Beiträge von MetalPirate im Thema „Weather Machine (Lacerda 2021)“

    Verkaufen werden wir es nicht - einfach weil dann eine Lücke in der Reihe klaffen würde

    So eine wackelige Begründung nach so einer ausführlich begründeten Kritik ist der Anfang von "es gehen bei PowerPlant bald mehrere Lacerdas auf einmal". Wie beim Erdbeben, wo sich dann mit einem Rumms die über Jahre aufgestaute Spannung löst.

    Behalte nur das, was du wirklich auch spielen willst. Der Rest kann weg.

    Ich hatte mal: Alea Big Box Reihe fast komplett, Lacerdas komplett, WYG Big Box Reihe komplett, alle größeren Felds. Betonung auf "hatte". Vergangenheit. Manchmal braucht's auch einen Auslöser wie das neue Spiel einer Reihe, das man nicht mehr kauft / backt / doch kauft, aber nicht mehr spielen mag, um zu merken, dass auch einige zuvor gesammelte Sachen eigentlich nur teure Staubfänger im Regal sind.

    Zwei, drei Sätze zur Katastrophe von Lissabon, jeweils einer zu den drei Charakteren und ihrer Beziehung zueinander, einer zur Rolle der Kirche, einer zu der Verwendung der Trümmer beim Wiederaufbau, vielleicht noch einer zur Kolonialgeschichte Portugals

    Eben. Das ist zusammen schon eine gewisse Menge an Hintergrund, die man für Vinhos oder Kanban so nicht braucht. Dass man für Wein Trauben erntet und seinen Wein zu Bewertungen schickt, um ihn dann teurer verkaufen zu können, braucht man nicht erklären; das ist mit einer kurzen Erwähnung erledigt.

    Bei Lisboa funktioniert das so nicht. Das Ringen zwischen traditioneller Kirche samt daran gebundenem König und dem pragmatischen Premierminister auf der anderen Seite kriegt man nicht mit einem Satz rübergebracht. Und beim Erlernen von komplexen Spielen, die eh schon ~45 Minuten Erklärdauer brauchen, ist die Aufnahmekapazität für allzu viel Hintergrund halt bei jedem schnell beschränkt. Dafür braucht's dann noch nicht mal bei Spieletreffs die Kategorie von reinen Mechanismus-Spielern, die einem dann direkt sagen: "Lass mich mit dem Hintergrund in Ruhe, erkläre einfach nur die Regeln".

    Ich denke, es geht darum, dass der thematische Bezug, zu dem, was du im Spiel machst, eher abstrakt wirkt.


    Lisboa und Kanban haben hier extreme Stärken

    Vinhos auch. CO2 vermutlich auch, aber das habe ich nur 1x mitgespielt. Alle anderen Lacerdas halte ich nicht für besonders thematisch. Ganz im Gegenteil. Da kommt dann eher sein Hang zu spielmechanischer Verkomplizierung als Selbstzweck durch.

    (Und bei Lisboa müsste man eigentlich noch die wichtige Einschränkung machen, dass man sich für den thematischen Bezug des Spiels für die Geschichte von Portugal im Allgemeinen bzw. Lissabon im Speziellen interessieren sollte, was man nicht ganz so leicht bei jedem Spieler voraussetzen kann. Das ist eine höhere Hürde als Weinbau oder Autoproduktion als thematisches Setting.)

    Das, was Eagle Gryphon ja nun mal auszeichnet - zumindest in diesen großen Boxen, ist die tolle Qualität.

    Tolle Qualität? Echt jetzt? Bei "sehr gut" bin ich ja noch dabei, aber bei "toll" denke ich eher an die Firmen, die nicht nur dicke Pappe in großer Kiste bieten, sondern auch noch die Extrameile gehen mit einer durchdachte Einräum-/Aufbewahrungslösung (auch für Karten in Kartenhüllen), sich 100% an normal-übliche Kartenformate halten oder doppellagige Spielbretter bieten, die gerade auf dem Tisch liegen anstatt dort herumzukreiseln. Überdurchschnittlich: ja, definitiv. Aber toll? Nee, da ist bei EGG eigentlich immer noch Luft nach oben.

