Worüber wir sprechen, wenn wir über Spiele sprechen...

  • Nix für ungut, aber wenn ausgerechnet Herr Blennemann manche Spiele als "mechanisches und seelenloses Konstrukt" kritisiert, dann frage ich mich sofort, wie das zu seinen letzten Spielworxx-Veröffentlichungen Dilluvia Project oder Haitabu passt, die genau das für mich sind: ein mechanisches und seelenloses Konstrukt. Besser hätte man das nicht beschreiben können.

  • Nix für ungut, aber wenn ausgerechnet Herr Blennemann manche Spiele als "mechanisches und seelenloses Konstrukt" kritisiert, dann frage ich mich sofort, wie das zu seinen letzten Spielworxx-Veröffentlichungen Dilluvia Project oder Haitabu passt, die genau das für mich sind: ein mechanisches und seelenloses Konstrukt. Besser hätte man das nicht beschreiben können.

    Ehrlich gesagt, genau das habe ich auch gedacht, als ich das Video gesehen habe. Da passt was nicht übereinander.

    Spielerischen Gruß tief aus dem Westen

  • Und nur weil er etwas nicht besser macht/machen kann, darf er es nicht kritisieren? Er kritisiert natürlich die Autoren von haithabu und diluvia mit. Sein Vortrag sagt aber auch nicht aus, das solche Spiele nicht mehr verlegt werden sollen.

  • Eine Kritik wirkt etwas merkwürdig, wenn man selbst die Möglichkeit gehabt hätte, es besser zu machen. Als Verlagschef hat man doch selbstverständlich Einfluss auf die Spiele, die im eigenen Verlag erscheinen, und kann da an den entsprechenden Stellschrauben drehen.


    Oder ganz konkret: Warum wurde das Thema bei Dilluvia Project kurz vor Schluss noch auf so ein völlig beklopptes und dabei völlig aufgesetztes Thema mit propellergetriebenen fliegenden Städten geändert? (Aus dem ursprünglichen Unterwasser-Stadt-Setting hätte man meiner Meinung nach mehr machen können.) Und, viel schlimmer noch, warum gibt es nur die Ressourcen "weißes Würfelchen", "lila Würfelchen", "braunes Würfelchen", "schwarzes Würfelchen" ohne jegliche thematische Einbettung, für was diese Würfelchen eigentlich stehen sollen? Da ist dann ein Maß erreicht, wo auch mir als Eurospiel-Fan zu viel wird. "Mechanisches und seelenloses Konstrukt". Ja. Genau das. Wunderbar das eigene Spiel beschrieben, Herr Blennemann.

  • "Mechanisches und seelenloses Konstrukt". Ja. Genau das. Wunderbar das eigene Spiel beschrieben, Herr Blennemann.

    Mag sein (ich kenne Dilluvia nicht) - na und?


    Dennoch kritisiert Uli Blennemann genau das, was auch mir schon seit vielen Jahren mißfällt, und er hat meiner Meinung nach völlig Recht.


    Auch Ulrich Blum spricht mir aus der Seele - nur sein ständiges "wir" gefällt mir nicht, denn dazu gehöre ich schon lange nicht mehr ...


    Ich glaube nicht, daß jemand wirklich objektiv sein kann - alle Meinungen sind subjektiv.
    Natürlich gilt das auch für mich.

  • Alles richtig.
    Aber letztendlich entscheiden Verlage/Redakteure, ob ein Spiel verlegt wird. Und da interessieren nur Zahlen.
    Ich darf in letzter Zeit alle Proto´s des NSV testen. Und all sind irgendwie gleich.
    Und warum? Seit Qwixx wurde am Erfolg gerochen. Und mit The Game wurde ja auch fast ein SdJ daraus. Aber mich langweilt das langsam.
    Hier und anderswo zählt unter dem Strich nur Profit.
    Es stellt sich nur die Frage, wie lange wir Spieler das mitmachen bevor uns ein Verlagsprogramm langweilt?
    Oder anders ausgedrückt, wir haben es in der Hand das zu ändern. *Ironiemodus aus*
    Solange die breite Masse nach immer denselben Mechanismen schreit, wird diese Nachfrage wohl auch erfüllt. Das wir als Randgruppe (und seien wir ehrlich, das sind wir leider) das anders sehen, wird einen Redakteur nicht davon abhalten, einen sicheren Euro einem unsicheren vor zuziehen.



    Der Gernspieler
    (der versuchte Zeilenümbrüche weitestgehend zu vermeiden) :D

    Wenn immer der Klügere nachgibt, wird nur dummes getan!

  • Und mit The Game wurde ja auch fast ein SdJ daraus.

