Probleme mit der Schule... was nun?

  • Beitrag von Brettspiel Dude ()

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  • Zuerst einmal: Danke für deine Offenheit.


    Hast du schon versucht, mögliche Ansprechpartner zu kontaktieren, die mit der schulischen Situation in deinem Ort bzw. Landkreis vertraut sind?


    Wie zum Beispiel:

    - Bürgerhilfsstelle/Familienbeauftragte im Rathaus

    - Jugendamt

    - Therapeuten der Tagesklinik bzw. des akuellen Behandlungszyklus

    - Familienberatung der Caritas, Diakonie etc.

  • Jein. In der übernächsten Woche findet bei der Clearingstelle des Jugendamtes ein Gespräch statt für die Weiterbewilligung der Integrationskraft. Denke, da kann man das durchaus auch noch mal aufgreifen.

    Ich würde auch zum jetzigen Zeitpunkt ungern "über den Kopf" der Schule gehen, weil das die Situation sicherlich nochmal eskalieren wird (bzw. die Bereitschaft der Lehrerin und Rektorin an Mithilfe deutlich mindern wird).


    Die Psychotherapeutin hat sich durchaus angeboten, auch mal mit der Schule zu sprechen... ob und wie so ein Termin stattfinden kann... die wohnen in jeweils unterschiedlichen Städten (wir sind froh, überhaupt einen Psychotherapieplatz gefunden zu haben. Ich fahre jeden Mittwoch fast 2 Stunden dafür... )

  • Ich habe persönlich kann dir nicht weiterhelfen, aber meine Frau hat eine kurze Zeit als Schulbegleiterin gearbeitet und hatte eben genau solche Schüler auf einer integrativen Gesamtschule begleitet.

    Grundsätzlich haben Schüler, welche Schwierigkeiten im Schulalltag haben, einen Anspruch auf eine persönliche Schulbegleitung (zumindest dort an der Schule). Diese begleitet das Kind durch den gesamten Schulalltag. Oft ist es so, dass die Schulbegleitung gleich bleibt, sodass sich der Schüler und die Begleitung einspielen können. Es werden Anfang des Jahres Lernziele für den Schüler festgelegt, in dem auch die Schulbegleitung eingezogen wird, sodass diese gezielt helfen kann. Auch erfolgen Abstimmungsgespräche mit Sonderpädagogin, Klassenlehrerin und Eltern, sodass man immer im Austausch ist.


    In entsprechenden Klassen gibt es eine Sonderpädagogin, welche vereinfachte Lernmaterial für die Schüler mit Förderbedarf anfertigt, zum Teil individuell. Das hilft Schülerinnen und Schülern in Fächern, in der en sie Schwierigkeiten haben, noch konstruktiv teilzuhaben.


    Oft ist es so, dass wenn ein Schüler zu viel hat oder Luft rauslassen muss/ Klasse extrem stört, verlassen sie in Begleitung der Schulbegleitung die Klasse, lassen Dampf ab und kommen wieder rein.


    Das hat bei meiner Frau auf der Schule eigentlich prima geklappt. Vielleicht wäre das auch eine Lösung für euch?


    Euer Sohn hat ja scheinbar nur punktuell Schwierigkeiten und könnte mit gezielter Hilfe den Schulalltag bestreiten. Leider scheint die Klassenlehrerin mit der Situation, überfordert zu sein, da sie wenig individuell agieren kann und zusehen muss, dass der Unterricht für alle weiterläuft. Da wäre ne Schulbegleitung doch prima. Diese könnte viel individueller mit dem Jungen arbeiten, in fächern wo es Schwierigkeiten gibt und ihm dafür mehr Freiräume lassen, in fächern wo er stark ist. Zudem nimmt sie der Lehrerin den Druck ab und kann gegebenenfalls für Abwechslung sorgen, falls euer Sohn zu viel hat.


    Edit: da ich es Eingangs falsch verstanden habe nochmals die Frage: Ist die Integrationskraft individuell für euren Sohn zuständig oder begleitet sie eine ganze Klasse?

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  • Als Laie werde ich mich hüten, da irgendwelche Tipps zu geben... ich habe eher eine Frage:

    Diese Arbeitsverweigerung, die ja offensichtlich ein emotionales Nebenprodukt seiner Krankheit ist... da haben die Schule und Ihr als Familie ja offensichtlich unterschiedliche Auffassungen, wer für "die Folgen" verantwortlich ist (sorry, wenn das hölzern formuliert ist). Sprich: Die Schule sieht sich jedenfalls nicht in der Pflicht, also wird er regelmäßig heimgeschickt.


    Gibt es da keine offizielle Regelung? Schulbehörde oder sowas? Auch wenn du die Schule aus der Schusslinie nehmen willst, macht sie es sich da mMn doch arg einfach. Eine gewisse Anpassung an einen ADHS-Schüler ist zudem meines Wissens nach durchaus vorgegeben - inwieweit die aber Pflicht ist, weiß ich nicht.

  • Die Situation kenne ich von meinem Sohn, der allerdings schon 12 Jahre alt war, als die Problematik stärker wurde. Ein Schulwechsel kann wahre Wunder wirken und Psychologe ist nicht gleich Psychologe. Auf jeden Fall deinen Sohn bei Entscheidungen mit ins Boot holen. Die Mobbing-Situation innerhalb der Klasse könnte alles noch verschärfen. Auch Überlegungen hinsichtlich des Medikaments stehen an. Mein Sohn ist jetzt 25 und möchte nicht mehr in die Situation kommen wieder Medikamente zu nehmen und lehnt deshalb ein Studium ab. Diese Menschen haben nur eine Lernbereitschaft wenn sie etwas interessiert, dann sind sie äusserst bei der Sache. Ansonsten langweilen sie sich und ecken dadurch natürlich bei den Klassenkameraden und den Lehrern an. Ich drücke dir in dieser schweren Situation die Daumen, dass ihr eine Lösung finden werdet, aber mein Rat ist immer zusammen mit deinem Sohn.

  • Meines Erachtens bist du da jedoch ziemlich der Schule bzw. der Lehrkraft ausgeliefert. Ich kann verstehen, wenn du keine Maßnahmen über ihren Kopf hinweg umsetzen möchtest, aber grundsätzlich sehe ich derzeit zwei Szenarien:


    1.) Dein Sohn kann auf der Schule bleiben. Vielleicht ist ein erweitertes Gespräch im Rahmen einer Elternsprechstunde möglich, an dem auch die Psychotherapeutin und die Schulleitung mit teilnehmen kann. So hat man ggf. nochmals die Chance, die Situation kurz darzulegen und um Lösungen zu suchen, wie die Integration in der Klasse gelingen kann. Denn wenn kein aktives Stören vorliegt, sollte das ein zwingendes Abholen vom Unterricht nicht rechtfertigen. Und da könnte der Einblick einer Fachkraft helfen, bei der Schule das Verständnis für die Kennzeichen von ADHS zu erweitern.


