Komplexer erster Zug in Euro.

  • Inspiriert durch BGA, wegen Spielen bei denen es Gebote auf den Startspieler gibt:

    Da bin ich zwar persönlich kein Freund von, ich spiele lieber direkt los und bin dann eben auch mal (vermeintlich) benachteiligt, aber dabei ist mir aufgefallen:

    Es gibt Euro Spiele, bei denen man gerade vor dem ersten Zug sehr viel beachten kann. Vielleicht ist eine Strategie attraktiv, durch das Setup. Oder irgendwas anderes.

    (Eventuell geht es vielleicht so weit, dass man der Meinung ist, dass Position x extrem im Vorteil ist / quasi schon geqonnen hat.)

    Bei welchen Spielen findet ihr den ersten Zug besonders relevant/ist viel zu beachten?

    Ich nenne mal 3 Beispiele für mich:

    Agricola (ohne Draft): Ausbildungen + Anschaffungen bewerten, grob überlegen welche man spielen will...

    Great Western Trail: ganz grob: welche Strategie bietet sich an zu spielen? Welche Gebäude gibt es? Was ist das erste/letzte Gebäude auf dem Plan? Welche Helfer gibt es? Bahnhofboni...

    Wasserkraft: BGA: der als erster einen Zug machen darf, der wählt als letzter seine Nation. Da habe ich sowohl hohe Gebote für erster we letzter schon gesehen. Special Tiles, Wertungen Ende der Runde, Boni + Fähigkeit der Nation...

    Spiele die einen weniger komplexen Start haben (in meinen Augen): Caverna, Brass, Stone Age, Bubu, Ark Nova, Terraf. M, Through the Ages...

    Weniger bedenken/analyisieren geht immer, hier geht es was man bedenken könnte, wenn man sich als Experte sieht.

  • Interessanter Thread.

    Ich finde allerdings selbst bei Brass den ersten Zug nicht trivial. Auch wenn es vielleicht nicht ganz so viele verschiedene Optionen gibt und nicht so viel an Setup Variabilität wie bei modernen Euros....

    So ist es dennoch interessant zu beobachten wie die Mitspieler starten. Wer entwickelt vor mir und macht damit Eisen direkt teurer? Und offenbart möglicherweise welchen Schwerpunkt er im Spiel haben wird. Oder nimmt ein Spieler vor mir direkt einen Kredit, dann weiß ich bereits, dass ich ich in der nächsten Runde hinter ihm sein werde. Oder errichtet jemand im ersten Zug bereits eine Industrie? Das eröffnet neue Möglichkeiten, wie zb Kohle beziehen zu können für eine folgende Eisenmiene.

    Etc.

  • Brass: wenn man den allerersten Zug macht, dann erscheint es mir halbwegs überschaubar, auch wenn ich kein guter Spieler bin. Was habe ich für Karten, wo können welche Waren verkauft werden. Das war es, oder?

    Hier gibt es auch keinen Ausgleich für den 2., 3.

    Wie viel mache ich bei Brass falsch, wenn ich als erster immer entwickeln würde? Oder einen Kredit nehme? Ist das nicht genau ein Spiel, dass sich dynamisch entwickelt?

  • Mir fallen da spontan Terra Mystica uns der geistige Nachfolger Age of Innovation ein. Da ist sogar noch vor dem ersten Zug vieles zu bedenken. Welches Volk passt zu den Wertungsplättchen und den Rundenboni am besten? Wo platziere ich meine Startgebäude usw.

    Im ersten Zug dann die Frage wie, bzw wohin breite ich mich aus bevor die gierigen Nachbarn mir die Felder vor der Nase weg schnappen. Oder doch schnell Richtung Festung/Heiligtum gehen?

    Jetzt wo ich das schreibe bekomme ich direkt wieder Bock drauf ^^

  • Auch bei Marco Polo kann das Spiel nach der Charakterwahl schon (vor-)entschieden sein. Kingdom Builder bietet ebenfalls die Möglichkeit, sich im ersten Zug ins Abseits zu stellen.

    Beides stimmt, beides empfinde ich aber nicht allzu komplex bzw eher gesagt langwierig. Ich habe Probleme eher damit, wenn es einfach zu lange dauert, bis man richtig loslegen kann. 7+7 Karten bei Agricola, womöglich noch mit Draft, finde ich da schon recht grenzwertig. Wenn es die Regel nicht zwingend vorsieht, komme ich daher in solchen Spielen nicht auf die Idee, noch einen zusätzlichen Draft einzufügen.

