Beiträge von Wuschel im Thema „Thematisch vs. Unthematisch: Welche Euros halten sich am Markt?“

    Die Relevanz von Thematischen Regeln oder sagen wir die Vorteile liegen oft darin, dass man sich Dinge besser merken kann, wenn sie Sinn ergeben.


    Wieso muss ich in Darwin's Journey Geld bezahlen wenn ich meinen Arbeiter auf nen Buch stelle, wo auf der anderen Seite schon mein eigener Arbeiter steht und wieso existiert Geld überhaupt in dem Spiel? Ich hab keine Ahnung, es ergibt keinen Sinn, ich muss das einfach wissen, weil es ist einfach so.


    Aber wenn ich Leuten in Scythe sage "Ja wenn ihr nen Gebiet angreift und dort die Arbeiter vertreibt, dann verliert ihr Ansehen weil das Volk es halt nicht so cool findet, wenn ihr mit Kriegsmaschinen hilflose Bauern verprügelt" dann hat sich das bisher jeder gemerkt. Das bleibt immer hängen. Da kommen vll mal fragen danach wie viel Beliebtheit man denn verliert, aber es ist immer allen klar, dass Bauern verprügeln uncool ist.

    Ich hab am Wochenende Russian Railoads kennen lernen dürfen, das in letzter Zeit ja vielerorts hoch gelobt wird. Ich mag Worker Placement, ich mag an sich Eisenbahnspiele. Aber das Spiel war ja wirklich komplett umthematisch und irgendwie seelenlos. Man rückt einfach leisten hoch, man hätte ein weißes Blatt Papier nehmen können, Kästchen drauf malen und mit Holzwürfel darüber rücken, es wäre exakt das selbe Spiel und würde exakt genau so gut oder schlecht funktionieren. Mechanisch funktioniert das Spiel keine Frage, man kann da auch sicher optimieren und verschiedene Strategie fahren, aber das Spiel hat mich wirklich kein Stück überzeugt.


    Um das mal auf's Thema zu bringen: ich glaube ich persönlich kann mit komplett umthematisch Euros in vielen Fällen nichts anfangen, auch wenn ich Praga Caput Regni nicht als super thematisch bezeichnen würde und mir das gefällt. Aber da Russian Railroads auf BGG auf der 101 steht und Ultimate Railroads viel gefeiert wird, scheinen sich auch umthematisch Euros lange am Markt zu halten.

    Also ne Freundin von mir hat sich Dice Forge nur gekauft weil das im Thalia stand und der Cover schön aussah, sie wusste rein gar nichts über das Spiel. Sie hatte Glück, dass da auch ein gutes Spiel dahinter steckt. Photosynthese hat sie auch nur gekauft weil's schön aussieht.


    Mir ist ne gute Optik auch wichtig und ein schöner Cover oder ein schönes Spiel weckt erstmal ziemlich schnell mein Interesse, ich schaue aber dann erstmal nach ob da auch ein gutes Spiel dahinter steckt und kauf's nicht blind.

    Thematische Euros haben bei mir definitiv besser Chancen, ich finde wenn zwei Spiele exakt gleich gut sind (sofern man das denn messen kann), eines davon ist thematisch, das andere nicht, dann ist für mich das thematische Spiel ganz klar das bessere. Es hilft wenn Regeln thematisch Sinn ergeben, sowohl damit sich diese zu Merken, als auch beim Erklären und für's generelle Feeling. zB die Regel bei Scythe, dass man wenn man ein Feld mit Arbeitern angreift und diese vertreibt eine Beliebtheit pro Arbeiter verliert finde ich super thematisch und ich kann mir die wahrscheinlich auch in 10 Jahren noch merken. Auch hat sie jeder, dem ich die Regeln erklärt hat sofort verstanden, sie ergibt einfach Sinn und fügt sich ins Spiel(geschehen) ein. Oder das bei Viticulture der Wein am Ende des Jahres reift, das merkt man sich leichter als wenn es einfach eine Regel wäre "ja deine Leisten gehen am Ende der Runde eines nach oben, weil das ist so". (Das die Trauben reifen und nicht gammeln is nen anderes Thema)


    That being said, wenn ein Spiel mechanisch eine Wucht ist, dann lehne ich das Spiel natürlich nicht ab nur wenn's nicht super thematisch ist, Praga Caput Regni ist thematisch wahrscheinlich ziemlich austauschbar, auch wenn ich es nicht als komplett umthematisch bezeichnen würde, aber ich find's bisher noch super (merke aber nach 7 Partie schon Abnutzungserscheinungen). Genauso kann das beste Thema und die beste thematische Integration nicht über ein mieses Spiel hinwegtäuschen.


    Das genannte Burgen von Burgund hab ich gestern zum 2. mal mitspielen können, ironischerweise gewinne ich jedes mal wenn ich das Spiel spiele obwohl ich es gar nicht so gut finde. Das is son Spiel wo es mir schwierig fällt nachzuvollziehen wieso das so weit oben ist auf BGG, aber anderes Thema. Ich hab da beim Spielen schon absolut das Gefühl irgendwas willkürliches zu tun und hab eigentlich nur Zahlen und Punktemaximierung im Kopf, dabei merke ich schon, dass ich das dann nicht mehr ganz so spannend finde, auch wenn ich durchaus ne Affinität zu Zahlen und Mathematik habe.


    Von Lacerda hab ich bisher nur The Gallerist und Weather Machine spielen können, letzteres fand ich gar nicht so thematisch, aber The Gallerist schon, das hat auch thematische Schwächen, aber das man Künstler unter Vertrag nimmt, diese ihren Wert steigern mit steigender Bekanntheit, wodurch die Kunstwerke mehr wert werden. Das integriert sich schön, das Thema erklärt wieso die Leisten hoch gehen sozusagen.


    Ums Kurz zu machen: Thematische Euros sind meiner Meinung nach die besseren Spiele, aber Thematik macht schlechte Mechanik nicht wett, es muss beides vorhanden sein. Aber wenn die Grundlage des Spiels gut ist, macht eine passende Thematik das Spiel nochmal besser. Deswegen hab sie bei mehr definitiv mehr Staying-Power, wie relevant ich für den Markt bin sei mal dahin gestellt, aber da ich große Brettspielsammlungen abschreckend finde und nicht ständig ein neues Brettspiel kaufen möchte, bin ich glaube nicht so Repräsentativ.


    Edit: Bei dem genannten Anachrony kam die Zeitreisethematik leider gar nicht bei mir rüber, das Spiel hat mich richtig enttäuscht. Würde ich nochmal mitspielen, aber die Vorfreude und Begeisterung sind schnell verflogen (ich liebe alles was Zeitreisethematik hat)