[2024] Daitoshi (Devir)

  • Das war durchaus einer der Titel, auf den ich mich mehr gefreut habe - bei Devir sehen die Spiele immer hübsch aus und Dani Garcia gräbt sich gerade nach oben in meiner internen Favoriten-Autorenliste.

    Gestern abend wollten wir das Spiel noch testen und haben uns um 7 hingesetzt und wollten die Regeln zusammen (zu zweit) durchgehen - das machen wir öfter und eigentlich klappt das immer gut, weil ja doch immer viel bekannt ist. Hier hätte ich gern schreiend abgebrochen und den ganzen Kram irgendwo hingesteckt, wo der Pfeffer wächst. Aber die Hoffnung auf ein gutes Spiel hat dann uns anders entscheiden lassen.

    Ich weiß ehrlich nicht, wer solche Anleitungen frei gibt - ich kann mir nur vorstellen, dass die von jemandem geschrieben wurde, der das Spiel SEHR gut kennt und sich nicht in Menschen hineinversetzen kann, der das Spiel nicht kennt. Bereits beim Aufbau hatten wir massive Probleme, die sich durchs ganze Regelwerk ziehen. Und eigentlich ist es immer dasselbe Problem: Es werden Begrifflichkeiten genutzt, die erst später in der Anleitung überhaupt definiert werden. Es geht los mit "Place the district tiles" (die werden in der Komponentenübersicht gezeigt) "all with their non-electrified side up". kann man sich noch erschließen, weil die auf der Rückseite dunkel sind (mit elektrischem Licht). Was genau Distrikte sind, wird erst auf Seite 7 gezeigt. Die Schneckenbahn soll man dann auf das "top left rail space" stellen. Auch hier wieder: Was ein Rail Space ist, weiß man erst, wenn man Seite 19 (!) erreicht, weil da die Schneckenbahn überhaupt erst erklärt wird. Mit ner Lupe habe ich die dann auf dem Aufbauplan gefunden - aber es war ein doofes Gefühl, weil ich mir dann doch nicht sicher war, obs da richtig steht.

    Und so gehts weiter... "place you magnate on the middle magnate space of the district" - was magnate spaces sind, weiß man auch erst später.

    Gehen die Menschen, die solche Anleitungen schreiben, davon aus, dass man die NICHT von vorne nach hinten liest? Ich meine: Das Spiel hat so einen japanischen touch - vielleicht soll man die auch von hinten nach vorne lesen?

    Es ist halt bedauerlich, weil man durch sowas die Hürde für vielleicht tolle Spiele unnötig nach oben schraubt. Wie das Spiel ist, erfahren wir hoffentlich dann heute nachmittag. Gestern abend haben wir frustriert aufgegeben und stattdessen Star Wars Bounty Hunters gespielt.

  • Das ist ein wunderbares Beispiel für eine Anleitung, wie ich sie auch nicht ausstehen kann. Devir macht das ja öfter; die Kennenlernhürde von Lacrimosa etwa war enorm, weil da auch Spielelemente völlig vogelwild durcheinander erklärt wurden. Da hat Kosmos dann ja ganze Arbeit geleistet und eine viel bessere deutsche Anleitung geliefert - leider gibt es sowas viel zu selten. Manchmal wirken Spiele dadurch viel komplizierter als sie eigentlich sind - nach dem Lesen der deutschen Anleitung hätte ich Lacrimosa dann auch nicht mehr in die Rubrik "Experte" einsortiert. Früher hat sowas Spiele ja Erfolg und Verkaufszahlen gekostet (siehe die Erstauflage von Troyes und Khronos), bis der Schaden durch eine neue Anleitung repariert war; heutzutage gilt dann "guckt Euch Regelvideos an, dann versteht ihr die Anleitung". Aber das kann es doch nicht sein.

