Kennerspiel des Jahres aus Sicht „der anderen“ oder: Wie schwer sind Anleitungen?

  • Der Satz "Ich hab die Anleitung nicht verstanden." ist doch mehr Ausrede als Problem. Wenn mir die Verwandschaft sowas zu Lama oder Catan erzählt, übersetze ich das immer mit "Wir hatten bisher keine Lust uns da dran zu setzen."


    "Ich hab die Anleitung nicht verstanden." ist dabei witzigerweise auch nicht peinlich oder so ... Das ist die Freizeit-Analogie zu "In Mathe war ich immer schlecht."


    Das Problem ist für mich meist fehlender Wille sich da einzuarbeiten. Ich denke dem Individuum kann man das auch nur begrenzt vorwerfen. Erstens hat da jeder andere Dinge zum Reinknien. Und zweitens wissen die zum den Zeitpunkt ja noch nicht was sie verpassen. :P


    Trotzdem sinkt die Bereitschaft zur Einarbeitung proportional zur vorhandenen Langeweile und es ist für die Verlage sicher eine Herausforderung damit klar zu kommen. Und unterm Strich machen sie das ausgezeichnet. Der Markt wächst, oder nicht?

  • Wir haben seit einiger Zeit eine kleine Spielerunde mit zwei Cousinen meiner Frau (eine Anfang 30, die andere Anfang 40).


    Kommentar nach erster Runde Carcassonne: Wer denkt sich denn so komplizierte Spiele aus?


    Kommentar nach der zweiten oder dritten Runde Quacksalber: Ist das das komplizierteste Spiel in deiner Sammlung?

    Antwort: Nein, eher eins der leichtesten.

    Ungläubiger Blick: Wie soll ein Spiel denn noch komplizierter werden? =O


    Aber ich mag solche Spielrunden wirklich. Hier wird noch jedes neue Spiel gefeiert und sich über neue Möglichkeiten gefreut :sonne:

  • Ich denke es liegt auch daran das erstmal alles neue und unbekannte als kompliziert und schwierig angesehen wird. Wie bei vielen im Leben muss erst mal ne gewisse Grunderfahrung, Interesse vorhanden sein , Routinen müssen sich entwickeln dann fällt das auch Neulingen immer leichter.

    Nur muss halt erst mal der grundsätzliche Anreiz da sein diese erste Hürde eigenverantwortlich , aus Interesse und nicht nur anderen zu liebe zu bewältigen.

    Und genau daran mangelt es oft.

    Ich nehme da als Beispiel einfach mal mein anderes Hobby Videospiele. Für mich ist es selbstverständlich mich durch 3D Welten zu bewegen, zwei Sticks zu haben zum Bewegen und umsehen. Neulinge sind damit auch erst mal komplett überfordert und müssen an Mechaniken usw herangeführt werden.

    Erst leichtes , dann langsam immer komplizierteres am besten so das die Lernkurve für die Neuen immer Moderat bleibt und mit stetigem Erfolg belohnt wird. Dann ist die Wahrscheinlichkeit zumindest höher das dabei Spaß empfunden wird und die ersten Berührungsängste schnell verfliegen.

    Einmal editiert, zuletzt von Razyor ()

  • Was ich bei meinen neuem Spielpartner für Too Many Bones festgestellt habe. Wenn jemand Erfahrung mit Videospielen hat, dann ist es um vieles einfacher die Regeln auf die schnell zu erklären.

    Ich habe ihm in 5 Minuten die Grundzüge von Too Many Bones erklärt und wir konnten loslegen. Detailfragen wurden dann während der Partie erklärt oder er hat sie selbst gelöst, weil er die Mechanik einfach durchblickt hat.

    Die Gearlocs an sich haben etwas länger gedauert, aber nachdem er weiß wie die Mechanik funktioniert, liest er einfach die Sheets der einzelnen Gearlocs durch und weiß wie er sie spielen kann.


    Viele Menschen sind heute einfach zu verwöhnt alles präsentiert zu bekommen, nicht selbst nachdenken zu müssen, sondern nur zu konsumieren.

    Ich merke dies extrem in meiner Arbeit. Jeder hat eines der mächtigsten Werkzeuge in seiner Hand, dass einen mehr oder minder unendlich viel Wissen verschaffen kann, aber nutzen tut es so gut wie niemand.

  • Viele Menschen sind heute einfach zu verwöhnt alles präsentiert zu bekommen, nicht selbst nachdenken zu müssen, sondern nur zu konsumieren.

    Aber ist nicht gerade das typisch für heutige Videospiele? Die haben ja nicht mal mehr Anleitungen, nur noch Tutorials.


    Und wie ich neulich irgendwo las: Bei Videospielen kann man ohne Vorwissen irgendwelche Knöpfe drücken und es passiert was. Da kann man sich dann vieles ableiten.