    2.) Es muß eine andere Schule/Schulform gefunden werden. Dann brauchst du dir aber auch keine Gedanken mehr um die Befindlichkeiten der aktuellen Schule zu machen. Und bei dieser Suche nach Alternativen würde ich nur mit der jeweiligen Stelle (Jugendamt, Familienberatung etc.) kommunizieren.

  • Da habt ihr noch ganz schön was vor euch...

    Unser Sohn hatte exakt das gleiche "Krankheitsbild". Jetzt ist er 18 und bald fertig mit der Schule (der 5. Inzwischen). Davor zwei Kindergärten und und und...

    Es scheint leider so zu sein, dass die pädagogische Ausbildung solche Kinder nach wie vor nicht berücksichtigt. Die Lehrer sind dann einfach hilflos. Eine notwendige Verzahnung zwischen Schule und Elternhaus funktioniert in den seltensten Fällen, so dass wir in der weiterführenden Schule dann auf Anraten der Kinder- und Jugendpsychologin in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt uns für eine Unterbringung im Internat nach ¶35a entschieden haben. Das war eine sehr schwere und schmerzhafte Entscheidung, aber im Rückblick das Beste, was wir für unseren Sohn machen konnten. Er hat das alles inzwischen ganz gut im Griff, auch wenn er natürlich immer ein ADHS-Problem haben wird. Ist halt nicht heilbar. Ich bin mir aber sicher, dass er zuhause niemals soweit gekommen wäre. Es gibt hier einfach keine adäquate Beschulung und wir hätten das sicher auch von unserer Seite nicht so gut hinbekommen.

    Er war übrigens trotz einem IQ von 130+ die ersten zwei Schuljahre auf einer Förderschule mit einer Klassegröße von 5 Schülern. Das hatte ihm ganz gut getan, leider ist diese Schule nur für die Anfangsjahre, daher dann das Internat.

    Übrigens gibt es durch das Jugendamt Förderungen für Privatschulen, wenn der Bedarf anerkannt wird. Man muss nur mit denen reden. Wenn ihr da also eine passende Schule habt nur zu! Es ist keine Schande mit dem Jugendamt zu reden, Hauptsache eurem Sohn wird geholfen!

    Ich drücke euch die Daumen und wünsche euch viel Kraft für die kommenden Jahre!

    Immer dran denken: Alles wird gut! :)

  • Beitrag von Brettspiel Dude ()

    Dieser Beitrag wurde vom Autor aus folgendem Grund gelöscht: s.o. ().
  • (wir sind froh, überhaupt einen Psychotherapieplatz gefunden zu haben. Ich fahre jeden Mittwoch fast 2 Stunden dafür... )

    Hi, ich kann zwar zur grundsätzlichen Problematik nicht viel beisteuern, aber das Thema Psychotherapie und Therapieplatz ist schon seit Jahren ein Problem (erst Recht im Ruhrgebiet), falls Du/ihr gesetzlich versichert seid.


    Es gab seinerzeit die Möglichkeit bei der Krankenkasse einen "Antrag auf außervertragliche Psychotherapie" zu stellen, wenn man keinen Therapieplatz gefunden hat. Evtl. hilft es ja zumindest was die Fahrzeit angeht, einen Platz in der Nähe zu bekommen (falls ihr überhaupt wechseln wollt).


    Informiere Dich einfach bei deiner Krankenkasse wie genau die Formalien sind. Oft bekommt man als "Selbstzahler" eher einen Platz als wenn Du versucht über den normalen Prozess (Abrechnung über die KV Karte) einen Platz zu bekommen.


    Ist zwar schon zehn Jahre her das ich damit dienstlich zu tun hatte, aber ich kann mir durchaus vorstellen, dass es die Möglichkeiten weiterhin gibt (Beantragen darf man ja erstmal grundsätzlich alles).


    Für euch - und insbesondere für euren Sohn - alles Beste!

  • Moin,

    gibt es einen schulsychologischen Dienst? In NRW und Bremen wären die die Ansprechpartner. Andere Bundesländer kennen ich nicht...


    Hier in Bremen ist die Gesetzeslage so, dass die Schule die Betreuung sicherstellen MUSS! Auch hier wird dies häufig genug abgeschoben... aber eher bei nicht informierten Eltern.


    Meine Kinder fremdeln mit dem eintönigen Unterricht in der Grundschule manchmal auch. Kind 3 betreibt alle paar Wochen Totalverweigerung im Wechsel mit emsigem Mitarbeiten.


    Binnendifferenzierung ist Aufgabe des Lehrpersonals, hier wäre die Frage, ob ihr da das Gespräch gesucht habt?


    Herzliche Grüße

  • Ich habe eine Freundin, die Schulsozialarbeiterin ist, wenn du da noch eine Meinung hören möchtest.


    Habt ihr nur eine Grundschule vor Ort? Vielleicht hilft auch ein Wechsel innerhalb des Systems. Wie andere schon ausgeführt haben, ist die Lehrkraft und deren Einfühlungsvermögen - aber auch Durchsetzungskraft - an der Stelle wahrscheinlich entscheidend. Mit meiner Tochter in der ersten Klasse hatten wir eine Anreihung von Lehrer*innenwechseln und da haben wir die Unterschiede insbesondere bei den verhaltensoriginellen Kindern sehr gut beobachten können.

  • Als Lebensgefährte einer Sonderpädagogin nur mal kurz folgender Gedanke:
    Es hat schon seinen Grund, das Sonderpädagogik ein separater Studiengang ist. Die Klassen sind sehr klein, die Schüler werden individuell betreut. Das heißt, im Zweifelsfall erstellt meine Freundin für jedes Kind speziell angepasste Arbeitsmaterialien, fördert jedes Kind einzeln steht im ständigen Kontakt mit Schulsozialarbeitern, Eltern und Behörden. Außerdem testet sie auffällige Kinder und schreibt Gutachten. Alles sehr speziell... eben für spezielle Kinder auf speziellen Schulen. Ich weiß nicht wie viel man davon einer Lehrkraft zumuten kann die 28 Kinder (die ja auch nicht alle gleich sind) in einer regulären Schulklasse bändigen muss.