  • Bei Terra Mystica losen wir die Völker immer per Zufall aus, das spart etwas Zeit durch zu langes Grübeln ^^

    Müsste ich mal probieren. Aber das kann schon sehr unfair enden oder nicht?

    Es geht, es wird ja nur die Farbe ausgelost und man hat ja dann immer noch die Wahl zwischen 2 Völkern. Wir sind aber auch keine Strategen und würden weder Vorteil noch Nachteil erkennen, ist nur wegen der Zeitersparnis und wir haben gar kein Bock vorher die ganzen Fähigkeiten durchzulesen, daher die abgekürzte schnelle Variante ^^

  • Müsste ich mal probieren. Aber das kann schon sehr unfair enden oder nicht?

    Wir haben das in der Anfangszeit auch gern gemacht, wenn es die Spieleranzahl zulässt (2-3) dann auch 2 Farben (sprich 4 Völker). Ganz fair ist das nicht, war aber in der Anfangszeit eine schöne Sache, um alle Völker kennenzulernen und neue Strategien finden zu müssen. Je besser man wurde, desto weniger allerdings war das Auslosen dann noch attraktiv.

  • Müsste ich mal probieren. Aber das kann schon sehr unfair enden oder nicht?

    Es geht, es wird ja nur die Farbe ausgelost und man hat ja dann immer noch die Wahl zwischen 2 Völkern. Wir sind aber auch keine Strategen und würden weder Vorteil noch Nachteil erkennen, ist nur wegen der Zeitersparnis und wir haben gar kein Bock vorher die ganzen Fähigkeiten durchzulesen, daher die abgekürzte schnelle Variante ^^

    Ach so, ja wenn ihr alle nicht so drauf achtet spart das natürlich Zeit.

    Ich könnte wohl nicht aus meiner Haut und würde lieber wählen was ich spiele. Welche Fähigkeit welches Volk hat weiß ich nach etlichen Partien aus dem Kopf :) . Sogar die Fakire gefallen mir, auch wenn sie eher zu den schwächeren Völkern gezählt werden.

  • Müsste ich mal probieren. Aber das kann schon sehr unfair enden oder nicht?

    Wir haben das in der Anfangszeit auch gern gemacht, wenn es die Spieleranzahl zulässt (2-3) dann auch 2 Farben (sprich 4 Völker). Ganz fair ist das nicht, war aber in der Anfangszeit eine schöne Sache, um alle Völker kennenzulernen und neue Strategien finden zu müssen. Je besser man wurde, desto weniger allerdings war das Auslosen dann noch attraktiv.

    In den ersten Partien haben wir auch jeder seine "Lieblingsfarbe" genommen. Das war früher immer schwarz bei mir (mittlerweile nehm ich immer gelb weil es sonst keiner will XD). Die erste Partie mit den Düsterlingen war da so ne Sache... :lachwein:

    Einmal editiert, zuletzt von Vhailor (25. Juli 2024 um 08:30)

  • Gerade bei Brass (Birmingham) gibt es einige interessante Start-Optionen, die ihre Komplexität dadurch erhalten, indem sie abhängig sind von der gezogenen Kartenhand und den Aktionen vorhergehender Spieler. Ein Kredit lohnt sich meist am ehesten, wenn man der erste Spieler mit dieser Aktion ist, um nächste runde Startspieler sein zu können. Falls einem jemand anderes zuvor kommt, mache ich gerne die erste Entwicklung oder spiele Erkunden – letzteres natürlich umso eher, wenn meine Starthand nicht ganz zu meinem Match Plan passt. Die Abhängigkeit von verschiedenen Variablen macht die Entscheidung hier so spannend. Die große Kunst, im weiteren Spielverlauf ist es dann, häufig zweimal hintereinander zum Zug zu kommen und am Ende des Kanalzeitalters die eigenen Industrien schon auf dem Niveau hat, dass sie in beiden Spielphasen gewertet werden. Ein guter Start ist für all das eine wichtige Grundlage.