    Und ich halte Escape Plan für eines der gelungensten

    Das sei dir unbenommen. Aber würdest du jemandem, der sich für Lacerda interessiert, weil das, wer er bisher darüber gehört hat, so ungefähr seinem Spielegeschmack entspricht, der aber bisher keinen einzigen Lacerda kennt und von den Preisen etwas abgeschreckt war, nun ausgerechnet Escape Plan als Lacerda-Erstkontakt empfehlen? Doch wohl eher nicht. Und genau darum ging es hier.

    Als Erstkontakt -- und da ist's ganz egal ob Romanautor, Filmregisseur, Musikband, Spieleautor oder was auch immer für ein kreatives Handwerk -- schaut man sich immer am besten eines der Highlights an (gemäß Meinung von Informationsquellen, die man für vertrauenswürdig hält). Dann kann man entweder diesen Künstler weiter erkunden oder ihn erstmal von seiner Liste streichen.

    Falls es am Preis liegen sollte, die ersten Versionen von Vinhos und Kanban sind erschwinglich und CO2 war auch lange Zeit günstiger.

    Ich würde keinem empfehlen, ein Lacerda-Spiel nach dem Preis auszusuchen. Sonst landet man nachher bei sowas wie Mercado do Lisboa oder Dragon Keepers. 8o Aber selbst wenn wir mal bei den "reinen" Lacerdas bleiben: ein Escape Plan hat auch ziemlich "gemischte" Kritiken bekommen, und das ist noch freundlich ausgedrückt... Wie bei jedem Künstler gibt's da auch mehr oder weniger gelungene Werke...

    Nee, andersrum wird ein Schuh draus für alle potenziellen Lacerda-Interessenten wie z.B. blakktom : Versuchen, mal irgendwo eines seiner am höchsten bewerteten Spiele (Lisboa, On Mars, The Gallerist, Kanban) mitzuspielen. Guter Erklärer ist enorm wichtig, denn wir reden hier eigentlich immer von 45-60 Minuten reiner Erklärzeit; schneller schafft das auch ein Paul Grogan oder Edward Uhler nicht, und das sind dann teilweise auch noch geschnittene Videos. Dann entscheiden, ob es einem das Geld wert ist.

    Zu den damaligen Preisen waren mir alle vier Spiele ihren Preis wert. Heute würde wohl nur noch Lisboa über diese Hürde springen.

    Ich würde behaupten das es Ansätze davon schon gab - in Ermangelung von Luxus Spielen wurden halt einfach möglichst VIELE Spiele angehäuft mit dem Ziel das die Sammlung möglichst Prestigeträchtig ist.

    Sicher. Wer will kann auch ältere Spielworxx-Titel (vor 10 Jahren doppelt so teuer wie das normale Brettspiel -- auch da wurde schon viel geklagt) oder andere Kleinauflagen-Sachen (18xx, Wargames, etc.) als Spiele bzw. Unterscheidungsmerkmale nehmen, mit denen man sich innerhalb des Hobbys auch früher schon als Zuhöriger eines elitären Spielerkreises definieren konnte. Diese Ansätze des "Prestige kaufen können" gab's schon immer, auch bei uns Brettspielern. Aber die Dimensionen des Luxus-Segmentes sind heute doch komplett andere. Die von dir genannten Edel-Tische sind ein schönes Beispiel dafür. "Teuer" hieß früher doppelter Preis (bei Spielen: 60 statt 30). Heute gibt's beim Preis kaum noch eine Grenze nach oben.