  • Als Lebensgefährte einer Sonderpädagogin nur mal kurz folgender Gedanke:
    Es hat schon seinen Grund, das Sonderpädagogik ein separater Studiengang ist. Die Klassen sind sehr klein, die Schüler werden individuell betreut. Das heißt, im Zweifelsfall erstellt meine Freundin für jedes Kind speziell angepasste Arbeitsmaterialien, fördert jedes Kind einzeln steht im ständigen Kontakt mit Schulsozialarbeitern, Eltern und Behörden. Außerdem testet sie auffällige Kinder und schreibt Gutachten. Alles sehr speziell... eben für spezielle Kinder auf speziellen Schulen. Ich weiß nicht wie viel man davon einer Lehrkraft zumuten kann die 28 Kinder (die ja auch nicht alle gleich sind) in einer regulären Schulklasse bändigen muss.

    Bin ich voll bei Dir. Ich hab selbst mal Lehramt studiert und kann das VOLL nachvollziehen. Es stellt sich halt die Frage, was die Lösung ist. Mein Sohn hat ja keine anerkannte Behinderung, sondern "lediglich" ADHS (und erhält morgens seine Medikation).

  • Depa Eine Alltagshelferin hat er schon - die heißt hier Integrationshelferin. Das sind - und das soll nicht despektierlich klingen - normale unausgebildete Menschen, die eine kleine Fortbildung gemacht haben. Die erste Kraft, die wir hatten, wusste nicht mal, was ADHS überhaupt ist. Die zweite hat immerhin selbst einen Sohn mit ADHS - aber irgendwie stellt sich bei ihr wohl auch eine Überforderung ein.

    Ja, an der Schule meiner Frau gab es aber auch speziell ausgebildete Fachkräfte. Das weiß ich, da meine Frau soziale Arbeit studiert hat ;)


    Aber auch andere Schulbegleiter waren entsprechend qualifiziert. Sie Koordinatorin hatte, je nach Background der Schulbegleitung, diese entsprechend den Kindern zugeordnet. Die Schule war aber auch. wie schon erwähnt, komplett darauf ausgelegt. Natürlich kann man im euren fall auch Pech haben und eine eher unqualifizierte (nicht geeignete?) Schulbegleitung bekommen... Dann muss man weitergucken.

    Einmal editiert, zuletzt von Depa ()

  • Leider ist das Thema, wie gut eine Lehrkraft mit herausfordernden SuS umgehen kann, ein sehr persönliches Thema.


    Viele Lehrkräfte sind zu dem Thema nicht ausgebildet und hier ist es persönliches Interesse sich mit diesem Thema weiterzubilden.


    Ich war nun 4 Jahre an einer Grundschule, die eine Schule des gemeinsamen Lernens ist. Dort sind alle geübter darin mit herausfordernden SuS umzugehen aber trotzdem sind wir alle immer wieder an unsere Grenzen gestoßen, nicht zuletzt wegen dem Personalschlüssel. Bei uns dürfen solche SuS teilweise ganz individuell dem Unterricht folgen: Mal rausgehen, etwas rennen und spielen oder wir haben eine Auszeit Kiste mit verschiedensten stillen Beschäftigungen. Die anderen SuS in der Klasse sind es auch gewohnt, dass für einige SuS etwas andere Regeln gelten als für alle. Das wir immer wieder wohlwollend thematisiert.


    Allerdings ist dies immer LehrerInnen spezifisch...


    Du kannst dich auch gerne per PM bei mir melden, wenn du mehr wissen möchtest.


    Ich wünsche euch viel Kraft für die nächste Zeit


    Lg Martina

  • Depa Eine Alltagshelferin hat er schon - die heißt hier Integrationshelferin. Das sind - und das soll nicht despektierlich klingen - normale unausgebildete Menschen, die eine kleine Fortbildung gemacht haben. Die erste Kraft, die wir hatten, wusste nicht mal, was ADHS überhaupt ist. Die zweite hat immerhin selbst einen Sohn mit ADHS - aber irgendwie stellt sich bei ihr wohl auch eine Überforderung ein.

    Ja, an der Schule meiner Frau gab es aber auch speziell ausgebildete Fachkräfte. Das weiß ich, da meine Frau soziale Arbeit studiert ;)


    Aber auch andere Schulbegleiter waren entsprechend qualifiziert. Sie Koordinatorin hatte, je nach Background der Schulbegleitung, diese entsprechend den Kindern zugeordnet. Die Schule war aber auch. wie schon erwähnt, komplett darauf ausgelegt. Natürlich kann man im euren fall auch Pech haben und eine eher unqualifizierte (nicht geeignete?) Schulbegleitung bekommen... Dann muss man weitergucken.

    Spannend. Bei uns bekamen wir vom Jugendamt grünes Licht, einen Träger anzuschreiben. Einer hat sich zurückgemeldet - auf die Auswahl der Integrationshelferin hatten wir keinen Einfluss (wie gesagt: sie wusste nicht, was ADHS ist und schmiss das Handtuch, nachdem mein Sohn sie einmal angemotzt hat. Das sei "frech"). Aber gut zu sehen, dass es auch andere Schulen gibt, wo es anders läuft (bzw. andere Städte? Bundesländer?)

  • Ich weiß nicht wie viel man davon einer Lehrkraft zumuten kann die 28 Kinder (die ja auch nicht alle gleich sind) in einer regulären Schulklasse bändigen muss.

    Jap ... meine bessere Hälfte ist Lehrkraft an einer Gesamtschule in NRW. 6 Kinder in ihrer eigenen Klasse haben diagnostiziertes ADHS, dazu kommen eine Hand voll Inklusionskinder mit verschiedenen, aber meist Lernbehinderungen. Dazu kommt, dass sie oft noch E- und G-Kurs gleichzeitig im Kurs unterrichteten darf. D.h. sie darf für ihre Stunde die Unterrichtsmaterialien drei Mal vorbereiten - man binnendifferenziert sich also tot. Da noch individuell auf die ADHS-Kinder zuzugehen ist, mit Verlaub, fast unmöglich. Sonderpädagoginnen gibt es zwei an der Schule, dazu zwei Sozialpädagoginnen - aber das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein wenn man dagegen das normale Kollegium mit 60-70 normalen Lehrenden sieht.