    Mir fällt gerade noch Scythe als wunderbares Planspiel ein. Zwar weit weniger komplex als Brass durch die vergleichsweise starre Kombination aus Fraktion/Startplatz und dem Aktions-Tableau, aber immer noch ein schöner Hirnzwirbler. Mein patentierter Start-Move ist die Produktion weiterer Arbeiter und deren günstige Platzierung auf dem Spielfeld für weiteres Wirtschaften (was sonst?). Fehler machen ist fast nicht erlaubt: Scythe ist ein gnadenloses Rennspiel, bei dem man einen Stotterstart gegen geübte Mitspieler eigentlich kaum aufholen kann.

    Und ja, es ist ganz garantiert kein Euro im ganz engen Sinne – doch das mit Abstand meiste Studium von optimalen ersten Zügen habe ich bei Der Eiserne Thron verbracht. Für jede Fraktion gibt es eine ganze Literatur an möglichen Spielstarts in Abhängigkeit zu den Aktionen der Nachbarn. Wie platziert und unterstützt man möglichst effizient viele Einheiten in den richtigen Regionen, um die eigene Startposition maximal abzusichern und die eigene Expansion gut voranzutreiben. Wahrscheinlich der einzige Fall, bei dem mir das Strategie-Studium mehr Spaß macht als das eigentliche Spiel 😅

  • Catan. Empfehle hierzu wärmstens den YouTuber "DyLighted - Catan" der schon sehr viele Videos zu dieser "pregame"-Phase des Setzens der ersten Städte gemacht hat. Oft ist das Spiel dann sogar schon entschieden laut ihm, selbst in Weltmeisterschaften.
    Lg

    Hm interessant. Grundsätzlich befürworte ich es ja, wenn ein Spiel den Spielern vom ersten Spielzug an wichtige Entscheidungen abfordert. Wenn es aber so weit geht, dass Vorbereitung oder der erste Spielzug schon entscheidend für den Ausgang der Partie sind, dann ist das natürlich Mist in meinen Augen. Spricht mMn auch nicht wirklich für das Spieldesign, wenn man andere Spieler, die zu Beginn einen Vorteil rausgespielt haben, gar nicht mehr eingeholt werden können...

  • Ich denke ein Teil ist immer wie tief man ein Spiel durchdrungen hat. Als "Laie" erkennt man vieles vielleicht einfach nicht.

    Beispiel GWT: es passiert mir immer mal wieder, dass ich z.B. etwas mit Cowboys machen will. Was dann nicht läuft, weil ich nicht bedacht habe, dass das erste Gebäude der Viehmarkt ist. Was quasi automatisch bedeutet: es zu besuchen macht einen langsam, man wird vermutlich einen suboptimalen Stop einlegen müssen...

    Für den Builder (444 Gebäude) ist wiederum auch interessant, was die ersten Bahnhofvorsteher sind / kann ich später den 4.ten Builder einsetzen?

    ...

    Der erste Zug kann dann schon sehr wichtig sein, wie z.B. das Timing mit den Helfern ist...

    Brass erscheint mir da am Start weniger komplex, aber da bin ich Laie.

    Terra Mystica ist auch ein gutes Beispiel, aber da bin ich richtig schlecht. Hier kommt dann noch dazu, dass die Völker nicht gleich stark sind.

  • Food Chain Magnate

    Hier kann man mit dem ersten -falschen- Zug das gesamte Spiel verlieren und es erst 2,5 Stunden später merken.

    Wenn Du ein Schiff bauen willst, so trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Werkzeuge vorzubereiten, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten endlosen Meer. -

    Antoine de Saint-Exupéry

  • Wie hier ja schon zwischen den Zeilen zu lesen war: ist es nicht unfassbar schlechtes Spieldesign, wenn man sich durch den ersten falschen Zug das komplette Spiel versauen kann?

    Gegenstatement: Warum sollte man einen ersten solchen Zug spielen, wenn er keine Bedeutung hat? [/splotter]

    "If you can't lose the game on turn 1, what is the point of having a turn 1?"

    This is the game design philosophy of tiny Dutch publishers Splotter Spellen (Food Chain Magnate, Antiquity).

    The philosophy here is that if you can't effectively (not literally) lose the game on turn 1, then your decisions then and maybe afterwards did not matter.

    Wenn Du ein Schiff bauen willst, so trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Werkzeuge vorzubereiten, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten endlosen Meer. -

    Antoine de Saint-Exupéry

    Einmal editiert, zuletzt von HorukaMorishima (25. Juli 2024 um 14:40)

  • Wie hier ja schon zwischen den Zeilen zu lesen war: ist es nicht unfassbar schlechtes Spieldesign, wenn man sich durch den ersten falschen Zug das komplette Spiel versauen kann?

