Da es zu dem Spiel bisher keinen eigenen Thread gibt und ich zumindest von einem weiteren Foren-User weiß, dass er es sehr gerne spielt, habe ich gedacht, ich eröffne mal einen neuen Thread mit meinem ganz ausführlichen Bericht und Überblick zu:
Direwild
#Direwild
Direwild | Board Game | BoardGameGeek
Autor: Vas Obeyesekere / Künstler: Kelly Goodine, Michael Jenkins, Vas Obeyesekere / Erschienen bei Ironhorde Games
Sprache: nur englisch
BastiBargeld, es geht los
Vorab für die Leute, die Solo grundsätzlich nicht interessiert: das Spiel ist offiziell ab 2 Spieler, voll kooperativ, daher ist mein 2händiges Solospiel absolut identisch zu einem normalen 2-Personen-Spiel.
Vorab für die Leute, die am Ende denken, oh das klingt nett: es tut mir super leid, aber das Spiel ist leider kaum zu bekommen. Meins hab ich in Finnland geordert und damit dort den Laden leer gekauft
Und dann noch vorab die Geschichte, wie ich überhaupt auf das Spiel aufmerksam wurde – interessiert sicher nicht jeden, daher als Spoiler
Wie so oft, war natürlich das Forum schuld. In einem Thread über Deckbuilder tauchte plötzlich ein Hinweis auf das Spiel „Direwild“ auf, das ich zwar schon mal gehört, mich aber nie näher damit beschäftigt hatte. Ein Blick auf die bgg-Seite: „ooooh, das Cover ist ja super schön, das schreit ja meinen Namen!“. Ein Blick auf die Spielkarten: „okay, ist mir egal was das kann, das ist ZU goldig, das muss ich haben!“ Kurz noch geprüft, ob solo geht und dann noch ein Solo-Let’sPlay bei youtube geguckt, und dann ging ich auch schon auf die Suche. Gebraucht nichts zu machen, bei amazon UK waren zwar welche da, aber das war mir zu unsicher mit dem Brexit-Versand, und so landete ich in Finnland. 12 Euro Versand, na komm, das kann man ja mal machen. Weiteres Nachforschen auf der Seite förderte dann zu Tage, dass man wohl besser mit DHL Express bestellen solle, da die Lieferung in Zeiten von Covid 19 dann schneller und zuverlässiger funzt. Schwupp – 24 Euro Versand. Hab dann den Shop zugeklickt, bin ja nicht bekloppt!
5 Tage später war es dann auch schon da… *pfeif*
Und, das sei verraten: ich hab es auch nicht bereut
Der Bericht wird sehr lang, daher habe ich ein paar Teile in Spoiler gepackt. Ansonsten bitte direkt zum Fazit scrollen - da das Spiel hier so unbekannt ist, wollte ich es einfach mal detailliert erklären.
Worum geht’s?
Als letzte Überlebende der alten Clans des Landes Direwild versuchen wir, den mächtigen Karn aufzuhalten, der versucht, alle Reste der alten Clans zur zerschlagen und zu vernichten, um die Herrschaft über das Land komplett an sich zu reißen. Dies gelingt ihm mit Hilfe seiner Untertanen (Minions), die durchs Land streifen und Unheil verbreiten. Und so stehen mal wieder wir als einsame Helden, gesegnet mit ganz unterschiedlichen Fähigkeiten, gegen die böse Übermacht. Uns zur Hilfe eilen von uns bezauberte Tiere des Landes, eines bunter, schräger, aber auch mächtiger als das andere. Unser gemeinsames Ziel ist die Zerstörung Karns – und, so viel sei schon einmal gesagt: das ist alles, alles andere als einfach.
Wie sieht’s aus?
Wenn man etwas mit der Illustration anfangen kann, überstrahlt die alles und ist das, was als erstes ins Auge fällt. Dutzende unterschiedlicher Kreaturen, herausragend bunt und witzig illustriert und alle mit einem kleinen, netten Kommentar versehen, purzeln uns entgegen.