    Bei Brettspielen geht das nicht.


    (Tatsächlich gibt es nur ein Videospiel, das ich mir nicht ohne Anleitung herleiten konnte: Powermonger von Bullfrog.)

  • Viele Menschen sind heute einfach zu verwöhnt alles präsentiert zu bekommen, nicht selbst nachdenken zu müssen, sondern nur zu konsumieren.

    Ich merke dies extrem in meiner Arbeit. Jeder hat eines der mächtigsten Werkzeuge in seiner Hand, dass einen mehr oder minder unendlich viel Wissen verschaffen kann, aber nutzen tut es so gut wie niemand.

    Viele Menschen haben heute Jobs, die sie mental so anstrengen (und dazu gehören auch Dinge wie ständige Kommunikation, hoher Lärmpegel, Zeitmangel/Stress), dass sie abends nicht mehr bereit sind, die Zeit und Mühe in eine Regellektüre zu investieren, wenn sie eigentlich nur eine gute Zeit haben wollen.


    Spielregeln sind ja, wie Ernst Juergen Ridder schon früh im Thread bemerkt hat, Gebrauchsanweisungen.

    Diese sind für die meisten Leute ein notwendiges Übel - will ich diesen Schrank im Schlafzimmer, muss ich sie wohl oder übel lesen und verstehen - intuitives Herangehen endet meist im Desaster (Ich erinnere mich, dass ich mit 20 dem Vater einer Freundin, einem Studienrat, beim Aufbau einer Ikea Kommode helfen musste, weil er mit der Anleitung überfordert war).

    Deshalb ist es für mich nachvollziehbar, dass Menschen eine (unbewusst ablaufende) Kosten-Nutzen-Rechnung aufmachen, bevor sie sich ernsthaft auf eine Regellektüre einlassen. Dass diese zu Ungunsten des Brettspiels ausfällt ist, vor allem bei ungeübten Regellesern, eigentlich zwangsläufig.

    Das hat dann m.E auch überhaupt nichts mit Generationenunterschieden oder "die Menschen sind heute...." zu tun.

  • Bananenfischer

    Ich wollte jetzt ja keinen Generationenkonflikt heraufbeschwören. Bin selbst mit meinen 39 jetzt auch nicht der Älteste, aber auch nicht mehr einer der Jüngsten, wobei ich mich so fühle ;)

    Aber ich sehe schon, dass heute durch den Medienkonsum viele junge Menschen es verlernt haben, sich in Regeln einzulesen(oder auch viele andere Dinge), länger als ein paar Minuten bei der Sache zu sein. Und ja das ist jetzt pauschal, es gibt solche und solche Menschen. Aber für mich geht die Tendenz schon dahin. Habe mir vor Kurzem die Zeit genommen(ca. 3 Stunden) und mich mit einer Jugendlichen über die neuen Medien unterhalten und ihr Verhalten dabei beobachtet und hinterfragt. Sie hat mir Snapchat erklärt(ich kannte mich zwar aus, wollte aber sehen wie damit umgegangen wird). Da werden Nachrichten/Fotos/Videos geschickt die Sekunden später schon wieder vergessen sind. Informationen werden einfach kurz konsumiert und sind dann wieder vergessen.


    Anderes Beispiel wie schon oben erwähnt wurde. Videospiele damals und heute. Damals musste man die Anleitung lesen und hat sich dann im Spiel noch einarbeiten müssen. Heute gibt es ein Tutorial und dann spielen sich viele Spiele wie von selbst. Klar es gibt Ausnahmen, aber die meisten Spiele sind derartig einfach heute.


    Und ja ich weiß, dass viele in stressigen Berufen arbeiten, ich auch. Arbeite mindestens 12 Stunden pro Dienst, habe viel Stress, ständige Kommunikation etc. Aber ich finde trotzdem die Zeit und Motivation mich in die Regeln einzuarbeiten. Ich glaube Brettspieler sind einfach andere Menschen :lachwein::thumbsup:

  • Ich glaube wir sollten in die Frage nicht zuviel hinein interpretieren. Wir lieben unser Hobby Brettspiele und sind bereit mehr Zeit, Energie und Aufmerksamkeit zu investieren und haben dementsprechend ein anderes Frustrationspotential. Dafür sind wir bei vielen anderen Dingen weniger motiviert als viele andere Menschen und ernten deren Unverständnis. Ich würde nie ein Auto reparieren/renovieren, was Handwerkliches machen, ein Instrument lernen ....

    Die ganze Generationenfolge, Stress usw. sind meiner Meinung nach nicht wirklich relevant. Es gibt nur heute viel mehr Dinge auf die man sich stürzen kann...