    Um ein paar positive Gegenbeispiele von der Messe zu nennen: Resafa, Stephens, Asian Tigers und El Burro haben alle sehr gut aufgebaute und leicht verständliche Anleitungen, manchmal vielleicht zu viel kleiner Text pro Seite, aber wenigstens alles sinnvoll aufgebaut.

  • Gestern abend wollten wir das Spiel noch testen und haben uns um 7 hingesetzt und wollten die Regeln zusammen (zu zweit) durchgehen - das machen wir öfter und eigentlich klappt das immer gut, weil ja doch immer viel bekannt ist. Hier hätte ich gern schreiend abgebrochen und den ganzen Kram irgendwo hingesteckt, wo der Pfeffer wächst. Aber die Hoffnung auf ein gutes Spiel hat dann uns anders entscheiden lassen.

    [...]

    Es ist halt bedauerlich, weil man durch sowas die Hürde für vielleicht tolle Spiele unnötig nach oben schraubt. Wie das Spiel ist, erfahren wir hoffentlich dann heute nachmittag. Gestern abend haben wir frustriert aufgegeben und stattdessen Star Wars Bounty Hunters gespielt.

    Wir haben uns tatsächlich noch am Samstagabend um 22 Uhr nach der Messe durch die Anleitung gequält - wäre da auch sicherlich die schlauere Entscheidung gewesen, einfach ein anderes Spiel zu spielen :D

    Meinen Ersteindruck möchte ich daher hier auch nicht hinterlassen - da von der Uhrzeit auf jeden Fall getrübt - aber ich hatte auch an anderen Stellen außerhalb der Anleitung das Gefühl, dass etwas mehr redaktionelle Bearbeitung gut getan hätte. Die Wildniss-Tracks haben bspw. alle andere Konditionen für die Endwertung, die zwar auf der Spielhilfe stehen, aber warum man sie nicht einfach in Icon-Form neben die entsprechende Leiste gedruckt hat, erschließt sich mir nicht. Oder warum die Spielhilfe zwar vier Seiten hat, zu den einzelnen Phasen des Zugs aber nichts erklärt wird und man stattdessen drei Seiten für übergroße Icon-Erklärungen verbraucht...

  • Mit Sand haben sie ja zuvor den Vogel abgeschossen. Das war nur mit der Anleitung quasi unspielbar, erst Videos haben Aufschluss gegeben.

    Bei Lacrimosa hatte ich keine Probleme.

    Ich bin nach wie vor sehr gespannt auf Daitoshi, aber Devir hat schon nachgelassen...

  • Ich kenne die konkrete Anleitung hier nicht, aber bei der allgemeinen Kritik würde ich nochmal unterscheiden wollen zwischen den Anleitungen, die mit "erstmal grob überfliegen/durchblättern, dann richtig lesen" verständlich werden und denen, die so chaotisch strukturiert sind und die ohne jede Not erst später erklärte Begrifflichkeiten verwenden, dass auch das nicht mehr hilft.

    Bevor ich mich über Anleitungen ärgere und in die Tischkante beiße, versuche ich das "erstmal grob überfliegen/durchblättern, dann richtig lesen". Kann ich empfehlen. Manchmal, z.B. bei Shem Philips (Garphill Games), hilft das.

    Spielregeln schreiben ist schwer. Wer schon mal selbst versucht hat, eigene Ideen zu Spielmechanismen in schriftlicher Form aufzuschreiben, (und in geringerem Maße gilt das auch für alle, die oft Spiele erklären dürfen,) der merkt schnell den Unterschied zwischen "ich hab's verstanden" und "so ist's auch für andere unmissverständlich", was wesentlich schwerer zu erreichen ist. Bei Spielregeln kommt man auch schnell in Situationen, wo es keine perfekte Lösung mehr gibt und man nur noch das kleinere Übel wählen kann. Etwa wenn am Anfang einer Runde oder eines Spielzuges etwas passiert, was im Laufe der vorherigen Runde eingeleitet wurde, z.B. die Shipping-Phase bei Lisboa. Dann muss ich mich zwischen logischer und zeitlicher Reihenfolge entscheiden, oder ersatzweise mit dem genauso wenig idealen "hier passiert X, aber das erkläre ich später" arbeiten.

