2023 KW41 - Robinson Crusoe

Robinson Crusoe - Abenteuer auf der verfluchten Insel habe ich, abgeschreckt von der Anleitung und dem Ruf des komplizierten Einstiegs, lange im Regal liegen lassen. Nach fast 6,5 Jahren habe ich nun dank der tollen Video-Anleitung von Better Board Games endlich mal einen Versuch gewagt.


Schaut man das genannte Video von Better Board Games merkt man, dass die Grundregeln eigentlich gar nicht so kompliziert sind. Im Kern ist Robinson Crusoe ein Worker Placement Spiel. Jeder Spieler ist mit 2 Markern (Arbeitern) ausgestattet, welche er platzieren kann, um verschiedene Aktionen auszulösen. Dabei kann er verschiedene Helfer oder Gegenstände als Unterstützung dazu nehmen. Die Krux ist nämlich die, dass das Verwenden von nur einem Spielermarker die ausgewählte Aktion oftmals unsicher macht, diese also scheitern kann. Daher ist es oft gut mit einem zweiten Marker von einem Mitspieler oder einem allgemeinen Helfer bzw. Gegenstand die Aktion sicher zu machen.

Bei Robinson Crusoe birgt der Einsatz eines einzelnen Markers also oftmals Risiken, so dass die Hinzunahme eines zweiten Markers auch Sinn machen kann. Manchmal genügt ein einzelner Marker, manchmal sind 2 Marker zwingend und meistens wünscht man sich 2 Marker einsetzen zu können, um die gewünschte Aktion abzusichern. Leider muss man dann doch auch öfter mal etwas riskieren, also nur einen Marker einsetzen, um das Spiel auch schaffen zu können, schließlich birgt die Insel einige Gefahren, welche abgewehrt werden möchten.


Anstrengend wird das Regelwerk primär durch zwei Dinge. Den teilweise fummeligen Regeldetails und der Anleitung. Ist der Sinn hinter den vielen Regeldetails noch zu verstehen, auch wenn sie an mancher Stelle auch gerne hätten etwas intuitiver sein dürfen, verstehe ich aber echt nicht, warum die Anleitung so ein Graus sein musste.


Damit kommen wir auch zum größten Kritikpunkt von Robinson Crusoe. Das große Problem der Anleitung ist, dass die vielen Regeldetails irgendwo in Fließtexten versteckt sind. Da sitzt man da und weiß, dass es zu der Situation gerade am Spieltisch ein Regeldetail gibt, muss aber erst mal suchen, wo sich dieses in der Anleitung versteckt. Es war teilweise echt leichter in dem oben genannten Video ein Regeldetail heraus zu suchen als in der Anleitung und das kann echt nicht sein. Die Anleitung ist eine derart große Hürde für das Spiel, so dass ich nachvollziehen kann, wenn sich manche da nie heranwagen. Das wiederum ist völlig unnötig, wenn man bedenkt, dass der Kernmechanismus eigentlich gar nicht so kompliziert ist. Wenn man manche Regeldetails etwas intuitiver implementiert hätte und die Anleitung besser aufgebaut wäre, würde man viel leichter Zugang dazu finden.


Die anderen Dinge, die mich störten, wogen nicht ganz so schwer, waren aber durchaus spürbar für das Spielerlebnis.


So hätte ich mir die Integration der Abenteuerkarten anders gewünscht, grafisch und spielerisch. Grafisch stört mich, dass man sieht, wo sie zwischen den Ereigniskarten liegen. Schöner für mich wäre es gewesen, wenn Abenteuer- und Ereigniskarten denselben Rücken hätten und man die Unterscheidung über die Vorderseite gelöst hätte. Das wäre spielmechanisch zwar kein Unterschied zu jetzt, aber man sieht dann wenigstens nicht, wie sehr man sein Glück strapaziert, schließlich bringen die Abenteuerkarten im Ereignisstapel meistens negative Effekte. Damit kommen wir auch gleich zum nächsten Punkt hinsichtlich der Abenteuerkarten. Warum hat man sich denn kein System einfallen lassen, was dafür sorgt, dass die Auswirkungen der Abenteuerkarten nach einer bestimmten Anzahl von Runden auslöst?! Wenn ich z.B. verdorbene Nahrung esse, dann ist es für mich logischer, wenn sich mein Magen in spätestens zwei Runden umdreht und nicht erst in sechs. Man darf dabei auch nicht vergessen, dass eine Runde je nach Szenario mehrere Wochen für die Geschichte von diesem bedeuten können. Monate später eine Lebensmittelvergiftung zu bekommen ist da nicht wirklich thematisch. Andersherum hätte so ein System mit dem koordinierten Auslösen der Auswirkung einer Abenteuerkarte das Spiel planbarer gemacht. Machbar wäre das sicherlich gewesen (eine Idee hätte ich zumindest).


Damit können wir gleich zum nächsten Kritikpunkt kommen. Robinson Crusoe ist doch ziemlich glückslastig. Spiele ich riskant, plane meine Aktionen weitestgehend unsicher und würfle dann aber gut, komme ich auch gut voran. Andererseits kann ich trotz guter Planung aufgrund eines Misslungenen Würfelwurfs ordentlich zurückgeworfen werden. Schließlich können die Ereignisse bei den Abenteuern ziemlich hässliche Auswirkungen haben. Die Würfelwürfe bei den unsicheren Aktionen finde ich dabei aber gar nicht so schlimm, da es thematisch eigentlich ganz gut gelöst ist. Unschön finde ich das permanente Mischen des Ereignisstapels, wo man dann auch noch (wie schon angemerkt) sieht wie sehr man sein Glück beansprucht. Für ein Spiel, welches seine Spieler doch ganz gerne strapaziert, wäre es schön gewesen, wenn zumindest die Auswirkungen aus den Glücksmomenten milder daherkommen würden. Am Ende von Szenario 1 konnten wir zusehen wie unsere Lebenspunkte alleine aus den Würfelwürfen für das Wetter dahinschmolzen.


Mein letzter kleiner Kritikpunkt ist, dass sich Robinson Crusoe gefühlt etwas behäbig spielt. In einer Runde, welche thematisch ein paar Wochen bzw. zumindest mehrere Tage entspricht, lediglich ein wenig Holz zu besorgen ist nicht unbedingt allzu befriedigend.


Die genannten Kritikpunkte machen aus Robinson Crusoe noch lange kein schlechtes Spiel. Robinson Crusoe ist thematisch wirklich toll umgesetzt und erzeugt permanent Spannung am Tisch. Uns hat es auch wirklich Spaß gemacht. Ich kenne zudem kaum ein kooperatives Spiel, wo man den Schwierigkeitsgrad thematisch so gelungen modifizieren kann wie bei Robinson Crusoe.


Robinson Crusoe hatte bei mir vor allem auch mit meiner Erwartungshaltung zu kämpfen. So wurde das Spiel oftmals als der kooperative Oberhammer dargestellt. Auch wenn ich sehe, dass das Spiel langfristig motivieren kann, ist es das aber für mich eben nicht das allerbeste kooperative Spiel. Ein Grund dafür ist sicherlich auch, dass seit dem Erscheinen von Robinson Crusoe inzwischen Titel hinzugekommen sind, welche ebenfalls einiges an Qualität bieten. Dazu kommt der erhebliche Dämpfer, verursacht durch die Anleitung. Nichtsdestotrotz war die erste Partie absolut positiv. Da ich mich für diese noch durch die Anleitung quälen musste, bewerte ich das Spielerlebnis mit einer soliden 7/10, mit Ausblick darauf, dass die nächsten Partien noch besser werden.