Wenn der Ort stirbt…

  • Hallo zusammen!


    Ich wohne seit 20 Jahren in einer Kleinstadt in der Nähe von München, also eigentlich ein Wachstumsgebiet.


    Aber seit einiger Zeit beobachte ich eine beunruhigende Tendenz.


    Alles fing klein an. Zwei kleine Bäcker, die kurz vor der Pandemie zugemacht hatten, weil sie keine Nachfolger gefunden hatten.


    Anfang letzten Jahres hatte der örtliche Schuhhändler aufgegeben. Die Pandemie hatte viel Geld gekostet und zu wenig Leute waren mehr bereit, Geld für gute Schuhe auszugeben.


    Im Sommer hatte dann der örtliche Bio-Supermarkt aufgegeben. Dabei war die Lage sogar recht gut gewesen neben den anderen Geschäften.


    Die örtliche Postbank hatte schon vor ein paar Jahren zugemacht, aber es gab ja immer den Automaten aus der Cashgroup um die Ecke, bis im November überraschend auch diese Filiale samt Automaten geschlossen wurde. Jetzt kann ich nur noch beim Edeka Geld abheben oder muss in den nächsten Ort fahren. Die nächste Bankfiliale der Postbank ist ohnehin 20 km entfernt. ?(


    Ende des Jahres hat dann nach über 125 Jahren der örtliche Haushaltsladen aufgegeben. Wir haben zwar nur selten dort eingekauft, aber wieder etwas weniger vor Ort.


    Heute kam dann der „Doppel-Wumms“ an Nachrichten.


    Der kleine Obstladen (immer top Qualität, wo man wirklich den Unterschied schmeckt) muss Ende des Monats aufgeben, weil mehrere Stammkunden im letzten Jahr weggestorben sind. Der Umsatz hat sich halbiert. Sie zahlt seit Monaten nur noch drauf.


    Gleich nebenan wird der Schlachter sein Ladengeschäft aufgeben und nur noch Party-Service anbieten. Dabei wird sogar der Sohn das Geschäft übernehmen. Aber mit neuen Auflagen ist es zu unattraktiv geworden.


    Ich habe, seitdem wir Kinder haben, die ortsnahe Versorgung wirklich zu schätzen gelernt. Aber jetzt frage ich mich ernsthaft, wie es in den nächsten Jahren weitergehen wird.


    Wenn ich so überlege, was alles in den letzten Monaten zugemacht hat, mache ich mir wirklich Sorgen. Obwohl wir eigentlich in einem Wachstumsgebiet sind, bricht die Nahversorgung erschreckend schnell hier zusammen.


    Habt ihr ähnliche Erfahrungen in euren Heimatorten gemacht? Ist das alles nur ein unglücklicher Zufall? Oder sind das Anzeichen einer größeren Krise des Mittelstands?

  • Das bekomme ich bei uns in der Stadt (120.000 Einwohner) kaum mit. Ganz selten mal erzählt jemand, dass ein Geschäft zumachen musste. Und dann entsteht da sofort etwas Neues. Am Schlimmsten fand ich in den letzten Jahren den Untergang der Galeria Kaufhof. Die unzähligen Rettungsversuche eines Geschäfts, das ich seit meiner Kindheit kannte, hat mich noch am meisten entsetzt. Und vor 4 Wochen war dann endgültig Schluss.

  • Der Einzelhandel leidet natürlich unter dem Onlinehandel, genauso wie die kleinen Nahversorger unter den Supermärkten leiden. Beim Supermarkt hat man alles unter einem Dach, inklusive Parkplatz. Oft nicht Top-Qualität, aber dafür hat man halt den besseren Preis - und darum geht's heute, wo man alles in Sekundenschnelle online vergleichen kann.

    Wer leistet sich heute noch Schuhe vom Schuster? Wer kauft Fleisch noch beim Fleischhauer oder Obst/Gemüse beim Gemüsehändler? Neben den Mehrkosten: wer hat denn noch die Zeit, diese ganzen kleinen Läden hintereinander abzuklappern?

    Ja, ich beobachte diesen Trend auch bei mir. Es ändert sich alles, und mit dem Lauf der heutigen Zeit, immer schneller. Muss man nicht gut finden, kann man aber auch nicht ändern.

