2023 KW45 - Kingscraft

Bei Kingscraft geht es dem Namen entsprechend viel um das Craften, Schmieden im Spiel genannt. Der Kern von Kingscraft ist eine große Auslage von Gegenständen, welche einzeln verwendet, kombiniert oder verbessert werden können. Bis auf ein paar Gegenstände, welche Joker zum Schmieden darstellen, haben diese den Zweck uns im Kampf zu stärken. So bieten sie Schutz, Kampfwürfel oder Kampfmodifikationen. Ziel des Spiels ist es den König herauszufordern und zu besiegen und ohne die Beschaffung nützlicher Gegenstände wird das nicht zu bewältigen sein.


Bei Kingscraft dreht sich also fast alles um die zentrale Auslage verschiedener Gegenstände auf dem großen Spielbrett, welches je nach Spieleranzahl angepasst wird. Diese Gegenstände bekommen wir durch verschiedene Aktionen. Halten wir beim König Wache, beschützen wir diesen nicht nur, sondern bekommen als Lohn auch noch einen Gegenstand der Stufe 1 aus der Auslage. Sind wir stark genug, können wir auch Gegner in 3 verschiedenen Stufen herausfordern. Ein Sieg bringt dann wiederum einen Gegenstand entsprechend der Stufe des Gegners. Besiegen wir einen Gegner der Stufe 1, dürfen wir zusätzlich auch noch Schmieden. Schmieden kann aber auch als eigentliche Aktion gewählt werden und darf so 2mal ausgeführt werden. Beim Schmieden kann ich Gegenstände miteinander kombinieren, verbessern oder zu Tränken umwandeln. Ich darf aber nicht jeden Gegenstand miteinander kombinieren, sondern die Gegenstände müssen nebeneinander auf der Auslage ursprünglich gelegen haben. Oder ich nutze eben einen Joker-Gegenstand. Je nachdem welche Gegenstände ich miteinander kombiniere, bekomme ich dann wiederum einen anderen, besseren, Gegenstand. Hörner und ein Helm ergeben so z.B. einen gehörnten Helm. Die Gegenstände bringen mir wie Eingangs erwähnt verschiedene Effekte, wobei die meisten im Kampf dienlich sind. Tränke können nur einmalig genutzt werden und sind oftmals dann die Wahl der Stunde, wenn ich einen Gegenstand nicht (mehr) brauche. Gesteuert wird der Rundenverlauf durch Aktionskarten, welche die Spieler zur Auswahl haben. Die Aktionen finden dabei in einer gewissen Zugreihenfolge statt, so dass z.B. erst ein Kampf gegen ein Monster der Stufe 1 stattfindet und danach erst die Wache des Königs. Damit hat der Spieler, welcher gegen das Monster kämpft, eher Zugriff auch einen Gegenstand der Stufe 1 als der, der Wache hält.

So versuche ich meinen Charakter immer besser auszustatten, so dass ich hoffentlich dem König oder der Königin ordentlich eins auf die Nase geben kann und somit neuer Herrscher und Sieger des Spiels bin.


Auf Kingscraft hatte ich mich gefreut. Bei meinem Sohn ist Crafting schon alleine wegen Minecraft sehr beliebt. Ein Spiel, welches zumindest zu Teilen dieses Gefühl auf den Tisch transferiert, sollte also eine gute Sache sein. Das ist es auch. Kingscraft macht auf jeden Fall Spaß. Es hat aber deutliche Defizite. Es fühlt sich etwas unausgegoren und unrund an.


Der Kern des Spiels soll das Crafting (Schmieden) sein. Das wird aber durch verschiedene Faktoren gestört. So werden die Gegenstände der Stufe 1 gemischt und an jeden Spieler 2 davon ausgeteilt. Es stehen also nicht mehr alle Gegenstände von Anfang an zur Verfügung. Damit kann man durchaus leben, die Einschränkung ist aber spürbar.


Womit ich nicht so richtig leben kann, ist die Regel, dass man durch Kämpfe ebenfalls Gegenstände aus der Auslage der Schmiede bekommt. Das bringt einen Zufallsfaktor mit sich, welcher die Planung stark stören kann. So hatten wir die Situation, dass sich ein Spieler den Helm und das Horn besorgt hatte und in der aktuellen Runde den gehörnten Helm schmieden wollte. Ein anderer Spieler wählte den Kampf gegen ein Monster der Stufe 2. Da die Aktionen entsprechend ihrer Reihenfolge abgehandelt werden, war der Spieler mit dem Kampf zuerst dran. Diesen gewann er und nahm sich den gehörnten Helm aus der Auslage. Der andere Spieler konnte somit den gehörnten Helm nicht mehr schmieden. Nun kann man sagen, dass das die für das Spiel notwendige Interaktion darstellt, thematisch ist der Spielverlauf aber überhaupt nicht zu erklären. Wie kommt bitte das Monster im Wald an meinen gehörnten Helm, welchen ich erst noch beabsichtige zu schmieden?

Oder mal anders gesehen. Man stelle sich vor, man besorgt sich bei Minecraft die Rohstoffe für ein Diamantschwert. Nachdem man sich diese mühsam beschafft hat, geht man freudestrahlend zur Werkbank. In dem Moment wo man das Schwert craften will, bekommt man vom Spiel mitgeteilt, dass das nicht mehr geht, weil ein anderer Spieler ein Diamantschwert in einer Truhe gefunden hat.