    Trotzdem: Ich erwarte auch, dass ein Regelautor sich in die Lage eines Lesers versetzen kann, der mit null Vorwissen die Anleitung von vorn nach hinten liest, und es ist leider erschreckend, wie leicht man handwerklich schlechte Anleitungen findet, auch von professionellen Verlagen. Und sowas wie "place on top left rail space" (ohne das an dieser Stelle verstehen zu können) ist ein wunderbares Beispiel für "handwerklich schlecht". Sowas sind keine reinen Geschmacksfragen mehr, das ist einfach nur schlecht gemacht.

  • Ich kenne die konkrete Anleitung hier nicht, aber bei der allgemeinen Kritik würde ich nochmal unterscheiden wollen zwischen den Anleitungen, die mit "erstmal grob überfliegen/durchblättern, dann richtig lesen" verständlich werden und denen, die so chaotisch strukturiert sind und die ohne jede Not erst später erklärte Begrifflichkeiten verwenden, dass auch das nicht mehr hilft.

    Bevor ich mich über Anleitungen ärgere und in die Tischkante beiße, versuche ich das "erstmal grob überfliegen/durchblättern, dann richtig lesen". Kann ich empfehlen. Manchmal, z.B. bei Shem Philips (Garphill Games), hilft das.

    Spielregeln schreiben ist schwer. Wer schon mal selbst versucht hat, eigene Ideen zu Spielmechanismen in schriftlicher Form aufzuschreiben, (und in geringerem Maße gilt das auch für alle, die oft Spiele erklären dürfen,) der merkt schnell den Unterschied zwischen "ich hab's verstanden" und "so ist's auch für andere unmissverständlich", was wesentlich schwerer zu erreichen ist. Bei Spielregeln kommt man auch schnell in Situationen, wo es keine perfekte Lösung mehr gibt und man nur noch das kleinere Übel wählen kann. Etwa wenn am Anfang einer Runde oder eines Spielzuges etwas passiert, was im Laufe der vorherigen Runde eingeleitet wurde, z.B. die Shipping-Phase bei Lisboa. Dann muss ich mich zwischen logischer und zeitlicher Reihenfolge entscheiden, oder ersatzweise mit dem genauso wenig idealen "hier passiert X, aber das erkläre ich später" arbeiten.

    Trotzdem: Ich erwarte auch, dass ein Regelautor sich in die Lage eines Lesers versetzen kann, der mit null Vorwissen die Anleitung von vorn nach hinten liest, und es ist leider erschreckend, wie leicht man handwerklich schlechte Anleitungen findet, auch von professionellen Verlagen. Und sowas wie "place on top left rail space" (ohne das an dieser Stelle verstehen zu können) ist ein wunderbares Beispiel für "handwerklich schlecht". Sowas sind keine reinen Geschmacksfragen mehr, das ist einfach nur schlecht gemacht.

    Eigentlich ist es ganz einfach und sollte Industriestandard sein:

    Gib die Anleitung jemandem, der das Spiel nicht kennt und lass es Dir von ihm danach erklären. Bonuspunkte: Zähl die Anzahl der Stöhner während des Regellesens. Mehr als 2-3 ist schon kritisch.

  • Gib die Anleitung jemandem, der das Spiel nicht kennt

    Kleines Problemchen dabei (mit dem ich mir erkläre, dass es nicht so sehr Standard ist, wie es das sein sollte): Du brauchst für jede neue Regelversion einen neuen Unbekannten und deren Menge und Verfügbarkeit ist nun mal endlich. Wer liest schon gerne Regeln, noch dazu unreife?

    Ich würde vielmehr davon ausgehen, dass die zur Verfügung stehenden Testleser schon einige Böcke rausgefangen haben und das Original noch viel schlimmer war.

