Thematisch vs. Unthematisch: Welche Euros halten sich am Markt?

  • 'Thematische Euros' kenne ich eigentlich fast nur von Martin Wallace, der ja aber vor seinem Brass-Revival (und vielleicht auch jetzt noch) auch keinen Evergreen hatte.

    Age of Steam

    Das habe ich auch, würde es aber nicht zu den thematischen Euros zählen, da es ja trotz des ökonomischen Einschlags ein eher abstraktes Spiel ist (warum sollte man in Wirklichkeit versuchen, verschiedene Waren stets über eine längstmögliche Strecke zu liefern?). In einem Interview hat Martin Wallace vor nicht langer Zeit auch noch selbst beklagt, keinen einzigen richtigen - für ihn finanziell wirklich nachhaltigen - Evergreen produziert zu haben. Das liegt dann aber nicht nur an der relativen 'Nischigkeit' seiner Spiele, sondern auch an den vielen rechtlichen Problemen mit seinen Klassikern. Bei Age of Steam ist er ja mittlerweile nicht mal mehr als Autor/Designer gelistet. Der Erfolg von Roxleys Brass tut ihm da jüngst wohl ziemlich gut (auch wenn ich langsam das Gefühl bekomme, dass sich das negativ auf seinen Output neuer Spiele niederschlägt)

  • Trickerion, ja, es fühlt sich thematisch an

    Fühlte sich für mich eher "kaufmännisch" an vom Spielgefühl: Rohstoffe besorgen, Rezepte erfüllen und gegen Punkte tauschen.

    Also schönes, originelles Setting, aber das Setting geht nicht Hand in Hand mit dem Spielgefühl, daher für mich eher Paradebeispiel für "draufgeklatschtes Thema".


    Genauso wenig finde ich übrigens Spiele wie "Oben und Unten" thematisch, wo ich von tonnenweise Flavortext förmlich erschlagen werde. Das ist letztendlich nur "Fluff", wenn da mechanisch nix Aufregendes passiert, wenn es bei den kleinen Geschichten bleibt.

    Wie von Gead oben schön ausgeführt: ein Carcassonne ist locker thematischer als beide zusammen, obwohl es sich im Gegensatz zu den beiden anderen nicht mal Mühe gibt - im Sinne von "originelles Thema" oder "viel Flavortext". Es geht um Städtebau, und alles, was ich im Spiel mache, ist Städte bauen.

    Mein Blog (Illustrationen, Brettspieldesign, Angespielte Spiele)

  • Trickerion, ja, es fühlt sich thematisch an

    Fühlte sich für mich eher "kaufmännisch" an vom Spielgefühl: Rohstoffe besorgen, Rezepte erfüllen und gegen Punkte tauschen.

    Also schönes, originelles Setting, aber das Setting geht nicht Hand in Hand mit dem Spielgefühl, daher für mich eher Paradebeispiel für "draufgeklatschtes Thema".


    Genauso wenig finde ich übrigens Spiele wie "Oben und Unten" thematisch, wo ich von tonnenweise Flavortext förmlich erschlagen werde. Das ist letztendlich nur "Fluff", wenn da mechanisch nix Aufregendes passiert, wenn es bei den kleinen Geschichten bleibt.

    Wie von Gead oben schön ausgeführt: ein Carcassonne ist locker thematischer als beide zusammen, obwohl es sich im Gegensatz zu den beiden anderen nicht mal Mühe gibt - im Sinne von "originelles Thema" oder "viel Flavortext". Es geht um Städtebau, und alles, was ich im Spiel mache, ist Städte bauen.

    Carcassonne hasse ich halt einfach von der Spielmechanik her… :D


    Im Ernst, ich kann total nachvollziehen, was du mit Flavour meinst, welcher auch für mich bei Oben & Unten völlig zusammenhanglos draufgeklatscht wurde (wenn man das mit den 80er Jahre-Spielebüchern von Jackson und Livingstone vergleicht, sieht man, was da alles möglich wäre) - Ryan Laukat ist für mich aber halt auch eher ein guter Zeichner als Spielautor… ;)

    Schön, dass das andere genauso sehen, dass so manches Thema nicht wirklich passend wirkt! :)

    Einmal editiert, zuletzt von LeGon ()

  • Bei mir ist es sogar so stark ausgeprägt, dass ich versuche unthematisch Euros gar zu meiden. Beispielsweise #Merw - eigentlich ein guter Kandidat. Preis stimmt, Optik stimmt, Thema ist zumindest nett. Aber z.b. die Reihenfolge auf dem Rondell, die ist schlicht nur für die Mechanik da. Ganz gleich ob das gut funktioniert oder nicht zerbröselt dabei ein wenig der Spielspaß für mich.


    Für mich spielt Immersion eine sehr große Rolle und ich spiele Spiele lieber, weil sie mir das Gefühl geben etwas zu tun.


    Obendrein hilft es (bei guten Spielen) bei der Erklärung sehr, wenn alle Mechaniken einen thematischen Hintergrund haben.


    Die Grenze dabei ist allerdings fließend. So habe ich zB auch viel Spaß an Gaia Project, das ja doch relativ häufig schlicht nur mechanisch ist. Aber im Gros bin ich ganz klar Team Thematisch!

  • Aber im Gros bin ich ganz klar Team Thematisch!

    Ich bin Team "sei bitte ehrlich". Wenn du ein geiles Thema nimmst, dann mach auch was draus.


    z.B. bei den Zauberern von Trickerion: wenn du willst, dass ich mich wie ein Zauberer fühle, dann muss ich wenigstens einmal im Spiel etwas tun, wo meine Mitspieler sich staunend fragen "wie hat er das gemacht? wie ist das technisch möglich?" bzw zumindest wohlwollend rumrätseln, um den Trick nachzuvollziehen. Das ist, was das Thema "Bühnenzauberer wie in Prestige" für mich ausmacht, nicht "Magier" (Arbeiter) nutzen, um "Zutaten für Tricks" (Rohstoffe) zu besorgen, und dann "aufzutreten" (Zutaten gegen Punkte tauschen).


