Wenn der Ort stirbt…

  • Ich war letzten Sommer bei meinen Eltern an der Ostsee, in dem Ort hatten viele Restaurants/Cafes verkürzte Öffnungszeiten, ein reduziertes Angebot oder hatten garnicht erst geöffnet. Die meisten Betreiber klagten darüber, dass sie nicht genug Personal fänden. Es gibt zu wenig bezahlbaren Wohnraum, weshalb Fachkräfte ausbleiben bzw. diese hochbezahlte Jobs haben müssen, um sich in der Region überhaupt ansiedeln zu können.

    In der Gastronomie ist das inzwischen ein generelles Problem. Während der Corona-Zeit, als die Lokale alle schließen mussten, haben sich viele Mitarbeitende der Gastronomie andere Jobs suchen müssen. Und dabei haben sie festgestellt, dass das Arbeiten mit besseren Arbeitszeiten die eigene Lebensqualität deutlich erhöht und sie meist sogar noch besser verdienen können. Deshalb sind nur wenige wieder in die Gastronomie zurückgegangen, und nun fehlen dort Mitarbeitende an allen Ecken und Enden. Das führt dazu, dass die Gastronomen nun deutlich besser Gehälter anbieten müssen, um überhaupt Leute zu finden, und das wiederum führt zu höheren Preisen, wodurch Besuche in der Gastronomie ein Luxusgut werden. Das wird wiederum dazu führen, dass es in wenigen Jahren deutlich weniger Gastronomie geben wird als heute.

    Aber wie gesagt, das ist ein generelles Problem und hat meines Erachtens nichts mit dem eigentlichen Threadthema zu tun.

    Ja sehe ich ähnlich. Restaurantbesuche sind bei uns auch ganz selten geworden, nicht nur wegen dem Kind und ansich auch gar nicht unbedingt immer wegen den Kosten. Auch hier spielt zusätzlich denke ich wieder ein geändertes Konsumverhalten mit rein. Wenn wir die Wahl haben abends noch in ein Restaurant zu gehen weil wir keine Lust auf kochen haben, bestellen wir oftmals lieber. Das ist dann mittlerweile gar nicht wirklich mehr günstiger als ein Restaurantbesuch (bis auf die Getränke) aber man muss nicht mehr vor die Türe, kann sich in Gammelklammotten schmeißen und vll noch ne Serie dabei gucken. Hinzu kommt, dass ein Restaurantbesuch für uns auch irgendwie immer mehr an "Faszination" verloren hat. Früher als Kind/Jugendlicher war das was besonderes, als junger Erwachsener immer schön sich mit Freunden zum Essen zu treffen und romantisch mit der (potentiellen) Freundin essen zu gehen. In meiner aktuellen Lebenssituation gibt es allerdings immer alternativen, die dann "mehr bieten" (grill/spieleabend direkt bei Freunden zuhause, Musicalbesuch, essen bestellen). Zumal das Kochen an sich ja auch immer mehr als Hobby und "Freizeiterlebnis als Ausgleich zum Homeoffice" in den Fokus rückt. Hier muss sich die Gastronomie vll auch ein Stückweit neu erfinden, der Status quo "man sitzt an einem Tisch, bekommt Essen und Getränke gebracht und unterhält sich" (wenn letzteres auf Grund lauter Musik überhaupt noch geht) ist jetzt seit Jahres festgefahren, vll fehlt es hier einfach auch etwas an spannenden Konzepten.


    Wenn es hauptsählich an den Kosten für das Essen liegen würde, dass Leute weniger in Restuarants gehen, würden die Lieferdienste nicht immer weiter boomen.

  • Wenn es hauptsählich an den Kosten für das Essen liegen würde, dass Leute weniger in Restuarants gehen, würden die Lieferdienste nicht immer weiter boomen.

    Ich sehe eher die Kosten für die Getränke zum Essen als das Problem an. Und die entfallen ja, wenn man sich Essen liefern lässt.

  • wodurch Besuche in der Gastronomie ein Luxusgut werden.

    Es ist immer ein Bisschen irreführend steigende Preise verantwortlich zu machen. Wie du ja selbst schreibst sind die Gastronomen mehr oder weniger gezwungen die Preise anzuheben, weil die Kosten auch steigen.


    Die wahre Krux sind wie so oft die sinkenden Reallöhne. Die Unternehmen haben den Daumen auf den Löhnen und Gehältern, wundern sich dann, dass niemand mehr die Arbeit machen will und keine Kunden da sind. Sie schieben die wirtschaftliche Lage als Argument vor, dass nicht mehr gezahlt werden kann und befeuern damit das Problem.

  • Wobei hier in der Umgebung die Lieferdienste auch leiden, seit sie preislich auf dem Niveau echter Restaurants von vor ein paar Jahren angekommen sind. Früher hatte ich dir Wahl zwischen 40-50 Restaurants mit Lieferservice, con denen sind noch 20 übrig, und alle paar Wochen sind welche weg und neue da. Wenn ich dann Gyros überbacken für 14 Euro bestelle, dann kaufe ich mir lieber eine Flasche metaxa, Sahne und Schweinefleisch und probiere es selbst. Mir fehlen die preiswerten Pommesbuden von früher, es gibt in der Umgebung nur noch Dönerbuden.

  • wodurch Besuche in der Gastronomie ein Luxusgut werden.

    Es ist immer ein Bisschen irreführend steigende Preise verantwortlich zu machen. Wie du ja selbst schreibst sind die Gastronomen mehr oder weniger gezwungen die Preise anzuheben, weil die Kosten auch steigen.


    Die wahre Krux sind wie so oft die sinkenden Reallöhne. Die Unternehmen haben den Daumen auf den Löhnen und Gehältern, wundern sich dann, dass niemand mehr die Arbeit machen will und keine Kunden da sind. Sie schieben die wirtschaftliche Lage als Argument vor, dass nicht mehr gezahlt werden kann und befeuern damit das Problem.

    Wobei die Reallöhne ja auch nur deshalb sinken, weil durch Inflation und steigende Preise (gefühlt) alles teurer wird. Das gehört beides Untrennbar zusammen

  • Wenn es hauptsählich an den Kosten für das Essen liegen würde, dass Leute weniger in Restuarants gehen, würden die Lieferdienste nicht immer weiter boomen.

    Ich sehe eher die Kosten für die Getränke zum Essen als das Problem an. Und die entfallen ja, wenn man sich Essen liefern lässt.

    Ja, schon. Allerdings kann man ja auch in Restaurants bei einem Getränk bleiben, dann fällt das auch nicht so stark ins Gewicht

  • Es ist immer ein Bisschen irreführend steigende Preise verantwortlich zu machen. Wie du ja selbst schreibst sind die Gastronomen mehr oder weniger gezwungen die Preise anzuheben, weil die Kosten auch steigen.


    Die wahre Krux sind wie so oft die sinkenden Reallöhne. Die Unternehmen haben den Daumen auf den Löhnen und Gehältern, wundern sich dann, dass niemand mehr die Arbeit machen will und keine Kunden da sind. Sie schieben die wirtschaftliche Lage als Argument vor, dass nicht mehr gezahlt werden kann und befeuern damit das Problem.

