Ein Thema, welches mich in letzter Zeit immer mehr beschäftigt, ist die Frage nach dem guten Einstieg in ein neues Spiel. Das hat natürlich zentral mit der Anleitung zu tun. Und je mehr es in Richtung Expertenspiel geht, desto anstrengender ist für mich persönlich auch das Regelstudium. Oft kommt es dann während der ersten Partie zu sehr vielen Detailfragen und ständig sucht man in der Anleitung herum, vergisst Sonderfall-Regeln, verliert den Spielfluss und Überblick und die Hälfte der Mitspieler ist dann beim nächsten Anlauf nicht mehr mit dabei. Ich spreche dabei nicht von »professionellen« Spielgruppen, sondern eher von meinen üblichen Runden (Kennerspieler:innen oder Gelegenheitsspieler:innen). Aber auch ganz persönlich merke ich immer wieder, dass das »Regelstudium« (der Begriff ist mir erstmals in der Anleitung zu Arler Erde über den Weg gelaufen) echt herausfordernd und regelrecht abtörnend sein kann. Ich habe z. B. in vielen Beiträgen und im Podcast von Ben2 wahrgenommen, was das für eine Herausforderung ist, eine gute Anleitung zu schreiben. Und ich halte die Anleitungen und Ansätze von Frosted Games dabei tatsächlich auch für vorbildlich im Anspruch und in der Umsetzung! Und dennoch frage ich mich, ob es da nicht grundsätzlich heute auch bessere Konzepte geben könnte, damit das leichter fällt und die Hürde zum Einstieg gesenkt wird. Dass man vielleicht schneller loslegen kann oder Detailfragen im Spiel schneller und unkomplizierter klären kann. Vielleicht über eine AR-App, die einem die relevanten Infos anzeigt, wenn man die Karte fotografiert oder in die Kamera hält, keine Ahnung.
Folgende Ansätze sind mir zum Thema Anleitung bislang untergekommen:
- Der klassische Aufbau mit Spielziel, Grobstruktur, Feinstruktur einzelner Detailaktionen oder -abläufe. Je aufwändiger ein Spiel wird, desto eher kommt so ein Format für mich an die Grenzen. Da braucht es dann tatsächlich das Regelstudium.
- Die Unterteilung zwischen Anleitung und Referenz. Im besten Fall auch noch mit einer Schnellstart-Anleitung. Das hilft, die relevanten von den zusätzlich hilfreichen Informationen zu trennen.
- Verweis auf Regel-Videos. Bei Expertentiteln dann oft nur auf Englisch, wenn sie direkt vom Verlag kommen. Regelvideos funktionieren für mich aber auch nur gut, wenn man das dann direkt am Tisch selbst mit erfassen kann. Hier gibt es natürlich durchaus sehr gute Videos, die auch gut strukturiert sind (Spielaufbau, Spielziel, Phasen etc.). Zum Beispiel die von BetterBoardGames sind hier hervorzuheben. Aber das ist dann auch echt richtig Aufwand. Ein Regelüberblick innerhalb von Rezensionen hilft mir tatsächlich eher selten.
- Digital unterstützte Anleitungen, z. B. in der Kosmos-App. Das funktioniert auch ganz gut, aber halt bei komplexen Titeln wieder nicht. Zumindest ist mir da nichts bekannt. Ich glaube, das ging früher mal los mit Catan und Prof. Easy oder so ähnlich.
- Tutorial-Einstiege ins Spiel, so wie es bei Computerspielen ja oft der Fall ist. Hier ist z. B. Andor zu nennen. Das ist für den Einstieg richtig gut, finde ich. Der Haken dabei: wenn man das Spiel länger nicht auf dem Tisch hatte und dann wieder einsteigen möchte, fehlt einem der Überblick. Und dann neu von vorn zu beginnen, ist eher nervig. Für den Spielertyp »Lass uns doch einfach mal anfangen« ist das schon die entspannteste Variante.
Das Beste ist natürlich immer, wenn jemand dabei ist, der das Spiel schon kennt. Erklärbär halt. Dummerweise ist das bei uns dann oft meine Rolle, aber ich bin eben nicht der Held im Regelstudium. Und, wie schon erwähnt, wenn man dann auch noch ständig Details nachschlagen und schlimmstenfalls 10 Minuten lang suchen muss, ist das echt nervig. Ich würde mir wünschen, dass es da einfach bestimmte Qualitätsstandards gäbe, die einem helfen. Vor allem für den Einstieg, vielleicht jedoch auch für die zweite und dritte Partie. Und zur Erinnerung, wenn man nach einigen Monaten wieder ins Spiel rein kommen will. Ich weiß, das gibt es alles auch irgendwie im Netz. Ich fände es aber cool, wenn Verlage das direkt mit in den Blick nehmen. Und wenn sich da ein Qualitätsstandard durchsetzen würde. Wahrscheinlich stelle ich mir das zu einfach vor und am Ende muss man da halt durch. Dennoch würde mich interessieren, ob man das Thema Anleitung oder Spieleinstieg nicht doch irgendwie revolutionieren könnte. Was wäre da der perfekte Einstieg und die perfekte Referenz?