  • Huutini

    Da hast du schon recht, aber er spielt neben den neuen Kram auch sehr viel alte Sachen, bei denen man sich noch richtig einarbeiten muss, deshalb liebt er es scheinbar auch, alle Anleitungen zu lesen die ich ihm gebe :lachwein:

    Und das Wichtigste er versteht sie auch.

    Ich fand an meinem alten Railroad Tycoon auf dem Amiga das "Heft" noch viel interessanter als das Spiel selbst, in dem man quasi alles über Eisenbahnen und die Eroberung Europas und des amerikanischen Westens auf Schienen gelernt hat. <3

  • Ich fand an meinem alten Railroad Tycoon auf dem Amiga das "Heft" noch viel interessanter als das Spiel selbst

    „Heft“! 180 Seiten, sogar mit Literaturtipps ;) Das ist auch heute noch lesenswert: Railroad Tycoon Manual. Und das alles wegen eines Brettspiels …

    Zitat

    The inspiration for Railroad Tycoon came from several sources. One was playing 1830, a boardgame about US railroads, during after hours gaming sessions here at MicroProse.

  • Diesbezüglich habe ich vor kurzem eine Interessente Erfahrung machen müssen mit dem Sega Mega Drive meines Schwiegervaters - Eine Konsole le mit der ich noch nie Berührungspunkte hatte, da sie einige Jahre vor meiner Geburt aktuell war.

    Ich startete das Spiel "Where in Time is..." und war völlig entsetzt. Kein Tutorial.. Keine Erklärungen.. "Unspielbar!" dachte ich mir und steckte das nächste Spiel ein:

    Syndicate.. Ebenfalls keine Erklärung.

    Dann folgte der Blick in die Anleitung und mit wurde klar: Die Anleitung ist das Tutorial! Das muss wohl früher so Standart gewesen sein :/


    Interessant ist, dass sich viele Mechanismen bis Heute nicht geändert haben - gerade im Rollenspiel Bereich.

    Inzwischen bekommen die Spiele immer mehr zusätzliche Inhalte und Funktionen. Ich denke da beispielsweise an Red Dead Redemption 2, welches mal so nebenbei eine riesige Flora und Fauna in der Open World bereit stellt (Grundsätzlich ist es ein Shooter in einem Western Szenario) ... Sich damit zu beschäftigen gleicht einem Experten Spiel 8o

    Doch die Inhalte werden gut eingeführt und erklärt sodas sich dieser immense Content standardisiert.


    Offensichtlich gab es da eine deutliche Entwicklung in der digitalen Welt.

    Evtl. braucht die Analoge Unterhaltung das auch? Um zugänglicher zu sein?

    Oder gehört das Regeln-pauken zum Hobby? Quasi take it or leave it?

    2 Mal editiert, zuletzt von Riptack ()

  • Ich fand an meinem alten Railroad Tycoon auf dem Amiga das "Heft" noch viel interessanter als das Spiel selbst

    „Heft“! 180 Seiten, sogar mit Literaturtipps ;) Das ist auch heute noch lesenswert: Railroad Tycoon Manual. Und das alles wegen eines Brettspiels …

    Zitat

    The inspiration for Railroad Tycoon came from several sources. One was playing 1830, a boardgame about US railroads, during after hours gaming sessions here at MicroProse.

    Fairerweise muss man sagen, dass MicroProse quasi bei allen Spielen so dicke Bücher dabei hatte. Und grad bei Flug-Simulationen gab es das damals noch öfter.

    Lag jetzt also nicht nur am Brettspiel ... :)

    Einmal editiert, zuletzt von Huutini ()

  • Offensichtlich gab es da eine deutliche Entwicklung in der digitalen Welt.

    Evtl. braucht die Analoge Unterhaltung das auch? Um zugänglicher zu sein?

    Oder gehört das Regeln-pauken zum Hobby? Quasi take it or leave it?

    es gibt ja einige Spiele, die sind so. Harry Potter Hogwarts Battle, Fog of Love oder die dt. Version von Kitchen Run.

    Da wurde dann aber auch gemeckert. Erinnere mich an Stimmen, die HPHB Jahr 1 zu einfach fanden und es verkauft haben, ohne zu checken, dass erst Jahr 7 das eigentliche Spiel ist und vorher alles nur Tutorial bzw. Abstufungen..

    Bitte Rechtschreibfehler ignorieren :S

    Tippe oft mit Handy in der einen Hand und Baby in der anderen :danke:

  • Für mich persönlich brauche ich bei Brettspielen diese Tutorials nicht, wie z.B. bei Kitchen Rush, aber für die Menschen die wenig oder kaum spielen, finde ich das eigentlich gut gelöst.