    (wie auch immer das mechanisch funktionieren soll... gefühlt eher mit versteckten Elementen und "einer gegen alle" wie Scotland Yard, worker placement halt überhaupt nicht)


    Da spiel ich wesentlich lieber ein ehrliches Azul, wo ich mir vom Thema genau gar nix erwarte, wo mir aber auch nichts versprochen wurde. Oder ein klassisches Mittelalter-"Aufbau & Handel für Ruhm"-Gedöns.


    Wenn ich Wettermaschinen bauen soll oder fliegende Inseln bereise, dann will ich mehr.

  • Ich denke ob ein Spiel thematisch ist, ist für die meisten sehr subjektiv. Meisten empfinde ich persönlich ein Spiel aber als thematisch, wenn die Mechanik gut eingebettet ist und Sinn macht. Arnak z.B. ist optisch echt Schick aber die Tempelleiste hat ja wenig mit Erkunden zu tun, da man ja sieht was man bekommt. Das ist für ein Strategiespiel natürlich wichtig, für die Thematik aber schlecht. Wie gut wird also die Mechanike narrativ rübergebracht?

    Ein Begriff aus dem Videospielbereich ist die Ludonarrative Dissonanz und die gibt es meines Erachtens nach auch bei Brettspielen. Wenn ich z.B. Area Control spiele, dass thematisch im Mittealter angesiedelt ist, ich aber Mechaniken drin habe, mit denen ich quasi mehrere Einheiten in die Luft sprengen kann durch Flächenschaden, dann wirkt das unthematisch und es entsteht ein Bruch. Viele Brettspieler stört das allerdings nicht, was vollkommen ok ist. Macht ein Spiel aber für mich sehr unthematisch.

    Ein Beispiel sind Rosenberg Spiele. Wenn sich die Tiere vermehren und die Pflanzen wachsen. Macht spielmechanisch total Sinn, um den Verwaltungsaufwand zu minimieren. Das Weizen aber genauso lange braucht zum wachsen, wie ein Kürbis oder die Fortpflanzung vom Rind, ist aber irgendwie unlogisch.

    Ich stimme da dem Dude auf jeden Fall zu und bin auch der Meinung, dass sich ein Lacerda einfach länger hält, als ein Agricola. Das hängt aber damit zusammen, dass Lacerda und Mindclash wirklich die Thematik von Anfang an in den Designprozess mit einfließen lassen. Bei Feld oder Rosenberg, merkt man halt, dass die Mechaniken in einem Prototypen entwickelt wurden und dann überlegt wurde, welches Thema man draufklatscht.

    Umgekehrt gehts aber auch. im Avatar Film wurde ja auch erst die Welt erschaffen und modelliert und dann die Story draufgesetzt, weshalb der Film zwar Bombe aussieht, die Story aber 0815 ist.

  • Bei Feld oder Rosenberg, merkt man halt, dass die Mechaniken in einem Prototypen entwickelt wurden und dann überlegt wurde, welches Thema man draufklatscht.

    Feeld ja. Rosenberg nein. Der Prototyp von Hallertau(zB.) hatte schon von Anbeginn an genau dieses Thema

    Ich gebe hier, auch wenn ich es im Text nicht explizit erwähne, immer meine persönliche Meinung wieder.

  • PeterRustemeyer Naja, Magier sein hat halt viel mit Arbeit zu tun. Da ist hinter den Kulissen vermutlich wenig "Zauber" los. Aber ich verstehe schon auch, was Du meinst. Deswegen hab ich weiter oben ja geschrieben, dass die Definition von "thematisch" offenbar wichtig ist, denn hier hat ja jeder eine leicht unterschiedliche. Bei Trickerion fühle ich die Immersion - dass ich der Zauberer bin, der immer neue Tricks erfindet und damit sein Publikum zum Staunen bringt (=fame).

    Dem gegenüber hab ich das bei Carcassonne nicht - da geht es ja auch nicht zwingend um Städtebauen - meine Exfreundin hat mich vor 20 Jahren schon unendlich gehasst, weil ich ihre schönen Städte entweder immer kaputt gemacht habe (indem ich so gelegt habe, dass sie die Stadt nicht vollenden konnte) oder mich fies eingezeckt habe und die Punkte für mich beansprucht.


    "thematisch" heißt für mich also offenbar auch: "Ist das, was ich aktiv im Spiel tun muss, um zu gewinnen, auf einer Linie mit dem Thema?". Das ist bei Carcassonne irgendwie nur halb der Fall - bei Trickerion passt es für mich - und bei Lisboa vollends. Das kann ich - da hat PowerPlant auch recht - z.B. fast komplett erklären, indem ich einfach die Geschichte der Flutkatastrophe erzähle. Mit Ausnahme der Edikte (und bei Vinhos die Magnat tiles) ist alles im Spiel auf das Thema ausgerichtet.

    Aber wie gesagt: Da gibts offenbar u.a. eine individuelle Definition

  • Thematisch ist ein Spiel für mich, wenn seine Mechaniken "aus dem Thema fließen", im Thema ihren Grund haben. Das dürfte am besten dann funktionieren, wenn die Mechanik entwickelt worden ist, um das Thema umzusetzen.


    Sehr schön lässt sich das z.B. bei Ruhrschifffahrt sehen. Das ist ein Spiel, das entwickelt worden ist, um einen Abschnitt der Geschichte des Kohlebergbaus im Ruhrgebiet in einem Spiel lebendig werden zu lassen. Da findet sich z.B. der Mechanismus, dass die Qualität der transportierten Kohle abnimmt, wenn das Transportschiff über ein Hindernis im Fluss fährt. Das gibt die historische Wirklichkeit zwar nicht 1:1 wieder, weil in der Zeit vor dem Schleusenbau die Ruhraaken nicht über Hindernisse im Fluss wegfahren konnten, vielmehr wurde die Kohle von dem Schiff, das sie bis zum Hindernis gebracht hatte, in ein hinter dem Hindernis bereitstehendes weiteres Schiff umgeladen. Bei diesem Umladen entstand durch Reibung der Kohle aneinander Kohlenstaub und verringerte sich die Menge der Kohlestücke. Ein anderes Beispiel ist die Einschränkung der Schiffbarkeit der Ruhr im Sommer bei Niedrigwasser, was sich ebenfalls im Spiel wiederfindet.

