner Meinung nach Sch... - insbesondere Spiele die als "self-balancing" bezeichnet werden sind für mich immer Spielspass 0-2/10

    Ich mag aus gem Grund Village nicht, weil derjenige der neben dem Sterben lassen der Meeple das Beste raus holt gewinnt. Marco Polo 1 ist ohne Aufträge nicht zu gewinnen (zumindest im Zweipersonenspiel - und ja auch hier gibt es möglicherweise die eine Partie in der das geklappt hatte - daher würde ich "in der Regel" hinzufügen)

    Und es mag hart klingen, aber ich würde auch Spiele die im 2 Personenspiel einen derartigen Zwang bieten als broken bezeichnen - Keyper wäre da ein schönes Beispiel - wenn im 2er Spiel einer alleine eine Bootsstrategie fährt wird er haushoch gewinnen - in unseren Tests hatte der Spieler (abwechselnd die starke Strategie gespielt) der so spielte ca 1,5x die Punktzahl des Kontrahenten. Also selbst wenn man die andere Strategie besser spielen würde sind 150% der Punkte kaum zu schaffen - und wir diskutieren da durchaus öfter mal Optionen die beide Spieler haben... ergo besser als wir das zu zweit geschafft haben...


    Eine Strategie die "am Thema des Spiels vorbei geht" finde ich völlig ok, das stört mich nicht


    Wie sind hier denn die Erfahrungen mittlerweile? Ich mochte Kohle und Kolonie (nur verkauft weil viel zu selten auf dem Tisch - Problem: ab 3 Spieler) sehr gerne ebenso wie Haspelknecht

    Ausstehende Spiele KS/Spieleschmiede/Vorbestellungen: 11
    Ausstehende Erweiterungen KS/Spieleschmiede/Vorbestellungen: 4
    Spiele Gebackt/gekauft 2022: 3
    Erweiterungen gebackt/gekauft 2022: 2
  • Für mich ist Arnak so ein Spiel. Wenn du den verfluchten Tempel nicht hinauf läufst, kannst du nicht gewinnen. In unseren Partien hat fast immer einer der Spieler gewonnen der am weitesten oder zweitweitesten oben auf dem Tempel war.

  • Das eine Spiel wird dafür kritisiert, dass man gewinnen kann, ohne im Sinne des Themas zu spielen, und das andere Spiel wird dafür kritisiert, dass man die thematische Hauptsache machen muss, weil man sonst nicht gewinnen kann.

    Tja. Die Verlage scheinen es einfach nicht jedem recht machen zu können...


    Und was Arnak angeht: Mit den Expeditionsleitern (1. Erweiterung) kommen da strategisch nochmal ganz neue Elemente rein. Aber, wie immer bei starken "variable player powers", heißt das, dass man die Strategien nicht mehr unbedingt selbst aussucht, sondern auf der ganz großen Ebene genau das macht, was einem der Charakter sagt.

  • Für mich ist Arnak so ein Spiel. Wenn du den verfluchten Tempel nicht hinauf läufst, kannst du nicht gewinnen. In unseren Partien hat fast immer einer der Spieler gewonnen der am weitesten oder zweitweitesten oben auf dem Tempel war.

    beim Vogeltempel ist das so, beim Schlangen tempel aber nict

  • Ich darf den Thread nicht mehr lesen, da hier auch Titel mit Strategien benannt die ich niemals hätte durchdrungen. Oh man. Ich blende den kram nun mal aus und setze mir Bierpioniere auf die „Haben“ Liste. Optik ist absolut schick.

  • Gestern eine Partie Bier-Pioniere mit knappem Ausgang ( 24/23/23/21) gespielt. „Leider“ hat der Spieler gewonnen, der kein Bier auf seinem Board freigespielt hat. Er hat die meisten seiner Siegpunkte über die hier angesprochenen unthematischen Optionen geholt. Der Zweitplatzierte hatte nur einen Bierauftrag erfüllt und die meisten Punkte über Schlusswertung (u.a. sechs Glühlampen + sechs Geld) geholt.


    Beide haben sehr gut gespielt und die Möglichkeiten des Spiels genutzt! Dennoch fand ich es schade, dass ein stärker am Thema orientiertes Spielen nicht belohnt wurde (ja, der dritt- und der viertplatzierte haben mglw. nicht optimal gespielt und hätten Chancen auf z.B. einen weiteren erfüllten Auftrag gehabt).


    Um ein thematisches spielen zu „erzwingen“ werde ich den Spielplan meines Exemplars wie von actaion vorgeschlagen verändern und die direkten Siegpunkt-Optionen abdecken. Ggf. ändere ich auch noch die Schlusswertung, z.B. dahingehend dass neben den Glühlampen auch die Zahl der erfüllten Aufträge die zu erreichenden Siegpunkte begrenzt. Sicherlich wird man die Tauschaktion dann irgendwie attraktiver machen müssen (vielleicht „Sperrstein abräumen“ statt „Siegpunkt“), sonst wäre die wohl weitgehend uninteressant.

  • Bei dem Spielstand sieht es aber erstmal nicht nach einer übermäßig starken Strategie aus. Ich finde es auch total in Ordnung, wenn man die Spielmöglichkeiten so nutzt.

    Ich frage mich nur: Wenn einem das unthematische daran stört, dann einigt Euch doch in Euren Runden darauf, einfach so nicht zu spielen. Da muss doch dann nichts angepasst werden!?

    Oder sind die unthematisch Spielenden gegen so ein Gentlements Agreement? Und wenn ja, warum werden die einfach vor den Bus geschubst, indem man das durch Hausregeln verhindert?

  • Bei dem Spielstand sieht es aber erstmal nicht nach einer übermäßig starken Strategie aus. Ich finde es auch total in Ordnung, wenn man die Spielmöglichkeiten so nutzt.

    Ich frage mich nur: Wenn einem das unthematische daran stört, dann einigt Euch doch in Euren Runden darauf, einfach so nicht zu spielen. Da muss doch dann nichts angepasst werden!?

    Oder sind die unthematisch Spielenden gegen so ein Gentlements Agreement? Und wenn ja, warum werden die einfach vor den Bus geschubst, indem man das durch Hausregeln verhindert?

    Sorry, aber das würde ich bescheuert finden: wir wissen, dass man eh ehesten gewinnt, wenn man so spielt, aber einigen uns darauf dass das keiner macht? Ist auch gar nicht umsetzbar, weil die Grenzen ja fließend sind.


    Das Problem ist ja, dass so eine Strategie nicht nur möglich ist, sondern offenbar in den meisten Fällen sogar gewinnt.