Wobei das "purzeln" falsch ist, denn das Inlay ist zwar nicht mega hochwertig, aber sehr durchdacht, da hat alles seinen Platz. A propos alles hat seinen Platz: es gibt 5 Clans mit je 2 Helden, und jeder Clan bekommt seine eigene kleine Schachtel, in die man alle Materialien der Helden packen kann - sehr gute Orga! Es gibt noch 2 extra Schachteln, wenn man das Spiel zwischendurch speichern möchte. Die Karten werden durch Trenner sauber organisiert – das ist alles nur Pappe und nicht so ultra stabil, aber es reicht absolut aus.
Der stabile Hauptspielplan ist sehr groß und gut strukturiert. Alles hat seinen Platz – auch diverse Abagestapel. In der Mitte dann wird der eigentliche, kleine Dungeon-Plan ausgelegt, der doppelseitig vorhanden ist. Die Spielkarten sind qualitativ in Ordnung, die Heldentableaus aus dicker Pappe. Es gibt noch 4 kleine Hilfe-Boards zu den Spielephasen und den Icons, und hübsche kleine Standees für Helden und Bösewichte. Und 2 unspektakuläre Würfel, w3 und w6 Auf der Schachtelseite sind dann ebenfalls nochmal Spielphasen und Symbole abgebildet, das ist auch nicht so unpraktisch.
Es gibt zwei Regelhefte, eines nur für Grundlagen, Aufbau und Kapitelwechsel; das zweite dann für den Spielablauf. Beide sind sehr gut gegliedert, verständlich und lassen nur einige wenige Fragen offen, die sich manchmal aus Fähigkeiten im Spielverlauf ergeben, aber nichts dramatisches. Daumen hoch für die Anleitung! Super finde ich auch, dass es am Rande der jeweiligen Seite eine Kurzzusammenfassung des daneben lang erklärten Ablaufs gibt, so dass man zum Auffrischen immer nur den Rand lesen muss, und sich nur für Details dann richtig in die Seite reinwühlen.
Alles in allem muss ich sagen – ich habe (ohne den Versand) 60,00 Euro für das Spiel gezahlt, und ich finde, das ist es auch wert. Die Komponenten sind zwar nicht durchgehend allerhöchste Qualität, aber allein die vielen verschiedenen Kartenillustrationen und die schiere Menge an Spielinhalt in der Box machen das wett und auch direkt Lust auf das Spiel.
Wie funktioniert’s?
Wir spielen Direwild über 3 Kapitel. In den ersten beiden Kapiteln schlagen wir uns mit den Lakaien des großen Karn rum – und je nachdem, wie lange wir das jeweilige Kapitel spielen, auch schon mal mit Karn selbst. Wir reisen erst durchs Grasland und dann durch den Wald, dabei treffen wir immer stärkere Gegner, können aber auch wichtige (!) Schätze sammeln, um dann am Ende im eigentlichen Dungeon dem großen bösen Karn gegenüber zu stehen. Hauptmechanismus ist Deckbuilding, um hierbei mächtige Kombinationen zu finden und spielen zu können, es spielen aber auch taktische Kämpfe auf den kleinen Boards eine große Rolle.
Spielaufbau im Spoiler
Jeder bekommt einen Helden eines Clans und alle dazu gehörigen Bestandteile: Playerboard, 10 Startkarten, Magiekristalle, von denen 2 direkt als aktive Magie aufs Playerboard gehen, 1 Marker für die Ausdauer, 1 Standee. Die 2 Helden eines Clans (Vorder- und Rückseite des Playerboards) haben immer die gleiche Basisfähigkeit, und dazu zwei unterschiedliche magische Fähigkeiten, die durch Magie aktiviert werden müssen.
Der große Spielplan wird mit dem Landschaftsplan des aktuellen Kapitels und dann jeder Menge Karten bestückt: Schatzkarten, Wunden (davon 6 als sogenannte „Fatal Wounds“, diese dienen als Timer), Minions ( Level 1-4 plus Akolythen, Anzahl hängt an Spieleranzahl), Karn-Karten (15 x Karn, je nach Spieleranzahl Regenerationskarten).
Die Karnfigur kommt auf die Startposition ihrer Laufleiste, und 2 Minionkarten (bei 2 Spielern) kommen auf die Minion-Leiste, ihre Standees auf ihre Startpositionen auf dem Plan, die Heldenstandees kommen in den Wartebereich. Ausdauermarker für Karn und Minions auf 0. Dann noch die Kreaturen, das Herz des Spiels.