    Das Spiel mag Ecken und Kanten haben, eben weil es nicht bis zur Unkenntlichkeit des Themas mechanisch "gestreamlined" ist, aber gerade deswegen finde ich es gut.


    Wirklich thematische Spiele jenseits von Fantasy und SF dürften es am Markt schwer haben, sich zu halten, vielleicht weil sie ein wenig "speziell" sind. Das sieht man etwa bei Ruhrschifffahrt (das eine amerikanische Neuauflage hatte, die aber auch schon oop ist), wie etwa auch bei Lost Valley (das ebenfalls eine amerikanische Neuauflage hatte), und auch bei Snowdonia, dessen deutsche Ausgabe es bei Lookout auch nicht mehr gibt.


    Thematische Spiele im Fantasy-Bereich haben es vermutlich leichter. Monsterkloppen geht immer, Magie erlaubt sowieso alles.


    Nicht thematische Spiele, die aus meiner Sicht in Wahrheit abstrakte Mechanikensammlungen sind, die mehr oder weniger gut funktionieren, aber nicht "leben", sind da vielleicht zeitloser, halten sich aber trotzdem nicht unbedingt länger.


    Dauerbrenner wie Monopoly, Risiko, Catan, Carcassonne, beweisen durch ihren Markterfolg nicht, dass sie bessere Spiele sind, egal, ob thematisch oder nicht, sie zeichnen sich aber durch Zugänglichkeit und dadurch aus, dass sie irgendwie einen Nerv treffen.

    Spielerische Grüße Ernst-Jürgen


    TOP 10: 1. Viticulture - Compl. Coll. Ed., 2. Martians - A Story of Civilization, 3. Scythe, 4. Anachrony, 5. Snowdonia: Deluxe Master Set, 6. Räuber aus Skythien, 7. Age of Industry, 8. Nieuw Amsterdam, 9. Siedler von Catan - Entdecker&Piraten, 10. Alubari - A nice cup of Tea

  • Ich kenne eigentlich keine thematischen Euros, die sich wirklich lange gehalten haben.

    Dungeon Lords, Dungeon Petz, Fresko, Lords of Waterdeep dürften noch gut Anklang finden und dürften thematisch sein, oder?

    Einmal editiert, zuletzt von Mahmut ()

  • ...und auch hier dürften die Meinungen subjektiv auseinander gehen: Ich persönlich mag Dungeon Petz, Dungeon Lords, Fresko sehr gerade auch durch die Verknüpfung von Thema + Mechanik. Lords of Waterdeep hat mich dagegen null abgeholt: Das war Aufträge in Siegpunkte tauschen, mehr nicht.


    Ich denke übrigens, dass sich Spiele insbesondere dann länger auf dem Markt halten können, wenn das Gesamtpaket stimmt: Aufmachung, Zugänglichkeit der Regeln, interessante Mechaniken die in vielen Gruppen funktionieren und dort immer wieder den Weg auf den Tisch finden. Das kann je nach Runde Just One oder Tzolkin sein.

  • Spiele sind ja eben keine 1:1-Abbildungen der Realität und sollen es auch gar nicht sein. Versucht man das, wird das Spiel hochgradig unelegant, weil bei jeder Spielentscheidung die 1000 unwägbaren Faktoren des wirklichen Lebens zum Tragen kommen. Im Falle des von Ernst Juergen Ridder erwähnten Ruhrschifffahrt kämen dann noch so Dinge dazu wie tagesaktuelle Wetterlagen, Erkrankungen der Schiffscrew oder ein demoralisierter Kapitän, dessen Mutter gerade krank zuhause liegt.

    Wenn man aber innerhalb dieser Abstraktion immer noch das Gefühl hat, das zu tun, was das Spiel behauptet, was man tun würde, dann ist es wohl für einen selbst thematisch. Ganz offensichtlich gilt das ja nicht für alle, wie man im Beispiel Lords of Waterdeep sieht (das ich persönlich auch nicht als thematisch beschreiben würde. Dafür sind mir die Questen und die Abenteurermeeple zu abstrakt. Ich mag es dennoch sehr gerne).

  • Monopoly zehrt vor allem von seinem Bekanntheitsgrad und der Tatsache, dass es in Gemischtwarenläden schlicht wenig Alternativen gibt, die eigentliche Korrelation von Spielerlebnis und Verkaufszahl ist mE null kausal bedingt.

  • An welches Spiel denkst du dabei z.B. - jenseits von 3,5 BGG Complexity Ratings empfinde ich die meisten Euros als thematisch...


    Generell gesagt thematisch ist subjektiv - für mich fühlt sich Arkwright thematisch an alleine wegen der Kopplung von der Nachfrage nach Luxusgütern an den Beschäfigungsgrad der Bevökerung, dadurch dass Werbung und Qualität die Verkaufszahlen beeinflussen, dass Risiken Anleger abschrecken etc. - dagegen stehen für mich irgendwelche "Story driven games" oder Dungeon Crawler bei denen man da sitzt, eine semi spannende Geschichte sehr langsam durchkaut und ständig irgendwelche Verwaltung macht oder irgendwas auswürfelt... das ist halt null thematisch für mich, aber ich persönlich sehe auch Brettspiele als falsches Medium an um Geschichten zu erzählen, zumindest nicht in diesem Sinn...


    Natürlich gibt es abstrakte Euros, dafür wäre mein Lieblingsbeispiel Luna - ich hatte das Spiel damals immer erklärt ohne irgendwie auf das Thema einzugehen. Ich fand das Thema auch irgendwie sinnlos und extrem aufgesetzt in dem Spiel, noch mehr als bei anderen Feld Spielen...


    Und um das Thema korrekt zu besprechen wäre es sinnvoll zu definieren ob am Markt halten an Verkaufszahlen oder an Plays geknüpft wird...