    Gegenstatement: Warum sollte man einen ersten solchen Zug spielen, wenn er keine Bedeutung hat? [/splotter]

    "If you can't lose the game on turn 1, what is the point of having a turn 1?"

    This is the game design philosophy of tiny Dutch publishers Splotter Spellen (Food Chain Magnate, Antiquity).

    The philosophy here is that if you can't effectively (not literally) lose the game on turn 1, then your decisions then and maybe afterwards did not matter.

    Ist für mich kein Gegenargument. Ich sage ja nicht, dass der erste Zug komplett unwichtig sein soll. Nur ein Spiel, dass einem nicht die Möglichkeit bietet, Fehler zumindest in teilen wieder auszubügeln haben in meinen Augen kein gutes Design

  • Gegenstatement: Warum sollte man einen ersten solchen Zug spielen, wenn er keine Bedeutung hat? [/splotter]

    "If you can't lose the game on turn 1, what is the point of having a turn 1?"

    This is the game design philosophy of tiny Dutch publishers Splotter Spellen (Food Chain Magnate, Antiquity).

    The philosophy here is that if you can't effectively (not literally) lose the game on turn 1, then your decisions then and maybe afterwards did not matter.

    Ist für mich kein Gegenargument. Ich sage ja nicht, dass der erste Zug komplett unwichtig sein soll. Nur ein Spiel, dass einem nicht die Möglichkeit bietet, Fehler zumindest in teilen wieder auszubügeln haben in meinen Augen kein gutes Design

    Ich will dir nicht unrecht geben, aber es ist -in deinen- Augen schlechtes Design, wenn du aber genau so ein Design suchst, ist es für Jemand anderen genau das richtige Design.

    Geschmäcker und so.

    Wenn Du ein Schiff bauen willst, so trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Werkzeuge vorzubereiten, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten endlosen Meer. -

    Antoine de Saint-Exupéry

  • Ist für mich kein Gegenargument. Ich sage ja nicht, dass der erste Zug komplett unwichtig sein soll. Nur ein Spiel, dass einem nicht die Möglichkeit bietet, Fehler zumindest in teilen wieder auszubügeln haben in meinen Augen kein gutes Design

    Ich will dir nicht unrecht geben, aber es ist -in deinen- Augen schlechtes Design, wenn du aber genau so ein Design suchst, ist es für Jemand anderen genau das richtige Design.

    Geschmäcker und so.

    Natürlich, aber es gibt ja trotzdem sowas wie objektiv gutes/schlechtes Design, oder? Sonst könntest du ja auch Argumentieren, dass ein Spiel, wo du immer nur auf einen Punkt drücken musst, gutes Design wäre, weil es ja vll jemanden gibt, der genau sowas sucht?

  • Ich will dir nicht unrecht geben, aber es ist -in deinen- Augen schlechtes Design, wenn du aber genau so ein Design suchst, ist es für Jemand anderen genau das richtige Design.

    Geschmäcker und so.

    Natürlich, aber es gibt ja trotzdem sowas wie objektiv gutes/schlechtes Design, oder? Sonst könntest du ja auch Argumentieren, dass ein Spiel, wo du immer nur auf einen Punkt drücken musst, gutes Design wäre, weil es ja vll jemanden gibt, der genau sowas sucht?

    Wenn du das Brettspielen (oder das Brettspieldesign) objektiv betrachten möchtest, dann schauen wir uns erstmal das Ziel eines zweckgerichteten (Brett-)Spieles, ohne Vorurteile und Vorwissen an [Wir nehmen jetzt einmal die Nischen der Pädagogischen Spiele heraus]: Wir suchen beim spielen Gewinner. Es geht um das Gewinnen. - Also ist ein Spiel, dass einen Gewinner möglichst früh erklärt, sehr gut designt, da weniger Zeit verschwendet wird und man früher noch eine Partie spielen könnte.

    Wenn Du ein Schiff bauen willst, so trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Werkzeuge vorzubereiten, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten endlosen Meer. -

    Antoine de Saint-Exupéry

  • Natürlich, aber es gibt ja trotzdem sowas wie objektiv gutes/schlechtes Design, oder? Sonst könntest du ja auch Argumentieren, dass ein Spiel, wo du immer nur auf einen Punkt drücken musst, gutes Design wäre, weil es ja vll jemanden gibt, der genau sowas sucht?

