Entscheidungen in Spielen treffen - auf welcher Grundlage?

  • Gestern hatte ich meine Erstpartie Pax Pamir und daraus entwickelte sich ein Gedankengang bzw. eine Fragestellung:


    Zitat

    Wie treffe ich sinnvolle Entscheidungen (in einem Spiel), wenn ich entscheidende Variablen nicht kenne?


    In Spielen versucht man ja, auf Grundlage diverser vorhersehbarer oder kalkulierten Rahmenbedingungen Entscheidungen zu treffen. Vorhersehbar ist das z.B., wenn ich in Gaia Project weiß, dass in Runde 3 Minen auf Gaia-Planeten gewertet werden. Darauf kann ich hin spielen und die Punkte einheimsen - oder die Entscheidung treffen, daran vorbei zu spielen, wenn ich glaube anderswo mehr Punkte machen zu können. Kalkulierbar sind durchaus auch Würfelwürfe - ich kann zumindest mit einem groben statistischen Mittel rechnen - und habe dann einfach Pech, wenn ich regelmäßig dieses Mittel nicht treffe - abhängig vom Spiel ist es Möglich, einen Plan B zu haben, wenn der Wurf daneben geht.


    Schwieriger wird das bei hochgradig interaktiven Spielen, wo eben nicht nur Kommissar Zufall eine Rolle spielt (z.B über eine zufällige Kartenauslage), sondern auch noch 3 andere Spieler*innen am Tisch sitzen, die - schlimmer als Würfelwürfe - überhaupt gar nicht kalkulierbar sind.


    Beispiel 1: Risiko

    Das Beispiel wähle ich, weil ich damit aufgewachsen bin... Nehmen wir an, Spieler 1 gewinnt bald, weil er Asien hält und Nordamerika. Spielerin 2 greift aber dennoch mich an, obwohl ich nur Teile von Afrika und Australien halte. Das ist vermutlich eine schlecht Entscheidung, weil damit Spieler 1 noch viel wahrscheinlicher gewinnt - aber sie macht es dennoch, entweder, weil sie ein Ziel hat, Australien zu besetzen oder weil sie keinen Beef mit Spieler 1 will (z.B. weil es der Partner ist oder sie Angst hat, zurück angegriffen zu werden oder beides). Wie kann ICH sinnvolle Entscheidungen treffen, wenn andere am Tisch doch offensichtlich unkalkulierbare schlechte Entscheidungen treffen? Ich kann ja in diesem Spiel nicht davon ausgehen, dass alle Spieler mich in jedem Zug mit allem angreifen, was sie haben...


    Beispiel 2: Pax Pamir

    Hier geht es ja nicht nur darum, eine Fraktion auf dem Brett zu pushen, sondern auch darum, die meiste Loyalität bei dieser Fraktion zu haben. Aber das Spiel bietet so viele Möglichkeiten an Interaktion, die ich ja nur schwerlich alle bedenken kann:

    - Ein Spieler könnte mir eine Karte mit einem Spion kaputt machen

    - Ein Spieler könnte seine Fraktion wechseln

    - Ein Spieler könnte meine Spione angreifen

    - Ein Spieler könnte meine Stämme auf dem Plan angreifen

    - Ein Spieler könnte Steuern von mir verlangen

    Und das sind nur einige der Dinge, die MICH betreffen - dieselbe Anzahl von potentiellen Entscheidungen gibt es ja noch für die anderen Spieler untereinander - die mich ja wiederum passiv betreffen.


    Ich muss also irgendwie irgendwelche Annahmen treffen. Das geht umso besser, je besser man die anderen Spieler*innen kennt - aber stellt euch vor, ihr geht auf ein Pax Pamir-Turnier und kennt da einfach keinen. Welche Entscheidungen trefft ihr und warum sind die besser als die anderen Entscheidungen?


    Es wird mittlerweile offensichtlich, dass ich Pax Pamir gestern NICHT gewonnen habe :floet: Vermutlich beschäftigt mich das so, weil ich gerne nach verlorenen Partien eines Spiels in eine Reflektion gehe und mir überlege, was ich nächstes Mal anders / besser machen will. Nur hier... will der Groschen nicht so recht fallen.