    Ausstehende Spiele KS/Spieleschmiede/Vorbestellungen: 11
    Ausstehende Erweiterungen KS/Spieleschmiede/Vorbestellungen: 4
    Spiele Gebackt/gekauft 2022: 3
    Erweiterungen gebackt/gekauft 2022: 2
  • matthias19281 um im letzten Jahr zu bleiben: Boonlake, Bitoku, Golem und Messina sind alle recht unthematisch. Sie sind auch nicht völlig seelenlos, aber Golem ist eigentlich nur ein Leistengeschubse - und bei Boonlake ist mir immer noch nicht ganz klar, WAS man da überhaupt tut. Messina ist zwar historisch korrekt eingeordnet, aber das hin- und rückführen der Bürger*innen aus und vor allem IN eine Stadt, in der die Pest immer noch herrscht, ist absurd. Bitoku bemüht sich zwar krampfhaft, alles mit Namen zu versehen - aber die Aktionen im Spiel sind wieder doch recht unthematisch.

  • Ich hab am Wochenende Russian Railoads kennen lernen dürfen, das in letzter Zeit ja vielerorts hoch gelobt wird. Ich mag Worker Placement, ich mag an sich Eisenbahnspiele. Aber das Spiel war ja wirklich komplett umthematisch und irgendwie seelenlos. Man rückt einfach leisten hoch, man hätte ein weißes Blatt Papier nehmen können, Kästchen drauf malen und mit Holzwürfel darüber rücken, es wäre exakt das selbe Spiel und würde exakt genau so gut oder schlecht funktionieren. Mechanisch funktioniert das Spiel keine Frage, man kann da auch sicher optimieren und verschiedene Strategie fahren, aber das Spiel hat mich wirklich kein Stück überzeugt.


    Um das mal auf's Thema zu bringen: ich glaube ich persönlich kann mit komplett umthematisch Euros in vielen Fällen nichts anfangen, auch wenn ich Praga Caput Regni nicht als super thematisch bezeichnen würde und mir das gefällt. Aber da Russian Railroads auf BGG auf der 101 steht und Ultimate Railroads viel gefeiert wird, scheinen sich auch umthematisch Euros lange am Markt zu halten.

  • Und um das Thema korrekt zu besprechen wäre es sinnvoll zu definieren ob am Markt halten an Verkaufszahlen oder an Plays geknüpft wird...

    Ein Spiel, das oft gespielt wird, aber nirgends mehr zu kaufen ist, weil es kein Verlag mehr im Sortiment hat, hat sich recht offensichtlich nicht am Markt gehalten. Insofern kann sich dieser Begriff IMHO nicht an den "Plays" orientieren.

  • Und um das Thema korrekt zu besprechen wäre es sinnvoll zu definieren ob am Markt halten an Verkaufszahlen oder an Plays geknüpft wird...

    Ein Spiel, das oft gespielt wird, aber nirgends mehr zu kaufen ist, weil es kein Verlag mehr im Sortiment hat, hat sich recht offensichtlich nicht am Markt gehalten. Insofern kann sich dieser Begriff IMHO nicht an den "Plays" orientieren.

    Das scheint mir überhaupt ein nicht so seltener Fehlschluss zu sein.


    Aber mal eine Frage an jemanden, der das ja vielleicht weiß:


    Angenommen ein Verlag überlegt, ob er eine neue Auflage/einen Nachdruck rausbringen will. Überprüft der z.B. anhand von BGG "Plays this month", ob ein Spiel, das schon einige Zeit oop ist, aktuell immer noch viel gespielt wird, so dass es vielleicht einen Markt für einen Nachdruck pp geben könnte?


    Ich habe keine rechte Vorstellung davon, woran konkret ein Verlag seine Einschätzung von Marktchancen wirklich orientiert. Oder ist das einfach nur Erfahrung/Bauchgefühl/Hoffnung?

    Spielerische Grüße Ernst-Jürgen


    TOP 10: 1. Viticulture - Compl. Coll. Ed., 2. Martians - A Story of Civilization, 3. Scythe, 4. Anachrony, 5. Snowdonia: Deluxe Master Set, 6. Räuber aus Skythien, 7. Age of Industry, 8. Nieuw Amsterdam, 9. Siedler von Catan - Entdecker&Piraten, 10. Alubari - A nice cup of Tea

  • Angenommen ein Verlag überlegt, ob er eine neue Auflage/einen Nachdruck rausbringen will. Überprüft der z.B. anhand von BGG "Plays this month", ob ein Spiel, das schon einige Zeit oop ist, aktuell immer noch viel gespielt wird, so dass es vielleicht einen Markt für einen Nachdruck pp geben könnte?

    Du meinst den Relaunch eines Spiels, also nicht den Nachdruck einer x-ten Auflage eines Spiels, welches der Verlag schon im Sortiment hat!? (Letzteres wird im Prinzip nur nach den letzten Verkaufszahlen und vorliegenden Nachbestellungen entschieden.)

    Bei einem Relaunch dürfte - wenn überhaupt - eher die Anzahl der Nennungen bei "Wishlist" oder "Wants" interessant sein als die Zahl der "Plays". Und selbst dies dürfte nur eine sehr untergeordnete Rolle spielen - soll heißen, man schaut vielleicht mal kurz auf die Zahlen drauf, aber wirklich entscheidend sind solche Zahlen nicht, weil BGG für die meisten Märkte nicht repräsentativ ist.

    Ich persönlich bin eh der Meinung, dass der Relaunch eines Spiels in mehr als 90% der Fälle floppen wird.

  • Thygra Vermutlich bekommt man als Normalo nicht so viele Relaunches mit - die, die ich gesehen habe, waren durchaus erfolgreich - MahaRaja auf KS jedenfalls, Great Western Trail wird auch sehr positiv aufgenommen.

    Aber die Grenze zwischen Relaunch und einfach einer zweiten Edition ist manchmal auch nicht ganz gut erkennbar, weil man ja bisweilen gar nicht weiß, ob z.B. "A study in emerald" oop war, als die 2nd edition gedruckt wurde. Und bei manchen wüsste ich gern, wie erfolgreich sie wirklich waren. Die neue Version von Tikal z.B. ist echt schön - aber man hört so gar nichts davon.