    Wobei die Reallöhne ja auch nur deshalb sinken, weil durch Inflation und steigende Preise (gefühlt) alles teurer wird. Das gehört beides Untrennbar zusammen

    Es gehört untrennbar zusammen, aber der Ansatz am Personal zu sparen ist der falsche. Damit gefährdet man den Fortbestand des Unternehmens. Es ist nur für viele Manager der einfachste Weg, weil die Personalkosten so einen großen Anteil an den Gesamtkosten haben und sich damit schnell kurzfristige Erfolge erzielen lassen.

  • Es ist immer ein Bisschen irreführend steigende Preise verantwortlich zu machen.

    Entweder du hast meinen Beitrag nicht verstanden oder ich verstehe nicht, was du an meinem Beitrag irreführend findest. Ich habe ja nicht kritisiert, dass ein Gastronomiebesuch teurer wird, sondern ich habe lediglich erklärt, weshalb das so ist.

  • Meine Mutter betireb 40 Jahre lang Stände auf Wochenmärkten bei uns in der Region. Inzwischen sind fast alle dieser Märkte den Bach runter gegangen und ein ähnliches sterben wie bei Ladengeschäften hat eingesetzt. Die Gründe hierfür sind sicher ein wenig anders gelagert da man dort in der Regel Lebensmittel einkauft(e) und Märkte generell ja eher in das moderne Lifestyle Konzept passen dürften wenn es regionale und saisonale Waren gibt. Allerdings sind die Menschen heute nicht mehr bereit dafür früh aufzustehen und zum Wochenmarkt zu gehen/fahren, Parkplätze in der Nähe waren oft Fehlanzeige. Die Märkte später zu starten oder länger laufen zu lassen war oft auch keine Option da die Städte die Flächen am Nachmittag lieber als Parkplatz für das Bummeln zur Verfügung stellen wollten. Das mag natürlich nicht für alle Wochenmärkte gelten, ich denke in den Großstädten wie Frankfurt, München usw... gibt es noch große Wochenmärkte die sich auch halten können...für die Provinzstädte (zumindest hier in der Region Mittelhessen) sieht es da aber ganz mau aus.


    Generell machen hier die alten Traditionsläden für Schuhe, Kurzwaren, Bücher usw... zu... oder sind schon längst dicht. Dafür kommen dann (arabische) Friseure (die glücklicherweise den heimischen Friseurklüngel mal aufbrechen), Fressbuden, Cafes, aber auch Wettbüros... Immerhin aber auch innovative Läden wie z.B. My Regalbrett wo jedermensch sich ein kleinen Bereich mit seinen Waren bestücken kann...

    Ich pers. veruche inziwschen bewusst mal in den Buchladen zu gehen und dort zu bestellen, oder zum heimischen Juwelier, oder -ganz bewusst- in einen unsere drei(!) Spieleläden, wo die Spiele zwar deutlich teurer sind als bei Thalia/Alternate/Hugendubel/Bücher.de mit Cashback und % ;) ... aber dafür kann ich dann ganz vielleicht auch noch in zwei Jahren dort was kaufen und mit dem Menschen vor Ort darüber diskutieren ob nun Spiel A oder B besser ist...

    Manchmal ist das alles auch eine bewusste Entschdeidung jedes einzelnen.

  • Wobei die Reallöhne ja auch nur deshalb sinken, weil durch Inflation und steigende Preise (gefühlt) alles teurer wird. Das gehört beides Untrennbar zusammen

    und durch signifikant gestiegende Mieten für (Privat)- Wohnungen bedingt durch den aktuellen Wohnungsmangel. Ein aus meiner Sicht nicht zu unterschätzender Posten, da sie das meiste vom monatlichen Netto schlucken.

  • Es ist immer ein Bisschen irreführend steigende Preise verantwortlich zu machen.

    Entweder du hast meinen Beitrag nicht verstanden oder ich verstehe nicht, was du an meinem Beitrag irreführend findest. Ich habe ja nicht kritisiert, dass ein Gastronomiebesuch teurer wird, sondern ich habe lediglich erklärt, weshalb das so ist.

    Du meintest, dass der Besuch in der Gastronomie zum Luxusgut wird weil die Preise in der Gastronomie steigen. Das genaue Zitat lautet:

    Das führt dazu, dass die Gastronomen nun deutlich besser Gehälter anbieten müssen, um überhaupt Leute zu finden, und das wiederum führt zu höheren Preisen, wodurch Besuche in der Gastronomie ein Luxusgut werden.

    Das ist finde ich der falsche Blickwinkel. Dass die Preise momentan steigen ist ja von ganz vielen Faktoren abhängig. Wenn mein Lohn (ich arbeite nicht in der Gastronomie) im gleichen Maße steigen würde, dann würde das meine Fähigkeit die Gastronomie zu besuchen ja gar nicht beeinflussen. Da mein Arbeitgeber aber lieber bei meinem Lohn spart als anderswo habe ich weniger Spielraum für Gastronomiebesuche.


    Steigende Preise in der Gastronomie sind nicht ursächlich dafür sondern mein sinkender Reallohn.


    Edit: der Reallohn ist der absolute Lohn im Verhältnis zur Kaufkraft der Währung nur falls es da Unklarheiten gibt.

  • lazerlight Ich weiß echt nicht, was das soll. Ist das deine Art, hinterlistige Spitzen zu setzen, dass du öffentlich anzweifelst, ich würde wissen, was ein Reallohn ist?

    Ich versuche es noch mal sachlich zu verdeutlichen: Ich bin der Meinung, dass der Personalmangel in der Gastronomie zu "zusätzlichen" Preissteigerungen führt, die deutlich höher als die Inflationsrate liegen und auch deutlich höher als die üblichen Lohnsteigerungen. Es reicht eben nicht mehr aus, in der Gastronomie die Löhne im üblichen Maße zu erhöhen, sondern man muss deutlich mehr bieten. Das kann auch ein Wohnkostenzuschuss sein oder Ähnliches. Aber die Preise in der Gastronomie steigen deutlich höher als in anderne Bereichen und werden alleine deshalb schon zum Luxusgut.

    Dass die Reallöhne insgesamt auch noch sinken, unterstützt diesen Effekt natürlich, aber darum ging in meiner Betrachtung weiter oben nicht.

  • lazerlight Ich weiß echt nicht, was das soll. Ist das deine Art, hinterlistige Spitzen zu setzen, dass du öffentlich anzweifelst, ich würde wissen, was ein Reallohn ist?

    Ich versuche es noch mal sachlich zu verdeutlichen: Ich bin der Meinung, dass der Personalmangel in der Gastronomie zu "zusätzlichen" Preissteigerungen führt, die deutlich höher als die Inflationsrate liegen und auch deutlich höher als die üblichen Lohnsteigerungen. Es reicht eben nicht mehr aus, in der Gastronomie die Löhne im üblichen Maße zu erhöhen, sondern man muss deutlich mehr bieten. Das kann auch ein Wohnkostenzuschuss sein oder Ähnliches. Aber die Preise in der Gastronomie steigen deutlich höher als in anderne Bereichen und werden alleine deshalb schon zum Luxusgut.