Der dicke Stapel gewöhnlicher Kreaturen verdeckt, 6 Karten (bei 2 Spielern) offen in die Auslage. Die Fortgeschrittenen-Kreaturen kommen verdeckt auf einen eigenen Stapel und werden mit Schloss-Karten (nach Spieleranzahl, 2 pro Spieler) gesichert. Daneben gibt es noch Verbesserungen, die man im Laufe des Spiels für alle Helden freischalten kann – damit darf 1 Karte zurück auf den Nachziehstapel, wenn man nicht gekämpft hat, man darf bei einer 1 nochmal würfeln, und, das beste von allem: man darf statt eines 3er einen 6er Würfel im Kampf werfen. Diese Verbesserungen sind ebenfalls mit 4 Schlössern gesichert und müssen in Reihenfolge freigeschaltet werden (also erst die Kreaturen, danach Verbesserung für Verbesserung).
Das klingt jetzt super aufwändig, ist es aber wirklich nicht, da die Box auch so gut geordnet ist. Es schreibt sich nur kompliziert
Exkurs: Helden, Fähigkeiten und Magie
Jeder Held hat ein kleines Heldentableau mit Ausdauerleiste (wird noch erklärt), Clan-Zugehörigkeit, dauerhafter Sonderfähigkeit und den beiden Magie-Fähigkeiten. Dabei gibt es von jedem Clan 2 Helden, aber man kann immer nur einen mit auf die Reise nehmen, da die Tableaus doppelseitig sind. Entscheidet man sich fürs Weiblein, muss das Männlein zuhause bleiben
Jeder Clan hat eine feste Sonderfähigkeit – einer vergiftet, ein anderer hat einen Flugeffekt (=Fernkampf), einer wird stärker, wenn er verwundet wird (Berserker, klar) u.ä. Ich hab noch nicht alle durchstiegen.
Dazu gibt es eine Fähigkeit, die man mit 1 Magie aktivieren kann, und eine, für die man 2 Magie braucht. Hierfür darf nur aktive Magie eingesetzt werden, also Magie, die man schon auf dem Heldentableau bunkern konnte. 2 Magie sind direkt zum Spielstart aktiv. Wichtig ist, dass man mit der Magiefähigkeit auch die anderen Helden unterstützen kann – z.B. kann der andere Held Karten abwerfen und neu ziehen, oder er vergiftet seine Gegner dann auch im Kampf. Und diese Magiefähigkeiten wiederum, ja die unterscheiden sich auch innerhalb des Clans, so dass die beiden Helden des gleichen Clans sich dennoch unterschiedlich spielen. Also: viel Abwechslung drin!
Allgemeiner Spielablauf
Auf die Unterschiede der einzelnen Kapitel gehe ich am Ende ein – im großen und ganzen sind die Abläufe in allen Kapiteln gleich.
Eine Runde gliedert sich in 4 Phasen.
Phase 1 – „Game Phase“
Schritt 1: Ausdauer-Marker von Helden und allen Gegnern um 1 Richtung 0 verschieben
Exkurs: Ausdauer
Jeder Held, jeder Minion und Karn selbst auch haben einen Track, der ihre Ausdauer anzeigt. Die aktuelle Ausdauer wird mit einem Holzmarker angezeigt. Der Track geht von -3 bis +3 und die Zahl, bei der der Marker liegt, zeigt den Modifikator für den Angriffswert im Kampf an. Heißt also: die Helden wollen wir im Plus, die Gegner im Minus Am Anfang jeder Runde rutschen alle Marker 1 Feld Richtung 0 zurück, egal ob aus der Minus- oder der Plus-Richtung. Heißt also wiederum, dass es wenig Sinn macht, alles dran zu setzen, einen Minion am Ende einer Runde auf -1 zu kloppen, denn der Wert resettet direkt wieder auf 0. Ein wichtiger Punkt, den man immer im Auge behalten muss. Wie und wodurch sich die Ausdauer im Laufe einer Runde verändern kann, erkläre ich später.
Schritt 2: Ziehen einer Gegner-Karte
Diese Karte bestimmt die Aktionen der Gegner.
Jede Karte bewegt als erstes einmal Karn einen Schritt auf seinem Track nach vorne. Wenn er irgendwann auf dem letzten Feld steht und sich bewegt, landet er auf dem Spielplan und greift ins Geschehen ein (und kann angegriffen werden).