    Wie am Bsp. Kitchen Rush gelöst, lernen sie nach und nach alle Mechaniken kennen. Und wenn man dann mal Level 10 erreicht hat, glaube das dies das letzte Level ist, dann wird es richtig interessant, mit den beigelegten Karten zu spielen, die das Spiel herausfordernder machen.

    Ich selber hätte gleich von Anfang an mit allen Regeln spielen wollen, aber um meine Mitspieler nicht zu überfordern fängt man halt klein an :).

  • Ich fand die Tutorials auch gut, besonders für Neulinge. Das wäre für mich ein Konzept, dass gerne mehr übernehmen könnten. Dann aber mit der Option für Vielspieler, dennoch direkt am Ende anfangen zu können. Das hat mir bei Fog of Love gefehlt, denn nur die Anleitung reichte nicht und das Nachlesen auf den Tutorial Karten war nervig.

    Bitte Rechtschreibfehler ignorieren :S

    Tippe oft mit Handy in der einen Hand und Baby in der anderen :danke:

  • Offensichtlich gab es da eine deutliche Entwicklung in der digitalen Welt.

    Evtl. braucht die Analoge Unterhaltung das auch? Um zugänglicher zu sein?

    Oder gehört das Regeln-pauken zum Hobby? Quasi take it or leave it?

    Man versucht ja, das in die Brettspielwelt zu übertragen - aber wie gesagt, komplett geht das nicht.
    Du kannst jemanden, der nie auch nur ein Gamepad oder eine Maus in der Hand gehalten hat, in der Endphase von Red Dead Redemption, wenn alles freigeschaltet ist und nichts mehr erklärt wird, an den Monitor setzen, und er wird es schaffen, IRGENDWAS zu tun. Und sei es nur, spazierengehen und ein bisschen in die Luft ballern. Irgendwann wird er es vermutlich schaffen, auf ein Pferd zu steigen und mit NPCs zu reden, und irgendwann wird er vermutlich einen Auftrag annehmen und evtl. erfüllen können.

    Du kannst aber niemanden an das Jahr 1 von Kampf um Hogwart setzen, ihm das Regelheft wegnehmen und sagen: "So, jetzt spielt mal."

    Natürlich kannst du Brettspielern anbieten, die Regeln BEIM Spiel zu lernen - aber du kannst ihnen nicht abnehmen, Regeln zu lesen, zu verstehen und umzusetzen. Und in meinen Augen ist es da reine Kosmetik, ob man jede neue Partie 10% zusätzliche Regeln hinzunimmt, oder direkt vor dem ersten Spiel sämtliche Regeln liest, und diese dann in einer Lernpartie einsetzt.

    Das Tutorialsystem in Videospielen (das mich persönlich, der ich auch eine Welt ohne kenne, ziemlich nervt) kann man nicht im gleichen Maße auf Brettspiele übertragen.
    Die Bemühungen in diese Richtung weiß ich zu schätzen, und evtl. hilft es ja was, aber ich bin bisher noch immer bei jedem Brettspiel mit dem vollen Regelsatz eingestiegen, weil ich mir die Regeln lieber einmal und mit ein oder zwei Lernpartien aneigne, als in zehn Partien ... auch wenn das nicht für jede Gruppe geeignet ist.

  • Huutini

    Naja ganz ohne Erfahrung kannst du auch keinen Mensch in völliger Unkenntnis an den Computer oder Konsole setzen. Das fängt schon mal an, wie ich das Pad halten soll, oder welche Tasten ich an der Tastatur nutzen muss. Ja mit Trial and Error bekomme ich irgendwann das raus, die Wahrscheinlichkeit dass die Person vorher aufgibt ist bestimmt höher. Ein wenig „Anleitung“ oder Erfahrung wird schon benötigt.

    Du hast sicherlich recht, dass eine direkte 1:1 Übertragung nicht möglich ist, da man digital einen Bildschirm hat, der eine Reaktion zeigt und man daran lernen kann.


    Ich glaube Legenden von Andor hatte eine Losspielanleitung und damit den Anspruch das Spiel ohne Regelkenntnisse anzuspielen. Hat in meinem Bekanntenkreis nicht funktioniert.

  • Ich glaube Legenden von Andor hatte eine Losspielanleitung und damit den Anspruch das Spiel ohne Regelkenntnisse anzuspielen. Hat in meinem Bekanntenkreis nicht funktioniert.

    Das ist bei mir auch schief gegangen. Ein Freund hat mir das Spiel erklärt wie es bei uns üblich ist: vollumfänglich. War auch erstmal kein Problem, aber am Ende des ersten Abenteuers dachten wir uns, dass da irgendwas nicht stimmen kann, das war viel zu einfach. Unser Fehler war, dass irgendeine Option am Anfang eigentlich noch nicht verfügbar sein sollte (ich glaube, Ausrüstung kaufen oder sowas). Nach einem Blick in die Regel wussten wir dann: dieses Spiel sollte man gar nicht erklären und auch die Anleitung vorher gar nicht komplett lesen, sondern Schritt für Schritt vorgehen, wie es die Anleitung vorgibt.