  • Das ist eine Entwicklung, die es seit jeher gibt. Kleine Orte sterben aus, weil die jungen Leute näher an bzw. in die Städte ziehen. Gerade, wenn die Anbindung an die Städte nicht die Beste ist, überaltern solche Ortschaften nach und nach, denn sie sind auch nicht so attraktiv für junge Familien.
    Den Tod von kleineren Orten und Städten kann nur aufhalten, wenn sie durch irgend etwas plötzlich sehr attraktiv für junge Familien werden.

    Man könnte nun meinen, die Digitalisierung (öhm, welche?) und das vermehrte Bauen auf Homeoffice etc. würde dem entgegen wirken können. Allerdings ist die digitale Infrastruktur außerhalb der Ballungszentren eben auch nur schwach ausgebaut, und die Lage ist nicht attraktiv genug, um da von Seitens der Anbieter viel Geld reinzustecken.

    Wer Smilies nutzt, um Ironie zu verdeutlichen, nimmt Anderen den Spaß, sich zu irren.

    Über den Narr wird nur so lange gelacht, bis man selbst Ziel seiner Zunge wird!

    :jester:

  • Zum Glpck gibt es aber Ausnahmen: bei uns am Ort gibt es einen 400 Jahre alten Bäcker und da is immer eine Mega Schlange. Genauso wie beim örtlichen Metzger, der mittlerweile auch gutes Mittagessen zum mitnehmen anbietet. Da ist immer eine Warteschlange. Aber ja, Trend ist trotzdem die ladenschliesubg vor allem für Läden, die in direkter Konkurrenz zu online stehen. Wenn der Apotheken protektionismus aufgelockert wird mit digitalem Rezept werden auch alle Apotheken sterben. Geht sicher weiter …

  • Das bekomme ich bei uns in der Stadt (120.000 Einwohner) kaum mit. Ganz selten mal erzählt jemand, dass ein Geschäft zumachen musste.

    Könnte es nicht auch so wie in meiner Stadt (84.000 Einwohner) sein und Du merkst es deswegen nicht? Bei mir füllen diese Lücken (Leerstand aber auch möglich) Billig-Läden, Nagelstudios, Handy-Läden, Wett-Shops etc. Das ist jetzt keine Wertung (außer die Wett-Shops, ist tiefstes RSP :cursing: ), besser Umsatz und Leute stehen in Lohn+Brot, aber nehme ich nur das Muster wahr?

  • Ich wohne schon immer in einem Ballungsgebiet und kenn das seit meiner Kindheit nicht anders. Bei uns gibt es nur noch die Nahversorgung durch Tankstellen oder wesentlich besser durch die traditionelle "Bude". Bei uns haben manche Geschäfte noch nicht mal Personal um Ganztags zu öffnen, der nächste Bäcker von mir macht mittags zu.


    Allerdings erledigen in meinem gesamten Umfeld die meisten ihre Einkäufe mit dem Auto und wollen nur einen Parkplatz ansteuern.


    P.S. wenn ich heute noch das Wort Karstadt und Sanierung höre könnte ich im Strahl K*****

  • Wenn der Apotheken protektionismus aufgelockert wird mit digitalem Rezept werden auch alle Apotheken sterben. Geht sicher weiter …

    15% Bestandsverlust seit 2008

    Öffentliche Apotheken in Deutschland bis 2022 | Statista
    2022 wurden deutschlandweit 18.068 öffentliche Apotheken gezählt und damit mehr als 2.800 weniger als noch 10 Jahre zuvor.
    de.statista.com

    Warte auf: Cross Bronx Expressway | A Gest of Robin Hood | Kingdoms Forlorn | The Queens Dilemma | Coalitions: Realpolitik | Koriko: A Magical Year | Apex: Legends | Defenders of the Wild | Molly House | A Very Civil Whist | Arcs | Ahoy (DE)

  • Wir wohnen seit 11 Jahren in einem 5.000 Einwohner Dorf.

    Davor haben wir 22 Jahre in einem anderen Dorf gleicher Größe gewohnt.

    Noch davor in einem Vorort von Stuttgart.


    In der ganzen Zeit hatten wir dieselben Bedingungen (auch im Vorort von Stuttgart), die jetzt bei Dir so langsam eintreten werden.

    Wir hatten uns schnell daran gewöhnt, und auch Du wirst Dich daran gewöhnen … :)


    Ich glaube nicht, daß jemand wirklich objektiv sein kann - alle Meinungen sind subjektiv.
    Natürlich gilt das auch für mich.

  • Das passiert überall: In kleinen Orten, in Stadtteilen von größeren Städten. Grund sind der Internetkonsum (also verändertes Konsumverhalten allgemein) und die fokussierte Suche nach stadtnahen Wohnmöglichkeiten vor allem bei jungen Menschen.