Die Karte kann auch auslösen, dass einer der noch verdeckt liegenden Minions aufgedeckt und damit aktiviert wird. Diese Aktivierung hat dann wiederum Auswirkungen auf den nächsten Punkt auf der Karte: die Bewegung. Da will ich jetzt nicht soo detailliert drauf eingehen, letztendlich bestimmt die Karte, welcher Minion sich wie weit wohin bewegt. Verdeckte Minions laufen dabei nach einem vorgedruckten Muster auf dem Plan, aktive Minions steuern direkt auf den nächsten Helden zu. Manchmal steuern auch alle einen bestimmten, priorisierten Helden an, was übel ausgehen kann, wenn sie ihn in die Zange nehmen. Trifft ein Minion angrenzend auf einen Helden, wird er immer aktiv.
Exkurs: Minions
Minions gibt es in unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen, Maximum ist Stufe 4, und die sind wirklich happig. Auch Minions haben einen Ausdauer-Track, der ihre Angriffskraft beeinflusst, und verschiedene Sondereffekte im Kampf.
Wird ein Minion aufgedeckt, also aktiviert, treten u.U. „when revealed“ Effekte ein. Wird er verletzt, gibt es oft „when damaged“ Effekte. Minions haben unterschiedliche Basis-Angriffsstärken (je höher das Level, desto höher der Wert) und immer 3 Leben. Fügen wir ihnen 3 Schaden zu, kommen sie vom Plan. In Kapitel 1 und 2 gewinnen wir, wenn wir alle Minions töten. Erklärung zum Kampf folgt.
Die Akolythen, das sind die Minions im letzten Dungeon, haben etwas andere Werte und sind recht schwach, funktionieren aber akkurat wie die Minions davor. Sie müssen wir nicht töten, um das Spiel zu gewinnen, da zählt dann nur noch Karn.
Jede der Gegner-Karten erinnert uns außerdem daran, dass wir, sobald Karn selbst auf dem Spielplan unterwegs ist, Zeit verlieren. Denn jede Runde müssen wir dann eine Fatal Wound zu den normalen Wunden verschieben.
Exkurs: Fatal Wounds und Wunden generell
Am Anfang des Spiels legen wir 6 Wunden in den Bereich für „Fatal Wounds“ – ist am Ende einer Runde dieser Stapel leer und wir haben das Kapitel noch nicht gewonnen (also die Minions/Karn besiegt), verlieren wir sofort! Da wir keine Möglichkeit haben, diesen Stapel innerhalb eines Kapitels wieder aufzufüllen, ist es immens wichtig, ihn im Auge zu behalten. Lösen wir uns von einem Gegner (s.u.), müssen wir eine Fatal Wound zu den normalen Wunden verschieben; verlieren wir einen Kampf, müssen wir eine Fatal Wound nehmen (kommt in unseren Ablagestapel) und sobald Karn auf dem Spielplan unterwegs ist, verlieren wir jede Runde eine Fatal Wound, sprich: dann läuft der Timer los.
Wunden in unserem Deck sind einfach nur blinde Karten, die es verstopfen und uns nichts bringen, wenn wir sie auf die Hand ziehen. Extrem nervig, man sollte dann immer schauen, dass man auch Karten im Deck hat, die wiederum andere Karten zerstören oder zumindest ablegen können, damit wir keine tote Auslage haben.
Schritt 3: Spielerreihenfolge bestimmen
Hier müssen wir festlegen, wer in dieser Runde Spieler 1 und Spieler 2 (3,4) sein möchte. Ist ein bisschen fies, denn…
Schritt 4: Karten ziehen
… erst jetzt wissen wir, was wir diese Runde auf die Hand kriegen. Jeder zieht 5 Karten von seinem Deck.