    Wenn du das Brettspielen (oder das Brettspieldesign) objektiv betrachten möchtest, dann schauen wir uns erstmal das Ziel eines zweckgerichteten (Brett-)Spieles, ohne Vorurteile und Vorwissen an [Wir nehmen jetzt einmal die Nischen der Pädagogischen Spiele heraus]: Wir suchen beim spielen Gewinner. Es geht um das Gewinnen. - Also ist ein Spiel, dass einen Gewinner möglichst früh erklärt, sehr gut designt, da weniger Zeit verschwendet wird und man früher noch eine Partie spielen könnte.

    Also sind Spiele, die aus nur einem Zug bestehen, dann die besten Spiele der Logik nach? In meinen Augen ist das Ziel eines Spiels übrigens nicht "einen Gewinner zu finden", sondern den Spielenden eine gute Zeit zu liefern, also eine positiver Zeitvertreib

  • Wenn du das Brettspielen (oder das Brettspieldesign) objektiv betrachten möchtest, dann schauen wir uns erstmal das Ziel eines zweckgerichteten (Brett-)Spieles, ohne Vorurteile und Vorwissen an [Wir nehmen jetzt einmal die Nischen der Pädagogischen Spiele heraus]: Wir suchen beim spielen Gewinner. Es geht um das Gewinnen. - Also ist ein Spiel, dass einen Gewinner möglichst früh erklärt, sehr gut designt, da weniger Zeit verschwendet wird und man früher noch eine Partie spielen könnte.

    Also sind Spiele, die aus nur einem Zug bestehen, dann die besten Spiele der Logik nach? In meinen Augen ist das Ziel eines Spiels übrigens nicht "einen Gewinner zu finden", sondern den Spielenden eine gute Zeit zu liefern, also eine positiver Zeitvertreib

    Das ist vielleicht für dich so, aber Evolutionstechnisch und Historisch betrachtet, hat das Spielen (Sport, Wettkampf, Kinderspiele, Gesellschaftsspiele) immer mit einem Wettkampf und dementsprechend mit einem Sieger zu tun.

    Ich dachte wir wollten Objektiv, ohne eigene Wertung bleiben? Was in deinen Augen das Ziel eines Spieles ist, interessiert dann nicht mehr.

    Wenn Du ein Schiff bauen willst, so trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Werkzeuge vorzubereiten, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten endlosen Meer. -

    Antoine de Saint-Exupéry

  • Ein Spiel zeichnet sich aber durch einen möglichst attraktiven Weg zum Gewinnen aus. Wie beim Sport. Man hat beim Weitsprung mehrere Versuche, nicht nur einen. Ein Fußballspiel besteht nicht nur aus einem 5 Minuten-Kick. Ein Tennismatch nicht nur aus einem Ballwechsel usw. das gilt für Brettspiele genauso. dazu zählt im übertragenen Sinne auch, dass nicht das erste Tor fünffach zählt, alle weiteren aber nur einfach.

  • Ich sehe dass z.B. bei GWT so: spiele ich auf BGA gegen jemanden mit 500-700 Rating, dann kann ich in den ersten Zügen die Partie so gut wie verlieren. Wenn ich nicht aufpasse.

    Spiele ich gegen schwächere GegnerInnen, dann ist das nicht der Fall. Es gibt schon genug Stellen an denen man besser oder schlechter spielen kann.

    Hängt auch davon ab, wie dumm die ersten Aktionen sind. Bei Terra Mystica habe ich da schon gute Beispiele hingelegt: anderen das Spiel erklärt, ersten Zug dann irgendwie gemacht. Dann gesehen: oh, das wird jetzt wohl nichts mehr mit der Festung, die ich mit dem Volk schnell haben will... Da kann ich das Spiel nicht für schuldig sprechen.

    Vergleich Fußball: Rote Karte Minute 3, 0:2 Minute 5. Klar kann man noch gewinnen...

    Die meisten Spiele sind ja so entworfen, dass Punkte etc. gegen Ende des Spiels zunehmen (Schlag den Raab Stil). Wasserkraft macht man in der ersten Phase vielleicht 10-15 Punkte.

    Oder der/die führende wird bestraft, Boni für die anderen, Effekte bei Ark Nova, Startspieler...

    Aber ich finde das durchaus interessant, man hat eben nicht die Standard-Eröffnung.