    Im Allgemeinen geb ich dir recht. Spiele, die vom Markt verschwinden, tun das in der Regel nicht ohne Grund. Bei der Menge an Spielen in jedem Jahr auch kein Wunder.

  • Great Western Trail ist für mich kein Relaunch. Das Spiel war ja (fast) durchgehend im selben Verlag verfügbar, ohne dass die Rechte zwischendurch gewechselt haben.

    André Zottmann / Thygra Spiele - u. a. viel für Pegasus Spiele tätig
    Ich gebe hier generell immer meine eigene, ganz persönliche Meinung von mir.

    2 Mal editiert, zuletzt von Thygra ()

  • Great Western Trail ist für mich kein Relaunch. Das Spiel war ja (fast) durchgehend im selben Verlag verfügbar, ohne dass die Rechte zwischendurch gewechselt haben.

    Für einen Relaunch muss ein Produkt nicht zwangsläufig OOP sein und kann weiterhin im selben Verlag erscheinen. Ein Verlagswechsel dürfte in aller Regel einen Relaunch bedeuten (u. a. Anpassung an das andere Erscheinungsbild). Great Western Trail ist doch geradezu ein Paradebeispiel für einen Relaunch: Die Neugestaltung und Überarbeitung der Regeln sind zwei wesentliche Merkmale dafür.

    Aber die Grenze zwischen Relaunch und einfach einer zweiten Edition ist manchmal auch nicht ganz gut erkennbar

    Die zweite Edition (bei GWT) kann hier synonym verwendet werden und steht dazu nicht im Widerspruch. Das Marketing zu dem Spiel ist dabei kein bloßes „Aufwärmen“ bzw. Wiederholen von bekannten Werbemaßnahmen. Denn die Ankündigung, dass das Spiel den Auftakt zu einer Reihe markiert, ist ein starkes Verkaufsargument, um neue Käufer zu gewinnen, aber auch um das Spiel für die Fans (die das Original bereits besitzen) erneut interessant zu machen.


    Beim weiter oben schon erwähnten Klassiker Carcassonne gab es zum 20-jährigen Jubiläum eine neugestaltete und erweiterte Jubiläumsausgabe und das bereits zum dritten Mal komplett neu gestaltete Grundspiel. Beides sind ebenfalls Relaunchs, die der Markenpflege dienen.

    Einmal editiert, zuletzt von Gead ()

  • Für einen Relaunch muss ein Produkt nicht zwangsläufig OOP sein und kann weiterhin im selben Verlag erscheinen.

    Das mag sein, dann definiere ich den Begriff für mich wohl einfach nur anders als du.

  • Aus meiner Sicht verläuft der Thread in eine falsche Richtung. Es ging nach meinem Verständnis darum, was sich lange auf dem Markt hält und was nicht. Dafür hilft es aber kein bisschen weiter, wenn hier jeder nur schreibt, was er persönlich gut findet bzw. lieber mag.

    Die eigentliche Frage ist also: Welche thematischen Euros halten sich über Jahre auf dem Markt? Und welche unthematischen Euros halten sich über Jahre auf dem Markt?

    Und was ist jetzt thematisch? Du kannst ein subjektives Attribut ja nicht so anwenden, wie du dir das jetzt objektiv wünscht.


    Wenn ich oben lese, Arnak wäre thematisch, lach ich mir den Arsch ab. Ich finde es überhaupt nicht thematisch.


    Und selbst wenn wir jetzt einige thematische Euros finden, die sich lange halten, hat das rein gar nichts zu bedeuten. Es könnte daran liegen, dass genau diese Spiele z.B. besonders variabel sind und das geliebt wird, sie eine bessere Anleitung haben oder sehr zugänglich sind.


    Klar, wir können uns darüber jetzt viele Seiten drüber unterhalten, was wir hier ja alle lieben, zielführend ist das aber nicht.


    Ansonsten hat ode. aus meiner Sicht alles relvante dazu gesagt.

  • Spannendes Thema!

    Für mich ganz einfach, ohne Thema habe ich gar kein Interesse, ist dieses nicht sinnvoll in die Spielmechanik integriert, ist dies ein weiteres Ausschlusskriterium. Auf mich bezogen überleben thematische Euros also länger, wie das in der Realität aussieht, keine Ahnung.


    Beispiele

    - Brettspiel Arnak: Sieht thematisch aus, jedoch hatte ich zu keinem Zeitpunkt das Gefühl das zu tun, was mir thematisch suggeriert werden möchte, das Spiel ist bei mir komplett durchgefallen

    Videospiel Generisch: Man bewegt sich in einer Open World und "entwickelt" sich zu einem Anführer, baut den Widerstand auf um die Unterdrücker zu bekämpfen. In den ersten 20min erstellt man seinen Charakter und macht seine ersten Schritte in der Welt, weder kennt man irgendwelche Personen, noch hat man Persönlichkeiten erstellt, oder Beziehungen entwickelt.

    5min später befreit man 2 Gefangene beim Erforschen der Welt und erschießt im Dorf nebenan alle Peiniger. 30s später "spawnen" Anhänger des Widerstands aus dem Nichts und sprechen deine Spielfigur mit Boss/Chef/Whatever an und sind bereits bis an die Zähne bewaffnet.

    Spätestens ab hier habe ich jedes Interesse verloren, egal wie gut die Geschichte drum herum gebaut wurde, da die Spelmechanik/Welt komplett versagt hat. Eines der Gründe, wieso ich reduzierte Spiele mag.

    Ein thematisch starker Euro ist toll, das Grundgerüst muss dies für mich jedoch auch tragen können. Habe jedoch das Gefühl da eher eine Ausnahme zu sein, denn das Beispiel des Videospieles oben, ist eine sehr bewährte, bekannte und auch unheimlich beliebte Reihe, welche sich hervorragend verkauft ohne das Rezept groß zu ändern. Und soweit ich weiß, ist auch Arnak beliebt, finde ich persönlich jedoch schlechter als Catan, welches thematisch für mich besser umgesetzt wurde.