    Wie ich denke, kommt das bei den Spielen selbst maßgeblich durch Kickstarter. Nichts ist für Luxushersteller schlimmer, als Überproduktionen verramschen oder vernichten zu müssen. Das macht man genau einmal und dann ist das ganze Geschäftsmodell mit der schönen Gewinnmarge doch sofort unter Druck. Die Direktvermarktung über Crowdfunding senkt dieses Risiko auf nahezu null. Ich sage auch mal voraus, dass wir da noch lange nicht das Ende gesehen haben. Da geht auch nochmal 50% mehr Deluxe bei 100% mehr Preis. Da darf sich im Endeffekt auch jeder mal die Frage stellen: "Wann steige ich aus dem Hamsterrad aus?"

    Der Preisanstieg einer durchschnittlichen Brettspiel-Neuheit von 30 Euro (vor 10 Jahren) auf 40 Euro (vor 3-5 Jahren) auf 50+ Euro (heute) ist noch die normale Inflation. Da ist höchstens die Beschleunigung in letzter Zeit auffällig.

    Dass Brettspiele auf breiter Front ein neues Marksegment im Bereich der Luxusprodukte erschließen, ist dagegen etwas komplett Neues (bzw. fast neu, bevor jemand Catan 3D oder die HdR Collector's Edition nennt). Früher war Brettspielen ein günstiges Hobby. Im Prinzip konnte sich jeder jedes Spiel leisten. Das gilt so heute nicht mehr. Und wenn man das aktuell noch nicht so sieht, dann man muss nur die aktuelle Entwicklung noch ein Stückchen fortschreiben. Irgendwann kommt dann halt der Lacerda mit echtem Blattgold für 300 Euro. Der Markt ist ja offensichtlich da, also wird's auch gemacht.

    Natürlich bringt das auch unschöne Begleitumstände mit sich. Luxusprodukte werden auch ganz wesentlich über soziale Distinktion vermarktet; man zeigt mit dem Kauf von [beliebiges-dreistellig-kostendes-Spiel-einsetzen], dass man sich das leisten kann/will und andere Menschen im gleichen Hobby eben nicht. Damit kann man angeben, auch wenn niemand, der das tut, es so nennen will. Gehört halt fest zum Begriff eines Luxusproduktes mit dazu.

    Sowas gab's in unserem Hobby früher nicht. Aber da war das Spielhobby immer die Ausnahme, nicht die Regel. Anderswo gab's das schon immer. Wir Brettspieler müssen eben noch lernen, über denjenigen, der ungespielte Lacerdas sammelt, genauso zu lachen wie z.B. die Rennradfahrer über den reichen Hobbyisten, der meint, 10 Kilo zuviel auf den Rippen mit neuen Titan-Bauteilen am 5000-Euro-Rennrad kompensieren zu können.

    Ich [...] bin aber immer wieder erstaunt wie schnell einige hier im Hobby ohne zu zögern "Shut up and take my money" schreien und Geld auf Spiele werfen.

    Ich weiß nicht, ob Social Media da ein korrektes Bild der Realität vermittelt. Die Alles-Hochjubler auf Youtube sind genauso wenig repräsentativ für die Spielerschaft im Allgemeinen wie die Forumsmitgliedern, die sich einen Wettbewerb darin liefern, wer den größten und teuersten Berg von Essen-"Loot" nach Hause geschleppt hat bzw. wer die größte Liste noch ausstehender Crowdfunding-Spiele angesammelt hat. Diese Leute sind immer laut, aber es sind nicht unbedingt viele.

    Back on Topic. Lacerda ist eine über viele Jahre aufgebaute starke Marke. Heißt: zuerst wird anderswo gespart. Lacerda merkt's mit als Letztes und diesen Status haben sich dann Lacerda, EGG, Skellig & Co auch irgendwo verdient. Aber auch bei Lacerda gilt, dass die Kunden ihr Geld nur einmal ausgeben können und sich die Preisschraube nicht beliebig drehen lässt, ohne dass irgendwann die Käufer merken, dass sie nicht jeden neuen Lacerda brauchen, schon gar nicht als Vorbestellung, solange es noch keine unabhängigen Reviews gibt bzw. man es selbst am Tisch anspielen konnte.

