Ausgleich der Spielstärke

  • Einer der Punkte, der in meinen Augen neben den minimalistischen Regeln bei unglaublicher strategischer Tiefe wesentlich zur Eleganz von Go beiträgt, ist die Messbarkeit der Spielstärke und deren Ausgleich. Der schwächere Spieler startet mit einer Vorgabe an Spielsteinen auf dem Brett abhängig vom
    Stärkeunterschied. Danach wird ganz normal gespielt und so gibt es dann normalerweise eine ausgewogene Siegwahrscheinlichkeit. Bei sehr stark unterschiedlichem Niveau stößt dieses System auch an seine Grenzen, sehr viele Steine Vorgabe verändern das Spiel dann doch merklich. Aber für einen recht großen Bereich kann unterschiedliche Erfahrung so wunderbar ausgeglichen.


    Bei Schach ist mir ein ähnliches Vorgehen weniger bekannt, vermutlich weil das nicht so einfach skalierbar möglich ist. Ansätze könnten da ebenfalls (zusätzlich reglementierte, z.B. kein Überschreiten der Mittellinie) Freizüge zu Beginn für den schwächeren Spieler oder der Verzicht auf Figuren beim
    stärkeren Spieler sein. Ich glaube am geläufigsten ist wohl das Spielen mit Schachuhr und unterscheidlicher Zeitvorgabe. Das wäre nicht meins, ich hasse Zeitdruck, was in meiner Jugend wohl auch der Hauptgrund war, das Schach Spielen im Verein irgendwan nicht mehr weiter zu verfolgen.


    Moderne Gesellschaftsspiele, die sich kooperativ oder solo spielen lassen, bieten meiner begrenzten Erfahrung nach oft Mechanismen, um die Schwierigkeit an das eigenen Können anzupassen. Herausragend ist mir dabei Spirit Island aufgefallen, aber z.B. auch Aeons End, Nemos War oder
    Imperium:Klassik/Legenden bieten variable Schwierigkeitsgrade. Eigentlich kompetitive Spiele, die aber dank eines Bot/Automa auch eine Einzelspielermöglichkeit bieten, scheinen dabei weniger oft und weniger abgestufte Möglichkeiten zu bieten als Spiele, die direkt für Einzelspielbarkeit entworfen wurden.


    Neben Solo-Spielen spiele ich vor allem mit meinen 3 Söhnen (8, 11 und 13 Jahre). Sie haben kein Problem damit auch umfangreiche und anspruchsvolle Regeln zu erfassen und zu behalten. Und für ihr Alter und ihre Spielerfahrung nutzen sie auch die strategischen Möglichkeiten der Spiele ziemlich gut. Trotzdem gewinne ich in vielen Spielen sehr zuverlässig. Aber das unterscheidet sic von Spiel zu Spiel. Bei Carcassonne spiele ich weniger agressiv, als ich das online tue. Ich greife da normalerweise ihre Städte und Wiesen nicht an, sondern baue friedlich für mich etwas auf. Bei Dominion oder Klong! verlaufen die Spiele recht offen. Bei Dominion probiere ich vielleicht auch ein wenig mehr aus, als ich es tun würde, wäre das hauptsächliche Ziel der Sieg. Und insbesondere mein Ältester hat seine favorisierten Karten, die ihm sehr helfen und die er dann in praktisch jedem Spiel dabei haben will. Bei Munchkin tun sich die Jungs zusammen und unterstützen mich nur in weniger oft als sich gegenseitig. Besonders beliebt ist dabei ein gemeinsamer Sieg, in dem 2 von ihnen gleichzeitig die 10 Punkte erreichen, weil einer als Elf den anderen in dem entscheidenden Kampf gegen ein Monster unterstützt. Teilweise wird zielgerichtet darauf hingespielt.


    Aber bei vielen anderen Spielen gewinne ich doch regelmäßig mit großem Vorsprung. Das ist eigentlich kein Problem. Die Jungs akzeptieren, dass Papa besser spielt und ihr Anreiz dreht sich mehr um den zweiten Platz. Catan spiele ich normalerweise nicht mehr mit meinen Söhnen, sondern überlasse das der Mama, weil ich auch da fast immer gewinne und sich ein zweiter Platz schwer fair ermitteln lässt. Beispielsweise können die Punkte für die längste Handelsstraße bei einem Spieler liegen, aber der andere ist deutlich besser aufgestellt und könnte sie gegebenenfalls auch leicht übernehmen. Ich verzichte auch darauf Spiele, die ich mit meiner Familie spiele oder potentiell spielen könnte, digital/online zu spielen. Sowohl aufgrund dem Erfahrungsvorsprung als auch wegen Sättigung könnten sie sonst leicht für uns verbrannt sein. Das ist mir so z.B. schon mit Terraforming Mars und Zug um Zug passiert.


    Ansonsten steht beim Spielen in der Familie bei uns die Freude am Spielen gegenüber dem Sieg oder den Platzierung im Vordergrund und das ist gut so. Trotzdem habe ich mir ein paar Gedanken gemacht, wie man unterschiedliche Erfahrung in einzelnen Spielen ausgleichen könnte. Je nach Spiel könnte man Punkte vorgeben. Das könnte man je nach vorherigem Ergebnis immer anpassen. Ich glaube das fühlt sich besser an, wenn dann die schwächeren Spieler von Beginn an mit der Punktvorgabe starten, als wenn man diese am Ende dazurechnet. Das geht in eine ähnliche Richtung wie die Steinvorgabe bei Go, die nur beim Aufbau etwas ändert. So könnte man auch dne schwächeren Spieler mit etwas mehr oder stärkere Spieler mit etwas weniger starten lassen, als in der Anleitung vorgesehen. Einfach ein Beispiel, ohne dass ich das weiter durchdacht oder gar ausprobiert hätte: der/die schwächeren Spieler
    bekommen bei Agricola schon zu Beginn einen gewissen Satz an Ressourcen oder gar einen dritten Arbeiter.