Das folgt thematisch überhaupt keiner Logik und ist unnötig frustrierend. Auch wenn man derjenige ist, der den Gegenstand jemand anderen wegschnappt, fühlt sich das nicht unbedingt befriedigend an. Einfach weil man weiß, dass man hier einen Vorteil erhält, weil der Mechanik Vorrang vor dem Thema gegeben wurde. Ich verstehe zwar, dass man Kämpfe gerne einbauen wollte und diese auch einen Sinn haben sollten. Das hätte man aber besser lösen müssen. Ein separater Kartenstapel mit Gegenständen als Belohnungen für die Kämpfe wäre vielleicht eine bessere Idee gewesen.


Ein weiteres Thema war, dass die Tränke bei uns keine Rolle spielten. Im Normalfall war es immer besser, sich auf die Verbesserung der Gegenstände zu konzentrieren, anstatt diese zu Tränken zu verwerten bzw. wahlweise Tränke statt Gegenstände zu nehmen. Man muss dabei auch bedenken, dass die Tränke verdeckt ausliegen, man also nicht weiß was man bekommt und nicht jeder Trank unbedingt nützlich für einen ist. Die Tränke wirkten auf mich wie ein Trostpflaster, falls man wirklich mal keinen sinnvollen Gegenstand bekommen kann. Da kann ich mich durchaus täuschen, es war aber bezeichnend, dass niemand nach den Tränken griff.


Damit kommen wir gleich zum nächsten Kritikpunkt bei Kingscraft. Die spielbaren Charaktere wirken nicht unbedingt ausbalanciert. Ich hatte nämlich den Alchemisten, dessen Fähigkeiten sich allesamt auf Tränke beziehen. Bis ich dazu kam mein Spiel sinnvoll auf die Tränke zu fokussieren, war das Spiel auch schon vorbei. Da hätte ich auch die neutrale Seite des Charakters wählen können. Andererseits kann sich der Edelmann oder der Haudegen je nach ausliegenden Monster in der Stufe 1 gleich in den Kampf stürzen. Da der Kampf gegen ein Monster in der Stufe 1 dem Spieler einen Gegenstand der Stufe 1 bringt und anschließend noch die Möglichkeit einmal zu schmieden, ist es durchaus stark, wenn man zeitig diese Aktion vollziehen kann.


Dazu kommt der Zufallsfaktor bei den Anfangsgegenständen. Mit etwas Glück bekomme ich zwei Gegenstände, die ich gleich sinnvoll kombinieren kann. Zwei Gegenstände kombinieren, den kombinierten Gegenstand gleich noch verbessern und das dann kombiniert mit dem richtigen Charakter, vereinfachen die weiteren Spielverlauf dann doch um einiges.


Bleiben noch ein paar Kleinigkeiten. Bei ganz wenigen Karten sind die Effekte nicht ganz klar. So gibt es einen Joker der Stufe 2, welcher im verbesserten Zustand noch eine Geschwindigkeit bringt. Muss ich den ausgerüstet haben, um die Geschwindigkeit zu erhalten oder gilt das auch im Rucksack? Ausrüsten macht nämlich in vielen Fällen keinen Sinn, somit wäre der Gegenstand im verbesserten Zustand meistens wertlos. Die Gegenstandskarten sollten nach dem Spiel auch alphabetisch zurück sortiert werden, was man zeitlich entsprechend mit einplanen muss.


Nachdem ich das Spiel wieder eingepackt hatte, fragte ich mich, warum ich Kingscraft unbedingt spielen sollte und da fällt mir tatsächlich keine wirkliche Antwort ein. Das Schmieden der Gegenstände und somit das Verbessern des Charakters macht durchaus Spaß. Am Ende des Spiels einen Haufen Würfel zu nehmen und die mehrfach neu zu würfeln, fühlt sich schon toll an. Wie schon beschrieben hat das Schmieden aber seine Tücken. Es ist auch nicht so, dass man jeden Gegenstand unbedingt haben will. Vielleicht versteht man die Vorteile mancher Gegenstände erst mit wachsender Erfahrung, es gibt aber einige, die wie Blei in der Auslage lagen. Die Kämpfe sind auch nicht der große Brüller. Manche sind viel zu einfach, andere bringen einfach nur Frust. Vor allem da auch hier gilt, dass man nicht unbedingt gegen das Monster kämpft, gegen welches man geplant hatte zu kämpfen. Ein anderer Monster kann so sehr geänderte Bedingungen mit sich bringen, dass aus einem sicher geglaubten Sieg eine klare Niederlage werden kann. Die Zufallsfaktoren können schon ziemlich nervig sein, das in Kingscraft schon viel geplant wird.


Wenn das Kernstück, das Craften nicht so ganz rund funktioniert, und die Kämpfe nur in Ordnung sind, was bleibt dann noch?! Nicht viel. Keine Abenteuer, keine Story. Wenn ich mittelalterlich Kämpfe kombiniert mit Planung möchte, greife zu Glory - A Game of Knights, wo die Störfaktoren in der Planung nicht so lästig sind und die Kämpfe interaktiver und spannender. Mal schnell ein bisschen looten und kämpfen, dann gerne Barbaria und für ein gemeinsames Abenteuer Zombicide - Black Plaque oder Massive Darkness. Es gibt noch unzählige weitere Titel die man nennen könnte. Ein ganz großes Fragezeichen steht für mich auch noch hinter Roll Player, inkl. der Monsters & Minions-Erweiterung, welches thematisch im selben Fahrwasser schwimmt, aber von mir noch gespielt wurde.


Hätte man das Crafting besser umgesetzt, würde ich hier auch eine kleine Empfehlung aussprechen. Spaß macht Kingscraft auf jeden Fall und ich würde es auch immer mitspielen. Ich würde aber auch immer zig andere Titel vorziehen. Schade, hier hatte ich mir mehr erhofft. Spielerlebnis 6,5/10.