    Zum Vergleich: Für die hier aufgerufenen 190€ kann ich Arche Nova, Wasserkraft incl. Erweiterung plus Carnegie (Retail) kaufen -- und wenn ich dabei auf Angebote schaue, habe dann noch Geld für ein viertes gutes Expertenspiel übrig, dass im Moment im Angebot für rund 35 Euro zu haben ist, z.B. Praga Caput Regni oder Bonfire. Braucht man dann unbedingt ein Spiel, was beim TTS-Ausprobieren während der KS-Kampagne bei vielen (u.a. auch bei mir) eher gemischte Gefühle ausgelöst hat? Wer da aus voller Überzeugung "JA!" sagt, muss doch einen funktionierenden Goldesel im Keller stehen haben...

    Nach meinem Eindruck gibt's in Crowdfunding-Kampagnen drei Phasen: die erten 3 Tage, die letzten 3 Tage, alles dazwischen. Das "alles dazwischen" ist dabei weitgehend unabhängig von der Gesamtlaufzeit.

    Gut laufende Kampagnen, die sich durch Mund zu Mund Propaganda verbreiten, holen in allen drei Phasen ein Drittel des Gesamtpreises. Schlecht laufende Kampagnen leben eher von der vorab laufenden Hype-Generierung, starten dann famos, weil die überzeugten Fans direkt an Tag 1 backen ... und dann kommt nicht mehr viel. Die frühen Pledges erzeugen dann 2/3 der Gesamtsumme in den ersten drei Tagen, maximal 25% am Ende und 5-10% dazwischen, darunter oft auch mal Tage mit negativen Fördersummen.

    In den letzten Jahren hat sich der Schwerpunkt der Finanzierung durch die Professionalisierung der Hype-Generierung tendenziell Richtung Anfang verschoben (und die Kampagnen sind auch allgemein eher kürzer geworden), aber die Drittel-Drittel-Drittel Regel ist immer noch der Traum aller KS-Macher. Momentum zu Mitte und Ende ist immer schwerer zu erreichen, auch weil die gewollte Vera***ung mit irgendwelchem Stretch Goal Bohei nicht mehr so funktioniert wie früher. Die meisten Backer wissen inzwischen selbst gut genug, dass Kampagnen von Firmen wie EGG keine Graswurzel-Bewegung sind für Spiele, die es sonst nicht gäbe, sondern knallhart durchkalkulierte Vorverkaufsaktionen mit Risiko-Abwälzung auf den Backer.

    On Topic. Weather Machine ist halt auch Kategorie "viel Vorab-Hype wegen des Autors, aber eher wenig begeisterte Berichte von Leute, die's wirklich ausprobiert haben (und das auch von Lacerda-Kennern)". Sowas erzeugt dann nicht mehr viel Begeisterung außerhalb der eigenen Blase. Mein Bauchgefühl hier ist, dass die Weather Machine Kampagne noch schlechter dastehen würde, wenn nicht im Laufe der Pandemie viele neue Menschen ins Brettspiel-Hobby gekommen wären, die unbedingt mal einen Lacerda ausprobieren wollen und jetzt die erste Kickstarter-Chance dazu haben. (Die durchschnittliche Pledge-Summe, zu sehen u.a. bei Kicktraq, zeigt hier auch, dass regelmäßige alte Lacerdas mitbestellt werden.)

    Außerdem sollte man nicht außer Acht lassen, dass wir hier von der Vorbestellung eines noch schlecht einzuschätzenden, ziemlich teuren Luxusprodukts reden. Die potenziellen Backer können alle ihr Geld nur einmal ausgeben und wir hatten auch schon wirtschaftlich und politisch stabilere Zeiten. Wer anspruchsvolle Euro-Spiele mit BGG-Weight über 3,5 haben will, kann völlig problemlos auch für ein Drittel des Preises ein aktuell lieferbares Spiel bekommen.