    Dass die Reallöhne insgesamt auch noch sinken, unterstützt diesen Effekt natürlich, aber darum ging in meiner Betrachtung weiter oben nicht.

    Meine Erfahrungen in der Gastro sind andere. Die Personalkosten sind zwar ein Faktor, aber neben den Kosten für Zutaten, Energiekosten, Pacht/Miete, Versicherungen, Material und Steuern wirklich ein geringer.

    Die Wieder-Anhebung der MwSr. auf 19% dieses Jahr ist deutlich spürbarer.

    Einmal editiert, zuletzt von Huutini ()

  • Allerdings sind die Menschen heute nicht mehr bereit dafür früh aufzustehen und zum Wochenmarkt zu gehen/fahren, Parkplätze in der Nähe waren oft Fehlanzeige. Die Märkte später zu starten oder länger laufen zu lassen war oft auch keine Option da die Städte die Flächen am Nachmittag lieber als Parkplatz für das Bummeln zur Verfügung stellen wollten.

    Die Gründe sind halt wahrscheinlich vielfältiger als das. Wenn ich begründen sollte, warum ich persönlich nicht auf einen Wochenmarkt gehe:

    - Der ist bei uns im Ort unter der Woche, da muss ich arbeiten. Am Wochenende ist er in der Nachbarstadt, wo ich dann aber wieder extra hinfahren müsste (da kommt dann das Aufsteh-Problem dazu)

    - ich weiß nicht, ob das noch so ist, aber vor einigen Jahren waren Wochenmärkte der einzige Ort, an dem man noch Eier aus Käfighaltung bekommen hat. Sieht halt so nett wie vom Bauern von nebenan aus, wenn die Eier auf einer 25er-Palette sind, war aber am Ende Murks

    - viele der angebotenen Waren sind auch nicht regional (ist ja auch nicht machbar, da es nicht immer alles gibt) und die Kennzeichnung ist deutlich intransparenter als im Supermarkt. Da muss man halt konkret fragen, woher die Tomaten, Gurken, Kartoffeln, etc. sind.

    - das Preisgefüge auf dem großen Wochenmarkt der Nachbarstadt ist sportlich. Da kostet ein Brot vom Bäckerwagen halt 7 Euro / 500 gr. Bei Wurst, Käse, etc. ist das genau so. Der Wochenmarkt ist damit eher was für Besserverdienende


    Man kauft sicher mit gutem Gefühl ein, aber ich bezweifle, dass das immer so begründet ist.

    Klar kann man wegen Herkunft der Waren sagen, ich müsste es halt erfragen, aber bei uns gibt es auch Hofläden mit sehr transparenter Herkunftsangabe und besseren Öffnungszeiten. Da ist der Wochenmarkt im Vergleich halt unattraktiv.


    P.S.: Ich will übrigens nicht sagen, dass alles aus schlechter Produktion ist. Da gibt es sicher auch ganz viel (und hoffentlich überwiegend) Biolebensmittel aus regionaler Produktion. Aber ich kann mich halt nicht darauf verlassen, sondern müsste immer konkret nachfragen. Da gehe ich lieber in ein Geschäft, in dem alles sauber deklariert ist.

  • Ich weiß echt nicht, was das soll. Ist das deine Art, hinterlistige Spitzen zu setzen, dass du öffentlich anzweifelst, ich würde wissen, was ein Reallohn ist?

    Bitte nicht hinter allem eine böse Absicht vermuten. Der Zusatz war für alle Mitlesenden gedacht und nicht auf dich gemünzt. Mir fällt aktuell keine Möglichkeit ein wie ich meine Posts noch sachlicher schreiben kann aber ich bemühe mich.

  • Bitte nicht hinter allem eine böse Absicht vermuten.

    Okay, akzeptiert. Ich bemühe mich ebenfalls. :)

    Die Wieder-Anhebung der MwSr. auf 19% dieses Jahr ist deutlich spürbarer.

    Die kommt jetzt neuerdings noch on top dazu, das ist klar. Aber ich habe an so vielen unterschiedlichen Orten und Stellen mitbekommen, dass man heutzutage kaum noch Personal findet, dass es für viele Betriebe ja gar keinen anderen Ausweg geben KANN, als dem Personal mehr anzubieten als früher. Die schlechten Arbeitszeiten sind ja nun auch nicht gerade von Vorteil ...

  • Die Wieder-Anhebung der MwSr. auf 19% dieses Jahr ist deutlich spürbarer.

    Die kommt jetzt neuerdings noch on top dazu, das ist klar. Aber ich habe an so vielen unterschiedlichen Orten und Stellen mitbekommen, dass man heutzutage kaum noch Personal findet, dass es für viele Betriebe ja gar keinen anderen Ausweg geben KANN, als dem Personal mehr anzubieten als früher. Die schlechten Arbeitszeiten sind ja nun auch nicht gerade von Vorteil ...

    Der Personalnangel ist ja auch ein reales Problem - aber von da zu "der Personalmangel macht Gastrobesuche so teuer, dass sie ein Luxusgut geworden sind" hast du drei bis vier Schritte übersprungen, denn die ANDEREN Kosten sind auch massiv gestiegen, und das ignorierst du bei deinem Schluss komplett.

    Der Personalnangel verursacht eher Einnahmeneinbußen als Preissteigerungen in die Luxusgutkategorie.

  • Bitte nicht hinter allem eine böse Absicht vermuten.

    Okay, akzeptiert. Ich bemühe mich ebenfalls. :)

    Die Wieder-Anhebung der MwSr. auf 19% dieses Jahr ist deutlich spürbarer.

    Die kommt jetzt neuerdings noch on top dazu, das ist klar. Aber ich habe an so vielen unterschiedlichen Orten und Stellen mitbekommen, dass man heutzutage kaum noch Personal findet, dass es für viele Betriebe ja gar keinen anderen Ausweg geben KANN, als dem Personal mehr anzubieten als früher. Die schlechten Arbeitszeiten sind ja nun auch nicht gerade von Vorteil ...

    Ja, aber wie gesagt boomen hier gerade wieder mal sämtliche Lieferdienste und "Buden". Das Lohn/Personalproblem haben die auch. Das trägt sicher dazu bei, aber ich sehe das Problem hier eher an anderen Stellen. Zusätzlich reden wir in den Städten auch noch von einem vorhandenen Überangebot an Gastronomie. Das die nicht alle überlegen können ist auch klar.

  • Der Personalnangel ist ja auch ein reales Problem - aber von da zu "der Personalmangel macht Gastrobesuche so teuer, dass sie ein Luxusgut geworden sind" hast du drei bis vier Schritte übersprungen, denn die ANDEREN Kosten sind auch massiv gestiegen, und das ignorierst du bei deinem Schluss komplett.