    So eine Vorgehensweise war uns fremd. Ich kann nicht einfach losspielen, ohne vorher die Regeln vollständig gelesen zu haben.

    Andor habe ich danach nicht wieder angerührt (aber hauptsächlich aus dem Grund, weil ich kooperative Spiele ohnehin nicht mag)

  • Ein Computerspiel prüft selbständig Lob die Regeln eingehalten werden. Bei "geht nicht" bekommst du entsprechende Rückmeldung.

    Trotzdem bin ich großer Fan von Spielen, welche man mit Modulen oder Tutorials nnst und nach aufbauen kann. Weil auch da lernst man am besten durch "mitspielen". ("Kennenlernpartie")

    Aber du benötigst trotzdem einen erfahrenen Spieler als Korrektiv.

    Kitchen Rush oder Space Alert machen das großartig.


    Und beim probieren am PC hat man meist mehr Zeit bevor man allen auf die Nerven geht ...

  • Huutini

    Naja ganz ohne Erfahrung kannst du auch keinen Mensch in völliger Unkenntnis an den Computer oder Konsole setzen. Das fängt schon mal an, wie ich das Pad halten soll, oder welche Tasten ich an der Tastatur nutzen muss. Ja mit Trial and Error bekomme ich irgendwann das raus, die Wahrscheinlichkeit dass die Person vorher aufgibt ist bestimmt höher. Ein wenig „Anleitung“ oder Erfahrung wird schon benötigt.

    Sehe ich nach vielen Jahrzehnten voller Versuche, meiner Mutter Videospiele zu erläutern anders. 😁

    Die versteht nix, hält alles falsch, und schafft trotzdem Highscores.

    Und die Haltung des Pads halte ich auch irrelevant dafür, ob man was Spielmechanisches tun kann, was Auswirkungen auf dem Monitor bringt (das halte ich für die Analogie zu der Frage, ob ich bei Brettspielen erst anleiten muss, wie man Karten hält oder Würfel nutzt).

    Ich sehe aber, wie du zu der Ansicht kommst.

    Ich teile sie schlicht nicht, weil die Nutzung des Materials nicht entscheidend ist, sondern die Nutzung des Spiels.

    Und bei Videospielen kannst du ohne Anleitung, blind und mit den Füßen etwas in der Spielmechanik auslösen (wenn auch nicht sehr zielführend), bei Brettspielen musst du dir immer erst etwas über die Spielmechanik anlesen oder antrainieren.


    Oder konkreter formuliert: Wenn du niemals ein Gamepad gesehen hast, und ich leg eines vor dich hin und starte Red Dead Redemption, kannst du mehr damit anstellen, als wenn du nie im Leben Würfel gesehen hast, und ich lege dir ein ausgepacktes Bluff hin.

    Einmal editiert, zuletzt von Huutini ()

  • Wir haben gestern bei meiner Schwester Lama gespielt.. Keine doofe Frau. Doch bei der Regelerklärung fiel der Satz: "Mensch, hätte nicht gedacht das es heute noch so kompliziert wird"... Oha :crying:

    Mich überrascht das nicht. Ich habe heute einen Kommentar zum Kinderspiel "Tal der Wikinger" gelesen, in dem auch Stand es wäre schwierig gewesen die Regel zu verstehen.

  • Ich glaube dass Problem liegt auch darin, dass man ein Spiel auch gleich spielen möchte und man sich im Vorfeld eben nicht die Zeit nimmt, die Regeln zu lesen und zu verstehen.

    Wenn man zu viert zusammen sitzt und das gerade erworbene Spiel zusammen spielen möchte, ist das eine stressige Situation für den Regelleser. Die anderen sehen schließlich nur das Material und wollen jetzt spielen und nicht 10-20 Minuten warten. Und wenn es ganz neu ist, muss das ganze Material erst Mal ausgepöppelt werden. Dabei liest vielleicht einer dann die Regeln, während die anderen das Auspöppeln übernehmen.


    Selbst wenn man dann zusammen die Regeln liest, fängt es erst Mal mit dem Sortieren und den Aufbau los und bei allen sieht man nur Fragezeichen und es soll doch endlich losgehen und sicherlich hat man hat keine Lust mehr, da das alles zu lange dauert und man doch auch bald wider heim muss.


    Im Vorfeld das Spiel erst Mal auspöppeln und sich in Ruhe die Regeln anzueignen, darauf kommt man als Einsteiger doch gar nicht. Ist schließlich bei keinem anderen Medium so und selbst beim Schrankaufbau macht man das alles auf einmal, statt am Vortag die Materialien zu sichten und die Anleitung zu lesen und erst am nächsten Tag wirklich damit anzufangen.