    Ansonsten wäre auch noch eine Anpassung der Regeln während des Spiels denkbar: So könnten Karten je nach Spielstärke mehr oder weniger Kosten oder ein schwächerer Spieler hat jede Runde eine zusätzlich Aktion. Das hat den Nachteil, dass man eine weitere Regel im Gedächtnis halten muss.


    Grundsätzlich sehe ich folgende Schwierigkeiten, Unterschiede in der Spielstärke bei modernen Gesellschaftsspielen auszugleichen gegenüber dem einleitenden Beispiel Go. Die wenigsten Spieler werden ein und das selbe Spiel so oft spielen, wie das ein passionierter Go- oder Schachspieler vermutlich tut. Entsprechend ungenau wird die Einschätzung der eigenen Spielstärke ausfallen. Und die kann bei verschiedenen Spielen ganz unterschiedlich sein. Eine Einstufung für alle Spiele wird also offensichtlich nicht sinnvoll machbar sein. Und diese Spiele bieten erhebliche Variabilität innerhalb eines Spiels, die mal dem einen und mal dem anderen Spieler entgegen kommt. Normalerweise kommen nicht in jedem Spiel alle Karten vor oder der Spielplan ist von Spiel zu Spiel unterschiedlich aufgebaut. Das habe ich oben für Dominion beschrieben: mein Sohn hat eine erheblich erhöhte Wahrscheinlichkeit zu gewinnen, wenn bestimmte Karten im Markt enthalten sind. Das bei der Vorgabe eines Handicap zu berücksichtigen, wäre eine zusätzliche Herausforderung. Und dann ist da noch der Faktor Glück, der je nach Spiel eine unterschiedlich große Rolle spielt und in vielen, aber nicht allen Spielen vorkommt. Der macht, zumal bei relativ wenigen gespielten Partien, eine Ermittlung der tatsächlichen Spielstärke und damit die Grundlage
    für deren fairen Ausgleich schwieriger.


    Jetzt habe ich sehr viel geschrieben und möchte Euch hier nach Euren Meinungen und Erfahrungen fragen. Stellt für Euch das Spielen zwischen Spielern unterschiedlichen Spielniveaus ein Problem dar? Habt Ihr Hausregeln um das auszugleichen? Welche? Wenn nicht, welche könnten Ihr Euch vorstellen? Kennt Ihr kompetitive Spiele, die schon vom Autor vorgesehen einen derartigen Ausgleich mitbringen? Wünscht Ihr Euch, dass das in Zukunft öfter berücksichtigt wird, wie es sich für die Solospielbarkeit in den vergangenen Jahren entwickelt hat? Haltet Ihr das für wahrscheinlich? Warum oder warum nicht?

    Einmal editiert, zuletzt von Asroc ()

  • Mir ist das völlig wurscht. Bin ich der deutlich unterlegene, dann habe ich den Ehrgeiz, mich zu verbessern (wenn ich das Spiel gut finde). Bin ich der deutlich überlegene, muss der andere halt damit leben oder wir spielen einfach etwas anderes. Wenn ich einen Gegner als überlegener mal nicht total panieren möchte, dann teste ich einfach mal neue Strategien: Zugegeben, wenn die dann einschlägt, könnte das Pendel noch deutlicher ausschlagen.

  • Kennt Ihr kompetitive Spiele, die schon vom Autor vorgesehen einen derartigen Ausgleich mitbringen?

    Mir fällt tatsächlich nur folgendes ein:


    #RajasOfTheGanges … hier gibt es zwei unterschiedliche Seiten der Spielertableaus. Erfahrenere Spieler können mit der Rückseite spielen, da kommt man schwerer an Punkte und darf weniger Würfel im Vorrat haben.


    Als meine Kinder noch jünger waren, haben wir auch mal Spiele mit Handicap gespielt. Besonders gut hat es bei #DasVerrückteLabyrinth funktioniert, in dem einfach die Erwachsenen mehr Auftragskarten bekommen haben.


    Einen guten Aufholmechanismus hat #IsleofSkye bei dem Spieler je nach Platzierung weiter hinten mehr Geld als Einkommen zu Rundenbeginn erhalten.

  • Brettspiele

    Ich zähle mich zu denen, die meistens nicht gewinnen. Allerdings steht bei mir im Vordergrund auch nicht der Sieger zu sein, sondern Spaß zu haben. So mancher bereitet sich vielleicht sogar auf die Brettspielrunde vor, was natürlich auch ein Vorteil sein kann. Allerdings steht für mich das Treffen mit Leuten und der Spielspaß im Mittelpunkt.


    Schach

    Spiele ich schon mein ganzes Leben, auch im Verein. Unterschiedliche Spielniveaus sind meiner Meinung nach nur geringfügig vorhanden. In Vereinskämpfen spielt man in Ligen, steigt auf oder ab, die Mannschaften sind mit absteigender Spielstärke besetzt. Generell ist das also ausbalanciert.

    In Turnieren (Schweizer System) gleicht sich das auch aus. Es spielen die Spieler mit "gleicher" Punktzahl gegeneinander, so spielen die besseren gegen die besseren und die schwächeren gegen die schwächeren.

    Jetzt mal ernsthaft, hat Greedo wirklich zuerst geschossen?

  • Ich spiele hauptsächlich ASL (Advanced Squad Leader).


    Dort haben die meisten der ca. 10.000 Scenarios sogenannte BALANCE-Parameter.

    Das bedeutet, daß bei unterschiedlicher Spielstärke die eine oder die andere Seite mit etwas reduzierten Units bzw. Equipment spielen kann/muß (was normalerweise sehr sorgfältig ausgetestet ist).


    Bei ASL-Tournaments gibt es oftmals ein Bidding-System, wenn es darum geht, wer welche Seite spielen darf.

    Das bedeutet, daß jeder Spieler Punkte „bieten“ kann, um die erste Wahlmöglichkeit zu bekommen.