    Nein, das ignoriere ich nicht. Wenn es so klang, als würde ich die Preissteigerung ausschließlich auf den Personalmangel zurückführen, dann war das sicher nicht das, was ich sagen wollte. Er kommt aber eben on top auf die vielen anderen Aspekte drauf und sorgt für eine überproportionale Preissteigerung.

  • Der Personalnangel ist ja auch ein reales Problem - aber von da zu "der Personalmangel macht Gastrobesuche so teuer, dass sie ein Luxusgut geworden sind" hast du drei bis vier Schritte übersprungen, denn die ANDEREN Kosten sind auch massiv gestiegen, und das ignorierst du bei deinem Schluss komplett.

    Nein, das ignoriere ich nicht. Wenn es so klang, als würde ich die Preissteigerung ausschließlich auf den Personalmangel zurückführen, dann war das sicher nicht das, was ich sagen wollte. Er kommt aber eben on top auf die vielen anderen Aspekte drauf und sorgt für eine überproportionale Preissteigerung.

    Das Thema Restaurantsterben ist auch nicht nur eindimensional. Klar, überall sind die Preise gestiegen und die Betriebe müssen irgendwie klarkommen. Aber es ist nicht nur so, dass die Preise durch die Decke gehen. Auch die Qualität ist (zumindest in meiner Umgebung) absolut fragwürdig. Ich habe hier zwar bestimmt 20 Pizzabuden in direkter Nähe, ABER: Alle verkaufen nur "Billigmüll". Schön Analogkäse, Formschinken und 13 Fußnoten pro Pizza welche E denn alle zum Einsatz gekommen sind. Genauso die anderen "Restaurants". Wenn ich ins Restaurant gehe möchte ich keine warmgemachte Fertigsauce essen. Das würde ich privat nie verarbeiten!

    Pizza beispielsweise mache ich deswegen immer selber. Ich bekomme ansonsten einfach keine! Und ja, es ist zeitintensiv (z.B. braucht der Teig 2 Tage Zeit), aber die Pizza wird dann auch richtig geil! Wir hatten hier Silvester z.B. bekennende Nicht-Kocher zu Gast und hatten Pizza gemacht. Das Feedback war: Das wäre die beste Pizza, die sie je gegessen hätte. Das sagt schon alles über unser Einzugsgebiet aus. Und wir haben es so tatsächlich geschafft diese bekennenden Nicht-Kocher dazu zu bringen regelmäßig Pizza nach unserem Verfahren zu backen! :D

  • also ich kauf kleidung meistens recht günstig und trage sie jahrelang, außer bei Hosen (die an den Oberschenkeln durchscheuern), trag ich die Kleidung auch viele viele Jahre. Ich bin jetzt 32 und hab noch Pullis aus der Zeit da war ich 16/17…

    Und bei Hosen und dem durchscheuern war es bisher egal ob 60€ oder 20€ Jeans - beides gleich schnell durch.


    Vielleicht ist auch einzig dein Geschmack oder deine Körperproportionen das Problem (Ich mein das nicht abwertend, es gibt Körperformen, da bekommt man schlecht gescheite Klamotten im „Mainstream“).

    Das geht jetzt sicher etwas off-topic, aber es gibt doch das Paradox, dass ärmere Leute sich nur minderqualitative Produkte leisten können und damit langfristig mehr bezahlen, als Leute, die sich hochqualitative und langlebigere Produkte leisten können. Das hat bestimmt irgendeinen fancy Namen, aber ich konnte den auf die Schnelle nicht ergooglen.

    Das mit den hochwertigen Produkten ist auch ein wenig Illusion, zumindest in der Bekleidungsindustrie (und bestätigt Alex oben):

    Meine Schwester war lange bei einem großen Label und u.a. in Indien unterwegs: Als sie nach dem ersten Besuch der Fabriken wiederkam, erzählte sie, dass die im Vergleich viermal so teure Replay Jeans direkt auf der anderen Seite des Raumes gefertigt wurde - da ist sie auch schier vom Glauben abgefallen…

    2 Mal editiert, zuletzt von LeGon ()

  • Das mit den hochwertigen Produkten ist auch ein wenig Illusion, zumindest in der Bekleidungsindustrie (und bestätigt Alex oben):

    Meine Schwester war lange bei einem großen Label und u.a. in Indien unterwegs: Als sie nach dem ersten Besuch der Fabriken wiederkam, erzählte sie, dass die im Vergleich viermal so teure Replay Jeans direkt auf der anderen Seite des Raumes gefertigt wurde - da ist sie auch schier vom Glauben abgefallen…

    Das kann natürlich sein, wobei sich teure und günstige Jeans ja auch hauptsächlich in modischen Aspekten unterscheiden. Ich hätte eher an funktionellere Sachen gedacht: im Bereich von Kleidung z.B. an Winterjacken oder Schuhe. Aber natürlich habe ich auch Alex SpieLama zitiert, der explizit über Pullover und Jeans spricht, das stimmt schon auch.

    Einmal editiert, zuletzt von verv ()

  • Das mit den hochwertigen Produkten ist auch ein wenig Illusion, zumindest in der Bekleidungsindustrie (und bestätigt Alex oben):

    Meine Schwester war lange bei einem großen Label und u.a. in Indien unterwegs: Als sie nach dem ersten Besuch der Fabriken wiederkam, erzählte sie, dass die im Vergleich viermal so teure Replay Jeans direkt auf der anderen Seite des Raumes gefertigt wurde - da ist sie auch schier vom Glauben abgefallen…

    Wobei: Es kann ja in der gleichen Fabrik gefertigt worden sein aber trotzdem komplett unterschiedliche Qualitäten der Rohstoffe eingesetzt worden sein. Aldi versucht ja auch den GLauben aufrecht zu erhalten, dass der Billigyoghurt genau das Gleiche ist wie das Markenprodukt, nur weil es aus der gleichen Fabrik kommt. Die Detailinfo, dass die teuren Erdbeeren durch billige Baumrinde ersetzt wurde, wird dann gelegentlich in der Kommunikation schonmal "vergessen".


    Aber ich gebe dir grundsätzlich Recht was die Bekleidungsindustrie angeht. Ich glaube da werden wir komplett verarscht. Tommy Hilfiger ist so ein Beispiel. Hier ist das Zeug ja doch irgendwie teuer. In den USA wird die Marke als absolutes Billigprodukt angesehen (ähnlich wie bei uns kik) und kostet auch nur einen Bruchteil.

  • Wobei: Es kann ja in der gleichen Fabrik gefertigt worden sein aber trotzdem komplett unterschiedliche Qualitäten der Rohstoffe eingesetzt worden sein. Aldi versucht ja auch den GLauben aufrecht zu erhalten, dass der Billigyoghurt genau das Gleiche ist wie das Markenprodukt, nur weil es aus der gleichen Fabrik kommt. Die Detailinfo, dass die teuren Erdbeeren durch billige Baumrinde ersetzt wurde, wird dann gelegentlich in der Kommunikation schonmal "vergessen".