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  • Spannendes Thema. Ich musste direkt daran denken, warum ich kaum Brettspiele am iPad oder PC gegen die KI spiele: Mir fehlt eben die von dir genannten menschliche Komponente. Das Unkalkulierbare, die Überraschung und das Staunen, wenn Menschen, die man dachte gut zu kennen, dann plötzlich Entscheidungen treffen, mit denen man einfach nicht gerechnet hat.

    Und das ist so eine großartige Komponente unseres Hobbies. Der Nervenkitzel bei der ständigen Frage "was wird der andere Spieler / werden die anderen Spieler jetzt machen"? Und das betrifft ja nicht nur kompetitive, sondern gleichermaßen auch kooperative Spiele. Wie oft musste ich schon in die Tischdecke beißen, weil meine Mitspieler mir völlig irrationale Entscheidungen getroffen haben. Wie oft habe ich innerlich gejubelt, weil Mitspieler in einem fast aussichtslosen Kampf plötzlich einen Geistesblitz hatten und das Ruder mit einer neuen Entscheidung rumgerissen haben.

    .. ich habe gerade wieder richtig Lust auf eine 6er Runde irgend etwas. Der Gedanke an all diese Aspekte löst eine wahnsinnige Lust auf Brettspiele aus :)

  • Ich denke, es gibt sehr viele verschiedene Faktoren:


    1. Wie gut kenne ich das Spiel? In meiner ersten Partie werde ich anders spielen als in weiteren Partien. Ich lerne die Karten besser kennen, kann die Auswirkungen besser abschätzen und kriege ein Gefühl dafür, wie andere spielen.


    2. Die emotionale Komponente. Es werden Entscheidungen getroffen, die rational gesehen, nicht die besten sind. Es gibt genug Beispiele z.B. gerade in Risiko, oder auch in Terraforming Mars, wenn man anderen Spielerrinnen reingrätscht, nur weil zuvor etwas zerstört oder weggenommen wurde.


    3. Erfahrung. Wieviel Erfahrung bringe ich mit? Welche Spiele spielen die anderen so?


    4. Auch die Zeit kann eine Rolle spielen. Steht mir für ein Spiel viel oder wenig Zeit zur Verfügung.


    5. Beobachten und Auswerten. Das sehe ich eigentlich als den wichtigsten Punkt. Wenn ich ein Spiel gut kenne, kann ich anhand der Beobachtung der Mitspieler oftmals abschätzen, welche Strategie wird gefahren. Welche Karten sind von besonderer Interesse, welche Aktionsfelder wollen als nächstes besetzt werden, usw.

  • Also bei Punkt 1) am Tisch Politik-Talk anfangen und solche Aktionen in Frage stellen. Das ist doch das klassische Beispiel warum Ankh nicht funkioniert... :P Aber ganz im Ernst, mit solchen Personen Area-Control zu spielen bzw. Spiele in denen die logische Auseinandersetzung die Balance herstellt, halte ich schlichtweg für eine sehr unspaßige Angelegenheit. Es gibt auch hier manchmal Gründe, warum jemand so handelt und die Aktionen dann aufgehen oder zumindest mit einem gewissen Risiko einem doch zum Sieger küren, da wäre bei mir Kemet zu nennen, wo ich es erlebt habe. Grundsätzlich würde ich bei dem Beispiel aber in erster Linie nicht dem Spiel oder der eigenen Strategie die Schuld geben.


    Bei Punkt 2) wird es schwieriger. Da gehört es ja offensichtlich zum Spiel, die anderen und deren Aktion abzuschätzen. Das Spiel der anderen zu lesen. Da ist es wichtig zu wissen, wie die Personen sonst spielen, wie sie vorherige Partien spielten, was sie bisher in der Partie für Aktionen gemacht haben und welche Ziele sie wohl langfristig verfolgen. Herrlich! Spielt man deswegen nicht genau solche Brettspiele?