    Die Überwindung meiner Lacerda-Allergie hat damit leider nicht geklappt. Irgendwann muss mir mal wer On Mars zeigen...

    Meine Vermutung: On Mars wird das auch nicht leisten können, das ist in wesentlichen Teilen mindestens genauso konstruiert und verkopft.

    Wenn man das "was mache ich hier eigentlich und warum?!" so sehr betont, dann kann am ehesten noch The Gallerist als Lacerda-Einstieg dienen. Das ist zwar nicht gerade mein Favorit, aber trotzdem IMHO noch am ehesten Einsteiger-kompatibel. Kunstwerke kaufen, Künstler promoten, Geld gleich Siegpunkte. Einfacher geht's nicht. Alle anderen Laceras sind schwieriger zu greifen.

    Nach intensiver Beschäftigung incl. ausprobieren bei TTS: Weather Machine brauche ich nicht.

    Hat den Charme einer gespielten Excel-Tabelle. Oder besser gesagt: den zweifelhaften Charme vieler mit voller Absicht möglichst umständlich und verwirrend verknüpfter Excel-Tabellenblätter. Sich trotzdem in den vielen künstlichen Zwängen zurechtzufinden, ist die spielerische Herausforderung in diesem Spiel. Anpruchsvoll? Ja, definitiv. Aber ansprechend? Nö. Überhaupt nicht. Jedenfalls für mich nicht.

    Wo in anderen Lacerdas das Thema die Mechanismen und insbesondere auch das Erlernen der Regeln stützt, z.B. der in Lisboa hervorragend umgesetzte Konflikt zwischen Kirche und aufgeklärtem Premierminister oder das Auf und Ab der ökonomischen Gesamtsituation, das alle Untersysteme miteinander verkoppelt, ist das hier bei Weather Machine eine etwas zweischneidige Sache. Die manchmal zu lesende Aussage, dass Weather Machine völlig unthematisch wäre, teile ich so nicht. In allem, was mit den Siegpunkten zu tun hat, steckt schon das Forschungsthema spürbar drin. Also bei Veröffentlichungen, Zitaten, Preisen. Aber das ist leider nur das allerletzte Stück des Weges. Vorher, d.h. bei den ganzen Zügen vor irgendwelchen Wertungen, beim "wie kriege ich was hin?", da ist's schon weitestgehend unthematisches Ressourcen- und Leistengeschubse in diversen Farben mit überall drangetackerten Boni. Oder etwas bösartig gesagt: unnötige Verkomplizierung als Selbstzweck.

    Beispiel: Für Veröffentlichungen braucht man zwingend government research tokens als einer von drei Typen von Forschungsplättchen. (Ausnahme: man kann schon zitieren, aber das passiert erst später.) Für diese Token braucht man wiederum zwingend die Zahnräder bzw. machine parts (sofern man keinen besonderen Bonus abgreift, der einem diese Kosten erspart). Diese wichtige Ressource -- und in diesem Moment wird das Design ungewöhnlich! -- ist aber nicht gezielt durch irgendeine Spielaktion zu erhalten. Nein, in der Zukunft, in der Wettermaschinen gebaut werden, kann man anscheinend nirgendwo Maschinenteile mehr kaufen.