Phase 2 – „Summon Phase“
Wir spielen alle vorher gezogenen Kreaturen-Karten in Spielerreihenfolge aus. Dabei ist es wichtig, auf die Sondereffekte der Karten zu achten, denn die beeinflussen sich gerne mal gegenseitig und werden sofort bei Auslage der Karte getriggert. Guter Zeitpunkt, um uns mal das Herzstück des Spiels anzugucken
Exkurs: Kreaturen-Karten
Alle Kreaturen haben einen Namen, ein (großartiges) Bild, oft eine Spezialfähigkeit, meistens einen Angriffswert, einen Einkaufswert (kann auch 0 sein), Kosten, und einen kleinen beschreibenden, meist recht lustigen Fluff-Satz aufgedruckt. Außerdem ist am Fuß fast jeder Karte nochmals etwas aufgedruckt, und zwar verkehrt herum, also auf dem Kopf stehend. Was das wohl bedeuten könnte, gucken wir uns später an.
Jeder Held hat in seinem Start-Deck 10 Karten – 8 Basiskarten (Kätzchen und Hundewelpen) und 2 Karten mit besonderen Clan-Fähigkeiten.
Die Kätzchen sind Karten, die man für erste Einkäufe nutzt, die Welpen nutzt man für erste Kampfversuche.
Die meisten der restlichen Kreaturen-Karten (die erstmal eingekauft werden müssen), egal ob gewöhnlich oder fortgeschritten, haben Sonderfähigkeiten, die in einem farbigen Textkasten aufgedruckt sind. Diese Sonderfähigkeiten können simpel sein („Ziehe 1 Karte“) oder etwas komplexer („Tausche diese Karte mit einer anderen im Ablagestapel eines beliebigen Spielers“, „Hast du ein Insekt in deinem Ablagestapel, ziehe 1 Karte. Ziehst du 1 Insekt, ziehe eine weiter Karte“). Manchmal beeinflussen sie auch den anderen Spieler, der dann Karten aus seiner Hand ablegen und neu ziehen darf.
Der weitere wichtige Wert der Kreaturen ist ihre Angriffsstärke – auch hier gibt es ganz einfache, die nur einen Wert aufgedruckt haben und fertig (je teurer die Karte, desto höher der Wert, wer hätte es gedacht), es gibt aber auch durchaus Werte, die man durch cleveren Deckbau beeinflussen und sich so mächtige Kombos bauen kann. So werden manche Kreaturen immer stärker, je mehr man sie mit bestimmten anderen „füttert“ (erklärt sich später) – dann muss man aber natürlich auch viel passendes auf der Hand haben, damit der Plan am Ende funktioniert!
Jede Kreatur hat ihren Preis, für den sie aus der Auslage eingekauft (hier: „bezaubert“) werden kann. Und sie hat selbst einen Wert, den sie für künftige Shoppingtouren mitbringt, wobei dieser auch durchaus 0 betragen kann. Natürlich versuchen wir beim Deckbau, am Ende möglichst teuer einkaufen zu gehen, das gelingt aber nicht immer. Es ist nicht soo einfach in diesem Spiel, hohe Einkaufswerte zu generieren, soviel sei schon einmal gesagt.
Am Ende der Summon Phase liegen also alle unsere Karten vor uns aus.
Phase 3 – „Charm Phase“
Schritt 1: neue Kreaturen bezaubern
Hier geht es also darum, unser Deck mit neuen Kreaturen aus der Auslage zu bestücken. Bei 2 Spielern liegen 6 Kreaturen aus, und man sieht auch immer die, die als nächstes in die Auslage wandert.
Wir zählen nun zusammen, wie hoch unser Einkaufswert ist, sprich: wie bezaubernd wir wohl sein mögen, und schauen, was wir uns dafür leisten können. Dabei können wir aber nicht nur in die Auslage investieren, wir können auch:
- für 1 Charm eine Kreatur der Auslage zerstören und die nächste in die Auslage legen – vielleicht gefällt uns die besser und wir können sie gleich kaufen mit unserem restlichen Charm
- 1 Charm mehr ausgeben, um die gerade bezauberte Kreatur nicht auf unseren Ablage- sondern direkt auf den Nachziehstapel zu legen (netter Kniff)
- für je 1 Charm Schlösser knacken – die stärkeren Kreaturen, ebenso wie die Sonderfertigkeiten, die wir für die Helden freischalten können, sind ja noch hinter Schloss und Riegel! Jedes Schloss ist 1 Charm wert und wir können so viele knacken, wie wir uns leisten können. So schalten wir (wichtig: in Reihenfolge!) erst die Kreaturen, dann die Fertigkeiten frei. Letztere geben uns weitere Boni, am wichtigsten ist natürlich der allerletzte: 6er Würfel statt 3er Würfel nutzen. Wir MÜSSEN diese Schlösser wegkriegen, da wir ansonsten keine Chance in späteren Kämpfen haben werden!