    Aber ich gebe dir grundsätzlich Recht was die Bekleidungsindustrie angeht. Ich glaube da werden wir komplett verarscht. Tommy Hilfiger ist so ein Beispiel. Hier ist das Zeug ja doch irgendwie teuer. In den USA wird die Marke als absolutes Billigprodukt angesehen (ähnlich wie bei uns kik) und kostet auch nur einen Bruchteil.

    Für die Fabrik gab es laut meiner Schwester nur einen Zulieferer und das Material wurde verteilt - kann da eher Vervs Argumentation folgen, dass man primär für den Schnitt (mir stehen zB fast nur Diesel Jeans) zahlt.

  • Das Thema Restaurantsterben ist auch nicht nur eindimensional. Klar, überall sind die Preise gestiegen und die Betriebe müssen irgendwie klarkommen. Aber es ist nicht nur so, dass die Preise durch die Decke gehen. Auch die Qualität ist (zumindest in meiner Umgebung) absolut fragwürdig. Ich habe hier zwar bestimmt 20 Pizzabuden in direkter Nähe, ABER: Alle verkaufen nur "Billigmüll". Schön Analogkäse, Formschinken und 13 Fußnoten pro Pizza welche E denn alle zum Einsatz gekommen sind. Genauso die anderen "Restaurants". Wenn ich ins Restaurant gehe möchte ich keine warmgemachte Fertigsauce essen. Das würde ich privat nie verarbeiten!

    Ich bin auch der Meinung, dass wir uns an eine qualitativ total unterirdischen Gastronomie-Welt gewöhnt haben. Sowohl die Produkte auf dem Teller als auch (was ich viel schlimmer finde) die ausbeuterischen Arbeitsbedingungen für die Angestellten. Das war uns Kunden jahrelang immer völlig wurscht, man hat ja schließlich großzügig 4 Euro Trinkgeld gegeben, damit wird das schon passen. Jetzt wo die MwSt wieder auf 19% angehoben wurde, hieß es von vielen Seiten, das mache die Gastro kaputt. Meiner Meinung nach sind für das Gastro-Sterben aber zwei Faktoren ausschlaggebend:

    1. Die Kundschaft denkt immer mehr nach "ist es mir das wert" je höher der Preis wird.

    Ich merke es an mir selbst: früher gab es halt mal Döner, wenn ich keine Lust hatte zu kochen. Heute sind das für zwei Personen mit Trinkgeld eben 20 Euro, das ist mir für diese Qualität meist zu teuer.

    Im Gegensatz dazu gehe ich aber immer noch sehr gerne für 100 Euro für zwei Personen in ein gutes Restaurant und genieße ein schönes Essen. Es ist also bei mir selbst nicht so, dass mir Essen gehen generell zu teuer ist, nur eben das früher oft genossene Billigessen kann ich vor meinem Geldbeutel immer weniger rechtfertigen.

    2. Viele Angestellte wurden durch Corona zu ihrem Glück, nämlich zu anderen Jobs, gezwungen. Will man jetzt noch Personal finden, muss man dieses besser bezahlen. Dadurch steigen die Preise und wie landen wieder bei Punkt 1.


    Und offen gestanden finde ich das eine gute Entwicklung. Wenn es heißt "mimimi so viele Restaurants werden schließen müssen" - ja, vielleicht ist das ja gut, wenn das drölfte Schnitzelrestaurant mit Fertigsoßen und unterbezahlter Bedienung dicht macht?

    Wir haben uns so sehr an die vielen Restaurants gewöhnt, dass wir unser billiges serviertes Abendessen als Grundrecht ansehen, egal wer am Ende der Kette darunter leiden muss.

  • Aber überteuerte Brettspiele mit Billigplastik kaufen wir alle...


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    Aber die esse ich nicht! :)


    Aber auch hier: Ich stelle fest, dass ich tatsächlich lieber Spiele mag mit dem Qualitätsanspruch von CTG als die nächste Billigproduktion. First World Problems...

  • Aber überteuerte Brettspiele mit Billigplastik kaufen wir alle...


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    Das ist so ein Nonsens-Argument und whataboutism.

    Es geht doch vielmehr darum, dass wir eben keine endlosen Mittel zur Verfügung haben und viele hier in der Bubble sich dann entscheiden die "Brettspiele mit Billigplastik" zu kaufen, anstatt 60 € in ein Abendessen für 2 zu investieren (o.Ä.).

  • Aber überteuerte Brettspiele mit Billigplastik kaufen wir alle...


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    Das ist so ein Nonsens-Argument und whataboutism.

    Es geht doch vielmehr darum, dass wir eben keine endlosen Mittel zur Verfügung haben und viele hier in der Bubble sich dann entscheiden die "Brettspiele mit Billigplastik" zu kaufen, anstatt 60 € in ein Abendessen für 2 zu investieren (o.Ä.).

    Es war auch ein Witz ;)

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  • Da hast du im Grunde mit allen Punkten recht. Es liegt ja auch nicht immer nur an der Gesellschaft sondern an jedem einzelnen, auch an Betreibern von Wochenmarktständen. Mir war das als Teenie schon klar das sich dieses Modell wohl eher nicht wird halten können... aber im Grunde ist es auch mit anderen Läden in der Innenstadt nicht anders. Innovation muss her, einkaufen kann ich auch von daheim... man muss den Menschen heute was bieten und unser Größter Spieleladen bietet fast die ganze Woche auch Räumlichkeiten zum zocken an, den Haupt Umsatz machen sie vermutlich mit TCG´s aller Variationen... würden sie keine Events dazu anbieten wäre der Laden vermutlich auch schon dicht.

  • Zu den Mietkosten und Einzelhandel, ich hatte gelesen, dass der Insolvenzverwalter der Kaufhof-Gruppe meinte, dass es nicht am Umsatz des Einzehandels liegt. Der wäre nämlich gut. Sondern an den hohen Mieten. Ist zwar ein anderes Problem als im Eingangspost, weil es da um das Land geht, aber auch in der Innenstadt hier in Hamburg sterben ja die Läden weg. Das Irre ist, die Stadt ist oft hammerhart überfüllt. Da rennen so viele Menschen rum. Also alle kaufen nur im Internet und keiner mag mehr "Geschäfte" kann so auch nicht stimmen. Ich weiß z.B. aber was mein Bäcker um die Ecke für Mietpreise bezahlen muss, das ist abartig hoch. Ich bin in dem Bereich alles andere als ein Experte, aber das Menschen nicht gerne in der Stadt shoppen und der Einzelhandel "out" ist, sehe zumindest im Zentrum nicht.

  • Ich pers. veruche inziwschen bewusst mal in den Buchladen zu gehen und dort zu bestellen

    Gerade der Buchhandel ist doch – dank Buchpreisbindung und einem exzellenten Großhandelsnetzwerk, dank dem man quasi jedes Buch bis zum nächsten Werktag bestellen kann – vergleichsweise gut vor Verdrängung geschützt, oder?