    Man bekommt diese wichtige Ressource Zahnräder ausschließlich (!!) als Bonus, und da sind diese Maschinenteile bloß einer von diversen möglichen Boni, die überall eher zufällig drangetackert ist: Maschinenteile gibt's in Zeile 1, Spalte 3 von research & development und vielleicht Zeile 2, Spalte 5 im government Bereich. Dafür braucht man dann irgendwelche bestimmte Ressourcen in bestimmten Farben, die man bitte in den Runden zuvor passend organisiert haben sollte. Nebendran gibt's unter anderen, genauso vom Himmel gefallen, Bedingungen irgendwelche anderen Boni, z.B. Ressource X oder kostenreduzierte Aktion Y. Darauf soll man optimieren. Thema in den ersten 2/3 vom Weg zu Siegpunkten: Null. Absolut null. Nur Formalismus pur, mit allerlei verknüpfter Randbedingungen an Farben, Typen, Positionen, Leisten. Dazu allzu viel Leistengehampel. Bei richtigen Führen der voucher tracks auf den eigenen Spielbrettern würde ich sogar fast wetten wollen, dass die Mehrzahl der Spieler das nicht fehlerfrei hinkriegen wird und irgendwann im Laufe des Spiels mindestens einen Schritt hoch oder runter vergessen werden. Vermutlich mehr als einmal, gerade wenn man erstmal anfängt, in Anbetracht der ganzen künstlichen Zwänge Züge wieder zurücknehmen zu wollen.

    Insgesamt ein merkwürdig schwacher Lacerda. Das kann er eigentlich besser.

    Gäbe es bei so einem Fall die Möglichkeit die deutsche Anleitung wo zu erhalten?

    Nein. Habe ich vergessen zu schreiben. Lisboa bei Philibert wäre natürlich die englische Version. Aber IMHO sollte das kein Problem sein für Leute, die Lacerdas spielen wollen. Bei Lacerdas und anderen eher schwergewichtigen Spielen gilt für mich: Lieber das englische Orginal als eine mehr oder weniger gelungene deutsche Übersetzung. Ausnahmen nur bei Verlagen, die erwiesenermaßen beim Lokalisieren die Spiele eher noch aufwerten als vermurksen, z.B. Frosted Games als Musterbeispiel für gute Lokalisierungen.


    EDIT: Wenn man sich bei Skellig die deutsche Anleitung herunterlädt, sollte man IMHO auch dort (bzw. über den Kickstarter) kaufen. Englische Version kaufen und deutsche Anleitung kostenlos herunterladen ist Schmarotzertum. Entweder deutsch oder englisch. Man muss sich schon entscheiden.

    Daher würden neue Spieler wohl eher mit dem aktuellen KS einsteigen als 150€ für einen alten Lacerda zu zahlen.

    Einem Lacerda-Neueinsteiger würde ich sogar noch eher empfehlen, Lisboa bei Philibert zu bestellen als diesen Kickstarter mitzumachen. Da weiß man, was man kriegt. Hier gilt wie bei jedem anderen Kickstarter auch: das ist eine Wette auf eine unbekannte Zukunft. Kann klappen, kann aber auch "meh" werden, wo man sich nachher teure Ausgaben selbst schönreden muss. Ich habe in diesem Jahr bisher erst drei Crowdfunding-Projekte mitgemacht. Ich bin aus diesem ganzen FOMO-Zirkus raus. Alles wirklich Gute kriegt man auch später noch. Und selbst wenn's dann vielleicht 10% mehr kostet, ist das immer noch ein angemessener Preis dafür, dass man weiß, was man bekommt, und sich keine teuren Kickstarter-Gurken einfängt.

    Back on Lisboa@Philibert: Deluxe Version incl. Upgrade Pack für 135 Euro incl. Versand nach DE. Direkt lieferbar, d.h. vermutlich in ein paar Tagen schon da. Wer noch kein Philibert-Kunde ist, kann sich auch von mir werben lassen und würde dann vermutlich noch einen 5 Euro Gutschein erhalten, wenn sich da im letzten Jahr nichts geändert hat. In Anbetracht der allgemeinen Preisentwicklung bei Spielen und der Lisboa-Ausstattung muss man die 135 Euro heute für angemessen halten. Wohlgemerkt: angemessen deshalb, weil das Spiel erwiesenermaßen gut ist. Bei Weather Machine fällt mir das Ja-Sagen bei ähnlichem Preis deutlich schwerer. Regel-Überfliegen und die Videos von Gaming Rules sowie Heavy Cardboard haben mich bisher noch nicht überzeugt. Mal sehen, was das Anspielen bringt.