    Wenn ich mir die Beiträge zu Trickerion durchlese, bekomme ich wenig Lust das Spiel auszuprobieren, da ich beim Lesen des Regelswerk, sichten des Spielbretts etc das selbe Gefühl bekam.

    Jeder von uns ist anders, wir haben sicherlich alle unterschiedliche Ansichten darüber, was unter thematischer Euro gemeint ist, und wieso es länger im Regal überlebt als andere Titel :)

  • Und selbst wenn wir jetzt einige thematische Euros finden, die sich lange halten, hat das rein gar nichts zu bedeuten. Es könnte daran liegen, dass genau diese Spiele z.B. besonders variabel sind und das geliebt wird, sie eine bessere Anleitung haben oder sehr zugänglich sind.

    Da bin ich ganz deiner Meinung. Aus diesem Grund sowie aus weiteren Gründen hatte ich ja initial abgelehnt, mich an einer solchen Diskussion zu beteiligen, siehe hier (sowie die 3 Beiträge davor):

    André Zottmann / Thygra Spiele - u. a. viel für Pegasus Spiele tätig
    Ich gebe hier generell immer meine eigene, ganz persönliche Meinung von mir.

    Einmal editiert, zuletzt von Thygra ()

  • Bei mir muss erstmal die Mechanik stimmen. Wenn die Grafik dann gut bis neutral ist umso besser.Wenn es dann Thematisch noch gut eingeflochten ist das Bonus.



    Thematisch kann ja vieles sein aber wenn es "nur" ein thematisch gutes Spiel wäre würde ich es sofort wieder verkaufen. Wenn das Spiel hübsch aussieht aber das Thema überhaupt nicht in die Mechanik mit einbaut dann ist das auch total daneben finde ich. Seis drum, wenn die Mechanik Lust auf mehr macht, dann schaue ich gerne darüber hinweg.


    Beispiele:
    Thema nebensächlich, Grafik neutral bis urgh... , Mechanik Super, immer wieder interessant und fordernd: Gaia Project.


    Grafik gut bis ok , Thematisch alles sehr gut bis auf ein paar Mechaniken. Mechanik gut -> Viticulture. Leider gibt es Mechaniken die das Thematisch echt kaputt machen können aber naja ist halt ein Brettspiel.


    Thema super, Mechanik ok bis gut, Thema in der Mechanik null vorhanden oder wtf warum ist das überhaupt so gemacht: Fireteam Zero


    Thema nur Grafisch so richtig vorhanden, Mechanik macht einfach nur funny laune dauerhauft belohnt zu werden.: Rajas of the Ganges the Dice Charmers.



    Mechanik>Thema>Grafik.

    Meine BGG Sammlung

    Meine aktuelle Top 10:

    1 Starcraft: Das Brettspiel | 2 Twilight Imperium: Fourth Edition | 3 Terraforming Mars

    4 Brass: Lancashire & Birmingham | 5 51st State | 6 Mahjong |7 Gaia Project

    8 Viticulture EE All-In | 9 Rallyman Dirt | 10 Ascension: Deckbuilding Game

  • Die These im von Thygra verlinkten Thread war ja auch erst mal nur das - eine These, die sich auf meine persönlichen Beobachtungen stützt. Diese sind natürlich beeinflusst von meinen Vorlieben bzw. den Spielen, die in meiner Umgebung (Blase) gern gespielt werden.


    Was die Definition von "thematisch" angeht, da kommt man wohl auf keinen grünen Zweig. Ich glaube, bei manchen Spielen sind sich alle halbwegs einig (z.B. dass Nova Luna oder Azul eher unthematisch bzw. abstrakte Spiele sind - oder dass Erzählspiele wie Tainted Grail eher thematisch sind).Aber insbesondere bei den Euros, die ich ja gern mag, ist das halt nicht ganz einfach. Wenn die Aktionen, die man im Spiel macht, halbwegs sinnvoll mit einer thematisch passenden "echten" Aktion verbunden ist, dann würde ich den "thematisch"-Stempel drauf drücken.

    Viticulture:

    - gut und thematisch: man erntet die Trauben vom Feld mit der "ernten"-Aktion und lagert diese dann ein

    - schlecht: die Trauben altern und je älter Trauben sind, desto besser wird der Wein daraus (faktisch falsch).


    Wenn die unthematischen Aktionen entweder in ihrer Anzahl oder Wichtigkeit die thematischen überholen, würde ich von einem unthematischen Spiel sprechen.


    Aber wie sich hier ja deutlich zeigt, ist das eben sehr individuell.


    Und ich weiß mittlerweile auch nicht mehr, ob sich die These so halten lässt, weil es doch zu viele Gegenbeispiele gibt. Ich liebe Gaia Project, aber es ist jetzt nicht das thematischte Spiel unter der Sonne. Machtschalen-Schiebereien sind ne super Mechanik, aber doch eher unthematisch.

  • Wenn ich oben lese, Arnak wäre thematisch, lach ich mir den Arsch ab. Ich finde es überhaupt nicht thematisch.

    Guck, und ich kenne jede Menge Leute, die das - in einigen Details zu mindest - anders sehen...

    Und damit will ich im Grunde nur auf meinen Punkt hin deuten. Es ist so unfassbar subjektiv. Und daher ist auch die vom Threadstarter angeregte Einordnung so schwierig.

    2 Mal editiert, zuletzt von ode. ()

  • Wenn ich oben lese, Arnak wäre thematisch, lach ich mir den Arsch ab. Ich finde es überhaupt nicht thematisch.

    Guck, und ich kenne jede Menge Leute, die das - in einigen Details zu mindest - anders sehen...

    Und damit will ich im Grunde nur auf meinen Punkt hin deuten. Es ist so unfassbar subjektiv. Und daher ist auch die vom OP angeregte Einordnung so schwierig.

    Aber kann man nicht halbwegs objektiv an die Sache rangehen? Was bedeutet denn thematisch "zahle 1 Rubin und 1 Speer, um im Tempeltrack einen höher zu rücken und dann bekommt man als Belohnung 1 Helfer"? Und wo kaufen wir die Waren ein? Wo die Artefakte?

  • Guck, und ich kenne jede Menge Leute, die das - in einigen Details zu mindest - anders sehen...