  • Blaze241 Kann ich schlecht sagen - beide Spiele sind schon 2 Jahre her (oder mehr?) und ich hab sie jeweils auch nicht mehr.

    MetalPirate Naja, eigentlich reicht ja einer. Bestenfalls jemand, der viele Anleitungen liest (Paul Grogan z.B.). Das kostet, aber dafür bekommt man halt auch ne gute Rückmeldung. Ich würde mich auch anbieten bei deutschen Regeln. Und man bräuchte auch nicht zwingend für jede Regelversion jemand Neues, sondern nur jemanden, der sich in die Lage versetzen kann von jemand, der die Regeln nicht kennt.

    Ich hab mal während des Referendariats eine erhellende Situation gehabt. Wollte in Mathe (2. Klasse?) Geometrie machen und die Kinder fragen, welche Form die größere Fläche hat. Und die Mentorin meinte: "Naja, wissen die denn, was ne Fläche ist?" Man muss sein Zielpublikum kennen. Daitoshi richtet sich an Expertenspieler*innen - und die wissen, was "draften" ist. Das könnte man bei nem Spiel wie "Just One" nicht voraussetzen.

    Und ja, vermutlich ist da schon ne Menge korrigiert worden - schlimmer geht immer ;)

  • Blaze241 und ich hab sie jeweils auch nicht mehr.

    Asche über dein Haupt :crying:

    Das eine (Bitoku) besaß ich nie - es war nur ein Mitbringsel für einen Freund, der mir das fürs Video überlassen hat. Das andere war ganz cool - aber kam nicht mehr auf den Tisch und dann irgendwann aus dem Schrank.

  • Die Anleitung von Bitoku fand ich damals sehr anstrengend mit den sehr speziellen Namen der Komponenten (Yokal-Card, Mitama Spirit Tiles, Dragonfly Tiles usw.) Das Spiel wirkte beim Lesen der Anleitung deutlich komplizierter als es letztlich war/ist.

  • Die Anleitung von Bitoku fand ich damals sehr anstrengend mit den sehr speziellen Namen der Komponenten (Yokal-Card, Mitama Spirit Tiles, Dragonfly Tiles usw.) Das Spiel wirkte beim Lesen der Anleitung deutlich komplizierter als es letztlich war/ist.

    Kann ich für Bitoku so unterschreiben. Sabika war ok, da gab es nur relativ viele Regelunklarheiten in der deutschen Übersetzung, für die man auf BGG nachlesen musste.

  • Ich hatte gestern meine Erstpartie 2-Händig gespielt und kam eigentlich ganz gut zurecht. Liegt aber auch daran, dass ich mir vorher bereits das offizielle Regelvideo angesehen habe und so einfach mal ein wenig drauf losgespielt habe und bei Unklarheiten die Anleitung befragt habe.

    Das hat gut funktioniert und das Spiel ist weit weniger kompliziert als es einen die Anleitung glauben macht. Ich frage mich ob da bei Devir jemand vorgibt, dass Anleitungen (zumindest in dieser Saga) unnötig "thematisch" geschrieben werden müssen. War bei Bitoku ja auch so und laut anderen Aussagen auch bei Sand.

    Ersteindruck ist sehr positiv. Mal schauen ob es sich bei mir vor oder hinter Arborea einordnen wird, aber besser als Windmill Valley finde ich es allemal und das ist ein durchaus gutes Spiel.

  • Ja bei Devir lohnt es sich hinsichtlich der Anleitung leider meistens wirklich auf eine durch einen deutschen Publisher überarbeitete Version zu warten. Die Anleitung zu Sand soll ja auch schon eine halbe Katastrophe gewesen sein. Hoffe mal, dass Daitoshi bald von einem dt. Verlag angekündigt wird, weil Thema, Look und Dani Garcia interessieren mich eigentlich sehr.