    wäre ja durchaus möglich, dass dieses Spiel den Wendepunkt darstellt

    An einen klar benennbaren "Wendepunkt" glaube ich nicht. Das ist eher ein schleichender Prozess, der mit jedem neuen Lacerda für EGG schwieriger zu managen ist. Schon das (für Lacerda-Verhältnisse) eher seichte Escape Plan hat damals der "ich muss aus Prinzip jeden Lacerda haben"-Haltung (d.h. das übliche Sammler- und Fanboy-Gehabe, auf dem das gesamte Marketing beruht...) einen ordentlichen Dämpfer versetzt.

    Für mich ist Lacerda dann und nur dann gut, wenn die Mechanismen-Monster ausreichend thematisch gestützt werden. Das war bei Lisboa herausragend gut der Fall und bei Vinhos immerhin gut. Bei allem anderen: nun ja... Da gibt's dann eher unnötige Verkomplizierung als Selbstzweck, überall unthematisch drübergestreute Boni und völlig vom Himmel gefallene Dinge, auf die man optimieren soll.

    Gebrauchtmarkt war bei den Lacerda Spielen ja immer stabil und ich würde spekulieren in der ca. Höhe des Kickstarterpreises.

    Irgendwann platzt so eine Blase auch und dann regelt das wie üblich Angebot und Nachfrage. Niemand braucht zuhause ein ganzes Regal voller großer teurer Lacerdas, von denen jeder im Schnitt einmal im Jahr gespielt wird, wenn überhaupt. Es sei denn, man betrachtet es primär als Statussymbol.

    Ich bin überzeugt davon, dass die "lasst uns einfach losspielen, nachdem die Grundlagen skizziert wurden; Details ergeben sich später"-Fraktion unter dem Strich mindestens die gleiche Erklärzeit braucht. Nur werden dann eben Detailregeln, wie etwa bei On Mars zum ganzen Themenkomplex "Bauen", eben nicht vollständig am Anfang erklärt, sondern während des Spiels. Was man lieber hat, ist persönliche Präferenz.

    Einzig über das Ausmaß an thematischem Hintergrund bei der Erklärung ließe sich streiten, aber auch das hilft dem Zuhörer oft zu verstehen (und zu behalten!), was die Regeln von einem wollen. Gerade bei Lacerda würde mir persönlich da viel verloren gehen, wenn z.B. in Lisboa nur rote/naturfarbene/blaue Würfelchen wären und nicht Schäden durch Feuer, Erdbeben und Wasser. Lacerda-Spiele möchte ich gar nicht "Mechanismus-pur" spielen.

    Wenn man die Erklärzeit von Profis wie Paul Grogan, Rodney Smith oder Edward Uhler nimmt, dann hat man IMHO eine recht gute untere Abschätzung für die Zeit, die der Erklärer braucht, um alles zu erklären. An deren Erklärung ist ja normalerweise nicht viel dran, was man weglassen könnte. Ganz im Gegenteil. Überall, wo da im Video Sachen eingekringelt, Spielelemente hervorgehoben, Texte eingeblendet oder Sachen zusammengeschnitten werden, braucht man als Live-Erklärer ja tendenziell eher etwas länger. Wenn noch Fragen dazu kommen, dann sowieso.

    Aber On Mars erkläre ich in unter 30 min. unter meine Mitspieler hatten danach keine Probleme das Spiel gut zu spielen.

    Tut mir leid, aber das glaube ich einfach nicht. EIn "wir spielen einfach mal los, die restlichen Regeln erkläre ich euch während des Spiels", klar, sowas kann man natürlich immer machen. Wobei ich das bei den dicken Brocken nicht so wirklich für sinnvoll halte, weil das nur noch Blindflug gibt. Aber eine vollständige On Mars Regelerklärung in nur 30 Minuten? Glaube ich einfach nicht, sorry.