Schritt 2: eine (Angriffs-)Kreatur aus unserer Auslage zusammenbauen
Jetzt geht’s los! Ihr erinnert euch, dass auf allen Karten unten Symbole und Text auf dem Kopf stehen? Die kommen jetzt ins Spiel, denn nun bauen wir uns die eine, große Kreatur, mit der wir in den Kampf (meistens, nicht zwingend) gehen wollen. Wir suchen uns eine Basis-Kreatur aus – in den meisten Fällen die mit dem höchsten Angriffswert, es gibt aber durchaus auch Gelegenheiten, in denen mal eine andere die Basis bildet. Und unter diese stecken wir nun verkehrt herum alle anderen Karten, sodass wir den kleinen, vorher auf dem Kopf stehenden, Text jetzt lesen können. Dies sind Erweiterungen, und sie bringen uns ganz unterschiedliches – oftmals einen stärkeren Angriff, aber auch mehr Bewegung, Gift, Knockback oder die Möglichkeit eines Fernangriffs (kommt alles beim Kampf, s.u.). Am allerbesten sind aber natürlich die Beschreibungen – wer wollte denn z.B. noch nie einen fluffigen, schleimigen, schuppigen, treuen, geflügelten Eisbären bauen???
Hier gilt es jetzt, sinnvoll zu kombinieren, um uns am Ende mit einem fetten, aufgebohrten Tiergefährten an unserer Seite ins Abenteuer stürzen zu können!
Phase 4 – „Adventure Phase“
Schritt 1: Bewegung
Das erste, was wir Helden tun: wir latschen durch die Gegend. Aber Achtung: stehen wir zum Start der Phase neben einem Gegner, müssen wir uns von diesem erst aktiv lösen, wenn wir uns weg bewegen wollen, und das wiederum kostet uns eine Fatal Wound. Und ihr erinnert euch - keine Fatal Wounds mehr bedeutet: verloren!
Jeder Held hat erstmal 3 Bewegungspunkte, mit denen er sich Feld für Feld, nicht diagonal, nicht durch Mauern, über den Plan bewegen darf. Endet die Bewegung auf einem Schatz, dürfen wir eine Schatzkarte ziehen. Schätze sind IMMENS wichtig, es gibt deren 4 in Kapitel 1 und 2, also maximal 8 gesamt – und man sollte echt gucken, dass man alle davon erwischt!
Endet die Bewegung neben einem Minion, der noch nicht aktiviert ist, wird er sofort aktiv. Grundsätzlich gilt: stehen wir am Ende der Bewegung neben einem Gegner, müssen wir diesen auch bekämpfen. Stehen wir neben mehreren Gegnern, haben wir die A-Karte gezogen, denn bekämpfen können wir immer nur einen – der andere knallt uns automatisch eine Fatal Wound rein, ohne dass wir uns wehren können. Also obacht!
Zusätzliche Bewegungspunkte können wir durch unsere gebastelte Super-Kreatur erhalten, denn viele Erweiterungen bringen uns weitere Bewegung mit. Hier z.B. hätten wir insgesamt 6 Bewegung:
Schritt 2: Kampf
Soderle, da habt ihr doch alle drauf gewartet! Jetzt gibt’s auf die Nuss!
Grundsätzlich können wir angreifen, wenn wir neben einem Gegner stehen, doch natürlich wäre Direwild nicht Direwild, wenn es nicht auch hier noch einen Kniff gäbe: Flugangriff. Für jedes entsprechende Symbol (Feder), dass wir auf Heldentableau und/oder gebauter Kreatur vorweisen können, dürfen wir ein Feld entfernt angreifen. Hier also dürfen z.B. 4 Felder zwischen uns und unserem Gegner liegen:
Das besonders tolle daran ist, dass viele Gegner sich gegen Flugangriffe nicht wehren können – ergo: es ist egal, wenn wir verlieren, wir drehen einfach eine lange Nase und wenden den Besen! Und wir können über Mauern, Helden und andere Gegner hinweg angreifen. Davon abgesehen, dass wir nicht direkt neben einem Gegner parken müssen, was uns für die nächste Runde in eine bessere Ausgangsposition bringen kann. Also, Prädikat: sehr empfehlenswert!