    Ich behaupte mal, für "The Game" war die SdJ-Nominierung schon das maximal mögliche Ergebnis und selbst die darf als Überraschung gewertet werden. Weniger wegen des Spiels an sich -- "Hanabi" hat schließlich gezeigt, dass ein kleines Coop-Kartenspiel sogar gewinnen kann --, sondern wegen der grafischen Aufmachung von "The Game", denn die ist ja komplett inkompatibel zur SdJ-Ausrichtung. Dazu muss ich mir nur mal vorstellen, wie die großen Kaufhäuser ein "The Game" SdJ mit großen Totenkopf-Plakaten bewerben würden. :evil: Da kommen 3D-Papp-Züge doch wesentlich besser an...


    SdJ ist eben zu einem nicht unwesentlichen Teil ein äußerst cleverer Deal zwischen Spieleherstellern und Massenmarkt-Spielehändlern zum beiderseitigen Nutzen...

  • Auch Ulrich Blum spricht mir aus der Seele - nur sein ständiges "wir" gefällt mir nicht, denn dazu gehöre ich schon lange nicht mehr ...

    Dass ein Autor auf einer Spieleautorentagung unter Autoren von "wir" redet, finde ich sehr nachvollziehbar. Du gehörst da als Nicht-Autor tatsächlich nicht dazu.


    Aber wieso fühlst du dich überhaupt durch ein "wir" angesprochen? Fühlst du dich auch dann von "wir" angesprochen, wenn ein Fußballspieler nach einem Spiel im Interview von "wir" redet und offenbar die Mannschaft meint?

  • Aber wieso fühlst du dich überhaupt durch ein "wir" angesprochen? Fühlst du dich auch dann von "wir" angesprochen, wenn ein Fußballspieler nach einem Spiel im Interview von "wir" redet und offenbar die Mannschaft meint?

    Haha! Ganz schlechtes Beispiel!


    Die Fans gehören mit zum Verein, zur Mannschaft - IMMER! Wenn ich über Bayer rede, dann rede ich von "uns". Wenn Schalker über ihr Team reden, dann sind sie sogar wichtiger als die Mannschaft. ;) Kleine Stichelei gegen Schalke, sry. :)


    Du hast exakt das Beispiel rausgegriffen, das deinen Punkt unterwandert.

  • Dass ein Autor auf einer Spieleautorentagung unter Autoren von "wir" redet, finde ich sehr nachvollziehbar. Du gehörst da als Nicht-Autor tatsächlich nicht dazu.

    Ich bin nach dem ersten Anhören davon ausgegangen, daß mit "wir" (fast immer) die Spieler gemeint waren, und nicht nur die (anwesenden) Autoren.
    Nach dem zweiten Anhören gerade bin ich noch immer weitgehend dieser Meinung. :)

    Aber wieso fühlst du dich überhaupt durch ein "wir" angesprochen?

    weil ich Spieler bin, wie wir alle ... ;)

    Fühlst du dich auch dann von "wir" angesprochen, wenn ein Fußballspieler nach einem Spiel im Interview von "wir" redet und offenbar die Mannschaft meint?

    nein, wie kommst Du nur auf sowas?
    oder wolltest Du mich einfach mal wieder ein wenig provozieren? :D


    Ich glaube nicht, daß jemand wirklich objektiv sein kann - alle Meinungen sind subjektiv.
    Natürlich gilt das auch für mich.

  • Dass ein Autor auf einer Spieleautorentagung unter Autoren von "wir" redet, finde ich sehr nachvollziehbar. Du gehörst da als Nicht-Autor tatsächlich nicht dazu.
    Aber wieso fühlst du dich überhaupt durch ein "wir" angesprochen? Fühlst du dich auch dann von "wir" angesprochen, wenn ein Fußballspieler nach einem Spiel im Interview von "wir" redet und offenbar die Mannschaft meint?

    Der Redner zitiert doch sogar nach seinem Exkurs in die "Literaturkritik" explizit verschiedene Beiträge aus dem Spielboxforum
    Ich bin dort nicht angemeldet, aber ich gehe mal ganz stark davon aus, dass dort nicht nur ausschliesslich Autoren angemeldet sind, die zitierten Beiträge ergo von ganz normalen Spielern stammen. Und damit schliesst er tatsächlich uns als Spieler ein.


    Wenngleich ich die Grundaussage - interessanter Vortrag hin oder her - auch wieder für stark über einen Kamm geschert halte.
    Ist ja nicht so, als ob sich 100% der Beiträge zu Spielen mit deren Mechanismen beschäftigen würden. Das mag vielleicht im Bereich der Eurogames zutreffen, aber unter Spieler verstehe ich auch Tabletop-Spieler, Rollenspieler, CoSim-Spieler, Ameritrash-Spieler, uswusf. Anstatt einen Eurogame-lastigen Vortrag mit noch mehr Eurogames auszustatten, hätte ich den Blick über den Tellerrand zu anderen Genres und die Frage, warum Thema/Story-Telling/Atmosphäre/wie-auch-immer-man-es-nennen-mag dort besser funktioniert, interessanter gefunden. So ist es ein interessanter Vortrag, der aber doch irgendwo in seiner eigenen kleinen Weltanschauung stecken bleibt.