    Könnte einer von euch Supererklärern bitte mal so eine Erklärung auf Video aufnehmen? Möchte ich wirklich mal sehen, wie das gehen soll, wenn Paul Grogan (Gaming Rules) oder Edward Uhler (Heavy Cardboard) in eng getakteten, teils gehetzt wirkenden, mit zuvor ausgefeiltem Erklär-Drehbuch aufgenommenen und trotzdem teilweise noch zusammengeschnittenen und mit Computergrafik ergänzten Videos 45 Minuten aufwärts brauchen.

    Die Entwicklung scheint voran zu gehen, zwischen den Zeilen lese ich, dass es wohl noch komplexer ist als On Mars.

    Heißt das dann 60-90 Minuten Erklärzeit? =O

    Agra oder Feudum lassen da grüßen. Sorry. Das wäre mir zu viel. Mehr als 1 Stunde Erklärzeit mache ich nicht mehr mit. Das ist nicht mehr Spielen, das ist Arbeit.

    (On Mars liegt meiner Meinung nach zwischen 45 und 60+ Minuten Erklärzeit, je nachdem, wie gut der Erklärer vorbereitet ist. Aber 45 Minuten gehen nur mit sehr guter Vorbereitung und Mitspielern, die solche Kaliber gewohnt sind, wo man mit "so wie bei Spiel X" Erklärsachen abkürzen kann.)

    Okay. Ich präzisiere: Herr Chvátil ist so ziemlich der Einzige unter den "großen" Autoren, dessen Schaffen nicht in einzelne Phasen eingeteilt werden kann, sondern der konstant komplett unterschiedliche Sachen gemacht hat, ohne dass es ihm irgendwie geschadet hätte. Sowas finde ich in jedem künstlerischen oder kreativen Bereich immer sehr bemerkenswert. Das ist nicht der Normalzustand, sondern die ganz große Ausnahme.

    Wenn ein kreativer Mensch, egal ob Musiker, Spieleautor oder sonstwas, auf eine einzige Richtung erstmal so festgelegt ist wie Lacerda auf die Heavy Euro Brocken, dann gehen ja die Fans sofort auf die Barrikaden, wenn derjenige sich mal "erdreistet", von "seiner" Richtung deutlich abzuweichen -- und genauso würden auch viele Leute außerhalb der Spezialrichtung sich so ein Werk gar nicht erst anschauen, wenn Künstler X erstmal fest mit Richtung Y verbunden wird.

    Hmmm... bin ich jetzt seltsam, dass ich diese Gefahr nicht sehe? Man kann doch froh sein wenn Spiele mittlerweile "nur" um die 100€ auf KS kosten... ich meine es gab doch KDM mit 2500€ All In oder Too Many Bones mit weit über 200€ und solche Beispiele finden sich immer häufiger, zumindest in meiner Wahrnehmung...

    Willst du wirklich Miniaturen-Spielen mit Euros vergleichen?


    BTW: Die allermeisten Autoren verwenden immer wieder die gleichen oder zumindest ähnliche Elemente; da gibt's IMHO wenig Unterschiede zwischen Lacerda, Feld, Rosenberg und quasi allen anderen bekannten Autoren. Einzig bei Vlaada Chvátil würde ich sagen, dass er wirklich total unterschiedliche Spiele entwickelt hat, so unterschiedlich, dass man manchmal kaum glauben kann, dass das alles von gleichen Autor kommt.

    Die Qualität von einem [...] GWT ist aber auch eine andere.

    Ja. GWT ist ein besseres Spiel als alle Lacerdas mit Ausnahme von Lisboa. :)

    Bitte nicht falsch verstehen. Umgekehrt könnte ich genauso auch sagen: Lisboa ist ein besseres Spiel als alle Pfisters mit Ausnahme von GWT. Ein "ich kaufe irgendwas blind" finde ich jedenfalls bei dreistelligen Preises schon ein wenig merkwürdig...