    Letzteres gehen Kommunen inzwischen allerdings aktiv an vor dem Hintergrund klammer Kassen durch Mindereinnahmen bei den Steuern. Sie wollen junge Familien ansiedeln, beispielsweise durch attraktive Wohngebiete mit guter Verkehrsanbindung. Wir beobachten hier bei uns sehr gut, dass sich die Stadtteilbevölkerung verjüngt - allein das reicht für das Überleben des Einzelhandels vor Ort aber nicht aus.


    Man muss immer noch weg von dem Gedanken von Läden als reinen Konsumflächen (Spieleshops machen es mit Community-Events sogar ganz gut vor). Weil aber auch alteingesessene Ladeninhaber altern und kaum auf neue Trends aufspringen, ist es ein schwieriges Unterfangen. Dass ein Laden seit 40 Jahren vor Ort ist, ist super, aber für sich genommen kein gutes Argument, um Verkäufe anzukurbeln.

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  • Also ich berufe mich mal auf Hörensagen, wenn ich sage, dass beim home office zurück gerudert wird. Zumindest bei uns in der Region. Mein Arbeitgeber hält im Moment noch dran fest, in sehr restriktiven Grenzen, je nach Vorgesetztem. Man befürchtet wohl, dass es der Moral schadet wenn das gestrichen wird.

    Im Gespräch mit Leuten aus anderen Firmen wird zumindest gesagt, dass home office kein Thema mehr ist.

  • Bei mir im Stadtteil Witten-Buchholz hat in den letzten Jahren etliches zu gemacht: Schreibwarenladen mit Postfiliale, Frisör, Sparkasse mit Geldautomat. Für die Postfiliale gibt es zumindest eine Packstation als Ersatz. Für den Geldautomat kann man im örtlichen Rewe beim Einkauf Geld abheben. Für den Frisör und Schreibwaren muss ich in den nächsten Ort fahren. Dafür haben wir eine Apotheke, einen regionalen Metzger, einen Bio-Gemüseladen und ein gut sortierten Rewe mit Getränkemarkt sowie eine Pommesbude (gut aber hochpreisig) und eine Pizzeria (mittelmässig und unzuverlässig). Ohne Auto geht hier sowieso wenig oder nur sehr umständlich (Steigungen) und zeitintensiv (mässige Busanbindung).

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  • Beim Supermarkt hat man alles unter einem Dach, inklusive Parkplatz. Oft nicht Top-Qualität, aber dafür hat man halt den besseren Preis - und darum geht's heute, wo man alles in Sekundenschnelle online vergleichen kann.

    Also das ist aus meiner persönlichen Erfahrung die größte Illusion:


    Der Preis, den man im Supermarkt und anderen Discountern (insbesondere auch Bekleidung) bezahlt, steht in keinem guten Verhältnis zur Qualität, die man bekommt.


    Billige Schuhe, die Blasen verursachen, scheuern, sich in kürzester Zeit durchlatschen und dann ein Fall für die Mülltonne sind. Und ja, das sind praktische Erfahrungen gewesen.

    Meine Markenschuhe halten sich dagegen jahrelang. Die meisten musste ich jetzt aussortieren, weil meine Füße im Alter größer geworden sind. Und jetzt finde ich keinen vernünftigen Ersatz. :loudlycrying:


    Billige Klamotten, die sich beim Waschen verziehen, der Stoff schnell durchwetzt und das oft wie ein Müllsack an einem hängt. X/ Ich bin schon mal die gesamte Münchner Innenstadt mit allen großen Filialen abgelaufen, um ein vernünftiges Sommerkleid zu finden. Gab es nicht! Sah alles einfach nur fürchterlich aus. Ich bin im kleinen Geschäft hier im Ort fündig geworden. Fünf Stunden verschenkte Lebenszeit in der Großstadt.

    Aber ich bin auch nicht der Kunde für Fast-Fashion. Wenn ich etwas kaufe, dann soll es mindestens 2 Jahre halten. Die meisten meiner Sachen werden gute 5-10 Jahre getragen. Und oft verschenke ich es dann weiter und sie werden noch mal so lange von den nächsten getragen.

    Das wird man billigen Sachen sicherlich kaum schaffen.


    Das Obst schmeckt im Vergleich zu gutem Obst nach nichts und hält auch deutlich weniger lang. Die guten Erdbeeren vom Obsthändler habe ich auch mal einen Monat lang im Null-Grad-Fach im Kühlschrank lagern können ohne Probleme. Das gleiche kann ich nicht vom Supermarkt behaupten. Schlechtere Qualität und man schmeißt wahrscheinlich auch mehr weg, weil es nicht so lange hält.