    Je nach Anzahl der gebotenen Punkte muß er dann auf Units/Equipment verzichten.


    Ich glaube nicht, daß jemand wirklich objektiv sein kann - alle Meinungen sind subjektiv.
    Natürlich gilt das auch für mich.

  • Kennt Ihr kompetitive Spiele, die schon vom Autor vorgesehen einen derartigen Ausgleich mitbringen?

    Arche Nova natürlich mit seinen Anfängerplänen.

    Ansonsten spielen wir aber eher normal und ich gebe dann eher Tipps, wenn jemand was extrem Falsches zu machen scheint. Es bringt nichts, wenn ich jemanden in Wasserkraft 180:45 abziehe und die Person danach nicht mehr mit mir Wasserkraft spielen will. Ich suche ja schließlich Mitspieler für ein Spiel und versuche andere dafür zu begeistern.


    Gruß Dee

  • In #Nations finde ich das elegant gelöst: Auf dem Brett kann sich jeder Spieler anfangs die Schwierigkeit aussuchen und einen Marker dort hinlegen. Der bestimmt einfach nur, wieviele Ressource ich am Anfang der Runde bekomme. Kleiner Hebel, der aber einiges ausmachen kann.

    Die Schwierigkeit hat an Titel angelehnte Namen - wie im Civilization Videospiel - also z.B. "König", was auch schöner ist als z.B. "einfach".

    Natürlich kann man das meistens hausregeln, manchmal machen wir das auch (z.B. mehr Geld am Anfang). Aber wenn es so eingebaut ist, fühlt sich das schöner an, weil man das Spiel trotzdem wie vorgesehen spielt. Selbst erfundene Handicaps empfindet z.B. meine Frau manchmal als kleine Beleidigung ;)

  • Es gibt natürlich einige Spiele, die einen Aufholmechanismus haben. Aus dem Kopf fällt mir da #HEAT ein, da werden die letzten beiden (bei 5/6 Spielern) etwas gepusht indem sie einen kostenlosen Boost bekommen, oder bei #QuacksalberVonQuedlinburg, da gibts die Rattenschwänze, die hintere Spieler aufholen lassen.

    Das finde ich noch alles okay. Aber generell bin ich kein Freund von einem Ausgleich der Spielstärke, der eventuell schon zu Beginn eines Spiels gewährt wird. Oder gar von Hausregeln oder noch schlimmer "gewinnen lassen". Das gibts bei mir nicht.

    Weder möchte ich das selbst haben, wenn ich in einem Spiel schlecht bin oder zurück liege, noch will ich das bei Mitspielern. Selbst bei unseren Kindenspielen nehmen wir selten bis nie Rücksicht auf die Kinder. Ist auch oft nicht nötig, denn nach ein paar Partien gewinnen die auch mal. Und das völlig selbst verdient. Das bedeutet dann auch was und ist nicht "geschenkt".

    Nein. Wir spielen, um zu spielen. Der Sieg ist nicht das wichtigste dabei. Und darum spielt jeder wie er kann und nix ist manipuliert.

  • Um die Eingangsfrage aufzugreifen, ich würde mit einem an das ELO-System angelehnten System beginnen, bei dem Du, Asroc , immer weniger Punkte für einen Sieg bekommst und selbst ein zweiter Platz Dich weit zurück werfen würde. Da wird es dann für den Rest der Familie auch spannender, wer Dritter oder Vierter wird. Quasi eine Metarangliste über alle Spiele.

    In einzelnen Spielen herumzuhausregeln, wäre mir zu mühsam.

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  • Stellt für Euch das Spielen zwischen Spielern unterschiedlichen Spielniveaus ein Problem dar?

    Nein. Allerdings ist es von gegenseitigem Interesse, dass die Unterschiede nicht noch größer, sondern eben eher kleiner werden sollten. Mit zunehmender Spielerfahrung – bspw. durch häufige Wiederholung des gleichen Spiels – steigt auch das Spielniveau bzw. können sich unterschiedliche Niveaus kontinuierlich angleichen.


    Habt Ihr Hausregeln um das auszugleichen? Welche? Wenn nicht, welche könnten Ihr Euch vorstellen?

    Wenn eine Ausgleichsmöglichkeit bzw. Aufholmechanismus bereits vonseiten des Autor/Verlags mitgeliefert wird, finde ich das persönlich (und pädagogisch) sinnvoller als die unterschiedliche Spielstärke nachträglich mit Hausregeln auszugleichen. Das haben weder meine Frau noch ich im gemeinsamen Spiel mit unserer Tochter so gemacht. Da wurde ihr nichts geschenkt. Uns aber auch nicht, denn für Erfolgserlebnisse, die für die Motivation natürlich immanent wichtig sind, gibt‘s schließlich Merk- und Reaktionsspiele wie bspw. Geistesblitz bei dem wir nicht den Hauch einer Chance gegen sie hatten. Sollte ich es dennoch mal „hausregeln“ müssen, dann würde ich einen Punkterückstand (also eine negative Punktzahl zu Beginn) für den/die Stärkere(n) einem Punktevorsprung für den/die Schwächere(n) vorziehen. Auf den ersten Blick scheint es keinen Unterschied zu machen. Wird dieser „Nachteil“ später wieder zurückgenommen, ändert sich für die jetzt nicht mehr so schwachen Spieler*innen nämlich nichts, da diese einfach weiterhin bei „Null“ beginnen.


    Kennt Ihr kompetitive Spiele, die schon vom Autor vorgesehen einen derartigen Ausgleich mitbringen?