    Wenn dir egal ist, wo du bist, kannst du dich auch nicht verlaufen.

  • Nicht jedes Spiel kann (und muss) ein Pandemie Legacy Erlebnis bieten... das macht "mechanische" Spiele wie Russian Railroads oder Burgen von Burgund, zumindest für mich, keinen Deut schlechter oder weniger Spielenswert. Wie (fast) immer: die Mischung machts (sonst dürfte man ja auch kein Stichspiel ala Wizard etc. mehr auspacken, da sind die Illustrationen ja auch nur eine optische Aufhübschung ohne thematische Einbettung, der Rest ist pure Mechanik).

    Hmm.
    Ich finde den Gedankenansatz sehr interessant, und durchaus verfolgenswert.
    Als Spieler jedoch suche ich in den meisten meiner Spiele das Puzzle - die Aufgabe, die es zu meistern gilt. Zwar führt mich ein interessantes Thema oder eine interessante thematische Einkleidung zum Spiel HIN, doch sobald es auf dem Tisch ist, spiele ich bei einem Spiel nicht mehr das Thema, sondern versuche, das Puzzle zu lösen. Welches da (für mich) sehr oft heißt: spiele so optimal wie möglich und besiege deine eigene Dummheit. Sobald das Spiel beginnt (das ist bei den meisten Spielen für mich der Fall), ist das Thema irrelevant. Ich sehe keinen Bauern, der sein Feld bestellt, keine Sklaven, die gerettet werden müssen, keine Planeten, die eingenommen werden. Ich sehe Siegpunkt-Potentiale.
    ...nicht, dass ich viel rechnen würde. Aber für mich mutieren Spiele auf dem Tisch zu abstrakten Ansammlungen von Mechanismen...

    In der Rollenspieltheorie kennt man Robin Laws Einteilung der Spieler in 7 Spielertypen:

    • Powergamer (optimiert seinen Charakter, indem er die spielrelevanten Werte erhöht, die dessen Fähigkeiten und Eigenschaften beschreiben),
    • Butt-Kicker (kämpft gerne),
    • Tactician (plant gerne),
    • Specialist (spielt gerne einen bestimmten Charaktertypen),
    • Method Actor (spielt seine Charaktere gerne aus),
    • Storyteller (möchte, dass eine gute Geschichte entsteht) und
    • Casual Gamer (Rollenspiel ist ihm eigentlich egal, Hauptsache, er ist mit den anderen Spielern zusammen. Sprich auch der Gelegenheitsspieler).

    Wobei jeder Spieler eine Mischung aus mehreren Typen ist (den 100%-Powergamer gibt es ebenso wenig, wie den 100%-Storyteller). Ein ideales Rollenspielabenteuer, so die Theorie, hat für jeden Spielertyp gleichermaßen was zu bieten.


    Auf Brettspiele übertragen: Euros wenden sich eher an den Powergamer und Tactician, während Ameritrash eher was für Butt-Kicker und Storyteller ist. Der Storyteller-Aspekt geht den meisten Euros halt völlig ab. Es stellt sich die Frage, ob auch ein Brettspiel im Idealfall alle Spielertypen bedienen sollte.

  • Ne, da hinkt die Analogie m.E. ein gutes Spiel bedient eine Teilmenge, in der nicht die ganz widersprüchlichen Typen versammelt sind.
    Z.B. sind Pandemie Legacy und TIME Stories nicht so erfolgreich, OBWOHL es auch Coop-Spiele sind, sondern WEIL - weil unter Storrytellern und Actors die (für sich) Optimierer seltener sind.


    Diese Behauptung bleibt zunächst unbewiesen.

    UpLive [bgg for trade] - einfach anschreiben, wenn Dich davon was interessiert!

  • Auf Brettspiele übertragen: Euros wenden sich eher an den Powergamer und Tactician, während Ameritrash eher was für Butt-Kicker und Storyteller ist. Der Storyteller-Aspekt geht den meisten Euros halt völlig ab. Es stellt sich die Frage, ob auch ein Brettspiel im Idealfall alle Spielertypen bedienen sollte.

    Im Idealfall.
    Wenn Du also DAS Spiel schaffen willst. Das ALLE toll finden.


    Aber warum sollte man das wollen? Wieso nicht Spiele für verschiedene Zielgruppen schaffen, wie es ja im Moment auch der Fall ist.
    Man muss als Konsument nur noch identifizieren, welche Spiele man selbst mag; bzw. zu welcher Kategorie man gehört - sofern eine so enge Einteilung möglich ist... ;)