    Einerseits ja, anderseits zieht Amazon den Verlagen aber auch ne Menge Autoren ab, mit Exklusiv Vertirieb ihrer Werke. Die kann man dann über den normalen Buchhandel nicht mehr beziehen. Und wenn man bei Thalia kauft kommt halt auch nix im kleinen Buchladen um die Ecke an. Ich pers. lese ja noch lieber in einem physischen Buch, wie das mit E Books ist kann ich garnicht sagen.


  • Man könnte nun meinen, die Digitalisierung (öhm, welche?) und das vermehrte Bauen auf Homeoffice etc. würde dem entgegen wirken können. Allerdings ist die digitale Infrastruktur außerhalb der Ballungszentren eben auch nur schwach ausgebaut, und die Lage ist nicht attraktiv genug, um da von Seitens der Anbieter viel Geld reinzustecken.

    Der Trend geht halt nicht zu 100 Prozent HO, sondern eher zu 2 bis 3 Tage, bei maximaler Flexibilität. Auch, wenn ich "nur" 2 bis 3 Tage die Woche ins Büro muss, will ich nicht 1,5 Stunden einfache Strecke machen. Deshalb boomen die Metropolregionen weiter. Aber nur, wenn gute Infrastruktur. Ich wohne ca 15km von Stuttgart entfernt. Kostet wie Stuttgart, aber davor wohnte ich 35km entfernt und war statt 25-40 Minuten 40 bis 120 Minuten unterwegs. 10km, Bahnhof oder nicht, Flaschenhälse (Autobahnzufahrten),... machen einen massiven Unterschied, der sich in Stunden Lebenszeit auswirkt.

    Und kleine Geschäfte...wir kaufen Kartoffeln noch beim Bauern, aber ich hätte gar nicht die Zeit, noch mehrere kleine Läden abzuklappern. Und heutzutage arbeiten in aller Regel beide Teile eines Paares. Die süßen kleinen Lächeln abklappern, wie es meine Mutter noch getan hat, ist eben nicht mehr drin.

    Die große Stärke der Narren ist es, dass sie keine Angst haben, Dummheiten zu sagen.

  • Die wahre Krux sind wie so oft die sinkenden Reallöhne. Die Unternehmen haben den Daumen auf den Löhnen und Gehältern, wundern sich dann, dass niemand mehr die Arbeit machen will und keine Kunden da sind. Sie schieben die wirtschaftliche Lage als Argument vor, dass nicht mehr gezahlt werden kann und befeuern damit das Problem.

    Ganz so einfach ist die Welt dann aber auch nicht. Mein Arbeitgeber zahlt IG Metall Tariflöhne, das ist echt gutes Geld - aber in bspw. einem Segment steht er im Wettbewerb mit osteuropäischen und chinesischen Firmen, die Projekte zu Gesamtpreisen anbieten können, die unter unseren Kosten liegen. Da kannst Du Dich dann nur noch entscheiden, ziehst Du Dich aus dem Bereich zurück und machst das Segment dicht (und alle Mitarbeiter stehen auf der Straße), oder findest Du einen Weg, den teuren Anteil an der Wertschöpfung irgendwie zu reduzieren und durch Leistungen an billigeren Standorten zu ersetzen - damit kann zumindest ein Teil der Belegschaft bleiben. Den Kunden (europäische Automobilhersteller, einer so schlimm wie der andere) ist das egal, die wollen nur den Preis maximal drücken - und bei deren Endkunde schaut es ähnlich aus.


    Und ich nehme mich da nicht aus - das Thema Möbelhäuser wurde hier ja umfassend diskutiert. Wir standen gerade vor einer Anschaffung, ein Hochbett für die bald 5jährige Tochter. Aus Sicherheitsgründen sollte es mit Treppe sein statt mit Leiter. Die lokalen Möbelhäuser Segmüller und XXXLutz haben da jeweils genau 1 Modell, denselben deutschen Hersteller zu sehr ähnlichen Preisen von über 3000 EUR. Dabei aber mit sehr fragwürdiger Ausstattung - Schränke ohne Rückwand und mit Regalfächern direkt hinter einer Kleiderstange zum Füllen des Raums unter dem Bett. Hat uns überhaupt nicht überzeugt, vom Preis plus Lieferzeit plus Lieferkosten mal ganz abgesehen. Wir sind dann auf Amazon bei einem polnischen Hersteller fündig geworden. Inklusive Lieferung deutlich unter 900 EUR und gute Qualität. Das sichert keine Arbeitsplätze hierzulande und auch keinen Möbelhausstandort, aber das Preis-Leistungs-Verhältnis ist kaum zu schlagen. Ich wäre ja sogar bereit gewesen mehr zu zahlen - aber eben nur für ein Produkt, das auch überzeugen kann.

  • Das mit dem Onlinehandel ist sicherlich ein großes Problem für den lokalen Einzelhandel, aber ich habe den Eindruck, dass von den Geschäften nichts getan wird, um dem entgegenzusteuern.


    Beispiele:


    - Ich war vor einigen Monaten bei Media Markt um bei den Switch Spielen zu stöbern. Die Neuerscheinung, das Mario RPG, war ausgestellt und wurde verkauft. Ich wollte das Spiel gerne ausprobieren, aber an keinem der vielen ausgestellten Geräten konnte man das Spiel spielen. Das hatte mich schon gewundert. Ich habe den zuständigen Mitarbeiter gefragt, ob ich das Spiel ausprobieren könnte. Er verneinte und sagte, er würde es wahrscheinlich nächste Woche bereitstellen. Jetzt mal im Ernst. Nintendo zahlt sehr viel Geld für die Verkaufsflächen, da muss man die Neuheiten mit dem Erscheinen auch spielen können. Der neuste Zelda Titel wurde da auch verkauft und man konnte den im Markt nicht spielen.


    - Brötchen kaufen wir häufig beim Bäcker, die Qualität hat bei Merzenich deutlich nachgelassen. Die Brötchen sind zudem kleiner geworden. Die Filiale hat die Öffnungszeiten verkürzt und viele Artikel bekommt man morgens zur Primetime nicht.


    - Wir waren beim lokalen Fahrradhändler um für unseren Sohn einen Roller/Lauflernrad zu kaufen. Der Laden ist sehr groß und etliche Verkäufer waren da. Aber Beratung haben wir nicht bekommen und wir mussten die Verkäufer einige Male ansprechen um beraten zu werden. Auf dem Weg zum Laden, hatten wir überlegt uns in dem Geschäft Elektrofahrräder zu kaufen und wir hatten uns als Limit 10.000 Euro gesetzt. Wir hatten uns nach dem Besuch entschieden, die Fahrräder nicht da zu kaufen.


    - Wir waren letztes Wochenende frühstücken. In der Nähe vom Lokal gibt es zwei kleine Bäckereien. Das Frühstück war hochpreisig, die Qualität mittelmäßig, die Butter wurde vergessen, die baked Beans zu spät gebracht und es gab Aufbackbrötchen. Wir waren da jetzt zum letzten Mal.