    Asymmetrische Rollen wie z.B. bei der Expeditionsleiter-Erweiterung von Die verlorenen Ruinen von Arnak können bewusst dafür eingesetzt werden, und sind ein probates Mittel, um Spielstärke und -erfahrung zumindest ein wenig auszugleichen. Gut finde ich hier zudem, dass die Wahl, einen einfacher zu spielenden Expeditionsleiter zu nehmen, allen freigestellt ist. Es fühlt sich nicht „minderwertig“ an, damit zu spielen. Ganz im Gegenteil, denn bei der (dann allerdings kooperativen Kampagne der) Expedition-Erweiterung will ich bei bestimmten Kapiteln sogar die Falknerin oder der Hauptmann sein …


    Wünscht Ihr Euch, dass das in Zukunft öfter berücksichtigt wird, wie es sich für die Solospielbarkeit in den vergangenen Jahren entwickelt hat? Haltet Ihr das für wahrscheinlich? Warum oder warum nicht?

    Ja, klar. Eine weitere Möglichkeit hast du ja bereits schon mal gespielt bzw. als Prototyp getestet (vielen Dank nochmals für dein ausführliches Feedback). Bei meinem noch unveröffentlichten Spiel Palookal AI sind es die Beutel, die für größere Hände ein gewisses Handicap bedeuten. Kleinere Hände haben darin unbestreitbare Vorteile, schneller die passenden Teile zu finden. Wie wahrscheinlich es ist, dass dieses Spiel jemals erscheinen wird, kann ich dir jedoch nicht beantworten. ;)

  • Erstmal: Schönes Thema. Interessiert mich auch, was andere da für Erfahrungen gemacht haben.


    Stellt für Euch das Spielen zwischen Spielern unterschiedlichen Spielniveaus ein Problem dar?

    Jein. "Problem" halte ich für den falschen Begriff hier. Aber weil für mich das Hauptzeil des gemeinsamen Spielens ist, dass jeder (!) am Tisch am Ende sagen kann, dass es eine schöne, gemeinsam verbrachte Zeit war (und eben nicht: Hauptziel = Gewinnen), habe ich als eher starker Spieler überhaupt keine Probleme damit, schwächeren Spielern (Start-)Vorteile zu gewähren.

    Ziel dabei sollte IMHO aber nicht sein, dass jeder gleich wahrscheinlich gewinnt. Sondern dass schwächere Spieler auch um den Sieg mitspielen können, dabei aber trotzdem nur gewinnen können, wenn sie wenig Fehler machen. Der Bonus muss also nicht zwingend die vollen 100% des Stärkevorteils ausgleichen, und insbesondere wenn die Spielstärke deutlich überkompensiert würde, würde es sich für mich auch schnell falsch anfühlen.


    Habt Ihr Hausregeln um das auszugleichen? Welche?

    Beim Spielen mit der Tochter sind mehr Startressourcen für sie etwas völlig Normales. Wie viel, das lege ich nach Gefühl beim Erstspiel fest. Wenn's überhaupt nicht passt, lässt es sich beim nächsten Mal ja auch leicht anpassen.

    Bei Spielen mit Asymmetrie im Setup kann man auch leicht eingreifen. Wenn z.B. vorgesehen ist, dass irgendwas am Anfang in umgekehrter Startreihenfolge gewählt wird, dann kann man die schwächeren Spieler früh starten UND früh wählen lassen und damit aus dem eigentlich gewollten Balance-Mechanismus einen Stärkeausgleichsmechanismus machen.

    Andere Möglichkeit, die ich bei sowas wie Gaia Project oder Arche Nova schon mit meiner Frau genutzt habe: "Hier sind drei zufällige (Rassen|Zoo|sonstwas)-Spielpläne. Nimm dir einen und gib mir einen." Also dass eher schwächere Spieler etwas für stärkere Spieler wählen dürfen. Oder Terraforming Mars: "Hier sind zwei Sets von 10 Startkarten und 2 Konzernen. Such dir eines aus, ich spiele das andere." Hat manchmal auch den Vorteil, dass man sehen (und lernen!) kann, was andere aus den Möglichkeiten machen können. Aber klar: sowas setzt natürlich voraus, dass großes Vertrauen da ist und sowas nicht als Herabsetzung ankommt. Womit wir wieder am Anfang sind: Gemeiner Spaß am Spielen muss die Nummer 1 sein, nicht das Gewinnen, und das bei ausnahmslos allen am Tisch.


    Kennt Ihr kompetitive Spiele, die schon vom Autor vorgesehen einen derartigen Ausgleich mitbringen?

    Wie oben schon erwähnt: Nations. Sonst fällt mir da nichts ein.


    Wünscht Ihr Euch, dass das in Zukunft öfter berücksichtigt wird, wie es sich für die Solospielbarkeit in den vergangenen Jahren entwickelt hat?

    Auch wenn das jetzt vielleicht überraschend klingt: Nein, das wünsche ich mir NICHT. Ziel der Spiele sollte gute Balance sein. Das ist die originäre Aufgabe der Autoren und Redakteure. Hausregeln nach eigenem Geschmack sind immer 100% Sache der Nutzer. Vorteile gewähren ist nicht Kompliziertes. Kann und soll jede Spielegruppe selbst machen, so wie sie das für gut halten (und dann ggf. sich in Foren & Co darüber austauschen, z.B. zu Kindervarianten).

  • So viele interessante Gedanken! Vielen Dank an alle, die hier schon geschrieben haben oder noch schreiben werden.


    Ein paar weitere Gedanken von mir. Ich halte auch nichts davon, bewusst schlecht zu spielen, um Kinder gewinnen zu lassen. Aber das sehe ich eigentlich nicht, wenn man beim Spielsetup Unterschiede in der Spielstärke berücksichtigt. Diese Unterschiede werden allen bewusst sein, entweder eben durch die Vorgabe oder ohne diese, weil auch die zehnte Partie wieder eindeutig für den gleichen Spieler ausgeht.