  • Wie hier ja schon zwischen den Zeilen zu lesen war: ist es nicht unfassbar schlechtes Spieldesign, wenn man sich durch den ersten falschen Zug das komplette Spiel versauen kann?

    Ich finde nicht! Ein gutes Spiel belohnt gutes spielen. Wenn man einen schlechten Zug mehr hat als der Gegner, dann verliert man zurecht. Wäre doch eher unfair, wenn Du einen schlechten Zug machst, der Gegner aber nicht und auch sonst keine Fehler macht und dennoch verliert.

    Aber: Zumindest ich spreche auch eher von Partien bei denen die Spieler sehr erfahrene Spieler sind. Wenn eher unerfahrene Spieler beispielsweise Marco Polo spielen und einer „verwählt“ sich am Anfang, dann hat der andere in der Regel noch einige Möglichkeiten, aufzuholen. Kingdom Builder ist da schon erbarmungsloser: Da kann man sich durch einen Fehlstart schon mal selbst in einer Ecke festnageln - auch wenn der Gegner vergleichsweise unerfahren ist.

  • Für eine Spannungskurve/Entertainment ist das eine gut. Mehr Zufall, der das Spiel drehen kann. High Five Würfelaktionen. Punkte der Endwerting >>> Punkte im Spiel...

    Sport/Wettkampf eher das andere. Da ist es eher gleichmäßig.

    In machen Spielen kann der Start eine sehr wichtige Phase sein. Die Startposition relevant sein. Wobei ich auch denke, dass man das gerne überbewertet. Manchmal hat man vom Start weg das Gefühl man konnte nichts machen. Hätte eine bessere Spielerin es dann geschafft?

  • (...) Spiele die einen weniger komplexen Start haben (in meinen Augen): Caverna (...)

    Bei #Caverna ist es zumindest wichtig zu schauen, wer auf welches Gebäude spielt/spielen wird und wer auf Raubzüge geht. Als dritter Spieler würde ich meine Zwerge eher spät bewaffnen, z.B.

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  • Ich denke der erste Zug wird vor allem dadurch komplex, wenn man sich da die grobe Strategie überlegt. Grob x Züge vorausplant, was man später "nur" anpasst. Und je variabler das Setup, desto mehr kann die Startstrategie dynamisch sein.

    Am Ende kann man dann auch "nur" einen Fehler von x Punkten machen. Vielleicht mehr oder weniger als in anderen Zügen.

    Einmal editiert, zuletzt von cermit (25. Juli 2024 um 16:25)

  • Catan. Empfehle hierzu wärmstens den YouTuber "DyLighted - Catan" der schon sehr viele Videos zu dieser "pregame"-Phase des Setzens der ersten Städte gemacht hat. Oft ist das Spiel dann sogar schon entschieden laut ihm, selbst in Weltmeisterschaften.
    Lg

    Auch wenn ich Catan im Vergleich nicht besonders variabel/komplex am Start finde. Es zumindest ein Spiel bei dem ein Startvorteil einen Schneeballeffekt haben kann. Und das Spiel bremst das nicht, die SpielerInnen müssen das ggf eindämmen (Räuber/Handelsembargo)

  • Und ja, es ist ganz garantiert kein Euro im ganz engen Sinne – doch das mit Abstand meiste Studium von optimalen ersten Zügen habe ich bei Der Eiserne Thron verbracht. Für jede Fraktion gibt es eine ganze Literatur an möglichen Spielstarts in Abhängigkeit zu den Aktionen der Nachbarn. Wie platziert und unterstützt man möglichst effizient viele Einheiten in den richtigen Regionen, um die eigene Startposition maximal abzusichern und die eigene Expansion gut voranzutreiben. Wahrscheinlich der einzige Fall, bei dem mir das Strategie-Studium mehr Spaß macht als das eigentliche Spiel 😅

    Und da es diverse Erweiterungen gibt und das Spiel sich je nach Spieleranzahl deutlich anders spielt, gibt es sehr viele verschiedene mögliche Startpositionen, bei denen es unterschiedliche Sachen zu bedenken gibt. Da die Startpositionen auch nicht immer gut ausbalanciert sind, kann ein falscher Eröffnungszug schon mehr oder weniger zum Spielverlust führen. Gerade bzgl. des möglichen Verlusts von Seengebieten muss man höllisch aufpassen.