    2 Mal editiert, zuletzt von Rei ()

  • Huutini

    Dein Gegenargument mit dem Pad/ Würfel kann ich nachvollziehen. Ich möchte das nicht vertiefen, da es sonst zu weit vom Thema wegführen würde.

    Wegen RDR, dein Argument bzw. Ausgangspunkt war ja, der Startpunkt oder Einstieg des Spielers am Ende, wenn das Hauptspiel vorbei ist und man alle Missionen erfüllt hat bzw. die Karte komplett entdeckt hat. Das ist ja nicht die Regel und dadurch erlernt man die Mechanik nicht wirklich, sondern wie gesagt nur durch Trial & Error, aber das ist mMn kein Lernen bzw. kein Spielen. Man beginnt normalerweise am Anfang und da ist das Spieldesign mMn relativ Schlauchförmig. Das ist bei GTA auch so. Es sind vermeindlich Open World Spiele aber gerade am Anfang nimmt es einen doch sehr an die Hand. Man kann das Spieltempo zwar selbst bestimmen, aber bestimmte Begebenheiten (Neue Missionen, Neue Gebiete, Fahrzeuge etc.) eröffnen sich erst, wenn bestimmte Ziele, die relativ offensichtlich sind, erfüllt worden sind. Gerade RDR, GTA, das Eiszeitspiel rothaariger Frau mit Pfeil & Bogen und Mechanischen Tieren (Namen vergessen) usw. haben massive Spielhilfen, wie automatisches Zielen und Hinweisgebern, wenn man sich zuviel Zeit bei den Missionen lässt.

    Wenn ich das mit Computernspielen aus den 80er und 90er vergleiche, könnte man zum Schluss kommen, dass diese Spiele die Anleitung in das (Vor-)Spiel integriert haben. Sehr schönes Beispiel ist der Vergleich der FIFA-Serie aus den 90er und 2010er Jahren. Die aktuellen Fifa kommen ohne Trainingstutorial etc. gar nicht mehr aus. Aber wie du schon sagtest, ist eine Übertragung nicht 1:1 möglich.

    Für mich stellt sich u.a. die Frage, ob Computerspiele die Wegbereiter für Brettspiele, was Spieldesign und Darstellungsmuster betrifft, sind? Wie siehst du das?


    Matze

    dass irgendeine Option am Anfang eigentlich noch nicht verfügbar sein sollte (ich glaube, Ausrüstung kaufen oder sowas).

    Ja, wenn ich mich richtig erinnere, startet man in der "Probephase" mit Ausrüstung, die man im eigentlichen Hauptspiel nicht in diesem Ausmaß zur Verfügung hat.


    Nach einem Blick in die Regel wussten wir dann: dieses Spiel sollte man gar nicht erklären und auch die Anleitung vorher gar nicht komplett lesen, sondern Schritt für Schritt vorgehen, wie es die Anleitung vorgibt.

    Ja, das ist das Problem, was Schritt-für-Schritt Regeln mit Proberunden haben. Wenn ich eine Proberunde hinter mir habe, kann ich das Spiel nicht erklären. Spiele ich aber weiter, habe ich eigentlich keine Lust dieses Spiel nochmal zu spielen, da ich die Rästel im Spiel schon gelöst habe. Dann geht es nur noch um Optimierung.


    Ich finde, Pegasus hat das mit "Im Wandel der Zeiten" für so ein komplexes Spiel sehr gut gelöst. Eine Mischung aus beiden "Welten". Es gibt jeweils Kapitel für Beginner, Fortgeschrittene und Profis. In der Regel habe ich mit Regellesen keine Probleme, aber bin auch nur ein Mensch und der Mensch ist in der Regel faul. Also bin ich mit der Fortgeschrittenen Regel eingestiegen und unsere Gruppe ist auch ein paar Partien bei diesen Regeln geblieben, obwohl wir eigentlich keine Probleme mit Profiregeln haben. Dadurch sind uns einige spannende Partien verwehrt geblieben, denn gerade die Kriegsführung gibt dem Spiel die Würze und macht es runder.

    Ich denke heutzutage ist das nicht mehr optimal, da sehr viele Spiele nur noch 4-5 mal gespielt werden, bevor das nächste neue Spiel auf den Tisch muss. Da kann man nicht mehr mit kastrierten Regeln kommen.

  • Tutorials in Videospielen finde ich ok, wenn sie nicht albern lang sind. Bethesda übertreibt es zum Beispiel regelmäßig, da spielste ne gute halbe Stunde im sicheren Sandkasten und hörst dir endlose unüberspringbare Dialoge an, bevor du auf die Welt losgelassen wirst.