Der Kampf selbst ist im Kern simpel: wir zählen alle Angriffswerte unserer Kreatur zusammen, also Basis + Erweiterungen, schauen ob unsere Ausdauer das irgendwie positiv oder negativ beeinflusst und würfeln dann – anfangs mit einem W3, später hoffentlich mit dem W6. Alles addiert ergibt unseren Angriffswert, der höher liegen muss als der des Gegners (der ebenfalls durch seine Ausdauer beeinflusst wird). Hier haben wir z.B. einen Angriffswert von 12:
Egal ob wir gewinnen oder verlieren: der Gegner wird nach dem Kampf erstmal abgelenkt, d.h. seine Ausdauer geht eins nach unten (allerdings nur bis zu einem bestimmten Feld, weiter kann man über Ablenkung nicht senken – wenn er da eh schon steht, passiert nix).
Verloren:
Fatal Wound nehmen und leise weinen.
Außerdem werden eventuelle Effekte getriggert (wie Gift), s.u.
Gewonnen:
Yippie!
Als erstes kriegt der Gegner eine Wunde – und hier wird es wieder richtig clever, denn diese wird durch inaktive Magie des Helden angezeigt, der den Schaden zugefügt hat. Hat der Held keine inaktive Magie, sondern nur aktive? Tja, schade, dann muss er davon eine nehmen. So ist immer dafür gesorgt, dass keiner seine Magie sinnlos hortet, sondern sie halt auch rausballert. Liegen so viele Wunden auf dem Gegner, wie er Lebenspunkte hat, wurde er getötet, und dann, ihr denkt es euch schon – gibt es die Magie, die darauf gesammelt wurde, als aktive Magie an die beteiligten Helden zurück! Und so kriegt man im großen und ganzen auch seine Magie wieder, es sollte sich also jeder an Kämpfen auch beteiligen!
Beträgt die Differenz zwischen den beiden Angriffswerten mindestens 5 Punkte, fügt der Held sogar kritischen Schaden zu – das gibt dann zwei Wunden, und die zweite Magie kann dann von irgendeinem Helden kommen, das kann man sich aussuchen.
Nun gibt es noch die Effekte, die nach einem gewonnenen Kampf abgehandelt werden (diese Effekte können auch die Minions mitbringen, wenn sie gewinnen):
Gift: für jedes Giftsymbol, dass man einbringen kann, senkt man den Ausdauerwert des angegriffenen Gegners um 1 bis aufs Minimum von -3.
Knockback: jetzt wird’s taktisch. Knockback schiebt den getroffenen Gegner in gerader Linie über den Spielplan, und zwar so viele Felder, wie man eben Knockback.Symbole vorweisen kann. Trifft er dabei auf eine Mauer oder den Spielfeldrand? Ja sehr gerne doch, das zieht direkt nochmal 2 Ausdauer ab. Trifft er einen anderen Gegner? Ja noch besser, das zieht nämlich bei beiden 2 Ausdauer ab (trifft aber auch zu, wenn er einen Helden trifft, also: uffbasse!)! Hier kommt es also tatsächlich auch darauf an, wie sich die Helden für den Kampf positionieren.
Hier hätten wir z.B. 4 Knockback und könnten 4 Felder schieben:
Schritt 3: Karten abwerfen
Damit ist die Runde zu Ende – sind alle Minions besiegt? Sehr gut, nächstes Kapitel!
Sind nicht alle besiegt, aber die Fatal Wounds sind alle? Schade, verloren!
In allen anderen Fällen: von vorne!
Ergänzungen
Kapitel
Das Spiel wird in 3 Kapiteln gespielt, die Minions werden dabei immer stärker, das dritte Kapitel findet in Karns Dungeon statt und Karn ist von Anfang an auf dem Plan – das bedeutet auch, dass wir nur 6 (in Worten: SECHS!!!) Runden Zeit haben, ihn klein zu hauen. Kapitelwechsel sind sehr unspektakulär – neue Minions, Ausdauer auf 0, Heldenkarten zusammen mischen, passenden Spielplan hinlegen (oder keinen Plan, das Dungeon ist aufgedruckt), 6 Fatal Wounds und noch ein bisschen Kleinkram. Das Spiel bringt für ein Save-System eigene Schachteln mit, falls das Spiel nicht aufgebaut bleiben kann.