    Die Vorgabe schafft aber Spannung, wer genau am Ende hoffentlich knapp vorne liegt. Und so kann jeder bestmöglich nach dem eigenen Vermögen spielen und das Ergebnis hat im Rahmen des hadicap eine Aussagekraft, wer in dieser spezifischen Partie im Rahmen seiner Möglichkeiten gut gespielt hat. Anders wenn der Stärkere seine Spielweise an den Schwächeren anpasst. Dann werden die Partien immer knapp enden, unabhängig wie sehr sich der Schwächere bemüht hat oder wie viele Fehler er gemacht hat. Das kann sich dann für beide tatsächlich unbefriedigend anfühlen.


    Letztlich ist es mir auch ein Anliegen, dass meine Spielpartner stärker werden. Darum bespreche ich mit ihnen nach dem Spiel, was sie anders und besser hätten machen können. Während des Spiels versuche ich das weitgehend zu vermeiden, auch wenn mir das nicht immer gelingt. Sonst beklagt sich ein Kind, dass ich dem anderen mehr geholfen habe. Aus der Besprechung nach dem Spiel können alle lernen. Und es hilft beim Lernen Fehler gemacht zu haben und die Konsequenzen dann auch erfahren zu haben.


    Ansonsten habe ich mir noch weitere Gedanken gerade zu dem Beispiel Agricola gemacht. Ich denke da kann man schön für den Punktevorsprung Boni beim Start des nächsten Spiels geben. Das funktioniert auch gut, wenn das Spiel schon etwas her ist, wenn man auf den Wertungsblock schaut. Zum Beispiel könnte ein Siegpunkt ein Nährwert für das nächste Spiel wert sein, 2 Siegpunkte eine einfache Ressource wie Holz, ein Feld 5 Siegpunkte, ein Rind vielleicht 8 und eine zusätzliche Person 15 Siegpunkte. Je nach Handkarten könnte man dann auch das für dieses Guthaben kaufen, was am besten passt. So ergibt sich ein weiteres Stück Spieltiefe. Hat der Schwächere für 12 Siegpunkte Boni kaufen dürfen und gewinnt damit dann mit 5 Siegpunkten, erhält er für das nächste Spiel nur noch einen Bonus von 7 Siegpunkten, und so weiter. Allerdings sehe ich hier schon eine Herausforderung, dass gut auszubalancieren. Wieviele Siegpunkte ist welche Ressource wirklich wert? Um das heraus zu finden, wird es einige Partien brauchen. Schöner wäre es darum, wenn der Spieleautor das während der hoffentlich vielen Testpartien schon herausfindet und dann entsprechende Tabellen mit dem Spiel zur Verfügung stellt. Vielleicht kann ja der ein oder andere Autor, der hier vielleicht mitliest das als Anregung für zukünftige Spiele mitnehmen. Ich werde das aber vermutlich trotzdem für Agricola und vielleicht auch andere Spiele ausprobieren. Da sollte sich dann mit dem Aufholen der schwächeren Spieler auch ein Reduzieren der Boni beobachten lassen. Danke in diesem Zusammenhang auch an Warbear für den Hinweis auf ASL und das reduzierte Equipment.

  • My Lil‘ Everdell bietet mit zusätzlichen Startkarten einen schönen Mechanismus um die Gewinnchance von Kindern zu erhöhen. Durch die beiden möglichen Karten gibt es Vorteile bei Ressourcen, Siegpunkten und der Möglichkeit an Paraden während des Spiels (wieder Siegpunkte) zu gelangen.


    Wir haben mit beiden Karten gestartet, dann auf eine reduziert und spielen inzwischen ohne Bonus.

  • Man sollte dabei aber auch immer berücksichtigen, dass es auch eine negative Spielerfahrung sein kann, wenn jemand trotz Handicap-Regelung (deutlich) gewinnt.

  • Gut gelöst finde ich die Vor- und Nachteilskarten in der Jubiläumsausgabe von #GalaxyTrucker, die zu Beginn des Spiels optional gewählt werden können. Die haben schon in verschiedenen Konstellationen für spannende und recht ausgewogene Spielverläufe mit unerfahreneren Spielern gesorgt. Ansonsten sieht man bei Galaxy Trucker mitunter schon heftige Unterschiede im (Zwischen-)Ergebnis, die die Motivation vor dem zwar punkteträchtigen, aber auch längeren dritten Flug schon für einzelne und schlimmstenfalls alle am Tisch stören können.


    Bei größeren Unterschieden in der Spielstärke setze ich mittlerweile lieber auf kooperative als auf kompetetitive Spiele als nach Ausgleichen zu suchen oder nur einfache kompetitive Spiele zu spielen, damit alle Spaß haben. In einer meiner Runden halte ich beispielsweise leider schon ein Tribes of the Wind auf Grund der Symbolik für zu kompliziert. Da hilft dann auch kein Ausgleichsmechanismus.


    Dennoch würde ich es begrüßen, wenn Autoren und Redaktionen öfter Ausgleiche als Varianten vorsehen, wo dies möglich und sinnvoll ist, z.B. auch als Gateway im Kennerspielbereich.

  • Man sollte dabei aber auch immer berücksichtigen, dass es auch eine negative Spielerfahrung sein kann, wenn jemand trotz Handicap-Regelung (deutlich) gewinnt.

    Ich fänd so eine Situation für beide Seiten recht unbefriedigend. Es wird immer heißen, man habe nur wegen dem Handycap gewonnen. Bin klar gegen auch irgendwie geartete Ausgleichsregeln, wenn es rein um Spielstärke geht. Ich sehe da halt einfach nicht, warum das so sein muss. Verlieren gehört zu einem Spiel dazu, ohne hätte das gewinnen keinen Wert. Hätte ich damals beim Schachlernen nicht regelmäßig "aufs maul" bekommen, wäre ich nie richtig gut geworden.

  • Stellt für Euch das Spielen zwischen Spielern unterschiedlichen Spielniveaus ein Problem dar?

    Nein, wer besser spielt/mehr Glück hat gewinnt. Darum spiele ich Brettspiele.


    Habt Ihr Hausregeln um das auszugleichen? Welche? Wenn nicht, welche könnten Ihr Euch vorstellen?