    Ich könnte jetzt noch mehr Beispiele nennen, aber mein Punkt ist einfach, dass viele am falschen Ende „sparen“ und damit am Ende eigentlich draufzahlen.

    Billig ist nicht gut.

  • Habt ihr ähnliche Erfahrungen in euren Heimatorten gemacht? Ist das alles nur ein unglücklicher Zufall? Oder sind das Anzeichen einer größeren Krise des Mittelstands?

    Das sind einfach Veränderungen. Es ist für stationäre Geschäfte schwierig geworden profitabel zu wirtschaften (aus vers. Gründen). Daher verschwinden die zusehends. Das passiert auch in unserer Gemeinde (die tatsächlich wächst). Der Trend "Landflucht" hält ungebrochen an. Aber schon in den 80ziger gab es den Spruch "Fahr nicht fort kauf im Ort". Außerdem entwickeln wir uns in die Richtung "Freizeitgesellschaft". D.h. auch Einkäufe werden optimiert (Einkauf im großen Supermarkt / Bestellungen im Internet). Alles nicht förderlich für den lokalen Einzelhandel. (Indirekt liegt auch daran das Thema Nachfolge).

  • In meinem Heimatort (10k Einwohner) hat es begonnen - noch halten sich die Läden, deren Inhaber aus Haus besitzen. Aber wenn die alten Betreiber sterben und entweder die Kinder nicht übernehmen wollen oder keine vorhanden sind, wird es sich für niemanden lohnen, den Laden zu mieten.

    Beim Handarbeitsladen sehe ich leider keine so große Zukunft; ich gehe ab und zu für Kurzwaren hin, aber sie haben hauptsächlich Wolle (ich stricke nicht) und ich bin fast immer die einzige Kundin unter 40 (oder eher: unter 70).

    Wer geht denn heutzutage noch in einer Kleinstadt Kleidung oder Schuhe kaufen? Wenn man nicht in die nächste Großstadt fahren will, schaut man lieber ins Internet, da ist die Auswahl größer und die Preise günstiger. Ich schaue immer erstmal vor Ort, egal, was ich suche, aber meist muss ich doch auf Alternativen zurückgreifen, auch wenn ichs eigentlich nicht will.


    Bei Lebensmitteln kann ich mich bisher echt nicht beklagen. Aber es gibt schon so einige Leerstände und ich fürchte, das werden auf Dauer eher mehr als weniger werden. Personalknappheit ist ja gerade in solchen Branchen ein Thema (ok, und in vielen anderen - der demographische Wandel eben), und Jüngere ziehen aus mir unverständlichen Gründen (außer Studium, das verstehe ich) ja gern in Großstädte.

  • Also ich berufe mich mal auf Hörensagen, wenn ich sage, dass beim home office zurück gerudert wird. Zumindest bei uns in der Region. Mein Arbeitgeber hält im Moment noch dran fest, in sehr restriktiven Grenzen, je nach Vorgesetztem. Man befürchtet wohl, dass es der Moral schadet wenn das gestrichen wird.

    Im Gespräch mit Leuten aus anderen Firmen wird zumindest gesagt, dass home office kein Thema mehr ist.

    Ich bin nun seit fast 4 Jahren im HomeOffice und keiner in meiner Firma geht wieder zurück. Unsere Firma hat sogar schon einen Großteil der Büroräume weiter vermietet, wir stellen nun sogar Arbeitskräfte aus ganz Deutschland ein, was unser Personalproblem (etwas in der Umgebung zu finden) gelöst hat.

    Wenn Du ein Schiff bauen willst, so trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Werkzeuge vorzubereiten, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten endlosen Meer. -

    Antoine de Saint-Exupéry

  • Das ist eine Entwicklung, die es seit jeher gibt. Kleine Orte sterben aus, weil die jungen Leute näher an bzw. in die Städte ziehen. Gerade, wenn die Anbindung an die Städte nicht die Beste ist, überaltern solche Ortschaften nach und nach, denn sie sind auch nicht so attraktiv für junge Familien.
    Den Tod von kleineren Orten und Städten kann nur aufhalten, wenn sie durch irgend etwas plötzlich sehr attraktiv für junge Familien werden.


    Also noch einmal, ich rede hier nicht vom schrumpfenden Ortschaften! Wir wachsen!


