Die Frage nach der Verantwortung ist eigentlich relativ schnell beantwortet, wann man sich von der normativen Perspektive löst, die hier immer wieder in den Argumetationslinien durchscheint. Anstatt die Sache von schwer fassbaren Idealen "moralisch" richtiger Verhaltensweisen anzupacken (also quasi von der Theorie ausgehend hierarchisch vom Allgemeinen aufs Spezielle herunter zu argumentieren), gehen wir es mal lieber von der Wirkung an und schließen so vom Speziellen auf das Allgemeine.1
Wer hat Verantwortung?2 Der, der Einfluss auf das Wohlergehen seiner Mitmenschen hat.
Wer hat Einfluss auf das Wohlergehen seiner -- wir unterstellen Willensfreiheit -- selbstbestimmte Mitmenschen? Der, der die Meinungen und somit Entscheidungen seiner Mitmenschen beeinflussen kann.
Kann nun ein Blogger3 die Entscheidungen seiner Mitmenschen beeinflussen? Grundsätzlich ja -- und hier kommen wir von einer Vorüberlegung endlich zur Beobachtung der realen Umwelt: Wir haben doch sicher schon beobachtet (sowohl an uns selbst als auch anderen), dass qualitative Betrachtungen -- von unverbindlichen Meinungsäußerungen bis hin zu "Rezensionen" im eigentlichen Sinne -- unsere Wahrnehmung eines Spieles beeinflussen. Das gilt natürlich nicht für jedes Individuum in gleichem Maße, aber dass dies geschieht, ist unbestreitbar und vermutlich sogar messbar. Ich erlaube mir an dieser Stelle, das Schlagwort "Meinungsmache" in den Raum zu werfen.
Wie stark kann nun ein Blogger die Meinungsbildung beeinflussen? Umso stärker, je mehr Menschen dessen Meinung zur Kenntnis nehmen. Ist eigentlich banal, aber ich behaupte, dass ein (linearer) Zusammenhang besteht zwischen der Anzahl der Menschen, die eine Meinung wahrnehmen und der Einflussnahme auf das öffentliche Meinungsbild. Wenn wir nun der oben dargelegten Argumentation folgen, so können wir praktisch Einflussnahme und Verantwortung gleichsetzen und kommen so zu folgendem Ergebnis: Ein Blogger trägt Verantwortung, und zwar in dem Maße, von wie vielen Menschen er wahrgenommen wird.
Praktisch veranschaulicht: Tom Vasel ist ein klassischer Meinungsmacher, denn er wird von sehr vielen Menschen wahrgenommen, die sich zwar nicht individuell im gleichen Maße, aber in der Summe von seiner Meinung beeinflussen lassen. Er trägt verhältnismäßig viel Verantwortung. Der unknowns-User Bierbart wiederum wird mit seinem Gesabbel nur von einer Handvoll Menschen wahrgenommen und trägt daher eine sehr geringe Verantwortung. Puh, da bin ich ja beruhigt.
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1 Uiuiui, jetzt begibt sich der Herr Bierbart doch ernsthaft und völlig ohne Not auf das dünnes Eis der Erkenntnistheorie. Ob das gutgehen kann???
2 Wer jetzt einen philosophischen Exkurs erwartet, der wird hier enttäuscht werden. Ist nicht mein Fachgebiet. Außerdem: Sobald wir etwas genau definieren wollen, gibt's mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Haarespalterei auf unknonws.de (das wiederum ist empirisch nämlich längst verifiziert, ha!). Über die Begrifflichkeit der Verantwortung haben sich allerdings bereits viele kluge Menschen den Kopf zerbrochen. Wer hier mehr Struktur möchte, der Artikel auf wikipedia-de ist schon mal nicht schlecht, denn wir sehen ooooh na sowas, da ist ein Spannungsfeld zwischen individueller Freiheit und Fürsorgepflicht gegenüber anderen? Sieh an, sieh an...
3 Wir dürfen dies allerdings nicht beschränken auf "Blogger", sondern müssen eigentlich jede Art der Meinungsäußerung berücksichtigen