    Daher auf jeden Fall das Gespräch suchen, auch mit der Lehrerin vor Ort. Möglichst mehrere Meinungen/Perspektiven einholen. Eine Grundschulklasse in Wanne Eickel wird jetzt höchstwahrscheinlich auch ohne Krankheitsbilder wie dieses kein Selbstläufer sein.

  • Mein Sohn hat ja keine anerkannte Behinderung, sondern "lediglich" ADHS (und erhält morgens seine Medikation).

    Ich wollte damit auch nur zum Ausdruck bringen, wie anspruchsvoll es wird sobald es um Kinder geht, die besondere Bedürfnisse haben. Da ist es egal ob es um eine Lernbehinderung oder ADHS geht. Das soll nicht abwertend klingen, aber sowas geht oft über den Kompetenzbereich einer "normalen" Lehrkraft hinaus.

  • Ich habe zwar keine Kinder, einige Aspekte deiner Beschreibung haben mich aber an mich selbst und meine Schulzeit erinnert, auch wenn ich kein ADHS habe und damals schon älter war als dein Sohn jetzt.


    Ich hatte selbst immer wieder Probleme in bestimmten Fächern, was definitiv nicht an mangelnder Intelligenz lag (im Rahmen eines Berufseignungstests wurde mir damals auch ein IQ von ~120 bescheinigt). Im Nachhinein bin ich mir ziemlich sicher, dass es in den Problemfächern meistens an der Lehrkraft lag. Ab der 7ten Klasse war ich auf der Realschule und praktisch von Anfang an schlecht in Geschichte (was meine Eltern und v.a. mich selbst damals sehr verwundert hat, weil ich eigentlich immer sehr an geschichtlichen Ereignissen interessiert war). Als ich dann die 8te Klasse wiederholen musste, hatte ich auf einmal einen anderen Geschichtslehrer, der seinen Unterricht komplett anders gestaltete, ich kann mich z.B. noch gut daran erinnern, dass er die Belagerung von Ingolstadt im 30-jährigen Krieg wild gestikulierend beschrieb, als wäre er selbst dabei gewesen. Das Ende vom Lied: Eine glatte 1 im Jahreszeugnis. Anderes Beispiel: Mathe und Physik, beide Lehrer waren nicht die besten Pädagogen und den Unterricht habe ich auch nicht als besonders spannend in Erinnerung. Damals bin ich wegen den beiden Fächern durchgefallen, Jahre später habe ich 99% im Fach Technische Mechanik meiner Weiterbildung zum Industrietechniker Maschinenbau erreicht, am mathematischen Verständnis lag es also nicht.


    Deiner Beschreibung zufolge ist die Lehrerin mit der Situation überfordert und behandelt deinen Sohn aufgrund der Vorkommnisse auch anders als seine Mitschüler (ob bewusst oder unbewusst, wage ich nicht zu beurteilen). Vielleicht bemerkt das dein Sohn in irgendeiner Form und stellt sich deswegen quer? Hat er sich hierzu schon geäußert?

    Ich verstehe auch nicht ganz, warum ein Klassenwechsel pauschal abgelehnt wird, in meinen Augen wäre das die einfachste Maßnahme, die man erstmal ausprobieren sollte, bevor man weitere Schritte wie einen Schulwechsel in Betracht zieht, schon allein deinem Sohn zuliebe. Mit welcher Begründung ist ein Klassenwechsel "nicht erwünscht"?

  • In der Schule kommt er allerdings gar nicht mit - und die Lehrerin hat sehr arge Probleme. Ich will da die Schuld gar nicht in irgendeine Richtung schieben - er verweigert zwischendurch die Arbeit und weder die Integrationshelferin noch die Lehrerin kommen an ihn ran.

    Kein echter Ratschlag von mir, aber vielleicht ein Denkanstoß: es wäre ggf. wichtig, die zugrunde liegenden Ursachen für die Verweigerung zu ergründen. In Frage kämen da für mich:

    - Überforderung: dafür würde sprechen, dass er Leistungen nicht abrufen kann, er kommt ja nach deinem Wortlaut "nicht mit"

    - Unterforderung: dafür würde das Stören sprechen. Reinrufen, Aufmerksamkeit suchen kann häufig ein Indiz für Langeweile und Unterforderung (ab und an in Kombination mit Hochbegabung) sein.

    - einfach kein Bock: könnte natürlich sein, dass er einfach keine Lust auf Schule und Aufgaben erledigen hat.

    - weitere, externe Faktoren: Mobbing, psychische Faktoren abseits von ADHS, etc.


    Ich persönlich würde zusammen mit Therapeutin, Schulbegleitung, Lehrerin und Kind mal nach dem warum suchen, kann aber natürlich der völlig falsche Ansatz sein.

    Ich wünsche euch viel Erfolg!

    Hierfür werde ich zu 100% gebannt.

    Einmal editiert, zuletzt von Dr. K ()

  • (wir sind froh, überhaupt einen Psychotherapieplatz gefunden zu haben. Ich fahre jeden Mittwoch fast 2 Stunden dafür... )

    Hi, ich kann zwar zur grundsätzlichen Problematik nicht viel beisteuern, aber das Thema Psychotherapie und Therapieplatz ist schon seit Jahren ein Problem (erst Recht im Ruhrgebiet), falls Du/ihr gesetzlich versichert seid.


    Meiner Erfahrung nach hast Du tatsächlich kaum eine Chance auf Therapie, wenn Du privat versichert bist. Die Kliniken haben Verträge mit den Gesetzlichen Kassen und keine Plätze für privat versicherte. Und es gibt deutlich mehr Bedarf als Therapieplätze.


    Bildung ist ja Ländersache, daher ist es ggf. wichtig, dass einige Tips und Regeln nicht unbedingt in deinem Bundesland möglich sind.


    Als Tip zum Umgang mit der Schulleitung/ Klassenlehrerin: Die Schule hat die Pflicht, dein Kind zu betreuen. Bei uns nennt sich das "Verlässliche Grundschule". Genau wie Du Dein Kind nur unter bestimmten umständen von der Schule fernhalten darfst (i.d.R. akute Krankheit), darf die Schule Dein Kind auch nur unter einem ganz eng gesteckten Rahmen nicht beschulen. Aus Sicht der Schule ist es das einfachste, wenn Dein Kind nicht mehr da ist, wenn es Stress macht. Wenn Du es immer abholst, bist Du damit einverstanden und Ihr seid euch einig. Wenn Du mit dieser Regelung nicht einverstanden bist, tue dieses schriftlich kund. Und noch wichtiger: Lass Dir jedes mal schriftlich geben, warum die Schule nicht mehr in der Lage ist, Dein Kind zu betreuen. Ggf. kannst Du ja vom Land als Schulträger den Verdienstausfall wiederholen wollen. So würde ich zumindest argumentativ vorgehen.