Karn
Der Kampf gegen Karn funktioniert in den Grundzügen identisch zu den Minions – er hat einen Standard-Angriffswert von 15 und eine Ausdauerleiste, die diesen entsprechend modifiziert. Er ist nicht immun gegen Gift oder Knockback und kann entsprechend beeinflusst werden. Sein Leben allerdings wird durch einen Kartenstapel aus 15 Karten dargestellt. Erreichen wir einen höheren Angriffswert als Karn, wird die Differenz zwischen den Werten in Form von Karten abgelegt, die oberste abgelegte Karte wird umgedreht und teilt uns seinen Gegenangriff mit. Der kommt immer, und er ist immer, wirklich immer, ÜBEL. Minions heilen oder wieder beleben; sich durchs Dungeon beamen und Helden verschieben; Ausdauer von sich und Minions hoch pumpen – Karn kann alles.
Die Karte, die den Gegenangriff ausgelöst hat, wird danach zerstört, und so nehmen wir ihm Stück für Stück Lebenspunkte weg, denn – netterweise belebt Karn sich selbst zweimal wieder, und der Ablagestapel mit seinen Karten wird dann der neue Lebenspunkte-Stapel für ihn. Erst wenn wir den Stapel dreimal durchgespielt haben, ist er wirklich erledigt.
In meinem 2 bisherigen Versuchen war ich davon sehr weit entfernt. Man sollte am besten versuchen, in Kapitel 2 schon ersten Schaden auf Karn zu bringen, damit er nicht in voller Stärke in sein Dungeon einläuft, denn das in 6 Runden dann zu schaffen, ist ultraschwer.
Wie isses denn nun?
Direwild finde ich persönlich wirklich, wirklich gut. Es nutzt Mechanismen, die man nun wirklich gut kennt, macht aber etwas anderes, neues daraus, und bringt so viele kleine Kniffe mit, dass es absolut eigenständig existieren kann.
Kleinigkeiten ändern so vieles – z.B. kann ich 1 Charm mehr ausgeben, um meine neue Karte direkt auf meinen Nachziehstapel zu legen – wenn ich es denn will. Denn manchmal passt das grade gar nicht, oder aber man will den Charm dringend noch für ein Schloss raushauen.
Schadenspunkte durch inaktive Magie anzeigen und sie dadurch wieder aktiv machen – wie clever! Keiner bunkert sinnlos Magie, sondern nutzt die Fähigkeiten auch.
Dann natürlich dieses Zusammenbauen der eigenen Kampfkreatur – das macht so eine Laune! Ich hatte die Befürchtung, dass es durch den verkehrt herum stehenden Text fummelig wird, aber gar nicht – man hat die Symbolik schnell raus, und direkt lesen muss man da ja nix.
PRO:
- Innovative Ideen ergänzen bekannte Mechanismen
- Taktische kleine Kämpfe
- Herausragende Illustrationen mit passenden Texten (wenn man den Stil mag!)
- Hoher Wiederspielwert durch Massen an verschiedenen Karten und viele unterschiedliche Helden und Gegner sowie den hohen Schwierigkeitsgrad, der ebenfalls nochmal erhöht werden kann (schwerere Gegnerkarten liegen bei)
- Kartenkauf will gut geplant und überlegt sein
- Durchdachte Struktur und Ordnung sowohl in der Schachtel als auch auf dem Plan
- Gute Anleitung
KONTRA:
- Wenig Möglichkeiten, Karten aus dem eigenen Deck zu zerstören, um schwache auszusieben und den Zufallsfaktor zu reduzieren
- Helden kommen mir nicht sonderlich gut gebalanced vor – da wirken einige deutlich stärker als andere
- Schwierigkeitsgrad wirklich hoch – könnte mich eventuell frusten, aber noch hab ich Bock
- Spieldauer beim Spielen aller 3 Kapitel am Stück recht hoch – Speichersystem schafft hier aber Abhilfe
Direwild ist ein kleines Schätzchen, das mein Spieleregal für eine lange Zeit bereichern wird