Beiträge von Ernst Juergen Ridder im Thema „Kennerspiel des Jahres aus Sicht „der anderen“ oder: Wie schwer sind Anleitungen?“

    Matze


    Meine Grundhaltung ist vielleicht deshalb anders, weil ich nun mal durch meinen früheren Beruf geprägt bin.

    Jahrzehntelang habe ich Texte lesen müssen, die von Leuten verfasst waren, die keine blasse Ahnung davon hatten, worauf es ankommt. Da kommt es vor, dass in einem 30 DIN-A4-Seiten langen, handschriftlichen Text nur ein einziger Satz enthalten ist, der relevant ist. Den Text konnte man nicht einfach ignorieren oder an den Verfasser zur Nachbesserung zurückgeben.


    Ich sehe es nicht als meine Lebensaufgabe an, Regelschreiber zu besserer Leistung zu erziehen. Ich will einfach nur ein Spiel, das ich schon gekauft habe, spielen, mehr nicht. Wenn ich dafür alles lesen muss, lese ich alles. Ob ich dann nochmal ein Spiel von dem Verlag/Autor/Redakteur/Regelschreiber kaufe, ist eine ganz andere Frage.


    Und ja, Regelfragen sollte nur stellen, wer zunächst mal selbst nachgedacht und alles gelesen hat. Das entlastet die, die willig sind zu antworten.

    Ich gebe mir Mühe, aber es gelingt mir scheinbar nicht.

    Also dann:


    Ich meine auch, dass Regeln so geschrieben sein sollten, dass man die Beispiele nicht lesen muss. Vor allem aber so, dass weder in Beispielen, noch in der Materialbeschreibung, noch in "Fluff"texten relevante Regeltexte stehen, die man nicht im Fließtext findet.


    So sollte es sein. Ist es aber vielfach nicht.


    Konsequenz daraus ist für mich, in einer Spielregel einfach alles zu lesen, dann verpasse ich auch nichts. Ich bekomme keine Spiele erklärt, muss fast alle selber kaufen, und ja, lesen und lernen muss ich dann auch selbst. Wenn ich nicht alles lese, bestrafe ich mich ja selbst, dem Regelschreiber ist das im Zweifel egal, das Spiel ist ja gekauft. Durch Leseverweigerung habe zumindest ich noch keinen Regelschreiber zu besserer Leistung anspornen können.


    Viele angebliche Regelfragen ließen sich vermeiden, wenn der geneigte Leser nur bereit wäre, wirklich alles zu lesen.

    Möchtest Du mich nicht verstehen?

    Richtig. Wenn das aber eine Aufmunterung sein soll, Beispiele nur zu lesen, wenn man denkt, man könne etwas nicht ganz verstanden haben, wird das bei so manchem Spiel dazu führen, dass der geneigte Leser nur meint, die Regel vollständig gelesen zu haben.

    Das halte ich aus Sicht des Spielers auch für richtig. Beispiele dürfen nichts beinhalten, was man zum Verständnis lesen muss. Gleiches gilt IMHO auch für thematische Einführungstexte.

    Was heißt schon "dürfen nicht", wenn sie es aber trotzdem tun?


    Für meine Herangehensweise ist Grundlage die Erkenntnis, dass die Regel-Welt äußerst selten so vollkommen ist, wie ich sie gerne hätte. Ich halte auch nichts davon, ein Beispiel-Lese-Verweigerer zu sein, nur weil dort einfach nichts Relevantes zu stehen hat. Ich muss meine Spiele alle kaufen. Das wäre eine ziemliche Verschwendung, wenn ich einfach darauf beharrte, nur den Fließtext lesen zu wollen.

    Da bin ich ganz bei fUnK3r , relevanter Regeltext hat in Beispielen nichts zu suchen. Es sollte möglich sein, ein Spiel ohne Lesen der Beispiele komplett spielen zu können.


    Beispiele richten sich primär an Leser, die sich nicht sicher sind, ob die das Gelesene richtig verstanden haben. Oder Beispiele klären vielleicht auch Dinge auf, die sich erst während des Spiels als Unklarheiten ergeben oder Sonderfälle, welche man nur bei sehr genauem Lesen des Regeltextes lösen kann.

    Richtig. Wenn das aber eine Aufmunterung sein soll, Beispiele nur zu lesen, wenn man denkt, man könne etwas nicht ganz verstanden haben, wird das bei so manchem Spiel dazu führen, dass der geneigte Leser nur meint, die Regel vollständig gelesen zu haben.

    Es gibt Leute, die lesen Beispiele nicht und erwarten ganz einfach, dass in Beispielen kein relevanter Regeltext enthalten ist, weil der im Fließtext zu stehen habe.

    Ganz ehrlich? Das erwarte ich auch. In einem Beispiel hat ein relevanter Regeltext nichts zu suchen. Ein Beispiel sollte genau das auch sein, eine Regel nochmals veranschaulichen. Wenn ich eine Regel verstanden habe, muss ich mir doch nicht auch noch das Beispiel nochmals durchlesen.