    Es gibt gute Beratungsstellen von Landkreisen und Städten, kirchlichen und privaten Organisationen. Hier würde ich noch einmal nachfragen, hier kann Dir oft am besten im konkreten Fall geholfen werden.

  • Fakt ist jedenfalls, dass es auf der Schule langsam nicht mehr weiter geht und die Situation sich zuspitzt. Das Problem: Was, wenn er die Schule nicht weiter besuchen kann? Auf einer Förderschule sehe ich ihn nicht - das passt wohl kaum. Eine Montessori-Schule gibt es nicht (lediglich eine Grundschule, die eher nach Montessori arbeitet, aber die ist halt jeden Tag mit 60km fahren und 1.5 Stunden Autofahrt verbunden). Privatschulen gibt es schon - aber das ist wiederum eine Kostenfrage.


    Den Sohn regelmäßig vormittags aus der Schule abzuholen, ist beruflich keine Lösung. Machen wir es aber nicht, eskaliert die Situation mit der Klassenlehrerin (eine andere Klasse ist nicht erwünscht von der Schulleitung). So langsam geht uns die Luft aus... und die Ideen erst recht.

    Ich habe jetzt nicht alles an Antworten durchgelesen, aber da ich beruflich einige Jahre mit dem Thema zutun hatte (als Schulträger), kann ich vielleicht ein paar Tips geben.


    Die Eskalationsstufen an und für sich sind (in NRW) ja wie folgt: Klassenlehrer(in) -> Schulleitung -> Schulamt (bei kreisangehörigen Kommunen als untere Schulaufsichtsbehörde) -> Bezirksregierung (als obere Schulaufsichtsbehörde)


    Wenn du bei der Klassenleitung nicht weiter kommst, solltest du das Gespräch mit der Schulleitung suchen, weil ja vielleicht auch ein Klassenwechsel eine Option sein könnte (andere Klassenleitung, andere Mitschüler). Außerdem kann die Schulleitung vielleicht unmittelbarer etwas zu möglichen sonderpädagogischen Fördermöglichkeiten sagen. Spätestens seit der schulischen Inklusion gibt es ja keine strikte Trennung mehr zwischen anerkannter "Behinderung" oder "Nicht-Behinderung". Stattdessen gibt es Verfahren zur Anerkennung eines "sonderpädagogischen Förderbedarfes" (AO-SF). Für einen solchen Bedarf erhält die Schule bei Bedarf ggf. Stellenanteile für Sonderpädagogen. Die Entscheidung über die Anerkennung des Förderbedarfes liegt i.d.R. bei der unteren Schulaufsicht. Jetzt muss man allerdings dazu sagen, dass eine Begleiterscheinung der schulischen Inklusion war, dass es eine interne Weisung von oben gab, mit der Anerkennung von sonderpädagogischen Förderbedarf möglichst zu geizen. Alle "auffälligen" Kinder, die noch keinen anerkannten sonderpädagogischen Förderbedarf haben, laufen als sog. "Budgetkinder" einfach mit - das muss die Schule mit ihren Stellenanteilen +x selbst geregelt bekommen.


    Ist die Schulleitung da überhaupt nicht entgegenkommend und kann auch keine für dich nachvollziehbaren Gründe nennen, ist der nächste Gang dann eben unmittelbar zur Schulaufsicht (Kreis oder Bezirksregierung). Die müssen sich dein Anliegen auch erstmal anhören und dann die möglichen Optionen mit dir durchgehen. Bis hin zu einem Schulwechsel oder eben doch der Anerkennung eines Förderbedarfes etc.


    Das gilt - wie schon angedeutet - erstmal alles für NRW. Inwieweit das auf andere Bundesländer übertragbar ist, kann ich leider nicht sagen. Es lebe der Föderalismus. Für mehr Undurchsichtigkeit.

  • Mal ganz generell:

    Wir haben besonders in Deutschland eine massive Bildungslücke bzgl. ADHS bei Fachkräften. Im pädagogischen wie im medizinischen Sektor. Das ist immer wieder schockierend und führt zu Problemen und Schwierigkeiten mit ADHS.

    Denn um mit ADHS richtig umzugehen, muss man ein paar Dinge anerkennen und akzeptieren.

    ADHS hat nichts mit falscher Erziehung, zu viel Medien oder sonstigem zu tun. Es ist eine neurobiologische Störung die genetisch bedingt ist (bis zu 80% Erblichkeit bei einem ADHS Elternteil), welche dafür sorgt, dass im Gehirn zu wenig Dopamin und Noradrenalin zur Verfügung stehen. Besonders Dopamin ist als Neurotransmitter wichtig, für die Entwicklung des neuronalen Netzes unseres Gehirns - Stichwort: Aktionspotenzial bei der Reaktion von Neuronen).

    Die Symptome die entstehen, entstehen durch die fehlerhafte oder falsche Verknüpfung der Neuronen, besonders in den Bereichen, in denen Dopamin und Noradrenalin benötigt wird.

    Ganz besonders also: emotionale Steuerung, Impulskontrolle, Aufmerksamkeitssteuerung und ganz besonders die exekutiven Funktionen - also die logische Planung, Bedürfnisse in die Zukunft verschieben können und ähnliches sind betroffen.

    Wenn wir das Anerkennen, dass es also keine Faulheit, falsche Erziehung etc. ist, sind wir schon einen großen Schritt weiter.

    Des Weiteren zeigt die Forschung - und das ist auch total logisch wenn wir uns Krankheiten wie Schilddrüsenunterfunktion anschauen - das wir einen Mangel an Hormonen wie Dopamin und Noradrenalin nur durch Medikamente ausgleichen können. Keine andere Therapie ist so effektiv, auch wenn man sich das gerne wünscht. Hierbei ist es aber wichtig das richtige Medikament und die richtige Dosis zu finden (und hier versagen leider viele Psychiater).

    Doch wie gehe ich jetzt im Alltag damit um? Das Stichwort ist „Bindungsorientiert“ und durchaus „Bedürfnisorientiert“. ADHS ist eine Behinderung. Wenn ein behinderter Mensch etwas nicht kann - aufgrund seiner Behinderung - dann kann ich noch so oft verlangen, dass er das können soll - es ändert nichts, es wird nichts. Man braucht also Hilfe, Unterstützung - auf Augenhöhe.