  • Ich würde dazu auch unterscheiden, wie taktisch das ganze Spiel ist. Große strategische Pläne sind in Spielen wie Pax schwierig, wegen der Interaktion, aber auch dem rotierenden Kartenmarkt. Man weiß ja gar nicht, wann was kommt und ob man das überhaupt kriegt.

    In solchen Spielen heißt es dann also: flexibel spielen, kürzer denken. Also entweder 'was ist jetzt gerade das Beste?' oder 'wie stelle ich mich am besten auf, egal was passiert?'

    Wenn man einen bestimmten Plan fährt, sollte man sich relativ sicher sein, dass einem da niemand reingrätschen kann. Oder hoffen, dass die Möglichkeit nicht gefunden wird 8o


    Grundsätzlich würde ich aber sagen, kleinere Pläne machen ist immer besser. 'was will ich diesen Zug erreichen, und wie schaffe ich das am besten?' versus 'Mit welcher Strategie will ich das Spiel gewinnen?' Gerade die Flexibilität ist oft wichtig, das schnelle Umdenken, das Ausnutzen von Möglichkeiten.



    Spannende Frage! :)

  • Danke schon mal für die Antworten:


    Bianca_und_Alex Interaktion ist sicher einer der treibenden Gründe, Brettspiele mit mehr als mir zu spielen!


    meeple Wichtiger Punkt: Das Spiel selbst gut kennen. Wissen, was möglich ist. Ist in einer Erstpartie wie gestern halt schwierig... und ich vermute, in Partie 2 und 3 auch noch...


    brettundpad Politik-Talk am Tisch wird ja schnell als Trash-Talk wahrgenommen "Jaja, Du erzählst uns einen und willst nur selbst gewinnen haha" - ganz offenbar will man selbst gewinnen, das ist ja keine neue Erkenntnis. Aber an verschiedenen Punkten GIBT es eben eine reale Gefahr, dass ein Spieler gewinnt - und da müsste man eben im Kopf umschalten auf semi-kooperativ. Je besser man das Spiel und seine Mitspielerinnen kennt, desto besser klappt das natürlich. Ich kenn eine, die im LEBEN nicht mich hinterrücks angreifen würde - und eine, die es regelmäßig immer wieder tut. In der Regel ist "andere Spieler angreifen" aber eher umstritten - meist, weil die Leute Angst vor Gegenmaßnahmen haben. Ich hab mal ne TI4-Partie gespielt und dort einem Spieler was weggenommen. Seine Reaktion war in etwa "so, mein Freund. Ab sofort spiele ich nicht mehr auf Sieg, ab sofort spiele ich auf Deine persönliche Vernichtung". Und das hat der erst auch durchgezogen (und ich betrachte es bislang als meinen größten diplomatischen Sieg ever, dass ich ihn doch noch rum bekommen habe). Menschen nehmen Verrat persönlich.


    Nico Kürzer denken ist bei Pax halt schwierig - denn ich baue ja nicht 4 Loyalität in einer Runde auf. Das Spiel zwingt mich ja dazu, längerfristig zu denken. Irgendwann kommt der Konflikt und dann sollte man gut aufgestellt sein. Wenn Großbritannien schon so viele Klötze auf dem Feld hat und 2 Spieler je 5 Loyalität - wie soll ich da das Ruder kurzfristig noch rum reißen?

  • Eigene “richtige” Entscheidungen zu treffen ist - von Runde zu Runde natürlich unterschiedlich - gar nicht sooo wichtig. Natürlich sollte man einen groben Plan haben, aber das situative ausnutzen von Fehlentscheidungen der anderen eröffnet einem oftmals die guten Möglichkeiten. Niemand trifft in einem Spiel immer die richtige Wahl seiner Aktionen, wäre ja auch langweilig, dann kann ich mir den Ausgang gleich herleiten…