    Unsere Schule platzt aus allen Nähten und wird neu gebaut. Wir haben viele Kindergärten und eigentlich immer zu wenig Plätze.


    Wir haben einen top ÖPNV-Anschluss. In einer halben Stunde ist man in der Innenstadt.


    Es liegt nicht an Schrumpfung oder Überalterung der lokalen Bevölkerung.

  • Könnte es nicht auch so wie in meiner Stadt (84.000 Einwohner) sein und Du merkst es deswegen nicht? Bei mir füllen diese Lücken (Leerstand aber auch möglich) Billig-Läden, Nagelstudios, Handy-Läden, Wett-Shops etc. Das ist jetzt keine Wertung (außer die Wett-Shops, ist tiefstes RSP :cursing: ), besser Umsatz und Leute stehen in Lohn+Brot, aber nehme ich nur das Muster wahr?

    Das ist bei uns exakt dasselbe. Handyshops, Wettbüros und Fastfood (die wechseln sich aber schneller ab, als ich ne Currywurst bestellen kann).

  • Es wird allerdings schwierig neue Arbeitskräfte zu gewinnen wenn man Homeoffice komplett ausschließt.

    Viele wollen sich (zu Recht) die Fahrerei zur Arbeit nicht mehr antun, zumindest nicht 5 Tage die Woche.

    Das sehe ich ähnlich. Jetzt kippt gerade der Trend Richtung Büro. Im Zuge des Fachkräftemangels wird der sich in ca. 3-5 Jahren wieder umkehren (wenn Arbeitgeber feststellen, dass Arbeitnehmer einfach nicht zu Ihnen kommen)

  • Lhynx Ist aber auch keine Entwicklung, die Orte in dieser Größe exklusiv haben. Wir hören auch ständig von Leerständen in Innenstädten, obwohl die Städte wachsen. In Potsdam steht in der zentralen Fußgängerzone eine wahrnehmbare Anzahl an Ladenlokalen schon länger leer, obwohl die Stadt boomt. Es mag damit zusammenhängen, dass die Umsätze im Einzelhandel und die Renditeerwartungen auf dem Immobilienmarkt sich immer weiter auseinanderentwickeln, es mag noch andere Gründe geben - aber lokaler Einzelhandel ist offensichtlich ein sehr schwieriges Geschäft.

    "There are only three forms of high art: the symphony, the illustrated children's book, and the board game."

    D. Oswald Heist

  • In Sachen Homeoffice: Spiegel Online hatte gerade einen Artikel (hinter Paywall) zum Leerstand von Büroimmobilien und zur Umwidmung zu anderen Nutzungen, von Hotels bis hin zu Wohnraum. In dem Kontext wurde ein langfristiger Minderbedarf an Büroraum als gesichert angenommen. Dazu gab es eine Grafik zur Homeofficequote:


    2018: 10%

    2019: 10%

    2020: 65%

    2021: 60%

    2022: 40%

    Zukunft: 25%


    Quelle: Cushman & Wakefield mit Daten von PwC, Ifo-Institut, Destatis, TU Darmstadt

  • Hier in Ddorf halten sich eine erstaunliche Anzahl kleiner Geschäfte erstaunlich gut, zumindest in den dichtbesiedelten Stadtteilen rund um die Innenstadt. So kenne ich das auch aus Köln. Beides Städte, bei denen der Großteil der Bewohner dieser Stadtteile das Auto kaum benutzt, da man Angst hat den Parkplatz zu verlieren (oder erst gar kein Auto angeschafft hat).


    Reise ich die 25 km zu meinem Arbeitsplatz (tiefster Ruhrpott), dann bin ich immer wieder überrascht, was für verödete Stadtteile ohne jedes Ladengeschäft es da gibt. Je ein Supermarkt alle 2km und Fast-Food-Buden scheinen da das einzige zu sein was sich länger halten kann. Das sind ja weißgott auch keine Kleinstädte, aber offenkundig ist da Autonutzung viel verbreiteter und der lokale Einkauf deutlich begrenzter. Insoweit denke ich, hängt es immer auch von lokalen Entwicklungsprozessen ab.

  • Supermärkte gibt es bei mir zuhauf. Die kann ich nicht mehr zählen... und die kann ich alle bequem zu Fuß erreichen. Ich wohne in einem Vorort (6.000 Einwohner) von Reutlingen (120.000 Einwohner).

    ALDI, LIDL, Norma, Rewe, Edeka, DM und noch ein paar kleinere dazu. Die haben absolut keine Probleme.