    Beispiel: Bei ADHS funktioniert der Reizfilter im Gehirn schlechter - besonders emotional. Vermeintliche Kleinigkeiten können sich für Menschen mit ADHS bedeutend und katastrophal anfühlen. Alles was versucht das von außen wegzureden „ist doch nicht so schlimm“, „war doch nichts“ - macht es nur schlimmer. Des Weiteren kickt hier ein zweiter Mechanismus rein: Streit, Aggression, Wut - all das schüttet Dopamin und Noradrenalin aus und danach lechzt das ADHS-Gehirn, weil zu wenig vorhanden ist.

    ADHSler gehen also nur zu gerne in eine Eskalationsspirale (na, wer denkt dabei nicht an die ein oder andere Forendiskussion mit mir? :) ). Diese Spirale gilt es zu durchbrechen. Der ADHSler muss langfristig lernen das selbst zu tun, aber gerade bei Kindern, muss das Umfeld das zuerst lernen, um es dann vorzuleben.

    „Ich erkenne an, dass du jetzt wütend bist. Ich muss auch gar nicht verstehen warum. Du bekommst jetzt die Zeit die du brauchst um dich zu beruhigen und dann sprechen wir in Ruhe darüber, wie wir die Situation lösen.“

    Ein weiteres wichtiges Kriterium ist die Bedürfnisorientierung bei ADHS. Wie gesagt, dem Gehirn fehlt Dopamin - es sucht also Dopamin. Und selbst unter Medikamenten ändert sich jahrelang angewöhntes Verhalten nicht einfach. „Sensation-Seeking“ nennt man das teilweise. Und dies steuert die Aufmerksamkeit. ADHSler können mega performen, wenn sie Bock drauf haben - wenn es sie interessiert. Tut es das nicht, ist es die Hölle. Dabei ist das Anfangen meist das größte Problem.

    (und wer jetzt sagt: Hey das kenn ich auch, das ist doch normal - der Unterschied bei ADHS ist, dass das quasi immer so ist. Ich hab seit ich es machen muss Schwierigkeiten damit einen Einkaufszettel zu schreiben. Jede Woche aufs Neue. Es ist nicht manchmal so. Es ist IMMER so. Daher wird auch in der Diagnostik nicht nach manchmal gefragt - manchmal hat jeder Mensch quasi alles.)

    Man muss also Strategien lernen, mit dieser „Unlust“ umzugehen, aber sie auch zu akzeptieren. Viele ADHSler machen deswegen Dinge auf den letzten Drücker. Meine Steuererklärung mache ich seit ich Selbstständig bin am letzten Tag der Abgabefrist. Jahrelang hab ich mich monatelang vorher verrückt gemacht - mittlerweile hab ich es akzeptiert und plane genau auf den Tag hin. Das entzerrt und spart Stress.

    Das Schulsystem ist natürlich an vielen Stellen weder flexibel noch ansatzweise auf diese Bedürfnisse ausgelegt. Da gilt es meiner Meinung nach so gut durchzukommen wie möglich. Das Leben öffnet sich danach. Schaden vermeiden ist die Devise.

    Eigentlich sollte ich grad arbeiten, aber da ADHS mein Hyperfokus-Thema ist, ist dieses Posting ein klassisches Beispiel dafür, wie gut ADHSler sich konzentrieren können, wenn sie etwas interessiert :D

  • Deiner Beschreibung zufolge ist die Lehrerin mit der Situation überfordert und behandelt deinen Sohn aufgrund der Vorkommnisse auch anders als seine Mitschüler (ob bewusst oder unbewusst, wage ich nicht zu beurteilen). Vielleicht bemerkt das dein Sohn in irgendeiner Form und stellt sich deswegen quer? Hat er sich hierzu schon geäußert?

    Ich verstehe auch nicht ganz, warum ein Klassenwechsel pauschal abgelehnt wird, in meinen Augen wäre das die einfachste Maßnahme, die man erstmal ausprobieren sollte, bevor man weitere Schritte wie einen Schulwechsel in Betracht zieht, schon allein deinem Sohn zuliebe. Mit welcher Begründung ist ein Klassenwechsel "nicht erwünscht"?

    Weil angeblich diese Lehrerin schon die flexibelste und differenzierenste der Schule sei.


    Dr. K Da KANN schon was dran sein - in bestimmten Fächern sicher Unterforderung. Aber vielleicht eben auch nur das falsche didaktische Mittel (Ausschneiden und kleben statt experimentieren)

  • Ganz allgemein: DANKE Schon mal für die vielen Antworten. Hab eben mit einem ganz lieben Menschen schon mal telefoniert und die Idee, mal etwas im Autismusspektrum zu wühlen, könnte erfolversprechend sein. Für die akute Situation habe ich die Psychotherapeutin mal gebeten, mit der Schule Kontakt aufzunehmen - vielleicht hilft ihre Fachansicht ja, bei der Lehrerin mehr Verständnis (und Sympathie?) zu erwecken...

  • Weil angeblich diese Lehrerin schon die flexibelste und differenzierenste der Schule sei.


    "Angeblich" liest sich so, als würdest du das selbst bezweifeln. Ich würde so argumentieren, dass es auch nix bringt, dass sie die flexibelste und differenzierendste der Schule ist, wenn die Chemie zwischen ihr und deinem Sohn nicht stimmt. Vielleicht braucht man ja keine flexible und differenzierende Lehrerin, wenn es schon reichen würde, deinen Sohn angemessen zu behandeln?

  • Ach nur mal so: Beim Sonderpädagogischen Förderbedarf wird übrigens zwischen bestimmten Merkmalen unterschieden. ADHS fällt da sicherlich zunächst in die Kategorie "ES" (für emotionale und soziale Entwicklung).


    Dann gibt es noch:

    - LE (Lernschwäche) -> u.a. die klassische Lese-Rechtschreib-Schwäche

    - SQ (Sprache) -> u.a. bei schweren Sprachfehlern

    - HK (Hören und Kommunikation) -> bei Schwerhörigkeit bis Taubheit

    - S (Sehen) -> Bei Sehbehinderungen

    - GE (Geistige Entwicklung) -> in der Regel bei geistigen Behinderungen

    - KM (körperliche und motorische Entwicklung) -> bei körperlichen Behinderungen


    ES und LE gehen häufig miteinander einher. Vielleicht hilft das ja weiter. Traurigerweise wird man ja manchmal mit Fachbegriffen und Abkürzungen als Abschreckung zugeworfen. Und wenn man dann da mithalten kann, findet man manchmal mehr Gehör. Ich würde an deiner Stelle einfach mal gezielt nach Fördermöglichkeiten bzw. einem AO-SF-Verfahren für ES und LE fragen und dann mal schauen, was da passiert. Das kann auch wichtig sein, falls ein Förderbedarf festgestellt wird und dieser ggf. beizeiten auf eine weiterführende Schule mitgenommen wird.