    Und damit will ich im Grunde nur auf meinen Punkt hin deuten. Es ist so unfassbar subjektiv. Und daher ist auch die vom OP angeregte Einordnung so schwierig.

    Aber kann man nicht halbwegs objektiv an die Sache rangehen? Was bedeutet denn thematisch "zahle 1 Rubin und 1 Speer, um im Tempeltrack einen höher zu rücken und dann bekommt man als Belohnung 1 Helfer"? Und wo kaufen wir die Waren ein? Wo die Artefakte?

    Also, wenn du ganz objektiv an die Sache herangehen willst, dann hast du thematisch gesehen gar keine Argumente. Selbst im thematischsten aller Spiele pflügst du nicht wirklich einen Acker, sondern legst ein Plättchen aus Pappe auf ein Tableau aus Pappe und nicht in deinen Garten.

    Bei Arnak entsteht tatsächlich ein wenig Entdecker-Feeling und die Knappheit der Ressourcen und Aktionen beschwert den Spielenden in Aquasphere ein Gefühl der Beklemmung, wie man es in einer Unetrwasserstation vielleicht empfinden könnte.

    Das, was in einem Spiel wirklich zählt ist, obn man es schafft, die Spielmechaniken durch thematische Einbettung zu erklären. Es hat Sinn mit der Aktion "Acker pflügen" ein Plättchen Acker auf das Hoftableau zu legen und später Holzfiguren, die aussehen wie Korn oder Gemüse dort anzupflanzen. Das sind logische Erklärungen für Spielmechaniken.

    Und das ist der Sinn von Thema. Alles andere - ob ganz toll gemacht oder nicht so toll - ist absolut subjektiv und da hat niemand die Weisheit gepachtet. Und wenn man das einsieht, ist man schon einen Schritt weiter...

  • Guck, und ich kenne jede Menge Leute, die das - in einigen Details zu mindest - anders sehen...

    Und damit will ich im Grunde nur auf meinen Punkt hin deuten. Es ist so unfassbar subjektiv. Und daher ist auch die vom OP angeregte Einordnung so schwierig.

    Aber kann man nicht halbwegs objektiv an die Sache rangehen? Was bedeutet denn thematisch "zahle 1 Rubin und 1 Speer, um im Tempeltrack einen höher zu rücken und dann bekommt man als Belohnung 1 Helfer"? Und wo kaufen wir die Waren ein? Wo die Artefakte?

    Die Artefakte werden nicht gekauft, sondern gefunden - ein Kompass steht für Erforschung, unzugängliche Gegenden erfordern mehr Aufwand. Die Nachlieferung von Waren wird im Spiel schwieriger, da man weiter im Landesinneren ist, daher versiegt der Zustrom - eigentlich logisch.


    Du kannst übrigens jedes thematische Spiel auf seine Spielmechanik reduzieren, sogar bei Rollenspiel - ich würfle eine 20 und damit ist der Typ tot. Es liegt auch an euch, eine Mechanik mit Interpretation zu füllen, sofern ihr keine Vorgaben wie im RPG habt. ;)

  • Aber kann man nicht halbwegs objektiv an die Sache rangehen? Was bedeutet denn thematisch "zahle 1 Rubin und 1 Speer, um im Tempeltrack einen höher zu rücken und dann bekommt man als Belohnung 1 Helfer"? Und wo kaufen wir die Waren ein? Wo die Artefakte?

    Die Artefakte werden nicht gekauft, sondern gefunden - ein Kompass steht für Erforschung, unzugängliche Gegenden erfordern mehr Aufwand. Die Nachlieferung von Waren wird im Spiel schwieriger, da man weiter im Landesinneren ist, daher versiegt der Zustrom - eigentlich logisch.


    Du kannst übrigens jedes thematische Spiel auf seine Spielmechanik reduzieren, sogar bei Rollenspiel - ich würfle eine 20 und damit ist der Typ tot. Es liegt auch an euch, eine Mechanik mit Interpretation zu füllen, sofern ihr keine Vorgaben wie im RPG habt. ;)

    Und das fällt jedem leichter oder nicht. Wo das Kopfkino anspringt ist eben unterschiedlich. Mir fällt da immer Cooper Island ein, das wurde kritisiert kein Thema zu haben. Ich habe das geliebt und liebe es noch immer. Bei mir wuchs die Landschaft, ich kann Wertigkeit eines Ackers mit Höhe gleichsetzen, ich liebte es um diese schicke Insel zu fahren. Wohingegen ich das Abgrasen einer Leiste in Arnak total abtörnend fand. Ein Kompass steht für die Himmelsrichtung und nicht die Erforschung.

    Ich habe in meiner Spielgruppe einen enormen (!) Kopfkino-Menschen. Der hat Cities:Skylines mit mir gespielt. Sehr schnell waren wir Bürgermeister, rangen um Kitaplätze neben Müllhalden und witzelten über Wohngebiete neben der A1. Jede Aktion wurde mit thematischen Gebrabbel gefüllt. Die nächste Partie war ohne ihn und ein seelenloses Puzzeln. Gleiches Spiel, unterschiedliche Personen am Tisch. Der Kopfkino-Mensch findet in Spirit Island Details auf den Bildern der Karten und verknüpft die mit Aktionen im Spiel, das glaubst du gar nicht. Da geht es plötzlich um den Geschlechtsakt von Flussgeist und dem Meergeist.


    Ja, du hast recht, es liegt an jeden von uns Vorgaben mit Leben und Thema zu füllen. So wie du mit dem W20 den Typen unthematisch tötest, könnte umgekehrt dir jemand eine mega Geschichte bei Schach erzählen. Ist Schach jetzt thematisch? Sorry, aber das führt zu gar nichts.

  • Aber kann man nicht halbwegs objektiv an die Sache rangehen?