    Nein. Hausregeln kommen mir nicht ins... Haus... siehe Punkt 1

    Wünscht Ihr Euch, dass das in Zukunft öfter berücksichtigt wird, wie es sich für die Solospielbarkeit in den vergangenen Jahren entwickelt hat? Haltet Ihr das für wahrscheinlich? Warum oder warum nicht?

    Ist mir egal. Siehe Punkt 1.

    Dass jemand in einem Brettspiel mal deutlich überlegen oder unterlegen ist, ist nunmal nichts Ungewöhnliches. Bei fast allen Spielen die ich besitze gibt es auch einen (mal größeren, mal kleineren) Glücksfaktor, der das Spiel maßgeblich beeinflussen kann. Gegen den kann will ich schon deshalb nicht "gegen regeln" da so immer der fade Beigeschmack bleibt, dass der gehandicapte Spieler nur deshalb verloren weil er eben gehandicapt war. So kann sich der Sieger nicht wirklich über seinen Sieg freuen und für den Verlierer ist es auch unbefriedigend. Ist

  • Man sollte dabei aber auch immer berücksichtigen, dass es auch eine negative Spielerfahrung sein kann, wenn jemand trotz Handicap-Regelung (deutlich) gewinnt.

    Ich fänd so eine Situation für beide Seiten recht unbefriedigend. Es wird immer heißen, man habe nur wegen dem Handycap gewonnen. Bin klar gegen auch irgendwie geartete Ausgleichsregeln, wenn es rein um Spielstärke geht. Ich sehe da halt einfach nicht, warum das so sein muss. Verlieren gehört zu einem Spiel dazu, ohne hätte das gewinnen keinen Wert. Hätte ich damals beim Schachlernen nicht regelmäßig "aufs maul" bekommen, wäre ich nie richtig gut geworden.

    Das kommt grundsätzlich noch dazu, ja. Ich persönlich fand aber Settings, in denen jemand halt trotz Nachteil gewonnen hat deutlich weniger motivierend wirkend, als wenn jemand durch eine kleine Bevorteilung auf Aufgenhöhe gehoben wurde.

  • Bei ASL-Tournaments gibt es oftmals ein Bidding-System, wenn es darum geht, wer welche Seite spielen darf.

    Das bedeutet, daß jeder Spieler Punkte „bieten“ kann, um die erste Wahlmöglichkeit zu bekommen.

    Je nach Anzahl der gebotenen Punkte muß er dann auf Units/Equipment verzichten.

    You dare to refuse my batchall?

    geekeriki.tv

    YouTube.com/geekeriki

  • Gut gelöst finde ich die Vor- und Nachteilskarten in der Jubiläumsausgabe von #GalaxyTrucker, die zu Beginn des Spiels optional gewählt werden können.

    .. und wie funktionieren die?

    Jeder Spieler, der einen Vor- oder Nachteil erhalten soll, zieht eine zufällige sog. "Gleichmacher"-Karte (von 5), die nicht nur einfach mehr oder weniger Punkte bringt, sondern bestimmte Spielparameter für diesen Spieler ändert.


    Z.B. lautet der Vorteil auf einer dieser Karten "Während des Flugs erhältst Du immer +1 auf deine Motorenstärke, Waffenstärke und Besatzungsgrösse" (jeweils ab mind. 1), als Nachteil entsprechend -1 plus den Zusatz "Wenn du nicht mindestens 2 menschliche Astronauten hast, musst du den Flug abbrechen".

  • Ich fänd so eine Situation für beide Seiten recht unbefriedigend. Es wird immer heißen, man habe nur wegen dem Handycap gewonnen.

    Du hast zu viel Fokus auf das Gewinnen-Wollen. Du misst dem gemeinsamen Spaß am Spielen, gerade mit Kindern, zu wenig Wert bei. Dann kann das nur unbefriedigend werden.

    Ansonsten nochmal den Hinweis: Ein wie auch immer gearteter Ausgleich muss nicht 100% des Spielstärke-Vorteils ausgleichen. Die Stärke soll ruhig häufiger gewinnen. Aber eben nicht so, dass der Schwächere irgendwann sagt: "Spiel doch alleine!" Gerade als tendenziell starker Spieler liegt's doch überhaupt nicht in meinem Interesse, meine Mitspieler zu vergraulen... :)

  • Ich fänd so eine Situation für beide Seiten recht unbefriedigend. Es wird immer heißen, man habe nur wegen dem Handycap gewonnen.

    Du hast zu viel Fokus auf das Gewinnen-Wollen. Du misst dem gemeinsamen Spaß am Spielen, gerade mit Kindern, zu wenig Wert bei. Dann kann das nur unbefriedigend werden.

    Ansonsten nochmal den Hinweis: Ein wie auch immer gearteter Ausgleich muss nicht 100% des Spielstärke-Vorteils ausgleichen. Die Stärke soll ruhig häufiger gewinnen. Aber eben nicht so, dass der Schwächere irgendwann sagt: "Spiel doch alleine!" Gerade als tendenziell starker Spieler liegt's doch überhaupt nicht in meinem Interesse, meine Mitspieler zu vergraulen... :)

    Mir persönlich ist das gewinnen recht egal, gebau deshalb brauch ich ja auch keine "Ausgleich Mechanismen". Gerade die Idee, so etwas einführen zu wollen, zeugt doch viel et davon, dass einem das gewinnen doch wichtiger ist, als das Spielen ansich?


    In dem von dir geschilderten Fall, dass Person a immer gegen b gewinnt, sehe ich dann eher die bringschuld bei person a, Person b mit Tips zu unterstützen, so dass sie besser wird. Das ist für beide seiten der deutlich befriedigerende Weg, gerade auch bei Kindern. Die sich den Erfolg dann quasi selbst erarbeiten und ungemein stolz sind.