    Wie gesagt: Alles NRW. :saint:

  • Montessori ist übrigens - auch wenn ich in die eigene Erziehung meiner Tochter durch Bedürfnis- und Bindungsorientierung einiges einfließen lasse - für ADHS mies aufgestellt. Es klingt so schön „Kinder können das machen worauf sie Lust haben und Lernen in ihrem eigenen Tempo“. Die Realität ist dann aber zu oft, dass Kinder - wie solche mit ADHS - die Dinge die sie nicht mögen, komplett vermeiden und dan zwar in Mathe das super Ass sind, aber keinen geraden Satz schreiben können.

    ADHSler MÜSSEN lernen ihre Bedürfnisorientierung und Aufmerksamkeitssteuerung zu lenken und auch Mal gegen das eigene Interesse zu handeln (Durchhaltevermögen und Frustrationstoleranz). Anders geht es nicht. Nicht im Schulsystem, aber auch privat nicht. Ich geh wieder zu mir als Beispiel: Ich muss einkaufen, ich muss kochen. Beides kann ich auf den Tod nicht ausstehen. Aber ich will weder noch schwerer werden, noch kann ich mir ständige Spontankäufe und Lieferdienste leisten, abgesehen davon dass da ein zweijähriges Mädchen mit dran hängt.

    Und das muss man lernen, am besten so lange man Unterstützung hat. Die hat man mit dem Erwachsen sein nämlich immer weniger.

    Es ist kein Zufall, dass ADHSler häufig Angststörungen, Depressionen und Süchte (Dopaminkick) - dabei sind Spielsucht, Substanzmissbrauch und Sexsucht ziemlich weit oben. Ebenso wie Unfälle durch Sportarten.

    Zusätzlich möchte ich zu bedenken geben, dass ADHS und Autismus-Spektrum-Störung viele Überschneidungen hat. So viele, dass wissenschaftlich überlegt wird, ob ADHS nicht auch zum Autismus-Spektrum gehört. 80% aller Autisten haben auch ADHS. Zufall?

    Worauf ich damit hinaus will - manchmal lohnt es sich weiter zu denken und sich zu informieren. Denn die Ärzte tun es leider oft genug nicht, besonders beim Thema Autismus nicht.

  • Weil angeblich diese Lehrerin schon die flexibelste und differenzierenste der Schule sei.


    "Angeblich" liest sich so, als würdest du das selbst bezweifeln. Ich würde so argumentieren, dass es auch nix bringt, dass sie die flexibelste und differenzierendste der Schule ist, wenn die Chemie zwischen ihr und deinem Sohn nicht stimmt. Vielleicht braucht man ja keine flexible und differenzierende Lehrerin, wenn es schon reichen würde, deinen Sohn angemessen zu behandeln?

    Ich will die Lehrerin gar nicht doof dastehen lassen. Es tut sich halt gerade ein Graben auf bzw. es bildet sich eine Front, wo verschiedene ihrer Aktionen sich uns nicht wirklich erschließen. Das ist ja immer so, wenn man nicht genug miteinander redet - einen Gesprächstermin haben wir nun schonmal.

    Allerdings: Differenzierung ist halt so ne Sache - einmal gehts sicher um den Schwierigkeitsgrad (weitergehende Aufgaben vs. Grundlagenschaffung), andererseits fällt da für mich auch die Methodik drunter. Wenn ein Kind keinen Zugang zum Stoff findet, kann das eben auch die falsche Wahl der Lernmethode sein, die dahinter steckt und nicht nur "Unlust" oder so.

  • ES und LE gehen häufig miteinander einher. Vielleicht hilft das ja weiter. Traurigerweise wird man ja manchmal mit Fachbegriffen und Abkürzungen als Abschreckung zugeworfen. Und wenn man dann da mithalten kann, findet man manchmal mehr Gehör. Ich würde an deiner Stelle einfach mal gezielt nach Fördermöglichkeiten bzw. einem AO-SF-Verfahren für ES und LE fragen und dann mal schauen, was da passiert. Das kann auch wichtig sein, falls ein Förderbedarf festgestellt wird und dieser ggf. beizeiten auf eine weiterführende Schule mitgenommen wird.


    Wie gesagt: Alles NRW. :saint:

    AO-SF-Verfahren soll zum neuen Schuljahr eingeleitet werden. 10 Wochen vor den Sommerferien lohne sich das nicht unbedingt :/

  • AO-SF-Verfahren soll zum neuen Schuljahr eingeleitet werden. 10 Wochen vor den Sommerferien lohne sich das nicht unbedingt :/

    Das wäre zum Beispiel sowas, wo ich bei der Schulleitung / Schulaufsicht nochmal nachhorchen würde. In dem (allerdings unwahrscheinlichen) Fall, dass das Verfahren bis zu den Sommerferien durch ist, könnte die Schule schon zu Beginn des neuen Schuljahres mit den zusätzlichen Stellenanteilen planen und bis dahin ggf. schon auf Personalsuche gehen o.ä. Das sich da 10 Wochen nicht lohnen würden, klingt für mich schon etwas vorgeschoben...

  • Meine Frau ist Lehrerin an einem Gymnasium und ich habe deshalb ja grundsätzlich viel Verständnis für Lehrer.

    Wenn die da aber jedes Kind nach Hause schicken würden, das die Mitarbeit verweigert, wären manche Klassen ständig halb leer. Da muss schon sehr viel mehr vorfallen, um diesen Schritt zu gehen.

    Meine Top 15 (via pubmeeple gerankt):

    Terra Mystica - Gaia Project - Ein Fest für Odin - Arche Nova - Underwater Cities - Great Western Trail - Clans of Caledonia - Scythe - Wasserkraft/Barrage - Orleans (inkl. Handelserweiterung) - Oranienburger Kanal - Agricola - The Gallerist - Heaven & Ale - Food Chain Magnate

  • Ich empfehle beim Thema ADHS auch die Auseinandersetzung mit dem Thema "sensorische Integration" bzw. Modulationsstörung.

    Ist leider noch zu wenig bekannt und wird daher oft als ADHS "fehldiagnostiziert".

