Hi,
das Brettspiel "D-Day Dice: Do or Die!" war für mich eher ein spontaner Bauchkauf. Zwar hatte ich die Kickstarter-Aktion verfolgt, war mir zu der Zeit aber nicht wirklich sicher, ob das Spiel für meine Spielrunden was taugen könnte. Yahtzee mit WK2-Thema? Wie anders wird es von der Print-n-Play-Version wirklich? Inzwischen gibt es diverse Reviews und auch Spielablauf-Videos der Verkaufsversion, so dass ich dann (mit minimierten Fehlkauf-Risiko) doch zugegriffen habe.
Für rund 34 Euro kein Schnäppchen, aber die Materialqualität ist gut: Viele Spezial-Würfel, extradicke Spielbretter, diverse Kartensets und Spielhilfen für die bis zu vier Mitspieler. Macht insgesamt einen ausgereiften und gut designten Eindruck, so dass die D-Day-Atmosphäre gut transportiert wird dadurch.
Im Kern ist es allerdings ein Würfelspiel und damit weit weg von einer historisch korrekten Simulation fernab des eigentlichen Themas. Man spielt es alleine oder kooperativ mit bis zu vier Mitspieler, die sich gegenseitig helfen und unterstützen können mit Einschränkungen, die man durch entsprechende Spezialisten in seinem Trupp noch aufweichen kann. Stirbt ein Trupp, dann haben alle sofort verloren. Würfelpech Einzelner muss man in der Gruppe also auffangen können.
Man würfelt (gleichzeitig!) und kann bis zu zweimal nachwürfeln, um eine für sich ideale Kombination an Würfelsymbolen zu erreichen. Nach dem ersten Wurf muss man zwei Würfel "einfrieren", die somit geblockt sind mit ihren Symbolen. Eine Totenkopf-Seite erzeugt ein Push-your-Luck-Element, weil man sich mit dem Erreichten auch vorab zufrieden geben kann, bevor beim zweiten Neuwürfeln dann im Worst-Case-Szenario dann ein Haufen Totenköpfe erwürfelt werden. Jeder Totenkopf egalisiert einen anderen Würfel ohne Totenkopf, was den eigenen Würfelwurf in seiner Stärke mininiert. Diverse Kombinationen geben zusätzliche Vorteile, was aber alles auf der Spielübersicht aufgelistet ist und nur anfangs unübersichtlich und überfrachtet wirkt.
So sammelt man neue Soldaten, Tool-Punkte, Mut-Punkte und Sterne und trägt diese auf seiner Drehrad-Übersicht in den vier Kategorien ab. Soldaten braucht man, weil man unter Beschuss steht und je nach Strandabschnitt auf dem Spielplan eine bestimmte Anzahl davon verliert pro Runde. Durch Maschinengewehr-Beschuss per Würfelwurf noch mehr. Mut braucht man, um auf den Strandabschnitt vorrücken zu können. Tool-Punkte kann man gegen Einweg-Gegenstände eintauschen, die Spielvorteile bringen. Sterne kann man hingegen gegen Spezialisten eintauschen, die einem dauerhaft zur Seite stehen und teils neue Spiel-Möglichkeiten bieten.
So versucht man, Zug für Zug, seine Werte hoch zu halten und zeitgleich irgendwann auch den feindlichen Bunker ganz am Ende des Spielplans zu erreichen. Klingt einfach und auch irgendwie langweilig, oder? Aber und zum Glück kann ich hier ein Aber anbringen, bietet jede der acht Spielpläne eine ganz neue Herausforderung und auch weitere Sonderregeln und Situationen mit sich. Stacheldraht ist da noch harmlos, MG-Nester und unterstütztende Fahrzeuge und auf ein Trupp beschränkte Regionen sind da schon heftiger und bringen (auch durch die diversen Karten) die erhoffte Tiefe ins Spielgeschehen.
Das Regelwerk ist zunächst ein wenig sperrig, was aber auch an der eher trockenen Präsentation mit zu viel Fliesstext des Regelbuches liegt. Einmal verstanden aber schnell verinnerlicht, so dass man sich auf die eigentliche Herausforderung konzentrieren kann, die der jeweilige Spielplan bietet. Durch die acht Spielpläne sollte erstmal ein ausreichender Wiederspielwert gegeben sein. Erweiterungen sind zudem schon angekündigt - bis ins Jahr 2014 hinein!
Im Vergleich zu "Im Wandel der Zeiten Würfelspiel" scheint es mir taktischer-strategischer zu sein, weil es von Szenario zu Szenario eine immer grössere Spieltiefe bietet. Durch das simultane Würfeln und zeitgleiche Auswerten sollte die nervige Downtime (wie bei IWdZ Würfelspiel) auch minimiert sein. Wie stark der kooperative Aspekt ist, muss sich allerdings noch zeigen. Bisher habe ich es nur solo angespielt. Wer sich nicht an dem Thema Weltkrieg stört (wobei hier nichts glorifiziert wird), bekommt ein interessantes Würfelspiel geboten, das einem pro Szenario 45 Minuten herausfordern kann.
Cu / Ralf
PS: Inzwischen ist auch die Erweiterung "Atlantikwall" zumindest in den USA lieferbar. Da spielt dann ein Spieler die Nazis und versucht aktiv den Vormarsch der Alliierten aufzuhalten, in dem er die Rolle des "aktiven Spielbrettes" übernimmt. Blöd nur, dass der Autor meinte, es wäre toll, weil historisch korrekt, wenn dann auch diverse in Deutschland verbotene Nazi-Symbole verwendet werden. *kopfschüttel*