    Wie willst du denn objektive Kriterien festlegen, was thematisch ist und was nicht?

    im Grunde so wie ode. das im zweiten teil seines letzten Posts getan hat. Ergibt die Aktion hier Sinn oder nicht? Wie beschrieben: Bei Viticulture ist das Altern der Trauben faktisch falsch - ergo unthematisch. Der Entdecker bei Maracaibo Bei Boonlake ergibt es wenig Sinn, dass man mit seinen Booten noch mal von vorn anfängt (bzw. der erste, der ankommt, bestimmt, dass alle jetzt zum Start beamen). Die Rundenziele ergeben keinen Sinn. Das Ausspielen der Karten ergibt wenig Sinn (wohin werden die gebaut, wenn ich noch kein Dorf habe?). Insgesamt überwiegen da also für mich die unthematischen Aspekte, wohingehen bei Trickerion die meisten Aktionen einen thematischen Sinn ergeben (man heuert Assistenten an, man kauft auf dem Markt Teile, man lernt neue Tricks und führt die im Theater auf). Und auch da gibts unthematische Punkte - aber für mich überwiegen die thematischen.


    Wie definierst Du denn, ob ein Spiel thematisch ist oder nicht?

  • Dieses Statement, auch und vor allem, was Cooper und Arnak angeht, kann ich zu 100% zustimmen.


    Nach meiner persönlichen Definition wird ein Spiel thematisch, wenn es durch seine Präsentation in Verbindung mit den da drüber gelagerten Menchaniken stimmig wird. Arnak zb mag stimmungsvoll sein, aber die Mechaniken passen dazu überhaupt nicht. Als Gegenbeispiele habe ich Dune:Imperium, Castell oder Brass im Sinn. Die machen mir schon (thematisch) beim Aufbau Spass. Dass die im Spiel folgenden Mechanismen nur wenig mit der Wirklichkeit zu tun haben, stört mich dann nicht mehr.

    Ein Beispiel anderer Art ist für mich Teo, dessen Mechaniken kaum als thematisch zu bezeichnen sind, aber durch seine Präsentation und (themenbefreiten, aber sehr fluffigen) Mechaniken wird es für mich so thematisch, dass ich es mir nicht in mittelalterlichen Handels-Settings oder im Weltraum vorstellen mag.

    Thematische Euros, wie es teils in diesem Thread gemeint ist, wären für mich Spiele mit simulativem Ansatz. Da fielen mir spontan nur Agricola und Viticulture ein, und die sind ja wohl, um auf die Ausgangsfrage zurückzukommen, immer noch durchaus marktfähig.

  • Ist Schach jetzt thematisch?

    Auch das ist eine Frage der Sichtweise. Als Spiel ist es abstrakte Mechanik. Wenn man will, kann man darin aber auch mehr sehen. Es hat eine Entstehungsgeschichte, es gibt ganz großartige Figuren, die -teils auch mit anderssprachigen Bezeichnungen- deutlicher machen, woher das alles kommt. Ein Pferd ist da z.B. ein Ritter (Pferd mit Ritter drauf), ein Läufer ist ein Bischof (bei den gängigen Figuren hat der immerhin noch einen schrägen Einschnitt in seinem "Kopf", womit sehr abstrakt, aber immer noch, an eine Mitra erinnert wird; es gibt aber Figuren, da sieht der wirklich wie ein Bischof aus). Warum heißt das wohl "Spiel der Könige"?


    Selbst das noch viel weiter abstrahierte Go erzählt eine Geschichte, wenn man sie hören will.


    Als Spiele sind beide für mich abstrakt, weil ihr mechanischer Abstraktionsgrad den Hintergrund ausblendet.


    Selbst wenn jeder hier versucht, meinetwegen auch an konkreten Beispielen, zu verdeutlichen, was für ihn thematisch/unthematisch ist, wird das letztlich zu keinem befriedigenden Ergebnis führen. Kein Brettspiel kann sein Thema oder Aspekte davon 1:1 in Mechanik umsetzen, es soll ja auch keine Simulation, sondern immer noch ein Spiel sein. Das Wissen um Hintergrund/Thema macht es deshalb nicht allein, auch das Kopfkino kommt hinzu; das tickt aber doch bei jedem anders.


    Ich finde z.B. Arnak durchaus thematisch, aber letztlich doch, weil mein Kopfkino mir dabei hilft. Über thematische Schwächen sehe ich dann einfach hinweg, solange das "Feeling" stimmt. Hilft das jemandem? Nein, ich denke nicht. Wer nicht akzeptieren kann, dass der Kompass (Hilfsmittel zur Bestimmung der Himmelsrichtung) als Symbol für Erforschung der Landschaft, Entfernung, Zeitaufwand steht, der wird das Thematische daran halt nicht sehen.

    Spielerische Grüße Ernst-Jürgen


    TOP 10: 1. Viticulture - Compl. Coll. Ed., 2. Martians - A Story of Civilization, 3. Scythe, 4. Anachrony, 5. Snowdonia: Deluxe Master Set, 6. Räuber aus Skythien, 7. Age of Industry, 8. Nieuw Amsterdam, 9. Siedler von Catan - Entdecker&Piraten, 10. Alubari - A nice cup of Tea

    Einmal editiert, zuletzt von Ernst Juergen Ridder ()

  • Wenn ich hier so mitlese frage ich mich - spielt ihr eure Spiele oder analysiert ihr sie? ;) Im Ernst, "thematisch" ist ein rein subjektiver Begriff den ihr versucht zu objektivieren. Das geht nicht, denn jede Person hat andere Assoziationen und empfindet Dinge anders bzw. hat mehr oder weniger Phantasie. Wie oben schon geschrieben , einer denkt beim Kompass an an Himmelsrichtungen, wer anderer an Entdeckungen - Kopfkino eben.

    Ich denke da immer an meinen Sohn, der vor Jahren in der Volksschule eine Aufsatz zu den Reizwörtern "Lehrerin, Stuhl, Spinne" schreiben musste. Einige haben so "klassische" Klischees gebracht wie " Lehrerin hat Angst vor Spinne und spring auf Stuhl". Meiner öffnete Wurmlöcher, holte interplanetarische Hilfe und aus einem Stuhlbein wurde eine Waffe mit der die Lehrerin das Spinnenmonster in eine andere Dimension verbannte. War der Aufsatz (des ca. 9 jährigen) "thematisch"/sinnvoll?