  • Dann äh mach doch eine Bäckerei, eine Metzgerei, einen Bioladen, einen Obstladen oder sonstwas selber auf und schon ist das Problem gelöst. ;)

    Oder so ähnlich. Für diese Läden braucht es halt

    a) Menschen, die sie betreiben
    b) im Optimalfall auch Menschen, die den entsprechenden Beruf gelernt haben (bzw. entsprechend manche Läden überhaupt betreiben dürfen)
    c) Kunden, die dort auch kaufen wollen (was ja kein Problem ist, ihr wachst ja)

    Sorry, aber das sind halt die Folgen davon, dass sich Berufsbilder verändert haben, Job- und Ausbildungssuche nicht mehr primär lokal stattfindet (und auch eine Verschiebung der Schulabschlüsse vorliegt) und, wie ja hier auch schon angerissen, mit immer größeren Supermärkten und dem Internet immer mehr Konkurrenz entstanden ist.

    Überspitzt gesagt: Zu viele Menschen haben in den letzten Jahrzehnten angefangen, etwas mit Medien zu machen. Und dafür in die größeren Städte zu ziehen. Oder zumindest dort zu arbeiten.

  • PalioDeMonte Danke, das bestätigt meine Vermutung, dass es ein grundlegenderes Problem ist.


    Es ist leider finanziell attraktiv, leer stehende Immobilien einfach steuerlich abzuschreiben. Ähnlich wie es auch finanziell besser ist, ein Grundstück unbebaut zu lassen.


    Gleichzeitig gehen die Baby-Boomer jetzt nach und nach in Rente. Die Menschen, die arbeiten, werden tendenziell weniger.


    Gleichzeitig, und das ist ein riesiges Problem, wird das Arbeiten in kleinen Jobs immer unattraktiver.


    Und dann kommen die deutlich gestiegenen Nebenkosten dazu. Puffer wurden gerade von kleinen Läden in der Pandemie verbraucht.


    Bei uns haben auch viele Läden jetzt montags wegen gestiegener Nebenkosten und/oder Personalmangel geschlossen.


    Und ja, natürlich ist auch der Internet-Handel mit Schuld an der Gesamtentwicklung. Wenn Menschen sich im Laden etwas zeigen lassen, um dann bei Amazon zu bestellen… da spare ich mir besser die Worte… X/

  • Das wird man billigen Sachen sicherlich kaum schaffen

    also ich kauf kleidung meistens recht günstig und trage sie jahrelang, außer bei Hosen (die an den Oberschenkeln durchscheuern), trag ich die Kleidung auch viele viele Jahre. Ich bin jetzt 32 und hab noch Pullis aus der Zeit da war ich 16/17…

    Und bei Hosen und dem durchscheuern war es bisher egal ob 60€ oder 20€ Jeans - beides gleich schnell durch.


    Vielleicht ist auch einzig dein Geschmack oder deine Körperproportionen das Problem (Ich mein das nicht abwertend, es gibt Körperformen, da bekommt man schlecht gescheite Klamotten im „Mainstream“).

  • Das habe ich dann wohl missverstanden. Tut mir leid.

    Was die Entwicklung der Geschäfte angeht, da haben die anderen hier im Thread schon viel geschrieben. Das ist eine Entwicklung, die voranschreitet und mE unumkehrbar und unaufhaltsam ist. Auch das ist schon lange so...

    Wer Smilies nutzt, um Ironie zu verdeutlichen, nimmt Anderen den Spaß, sich zu irren.

    Über den Narr wird nur so lange gelacht, bis man selbst Ziel seiner Zunge wird!

    :jester:

  • Das wird man billigen Sachen sicherlich kaum schaffen

    also ich kauf kleidung meistens recht günstig und trage sie jahrelang, außer bei Hosen (die an den Oberschenkeln durchscheuern), trag ich die Kleidung auch viele viele Jahre. Ich bin jetzt 32 und hab noch Pullis aus der Zeit da war ich 16/17…

    Und bei Hosen und dem durchscheuern war es bisher egal ob 60€ oder 20€ Jeans - beides gleich schnell durch.


    Vielleicht ist auch einzig dein Geschmack oder deine Körperproportionen das Problem (Ich mein das nicht abwertend, es gibt Körperformen, da bekommt man schlecht gescheite Klamotten im „Mainstream“).