    Im Brettspiel habe ich persönlich auf graduell zu erlernende Regeln (wie es zB Friedemann Friese es in seiner fast forward Reihe macht) eher wenig Lust.

    Das ist dann zwar mit einem gewissen Entdeckungsreiz verbunden, was da noch so kommen mag, und es ist irgendwie auf einer technischen Ebene interessant, wie er das alles gelöst hat... aber ich fühle mich da a) als Versuchskaninchen und b) mag eigentlich schon direkt das "richtige" Spiel spielen (was bei FF so nicht möglich ist, da muss man sich rantasten).


    Modulare "Profiregeln" (also ausgeklammerte Spielelemente, die erfahrenere Spieler für mehr Komplexität/Kompliziertheit/Schwierigkeit/etc noch obendrauf pappen können) finde ich völlig ok. Das ist ja im Endeffekt nix anderes als eine stinknormale Erweiterung.


    Bei meinem upcoming release haben wir auch eine "erste Mission" drin, die ist so einfach gestrickt, wie es nur geht, da muss ich (als Autor, der das Spiel kennt) mich schon extrem anstrengen, dass ich die verlieren kann. Die gibt es nur, damit man erstmal das Spielsystem blickt und die verschiedenen Elemente schon mal gesehen hat, bevor es richtig losgeht.

    Die kann man aber auch schlicht überspringen, wenn man sich von vorneherein auf einem gewissen Kennerspiel-Niveau befindet (und das steht dann auch so in der Regel).

    Mein Blog (Illustrationen, Brettspieldesign, Angespielte Spiele)

  • Ich glaube, manch einer sollte mal von seinem hohen Ross hier runterkommen. Regellernen ist nicht nur "Können", sondern auch motivational begründet. Warum soll ich mich in eine Sache reinfuchsen, die mich nicht sonderlich interessiert bzw. die einen geringen Stellenwert für mich hat? Die meisten sind hier in diesem Forum Experten in einem speziellen Bereich eines Hobbies und haben daher alle eine gewisse Erfahrung und Übung im Regellernen.


    Mancher hier würde aber in einem Autoschrauber-Forum auch ausgelacht werden, wenn er mal nachfragen würde, wie man in seinem Auto die Zündkerzen wechselt ("Gibt doch eine technische Zeichnung dafür, musst du nur lesen, ist wirklich nicht schwer!"). Geholfen ist damit aber auch keinem.

    Fun fact: Es gibt wirklich Leute, die zu ihrem freundlichen Händler fahren, um die Schlüsselbatterie wechseln zu lassen und sich freuen, wenn es nicht allzu teuer wird ;)

  • Du bringst hier für mich sehr gute Punkte. Wenn ich dann im Familienkreis zusammensitze, mit vielleicht ungeduldigen Kindern, die gerne loslegen würden, kann sich das noch potenzieren, vermute ich. Doch vor dem Losspielen muss Vorbereitung erfolgen, entweder unmittelbar oder in Ruhe davor.

    Letting your mind play is the best way to solve problems. (Bill Watterson)

    Bin auch immer mal in der FAIRPLAY zu lesen.

  • Fun fact: Es gibt wirklich Leute, die zu ihrem freundlichen Händler fahren, um die Schlüsselbatterie wechseln zu lassen und sich freuen, wenn es nicht allzu teuer wird ;)

    So etwas macht mein "freundlicher Händler" so nebenbei. Wäre es nicht so, bekäme ich das wohl auch hin, auch ohne technische Zeichnung.


    Aber du hast ja Recht. Was man kann (Regeln lesen und verstehen z.B.), ist leicht. Hat man keine Übung, kommt halt erst der Lernprozess. Zu dem müsste man sich motivieren. Hat man kein Interesse, lässt man's bleiben.

    Zwischenschattierungen gibt es ganz viele. Wie viele Regelfragen werden z.B. in Foren gestellt, die vermeidbar wären, weil die Antwort ganz klar in der Regel steht, was auch gefunden worden wäre, wäre nur sorgfältig gelesen worden? Es gibt Leute, die lesen Beispiele nicht und erwarten ganz einfach, dass in Beispielen kein relevanter Regeltext enthalten ist, weil der im Fließtext zu stehen habe. usw.

    Spielerische Grüße Ernst-Jürgen


    TOP 10: 1. Viticulture - Compl. Coll. Ed., 2. Martians - A Story of Civilization, 3. Scythe, 4. Anachrony, 5. Snowdonia: Deluxe Master Set, 6. Räuber aus Skythien, 7. Age of Industry, 8. Nieuw Amsterdam, 9. Siedler von Catan - Entdecker&Piraten, 10. Alubari - A nice cup of Tea

  • Neu erlerntes oder zu erlernendes wird immer zu bereits bekannten in Verbindung gesetzt. Nichts im Hirn steht für sich allein, alles wird mit etwas altbekannten verbunden. Die Synapsen und Hirnstränge werden dabei immer stärker ausgeprägt, je Häufiger ähnliche Daten /Fakten gelernt /Abgerufen werden.