    Das soll jetzt hier nicht bedeuten, dass ich das Thema klein reden will oder sagen möchte, dass Dein Sohn kein ADHS hat. Nicht falsch verstehen.

    Aber einige Dinge, wie z.B. auch Dein Beispiel mit dem Malen und Basteln, muss nicht auf Aufmerksamkeit etc. zurückzuführen sein, sondern kann sich auch bspw. im Rahmen einer taktilen Defensivität äußern.


    Ich bin beruflich in dem Feld unterwegs und kenne leider zu gut den Eifer/Geschwindigkeit, mit dem meine KollegInnen ADHS (oder auch Autismus) diagnostizieren.

    Wie gesagt, ich möchte meiner Kollegin nicht unterstellen, dass es eine Fehldiagnose ist.

    Möchte lediglich die Perspektive/Möglichkeitsräume erweitern :)


    Ich bin da auch bei Alex, wenn er über die Medikation/Dosierung spricht. Hört sich für mich nicht so an, als ob die Einstellung da top ist, wenn die Medikation seit letztem Jahr besteht und es weiterhin zu diesen erheblichen Schwierigkeiten kommt. Erwartbar wäre zumindest etwas Besserung.

    Oder sie kicken dann rein, wenn die Wirkung nachlässt. Das ist natürlich auch möglich...

    Oder es ist kein ADHS..

  • Hallöchen :) ich habe mir jetzt noch nicht alle Beiträge durchgelesen (wird aber nachgeholt), wollte nur kurz reinschmeißen, dass meine Schwester (10) Autistin ist und zusätzlich auch mit ADHS diagnostiziert wurde.


    „Witzigerweise“ hatten wir auch oft das Problem, dass sie in der Schule verweigert hat. Dabei war sie niemals aggressiv, aber so mancher Lehrer hat sich davon provoziert gefühlt.


    Wir als Familie hatten da nicht wirklich viel Möglichkeiten, weil diese Problematik zu Hause nicht auftragt. Meine Schwester konnte auch gut erklären warum: In der Schule ist es laut, zu Hause nicht. In der Schule hört sie was die anderen erzählen, dass kratzen der Stifte und das ticken von Uhren. Zu Hause ist alles ruhig und sicher.


    Wir haben versucht zusammen mit der Autismustherapeutin das Gespräch zu suchen und dabei nicht in die „Schuld-Falle“ zu tappen, sondern lösungsorientiert Möglichkeiten durchzugehen, die in der Schule realisierbar sind aber gleichzeitig auch für meine Schwester umsetzbar ist.


    Mit einer Lehrerin hat es trotzdem nie geklappt. Das war dann einfach so. irgendwann sind einem die Hände auch einfach gebunden.


    Sonst hat geholfen, dass Mama und ich uns viel über Autismus und ADHS angelesen haben und wir dadurch viele Verhaltensweisen meiner Schwester für andere begreifbar machen konnten - Stichwort Ursache/Wirkung.

    Jetzt auf der weiterführenden Schule gab es auch ein Aufklärungsgespräch für die Klasse und die Lehrer. Das hat auch für mehr Verständnis gesorgt.


    Vieles müssen wir trotzdem zu Hause auffangen. Einmal das nacharbeiten von Aufgaben, aber auch das Erarbeiten von Themen. Wir lernen viel mit Bewegung… da kann sie ihre Energie loswerden und sich gleichzeitig besser konzentrieren als am Tisch auf einem Stuhl.


    Ein Tipp noch: Euer Sohn hat das Anrecht auf einen Nachteilsausgleich… das kann auch mehr Pausen, längere Bearbeitungszeit für Aufgaben und Hilfsmittel wie Kopfhörer mit einschließen…


    Ich wünsche euch auf jeden Fall ganz viel Kraft und verliert nicht die Freude an eurem Sohn!


    PS: Ein empfehlenswertes Buch ist „Herausforderndes Verhalten vermeiden“ - eine Lehrerin hat sich das sogar nachgekauft, nachdem wir es bei einem Gespräch vorgestellt haben.

    3 Mal editiert, zuletzt von Lydia ()

  • Montessori ist übrigens - auch wenn ich in die eigene Erziehung meiner Tochter durch Bedürfnis- und Bindungsorientierung einiges einfließen lasse - für ADHS mies aufgestellt. Es klingt so schön „Kinder können das machen worauf sie Lust haben und Lernen in ihrem eigenen Tempo“. Die Realität ist dann aber zu oft, dass Kinder - wie solche mit ADHS - die Dinge die sie nicht mögen, komplett vermeiden und dan zwar in Mathe das super Ass sind, aber keinen geraden Satz schreiben können.

    ADHSler MÜSSEN lernen ihre Bedürfnisorientierung und Aufmerksamkeitssteuerung zu lenken und auch Mal gegen das eigene Interesse zu handeln (Durchhaltevermögen und Frustrationstoleranz). Anders geht es nicht. Nicht im Schulsystem, aber auch privat nicht.

    Finde ich etwas schwierig die Aussage. Gerade weil wir das als Familie ganz häufig gehört haben. Sie MUSS das aber können/machen/lassen.


    Die Therapeutin meiner Schwester hat dazu folgendes gesagt: einem Kind im Rollstuhl würde man auch nicht sagen, du MUSST aber laufen können bzw. lernen.


    Solche Kinder werden gefördert, aber man erkennt auch Grenzen an.


    Dasselbe sollte auch für Kinder mit ADHS und Autismus gelten… fördern ist wichtig und richtig, aber zu sagen, du MUSST ist halt total kontraproduktiv.

    Diese Kinder scheitern oft an diesen Anforderungen und haben zudem meistens eh schon ein geringes Selbstwertgefühl. Und das wiederum begünstigt das Auftreten der von dir erwähnten Folgeerkrankungen.


    Ich gehe davon aus, dass du das insgesamt auch ähnlich meintest, aber auf dieses „MUSS“ bin ich mittlerweile ziemlich allergisch 😅

    3 Mal editiert, zuletzt von Lydia ()

  • Die Therapeutin meiner Schwester hat dazu folgendes gesagt: einem Kind im Rollstuhl würde man auch nicht sagen, du MUSST aber laufen können bzw. lernen.

    Was die Frage aufwirft, ob das Kind im Rollstuhl sitzt, weil es nicht laufen kann (Querschnittslähmung etc.), oder nicht laufen will (Laufen macht keinen Spaß, ist anstrengend, fällt mir schwer) ...

    Einmal editiert, zuletzt von Huutini ()