    Einmal editiert, zuletzt von HotSauce ()

  • Gerade die Idee, so etwas einführen zu wollen, zeugt doch viel et davon, dass einem das gewinnen doch wichtiger ist, als das Spielen ansich?

    Nein, da geht's überhaupt nicht um das Gewinnen. Nur um das Nicht-völlig-abgeschlagen-sein, denn das bringt niemandem Spaß.


    In dem von dir geschilderten Fall, dass Person a immer gegen b gewinnt, sehe ich dann eher die bringschuld bei person a, Person b mit Tips zu unterstützen, so dass sie besser wird.

    Das funktioniert immer nur bis zu einem gewissen Punkt. Wenn du mit der Profimannschaft des 1.FC Köln ins Trainingslager fährst, wirst du dadurch auch nicht zum Fußballer auf Bundesliga-Niveau...

  • Gerade die Idee, so etwas einführen zu wollen, zeugt doch viel et davon, dass einem das gewinnen doch wichtiger ist, als das Spielen ansich?

    Nein, da geht's überhaupt nicht um das Gewinnen. Nur um das Nicht-völlig-abgeschlagen-sein, denn das bringt niemandem Spaß.


    In dem von dir geschilderten Fall, dass Person a immer gegen b gewinnt, sehe ich dann eher die bringschuld bei person a, Person b mit Tips zu unterstützen, so dass sie besser wird.

    Das funktioniert immer nur bis zu einem gewissen Punkt. Wenn du mit der Profimannschaft des 1.FC Köln ins Trainingslager fährst, wirst du dadurch auch nicht zum Fußballer auf Bundesliga-Niveau...

    Ne, aber wenn ich das doch vorher weiss, dass Spieler A im Spiel "um längen abgeschlagen sein wird", dann Spiel ich ggf halt einfach ein anderes Spiel und trainiere damit die Fähigkeiten von Spieler B?


    Das ganze ist doch eh recht hypotetisch, oder? Wie oft kommt es vor, dass man den "Klassenunterschied" schon vor dem Spielen weiss? Das Spielen mit Kindern mal ausgenommen, aber selbst da fällt mir ansich nichts ein, was ich mit Kindern spielen würde, wo diese automatisch immer so extrem abgeschlagen wäre, dass es keinen Spass machen würde

  • Ne, aber wenn ich das doch vorher weiss, dass Spieler A im Spiel "um längen abgeschlagen sein wird", dann Spiel ich ggf halt einfach ein anderes Spiel und trainiere damit die Fähigkeiten von Spieler B?

    Es ist absolut möglich, dass zwei Spieler gerne ein Spiel, sagen wir mal: Agricola, spielen und am Ende zufrieden sind mit dem, was sie aus ihren zufälligen 7+7 Startkarten gemacht haben. Wichtig hier: kein Drafting, sondern ganz bewusst zufällige Startbedingungen und das "mach etwas daraus!" als Auftrag, ohne Anspruch auf perfekte Balance! Und trotzdem ist bei der Abrechnung in 80% der Fälle der eine vorne. Aber das ist völlig egal, wenn beide ihren Spaß hatten. Gerade Aufbau-Spiele wie Agricola schaffen es IMHO wunderbar, unabhängig von Endergebnis in Form von Siegpunkten allen Beteiligten Spaß zu machen, egal ob man am Ende dann gewonnen hat oder nicht. Genau sowas macht für mich auch den Reiz von vielen guten Brettspielen aus.

  • Stellt für Euch das Spielen zwischen Spielern unterschiedlichen Spielniveaus ein Problem dar? Habt Ihr Hausregeln um das auszugleichen? Welche?

    Als meine Kinder noch jünger waren (6-9 Jahre) gab es für sie bei bestimmten Spielen gewisse Vorteile in den ersten Partien, damit mögliche Rückschläge nicht zu schnell kommen oder nicht zu heftig ausfallen.


    #Catan --> im Alter von 6/7 Jahren --> Handkartenlimit bzgl. Verlust durch den Räuber auf 11 Karten erhöht, nach einer Zeit auf 9 reduziert bis wir dann mit entsprechender Spielsicherheit bei den regulären 7 Karten angelangt waren.

    #GalaxyTrucker --> anfangs war ein Baufehler kostenfrei erlaubt, später gestatten wir einen Baufehler wenn dieser mit Credits in Höhe der aktuellen Runde bezahlt wurde (allerdings galt letzte Regelung dann für alle ^^ )

    #Dominion --> anfangs eher genereller Verzicht auf die Angriffskarten, welche einen mit Flüchen überschütten können

    #AufDenSpurenVonMarcoPolo --> freie Charakterwahl für die Kinder, anstatt einer enger begrenzten Auswahl

    #Klong! --> Verzicht auf eine schnelle Rein-/Raus-Partie von uns Erwachsenen, sofern sich sowas ergeben hätte


    Nachdem sie aber mittlerweile älter sind, besteht derzeit keine Notwendigkeit für irgendwelche Erleichterungen. Da ist es eher eine grundsätzliche Frage des persönlichen Geschmacks, ob man mitspielen möchte - weniger die Frage nach einem Ausgleich möglicher persönlicher Nachteile.

  • Ne, aber wenn ich das doch vorher weiss, dass Spieler A im Spiel "um längen abgeschlagen sein wird", dann Spiel ich ggf halt einfach ein anderes Spiel und trainiere damit die Fähigkeiten von Spieler B?

    Es ist absolut möglich, dass zwei Spieler gerne ein Spiel, sagen wir mal: Agricola, spielen und am Ende zufrieden sind mit dem, was sie aus ihren zufälligen 7+7 Startkarten gemacht haben. Wichtig hier: kein Drafting, sondern ganz bewusst zufällige Startbedingungen und das "mach etwas daraus!" als Auftrag, ohne Anspruch auf perfekte Balance! Und trotzdem ist bei der Abrechnung in 80% der Fälle der eine vorne. Aber das ist völlig egal, wenn beide ihren Spaß hatten. Gerade Aufbau-Spiele wie Agricola schaffen es IMHO wunderbar, unabhängig von Endergebnis in Form von Siegpunkten allen Beteiligten Spaß zu machen, egal ob man am Ende dann gewonnen hat oder nicht. Genau sowas macht für mich auch den Reiz von vielen guten Brettspielen aus.