    Das geht jetzt sicher etwas off-topic, aber es gibt doch das Paradox, dass ärmere Leute sich nur minderqualitative Produkte leisten können und damit langfristig mehr bezahlen, als Leute, die sich hochqualitative und langlebigere Produkte leisten können. Das hat bestimmt irgendeinen fancy Namen, aber ich konnte den auf die Schnelle nicht ergooglen.

  • Dieses "Lädesterben" stelle ich aber sowohl bei uns in ner kleinen Stadt (Hilden mit 55k Einwohnern), als auch bei meiner Mutter in Köln fest. Für mich ist das nix "Ort-Exklusives" sondern anscheinend gerade gängige Praxis egal wo. Zwar werden die Läden dann teils "nachbesetzt" aber immer mit dem gleichen Schmuh, also Dönerketten etc. Die eigentlichen kleinen Zeitschriften-, Obst-, Lebensmittel-, Nähbedarf-, Schusterlädchen, Bäckereien, Metzger etc. fallen komplett weg.


    Aber war das nicht auf der anderen Seite schon immer so? Zumindest kann ich mich an meine Kindheit/Jugend in den 90er Jahren erinnern, wo auch immer mehr Läden, die ich als Kind spannend fand (Kaufhalle, Spielwaren-, Radio-, Hifiläden etc) geschlossen wurden, und durch Ketten oder 1€ Shops ersetzt wurden. Irgendwann schlossen die dann und es machten überall Kioske auf. In den letzten Jahren zogen dann wieder mehr Einzellädchen ein, wie Unverpacktläden etc. Und aktuell schließt wieder alles. Gefühlt ist das zwar schon ein Trend "zur supermarktkette", aber auch irgendwie so ne kleine Sinuskurve an Entwicklung?

    Einmal editiert, zuletzt von HotSauce ()

  • Ich glaube das mit dem Lädensterben hat mehrere Komponenten. Einerseits hat es der Einzelhandel für nicht-essentielle Produkte schwer, weil davon viel im Internet bestellt wird. Das führt dann zu ausgestorbenen Fußgängerzonen und Shopping Malls, in denen vornehmlich Nagelstudios und Handy-Doktoren zu finden sind. Andererseits verschwinden aber auch die kleinen Lebensmittelläden – sei es der Tante Emma-Laden im Dorf oder spezialisierte Läden wie Bäcker, Metzger, Obstladen – weil sich das alles in großen Supermärkten fokussiert. Von ersterem sind auch Großstädte zum Teil betroffen, letzteres ist denke ich schon ein Problem kleinerer Ortschaften.


    In dem Dorf, in dem meine Oma gelebt hat, war das zuletzt so: kein Supermarkt mehr, kein Bäcker, kein Metzger. Das gab es alles in einem großen Einkaufszentrum im Gewerbegebiet am Rand der nächstgrößeren Gemeinde und wenn man ein Auto hat, ist man dort auch in 10-15 Minuten hin gefahren. Aber für meine Oma ohne Führerschein hat das zur Folge gehabt, dass sie ihren Einkauf nur noch mit Mühe – ich glaube es gab eine schlechte Busverbindung – alleine bewerkstelligen konnte. Irgendwann hat diese Lücke im Ort dann immerhin eine Art Kiosk gefüllt, wo es zumindest die Essentials zu kaufen gab.

  • Man darf übrigens auch die aktuellen Gegebenheiten nicht ignorieren: Es kamen Ideen für den Einzelhandel auf, dann kam Corona. Nun sind es der Angriffskrieg auf die Ukraine und die Folgen aus Inflation und Kostensteigerungen, die besonders jene kleinen Läden treffen, die ohnehin jeden Kunden brauchen, um zu überleben.


    Handel ist ein schwieriges Pflaster geworden, wenn man nicht gerade eine Nische besetzt, die wirklich gefragt ist. Bei uns ist es zum Beispiel ein Bio-Metzger, überregional bekannt für die Qualität; der Wochenmarkt, samt positiven Auswirkungen etwa für Cafés etc.

    Selbst Supermärkte packen es ja teils nicht, weil sie sich nicht anpassen wollten (Stichwort: Real, Mein Real).

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    Auch in anderen Themenbereichen kann man sich beteiligen, etwa Videospiele oder Filme und Serien.

    Wichtig: Wir sind ein kleines Team, erwarten Aktivität, dafür werden Ihr eng an die Hand genommen und könnt etwas lernen.