    Ich könnte die Liste so fortführen.

  • - Brötchen kaufen wir häufig beim Bäcker, die Qualität hat bei Merzenich deutlich nachgelassen. Die Brötchen sind zudem kleiner geworden. Die Filiale hat die Öffnungszeiten verkürzt und viele Artikel bekommt man morgens zur Primetime nicht.


    - Wir waren beim lokalen Fahrradhändler um für unseren Sohn einen Roller/Lauflernrad zu kaufen. Der Laden ist sehr groß und etliche Verkäufer waren da. Aber Beratung haben wir nicht bekommen und wir mussten die Verkäufer einige Male ansprechen um beraten zu werden. Auf dem Weg zum Laden, hatten wir überlegt uns in dem Geschäft Elektrofahrräder zu kaufen und wir hatten uns als Limit 10.000 Euro gesetzt. Wir hatten uns nach dem Besuch entschieden, die Fahrräder nicht da zu kaufen.

    Wir kaufen fast auch nur noch beim Discounter - die Brötchen sind da fast genauso gut.

    Habe in dem Zahg. aber erlebt, dass die Leute unheimlich bequem geworden sind und auch gar nicht mehr prüfen, was sie da kaufen: Im Neubaugebiet in LB gibt’s einen Luckscheiter, der echt sehr bescheidene Brötchenqualität lieferte. Als wir da gegenüber gewohnt haben, sind wir immer nach Oßweil kurz nebenan mit dem Fahrrad gefahren, weil dort die Brötchen wirklich bedeutend besser waren und zudem die Schlange kürzer. Die hippen Neubauler sind lieber 6 min weniger gelaufen und haben dafür 10 min länger auf schlechteren Stuff gewartet… 🤷‍♂️


    Zum Thema Fahrrad: Bei gebrauchten ebikes im Rental nach der Saison gucken, da kann man nicht viel falsch machen… 😉

    2 Mal editiert, zuletzt von LeGon ()

  • Letztlich werden ja viele Faktoren da hineinspielen - ein wichtiger ist auf jeden Fall die weit größere Auswahl an Geschäften, die uns Kunden durch den Onlinehandel zur Verfügung stehen, so dass wir vor Ort auch kritischer werden. Deine Beispiele, meeple , kenne ich auch so zu Genüge, wenn Geschäfte primär auf das Vorhandensein von Ware setzen und nicht auf Beratung, Erlebnis darum herum. Und Erlebnis meine ich hier erst einmal im Kleinen als „Wohlfühlen, Willkommensein, Gesehen werden“.


    Ich möchte nicht bei jedem Tritt in ein Geschäft direkt von 3 Verkäuferinnen und Verkäufern umschwärmt werden. Gute Verkäufer erkennen dies, checken einmal ab und bleiben dann in erreichbarer Nähe. Wenn ich dann gefühlt gute Beratung bekomme (warum gefühlt: ich kenne mich ja selber nicht unbedingt aus und vertraue dann auf die Art und Weise, wie mit mir gesprochen wird, wie auf Nachfragen geantwortet wird, wie mit mir über Alternativen gesprochen wird), bin ich immer bereit, dort vor Ort zu kaufen, wenn die Ware/Dienstleistung meinem Bedürfnis entspricht.


    So etwas steht und fällt in meinen Augen mit dem Verkaufspersonal und deren Blick auf Kunde und Geschäft - was auch stark von der durch die GF erzeugten Geschäftskultur bedingt ist. Das Beispiel mit dem Kinderlaufrad von Dir, meeple, ist da für mich bezeichnend. Kein Verkäufer wird per se erfüllt sein, im Preissegment €70-€200 über Roller zu beraten, wenn sie im Segment €2000-€5000 über e-Bikes beraten können. Dass jedoch aus kleinen, positiven Anfangsgeschäften größere Folgeaufträge entstehen können, die Kundenbindung, scheinen viele zu übersehen. Daran muss ich immer und immer arbeiten als Dienstleister - ein aktuell als klein empfundener Fisch kann jederzeit ein großer werden und ein glücklicher kleiner Fisch wird dann zum glücklichen großen. Das ist für mich auch die Aussage hinter „der Kunde ist König“: Lass sich jeden Kunden bei Dir wohl fühlen und ernst genommen mit seinem Bedürfnis - was nicht heißt, dass ich alle möglichen Forderungen erfüllen müsste (was aber Inhalt anderer Threads wäre).


    In dem Sinne habe ich hier - bei auch stark ausgedünnter Infrastruktur in unserem Dorf und der erweiterten Marktgemeinde - positive Beispiele, die gerade durch das Engagement des Personals und dem „Wohlfühlfaktor“ her stammen:

    • unser örtlicher Bäcker, neben einem Bauernladen und einem Aldi noch der einzige Lebensmittelhändler hier im Dorf, wo ich stets freundlich bedient werde und mir auch immer Alternativen empfohlen werden, wenn mein primärer Wunsch nicht erfüllbar ist.
    • Unser Erlebnis im Fahrradgeschäft war genau umgekehrt zu meeple s und wir haben aufgrund der sehr positiven Beratung zum „Kleinkram“ dann dort auch ein neues Fahrrad für meine Frau gekauft.
    • Auch im lokalen Media Markt zu Kaffeevollautomaten erhielten wir sehr gute Beratung, wobei ich nach intensiver Onlinerecherche eher vor hatte auch online zu kaufen.
    • Unser Optiker (ja, so etwas haben wir im Dorf neben den oben genannten Geschäften) z.B. schaffte es, Kunden hier ins Dorf zu locken, da er neben hervorragender Beratung auch hervorragenden Kaffee aus eigener Röstung und aus einer von Dutzend Siebträgermaschinen servierte als Vizemeister in Latte Art.

    Das jedoch bedingt Leidenschaft und auch mal Ruhe für das kreative Denken zum eigenen Ansatz - was vermutlich im starken Druck des geschäftlichen Umfelds auch nicht einfach ist. Die Leidenschaft als Verkäufer ist vermutlich auch davon abhängig, wie ich von dem Beruf leben kann und wie die Geschäftskultur generell ist. Da kommen Geschäfte schnell in eine Abwärtsspirale - wenn ich unter starkem finanziellen Druck stehe und meine Gedanken dadurch blockiert sind, was sich auf Kreativität und auch Unternehmenskultur schnell auswirken kann.

    Letting your mind play is the best way to solve problems. (Bill Watterson)

    Bin auch immer mal in der FAIRPLAY zu lesen.

    Einmal editiert, zuletzt von HRune () aus folgendem Grund: Kurze Ergänzung

  • Das mit den aussterbenden Orten kenne ich auch sehr gut...und es tut mir in der Seele weh wenn ich mich an meine Jugend zurückerinnere.

    Ich bin jetzt niemand der sagt, daß früher alles besser war. Das wäre gelogen. Aber es gibt durchaus Dinge die ich heute vermisse.


    Ganz ehrlich gesagt....ich hasse die Richtung in die sich unsere Welt entwickelt. Sie kotzt mich an. Und wenn ich könnte würde ich mir einige Dinge zurückwünschen.