    Uns fehlt das lernen leichter, weil wir uns nicht einen Mechanismus komplett neu erschließen müssen sondern meist nur abspeichern: Neues Spiel bspw. Splendor: woraus besteht es : Set Collecting gepart mit Enginebuilding etc. Man muss also nicht Enginebuilding und Set Collecting lernen, sondern sich nur merken, dass diese beiden Mechanismen zusammen kommen. Neueinsteiger müssten aber erstmal das Prinzip des Set Collecting, und des Enginebuilding verstehen. Bei Splendor musst du eine Farbe bei deinen Karten nur "haben" du gibst die KArte aber nichtmehr ab zum kaufen einer anderen, du musst die farbe nur HABEN. Das muss ein neuling erstmal durchdringen, weil es ihm vielleicht auch unnatrülich vorkommt. Ich kaufe etwas aber wenn ich bezahle, wird mein Zahlungsmittel nicht weniger....für uns ist das alles nicht schwer zu verstehen und ganz natürlich. Aber das war beim ersten mal Enigine Building für uns alles wahrscheinlich auch schwierig.


    Generell gilt: Alles war bzw. ist schwer, bevor es leicht wird.

  • Fun fact: Es gibt wirklich Leute, die zu ihrem freundlichen Händler fahren, um die Schlüsselbatterie wechseln zu lassen und sich freuen, wenn es nicht allzu teuer wird ;)

    Ich auch! Bzw, lasse es bei der Insepektion mit machen :-/ hat mich letztens 5 Euro gekostet.

    Einmal editiert, zuletzt von Schlafabtausch ()

  • Fun fact: Es gibt wirklich Leute, die zu ihrem freundlichen Händler fahren, um die Schlüsselbatterie wechseln zu lassen und sich freuen, wenn es nicht allzu teuer wird ;)

    Ich auch! Bzw, lasse es bei der Insepektion mit machen :-/ hat mich letztens 5 Euro gekostet.

    Je nach Automarke brauchst du einen Schraubenzieher zum Hebeln, eine Batterie für paar Cent und eine halbe Minute Zeit zum Wechseln. Tipp: Schau mal, ob es bei Youtube ein Erklärvideo gibt! ;)

  • Ich kaufe etwas aber wenn ich bezahle, wird mein Zahlungsmittel nicht weniger

    Das ist ja bei Ragusa genauso, deswegen bin ich da tatsächlich auch sehr gespannt, ob das zu größeren Problemen bei den "Nicht-Spielern" führt, wenn ich es diese Woche mitbringe.

    Ach ja? Definier mir "normal"!

  • Ich kaufe etwas aber wenn ich bezahle, wird mein Zahlungsmittel nicht weniger

    Das ist ja bei Ragusa genauso, deswegen bin ich da tatsächlich auch sehr gespannt, ob das zu größeren Problemen bei den "Nicht-Spielern" führt, wenn ich es diese Woche mitbringe.

    JA eben und bei vielen anderen Spielen auch.. wir denken halt immer in "Das ist wie bei..:" Kategorien. Nur dass Anfänger/Einsteiger (noch) keine oder wenige Kategorien im Kopf haben.

  • Ich auch! Bzw, lasse es bei der Insepektion mit machen :-/ hat mich letztens 5 Euro gekostet.

    Je nach Automarke brauchst du einen Schraubenzieher zum Hebeln, eine Batterie für paar Cent und eine halbe Minute Zeit zum Wechseln. Tipp: Schau mal, ob es bei Youtube ein Erklärvideo gibt! ;)

    Ja aber muss man alles selber machen?


    Und es könnte auch jeder seine Kartoffeln selber anbauen, seine Kleidung selber nähen...aber genau dafür leben wir ja in einer Arbeitsteiligen Gesellschaft, jeder spezialisiert sich auf etwas was er gut kann und/oder ihm Freude macht, davon macht er mehr als er selber braucht und das tauscht er mit dem der das andere gemacht hat, was er widerum braucht. Irgendwo muss man die grenze halt ziehen und entscheiden wie wichtig es einem ist, und ob man für sich mehr nutzen sieht es selber zu machen oder aus zu lagern. Wenn Leute keinen Spaß an Regellesen haben oder es Ihnen zu Mühseelig ist, dann halt nicht. Dafür gibt´s Leute den das sich reinfuchsen und Erklären Spaß macht.

    2 Mal editiert, zuletzt von Schlafabtausch ()