    Ja, und was sagt das aus? Das ist doch kein Fall wo der andere bei Drafting unbedingt um längen abgeschlagen gewesen wäre? Zumal hier ja trotzdem beide, auch mit der "Hausregel" mit gleichen Bedingungen starten und gar keiner einen klaren Vorteil hat?

  • Es ist absolut möglich, dass zwei Spieler gerne ein Spiel, sagen wir mal: Agricola, spielen und am Ende zufrieden sind mit dem, was sie aus ihren zufälligen 7+7 Startkarten gemacht haben. Wichtig hier: kein Drafting, sondern ganz bewusst zufällige Startbedingungen und das "mach etwas daraus!" als Auftrag, ohne Anspruch auf perfekte Balance!

    Ich kann da nur von mir sprechen. Wenn ich mit jemanden Agricola spielen würde, bei dem klar ist, daß derjenige deutlich weniger Erfahrung als ich hätte, dann wäre mein Vorschlag zu einem möglichen Nachteilsausgleich folgender: Ich bekomme meine 7+7 Startkarten, und er darf sich seine 7+7 Startkarten aus einem Pool von 9+9 Karten aussuchen. Somit hätte der Andere eine höhere Wahrscheinlichkeit auf mögliche Synergieeffekte, was aus meiner Sicht für bessere Chancen auf ein engeres Rennen sorgen könnte. Denn ein Mitspielen mit dem Wissen, daß man eh keine Chance auf den Sieg hat, fühlt sich nach meiner Erfahrung eher suboptimal an.

  • Hm,

    ich beziehe mich mal auf das Spielen unter Erwachsenenen - denn Spielen mit Kindern finde ich relativ einfach zu handeln: ich lasse die (kleinen) Kinder nur indirekt gewinnen (motiviert zumindest meine!), indem ich normal spiele, beim Punkte-zählen dann aber meine Punktzahl an die der Kinder anpasse, damit kein großer Abstand entsteht. Mal gewinnt ein Kind, mal ich.

    Unter Erwachsenen finde ich einen Ausgleich zur Spielstärke ein wenig "kindisch". Ich frage mal provokativ: wo bleibt denn der Ehrgeiz, sich verbessern zu wollen? Habe ich früher verloren, habe ich mich geärgert und wollte es beim nächsten Mal besser machen. Dazu gehört es (auch), dem Sieger zuzusehen und zu lernen. Durch das Beobachten der Mitspieler-Strategien sehe ich, womit sie ihre Punkte machen, und ich kann entscheiden, ob ich Teile der Strategie übernehme und nutze, oder ihre Strategie durchquere. Durch Fehler, die ich mache und von anderen ausgenutzt werden (wodurch ich verliere), dadurch lerne ich doch dazu (okay, ist auch schon vorgekommen, dass ich in zwei Spielen hintereinander denselben Fehler gemacht habe und deshalb verloren habe), aber will ich mich im Spiel verbessern, oder nur gewinnen?

    Wasserkraft wurde angeführt - ich versuche möglichst viele Punkte zu machen, aber ein 125-100-Sieg ist mir nicht so viel wert wie eine 160-165-Niederlage, denn ich habe mehr Punkte bekommen, nur mein Gegenspieler hat eben etwas besser gespielt, das verdient meine Bewunderung, und kein Ausgleich von 1 Geld mehr oder dergleichen. Ich möchte mich messen, gerne auch gewinnen, aber bei manchen Mitspielern vermisse ich doch den Ehrgeiz, sich verbessern zu wollen, wenn man 3x nicht gewinnen konnte.

  • Bei Nations mache ich das immer, fand auch noch nie jemand doof. Ist wirklich sehr schön ins Spiel eingearbeitet.


    Ansonsten biete ich das auch immer bei MegaCiv an, das kann später im Spiel deutlich helfen Erfolgserlebnisse zu erhöhen.

    Im Ringkrieg spiele ich auch gern mit nem Handicap, funktioniert auch sehr gut (+/- 1 Aktionswürfel für den Schatten).


    Tipps sind zwar etwas Gutes und gebe ich sehr gerne, aber macht ab nem gewissen Grad das Spiel langweilig. Daher nicht immer hilfreich.

    Wichtig finde ich vorallem, dass man versucht den Spielspass aller Spieler hochzuhalten und im Zweifel auch mal nen schlechteren, "netteren" Zug macht.

  • Halte ich bei Erwachsenen nichts von. Nur bei Terraforming Mars finde ich das mit den Anfängerkonzernen gut gelöst.

    Der Anfänger hat was davon (volle Hand und Recht viel Geld). Die anderen aber auch, dass das Spiel nicht verzögert wird, weil der Anfänger alle Karten behalten darf. Müsste er auswählen, welche er behalten möchte, würde das im Schnitt deutlich länger als bei einem erfahrenen Spieler brauchen.

    So gut gelöst hatte ich das bisher in noch keinem anderen Spiel gesehen.

  • Also bei manchem Mitspielern, würde ich mir das höchstens aus Eigeninteresse wünschen. Da würde als Ausgleich aber schon eine Art Schachuhr reichen, damit die nicht so lange überlegen dürfen.. :D

  • Also bei manchem Mitspielern, würde ich mir das höchstens aus Eigeninteresse wünschen. Da würde als Ausgleich aber schon eine Art Schachuhr reichen, damit die nicht so lange überlegen dürfen.. :D

    Sowas fände ich dann auch gut, wenn die Prozentuale Abweichung zum Durschnitt der Bedenkzeit dann 20% übersteigt gibt es Punkteabzug.