    Grundsätzlich hast du Recht. Aber weder das Leben im allgemeinen, noch das Regelschreiben im besonderen läuft immer so, wie man sich das wünscht.

    Bei der Key-Serie findet man ja sogar relevanten Regeltext in der Materialbeschreibung.


    Also gehe ich ganz einfach davon aus, dass kein Regelschreiber das so macht, wie ich es gerne hätte, weshalb ich einfach alles lese, dann verpasse ich auch nichts.


    Ich lese ja auch zumindest nach dem ersten Spielen die Regel mindestens noch einmal. Man hat dann einfach einen anderen Blick auf den Text. Das verschafft ein ähnliches Erlebnis, wie ich es habe, wenn ich einen Spielfilm nochmals anschaue. Da kennt man den Handlungsablauf im wesentlichen und schon sieht man Details, die man beim ersten Ansehen übersehen hat.

    Fun fact: Es gibt wirklich Leute, die zu ihrem freundlichen Händler fahren, um die Schlüsselbatterie wechseln zu lassen und sich freuen, wenn es nicht allzu teuer wird ;)

    So etwas macht mein "freundlicher Händler" so nebenbei. Wäre es nicht so, bekäme ich das wohl auch hin, auch ohne technische Zeichnung.


    Aber du hast ja Recht. Was man kann (Regeln lesen und verstehen z.B.), ist leicht. Hat man keine Übung, kommt halt erst der Lernprozess. Zu dem müsste man sich motivieren. Hat man kein Interesse, lässt man's bleiben.

    Zwischenschattierungen gibt es ganz viele. Wie viele Regelfragen werden z.B. in Foren gestellt, die vermeidbar wären, weil die Antwort ganz klar in der Regel steht, was auch gefunden worden wäre, wäre nur sorgfältig gelesen worden? Es gibt Leute, die lesen Beispiele nicht und erwarten ganz einfach, dass in Beispielen kein relevanter Regeltext enthalten ist, weil der im Fließtext zu stehen habe. usw.

    Der Duden hilft nicht, aber die Internet-Suchmaschine ;) .

    Vielleicht. Aber auch dafür muss die Suche schon gezielter sein, sonst kommt leicht so etwas dabei raus:


    "tappen

    "Tappen" meint den angenehmen Vorgang des Konsumierens alkoholhaltiger Erfrischungsgetränke, vornehmlich am Wochenende. Ursprünglich kommt der Begriff aus dem niederlandischen Raum und bedeutet "zapfen"."

    Gib einem grundsätzlich gebildeten Menschen ohne (Brett-)Spielhinterhrund einen Satz in dem das Verb "tappen" vorkommt. Hier im Forum glaube ich, dass mindestens 90% wissen, was dann gemeint ist, aber außerhalb unserer Blase? Wenn das dann aber nicht erklärt wird, ist das Spiel anhand der Regel für so jemanden unspielbar.

    So wird es sein. Weiß man's nicht, hilft nämlich auch der Blick in den Duden nicht.

    Als ich noch im Spieleladen gearbeitet habe war es echt manchmal erschreckend wenn eine Gruppe Studenten reinkam und sagte "Wir haben hier Istanbul gekauft, wir haben 2 Stunden versucht die Regeln zu verstehen und aufgegeben!"...da frag ich mich wie die Texte im Studium lesen und verstehen oder Hausarbeiten schreiben, es ist schon merkwürdig manchmal.

    Das ist wohl eher so eine Art Äpfel-Birnen-Vergleich.


    Letztlich sind Spielregeln eine Form der Gebrauchsanweisung, die uns vermittelt, wie wir mit dem vor uns liegenden Spielmaterial umgehen sollen. Das kennen wir, die Sprache ist uns vertraut.


    Für die meisten Menschen sind Gebrauchsanweisungen aber eher langweilig. Schon gar nicht sind sie so angelegt, dass man einen längeren Text lesen muss, um mit einem Gegenstand umgehen zu können. Viele lesen sie gar nicht, gehen einfach intuitiv an die Sache ran. Bei Spielanleitungen geht das so jedoch nicht. Das ist dann eine ganz andere Art von Text, als man ihr im Studium normalerweise begegnet.


    Und: Richten sich -heutige- Spielregeltexte wirklich darauf aus, dass jemand, der noch nie in seinem Leben eine Spielregel gelesen, Spiele immer nur erklärt bekommen hat, den Text auf Anhieb im Selbststudium versteht und ohne fremde Hilfe dann das jeweilige Spiel spielen kann? Ich glaube das nicht. Wie oft höre ich von dem ein oder anderen Mitspieler, der Probleme mit dem Verständnis von Kartentexten hat, dass er wohl Deutsch verstehe, aber nicht den Text auf der Karte.


    Wenn man etwas kann -Spielregeln lesen und verstehen zum Beispiel- ist das immer leicht, schließlich kann man es ja. Man vergisst dann schnell, wie das für jemanden ohne Übung auf diesem Gebiet ist. Schon so manches Mal wurde ich von Freunden gebeten, ihnen ein Spiel zu erklären, das sie sich gekauft haben, mit dessen Spielregel sie aber nichts anfangen konnten.