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  • Also das mit dem Sterben der kleinen Lebensmittelgeschäfte ist definitiv auch in den Großstädten so, da fällt es vll nur nicht so auf wie in den Dörfern, weil es einfach vor vornerein mehr davon gab

  • Es ist ja nicht nur das Ladensterben. Bei uns im 1000 Einwohner Örtchen gibt es keinerlei Einkaufmöglichkeit mehr, die Kneipen sind auch weg.
    Was mir aber ebenso Sorgen macht ist das Sterben der Aktivitäten, der Feste und Vereine.

    Sportvereine haben durch Corona vielerorts einen Knacks erhalten, vor allem Jugendliche kamen danach oft nicht wirklich zurück entweder weil mittlerweile das Interesse fehlt, oder auch weil der Übergang zur den Erwachsenen nicht statt finden konnte.

    Anderen Vereinen geht es nicht besser und die Ortsfeste werden immer weniger. Viele ziehen aufs Land, arbeiten in der Stadt, haben gar kein Interesse mehr daran das Dorfleben zu gestalten. Ist im Dorf etwas los, sind immer die gleichen 100-200 Personen da, vom Rest sieht man gar nichts mehr. Ich bin Vorsitzender des örtlichen Burg- und Heimatvereins und wir finden kaum Leute, die mal Lust haben einen Abend an der Theke beim Sommerfest zu helfen. Zum Bühnenaufbau kam eine Person, obwohl in allen Medien und der Zeitung angekündigt. Zum Glück hatten 3 der Flüchtlinge aus der Turnhalle Lust uns zur Hand zu gehen.

    Ehrenamt ist nervig, kann einem echt zu viel werden und gedankt bekommt man vieles auch nicht, aber Leute, rafft euch auf, macht euer Dorf lebenswert, auch für eure Kinder. Denn was jetzt einschläft und stirbt kommt nur ganz, ganz schwer wieder.

  • Ich bin in einer ländlichen Kleinstadt zwischen Dortmund und Münster aufgewachsen und habe schon frühzeitig die Unterstützung der ansässigen Geschäfte bevorzugt, ob Kleidung, Nahrung oder Unterhaltung. Allerdings hat seit Anfabg der 2000er auch dort das Geschäftesterben begonnen. Erst traf es das recht Bekleidungsgeschäft, dann den Möbelanbieter - beides recht große Läden in Familienbesitz. Nach ungefähr acht Jahren waren auch der Spielzeugladen, der Schuster, ein Metzger und zwei Bäcker nicht mehr da. Die letzte Aufgabe, die ich mitbekommen habe, betraf die Änderungsschneiderei, kurz nach dem Stoffgeschäft.


    Interessant ist, dass die Hauptstraße von einem Ende der Stadt bis zum anderen End neu gebaut wurde, mit Kreisverkehren (alle Ampelkreuzungen wurden entfernt), mit Radwegen und extra breiten Fußgängerstrecken, da diese zum Einkaufen einladen sollten. Allerdings sind (auch Corona bedingt) weitere kleine Läden, wie das Schuhgeschäft, ein Uhrmacher und der Drogeriemarkt (keine Kette) geschlossen worden. Dass einigen der neueren Geschäfte, wie dem Tattoo-Studio oder dem Waffel-Laden sowie dem Geschenke-Laden die Luft ausgegangen sind, dürfte der normalen Gewerbeneueinsteiger-Fluktuation geschuldet sein.


    Vor ein paar Jahren sind wir in den Norden in die Nähe von Cuxhaven gezogen. Unser Dorf gibt knapp 1500 Einwohner her, hatte aber doch einiges zu bieten. Aber auch hier gibt es mittlerweile den Tierarzt weniger, keine Sparkassen- oder Poststelle mehr, nur noch einen familiären Kleinladen für "alles", der auch den Postschalter übernommen hat. Selbst eines der Restaurants hat den Betrieb eingestellt, obwohl das eine Folge der Corona-Einschnitte gewesen sein dürfte.


    Ich denke nicht, dass es nur an der subjektiven Wahrnehmung einzelner "Dörfler" wie uns liegt, dass die "kleinen femiliären" Läden immer weiter verschwinden. Ich mein eher, dass ist der so genannte "Fortschritt" oder wie es so schön heißt: das Leben ist im fluss und muss Veränderungen mit sich bringen, um nicht zu stagnieren. Die Automation und die Monopolisierung sind zwei unaufhaltsame Strömungen des zukunftgerichteten Menschen, damit die immer größer werdende "Masse" wohlständig versorgt werden kann. Da können nur wenige "Einzelkämpfer" auf Dauer mithalten.


    Nur meine unfundierte und empirisch eingeschränkte Meinung.