    Ich habe das Gefühl das alles nur noch nach dem Motto "Höher, besser, schneller, geiler, weiter" läuft...koste es was es wolle. Jeder ist sich selbst nur noch der nächste. Einen richtigen Zusammenhalt bzw. ein soziales Zusammenleben wie ich es kannte, sehe ich heute nicht mehr oft.


    Was meine ich damit....

    Ich komme ursprünglich aus einem 600-Seeln Dorf. Und in den 1980ern war es z.B. noch so, daß jedes Dorf es geschafft hat eine Fußballmannschaft zusammenzukriegen. Heute müssen sich schon 5 Orte zusammenschließen, damit das geht. Wenn man früher Feste im Dorf hatte, kam die Bevölkerung des Ortes und der benachbarten Orte vorbei und man hat zusammen gefeiert. Das ist heute selten geworden, bzw. ist so wenig los, daß man sich fragt ob es den Aufwand überhaupt noch lohnt. Ich kann mich nicht erinnern, daß ich in den letzten Jahren mal irgendwo zehn Kinder auf einem Haufen gesehen haben, die einfach auf einer Wiese zusammen gebolzt oder verstecken gespielt haben. Stattdessen sehe ich heute jeden Morgen auf dem Bahnsteig die gleichen 5 Kinder im Kreis stehen und jeder glotzt auf sein beschissenes Handy.

    Und wenn ich heute nach Hause in meinen Heimatort komme, ist das eigentlich nur noch ein totes Kaff, in dem jeder vor sich hinlebt.


    Aber was hat das jetzt damit zu tun ?


    Es hat alles natürlich viele Gründe, aber einer davon ist meiner Meinung nach, daß wir ein gesundes Sozialleben miteinander verlernen, was letztlich darin endet, daß mir die anderen und dann auch mein Ort und meine Herkunft mehr und mehr gleichgültig werden.

    Wie sollen Kinder und Jugendliche ein gesundes Gruppenverhalten entwickeln lernen, wenn es keine Gruppen und keinen Zusammenhalt mehr gibt. Ich wurde in einer festen Gemeinschaft von 30 - 40 Leuten groß, die bis zu 25 Jahre Altersunterschied hatten. Und ich bin dankbar dafür. Man hat sich zugehörig gefühlt, man hat von den anderen gelernt, als Jungspund musste man sich anpassen und wurde zurechtgewiesen wenn man Grenzen überschritten hat. So hat man gelernt friedlich zusammenzuleben. Dadurch hat man einen Bezug zu sich und seinem Ort entwickelt und es war einem eben nicht egal was damit passiert. Ich glaube, daß das mit ein Grund ist warum unsere Gesellschaft so aussieht wie sie eben aussieht.


    Heute ist es wichtiger das Frauen oder Männer Karriere machen, anstatt sich um Ihre Kinder zu kümmern. Die kann man ja abgeben oder in die Kita stecken. Es ist wichtiger die neuste Konsole zu haben, anstatt sich sportlich zu betätigen. Es ist wichtiger ein 1000 Euro IPhone zu haben, als für ein Ei faire 40-50 Cent oder für ein vernünftiges Stück Fleisch mal 5 Euro mehr zu zahlen.

    Es ist wichtiger das millionenschwere Aktionäre noch mehr Dividenden ausgezahlt bekommen, auch wenn dadurch Menschen Ihre Arbeit verlieren. Es ist wichtig das jedes Jahr Gewinne um 15-20% steigen, auch wenn dafür Menschen und Menschenrechte ausgebeutet werden. Es ist wichtiger das Spekulanten viel Kohle machen, anstatt das Familien bezahlbaren Wohnraum haben. Und wie ich es letztens so schön in einer Zeitung gelesen habe"....es ist in Deutschland mittlerweile wichtiger Verständnis zu haben, als Verstand".

    Ich könnte die Liste noch viel weiter ausführen, aber da würde ich mir nur wieder bewußt werden, in welche Richtung sich unsere Gesellschaft entwickelt.


    Und bevor es jetzt heißt...der Typ meckert nur. Nein.


    Ich bin stolz in Europa zu leben, in einem Land bzw. einem System, in dem ich tun uns lassen darf was ich will, wo sagen darf was ich möchte. Die EU ist nicht perfekt aber ich kenne auf der ganzen Welt kein besseres System. Ich bin froh, daß ich ein Dach über dem Kopf habe, ein warmes Bett, einen vollen Kühlschrank eine Arbeit die mir Wohlstand gewährt und in Frieden leben kann.


    Ich habe nur mittlerweile meine Zweifel wie lange das noch so sein wird, wenn sich alles in der jetzigen Richtung weiterentwickelt.


    Jetzt bin ich letztlich doch vom Thema abgewichen...aber mir war einfach danach.


    In diesem Sinne....ein schönes Wochenende.

  • Die von meeple beschriebene Situation kenne ich auch gut. Aber man versteht ja auch, woher es kommt. Wenn zu viele Leute nur gute Beratung vor Ort nutzen, aber dann online für 2,50 Euro günstiger kaufen, dann hält das eben das Fachgeschäft vor Ort nicht auf Dauer durch.

    Ein bisschen ist das auch eine Abwärtsspirale. Die Geschäfte müssen sparen, damit werden Service und Angebot schlechter, damit der Anreiz zum Kauf vor Ort nochmal geringer, was dann wiederum weniger Kunden und mehr Spardruck heißt. Ein bisschen kann man hoffen, dass sich das Ganze bei ausreichender Ausdünnung dann stabilisiert und ein paar wenige Fachgeschäfte sich halten können, zu denen die Kunden dann auch gerne etwas weiter anreisen, aber so sicher bin ich mir da nicht. Dafür ist es gerade in der jüngeren Generation zu akzeptiert, sich irgendwo Beratung zu holen, aber dann online zu kaufen, frei nach dem Motto: "Selbst schuld, wenn die kostenlos beraten." (Wenn man sich denn überhaupt noch selbst informiert und selbst denkt, anstatt bloß das macht, was einem Unbekannte auf Social Media einflüstern.)


    Aber back on topic. Konkretes Beispiel und Frage an die Eltern hier: Bekommt man bei euch noch vernünftige Kinderschuhe vor Ort? Selbst in großen Einkaufszentren findet man da oft nichts mehr.

    Schuhe kaufe ich eigentlich ungern online. Die will ich anprobieren, und beim Nachwuchs gilt das erst recht. Aber hier stellen wir immer mehr fest, dass das Angebot bei den großen Ketten immer kleiner und schrottiger wird und einige Schuhgeschäfte, die Kinderschuhe hatten, entweder haben entweder ganz dicht gemacht oder Kinderschuhe aus dem Programm genommen, weil es sich zu wenig gerechnet hat. Da gibt's nur noch Mainstream, der sich zuverlässig verkauft, und Kinder sind damit per Definition direkt draußen.

    Einmal editiert, zuletzt von MetalPirate ()