    Die soziale Komponente bzgl. Trashtalk trägt einen ganz wesentlichen Anteil dazu bei! Insbesondere bei einer meist aus den selben Personen bestehende Runde, muss man da schon sehr diffizil und “Tagesform”-angepasst vorgehen. Ernst gemeinte Hinweise oder völlig aus der Luft gegriffene Behauptungen, gern auch mit leeren Drohungen kombiniert, sind doch das berühmte Salz in der Suppe. Stumm vor sich hin taktieren? Ein Graus… =O

    Bitte senden Sie mir Ihre E-Mail doppelt, ich brauche eine fürs Archiv :/

  • Brettspiel Dude Also Trash-Talk gehört für mich schon ein wenig dazu. Und persönlich innerhalb eines Spiels kann man das schon nehmen. Warum auch nicht? Und wenn du einen großen Vorteil aus einer Eroberung ziehst, dann ist es doch voll in Ordnung einen Gegenschlag auszuführen. Ich nehme jetzt als Beispiel die letzte Partie Clash of Cultures. Ich hab in der letzten Runde einen für den Gegenspieler nicht ganz offensichtlichen Angriff ausgeführt. A) Die Stadt war schlechter geschützt, B) Sie brachte mir viele Siegpunkte und C) der Spieler der Stadt führte. Ich hab in dem Moment keine Sekunde daran verschwendet, wie ich den dritten Spieler angreife, weil er viel weniger Punkte hatte. Das meine ich halt. Wenn ich mich jetzt auf den Letzten stürze, einfach weil ich es kann und nichts befürchte, ist das für mich eher schlechtes Spielen. Pauschal natürlich immer schwierig, aber in Schnitt die richtige Richtung.


    Das unterscheidet sich für mich ganz stark vom zweiten Beispiel Pax Pamir. In Brettspielen mit aggressiven Möglichkeiten (insbesondere Area-Control) sollte genug Spielverständnis da sein, ansonsten hat man meist nicht so gute Partien. Das ist ähnlich, wie eine Person die in einem X-beliebigen harmlosen Euro, der einfach nur Ressourcen sammelt ohne sie auszugeben. Das kann jeder sicher anders halten, aber insgesamt gibt es gewisse Regeln, die nicht in der Anleitung stehen, nennen wir sie Mindset, die bei einem Spiel wie Cthulhu Wars, Kemet, Cry Havoc, Ankh, Der Eiserne Thron, Clash of Cultures, Twilight Imperium, New Angeles oder auch dein Risiko einfach dazugehören. Mir ist meine Zeit zu Schade um z.B. Twilight Imperium zu spielen, mit jemanden der sich in seine Büx macht, sich nur einbunkert und sein kleines Reich ohne Motivation zum eigenen Sieg verwaltet und am Ende genau seine Nachbarn damit zum Sieg führt, weil die Platz ohne Ende haben und keinen Angriff befürchten müssen.

    Sehr spannender Thread, aber ich würde halt Beispiel A) unter schlechtes Spielen verbuchen und Beispiel B) zur Diskussion stellen. Denn das ist der wichtige und spannende Punkt.

    • Hilfreichste Antwort

    Da machst Du ein ganz großes Fass auf. :)


    Ich hole dazu mal ein bisschen weiter aus.


    Also. Solche klaren Determinismen, wie wir sie in manchen Spielen finden, gibt's ja üblicherweise nicht, wenn wir tagtäglich Entscheidungen treffen. Unvollständige Information ist der Normalzustand, vom unbedeutsamen Entscheidungen ("An welcher Supermarktkasse bin ich schneller?") bis hin zu den ganz großen ("Gebe ich meine Beziehzung auf für die neue Stelle?"). Jetzt wird's natürlich gleich hochphilosophisch, aber allgemein betrachtet ist Entscheidungsfindung bei unvollständiger Information daher das zentrale Ansinnen menschlichen Erkenntnisstrebens. Wir betreiben Aufwand für Forschung ja nicht vornehmlich aus intrinsischer Neugier, sondern vor allem aus der Notwendigkeit heraus, Zusammenhänge besser zu verstehen, um auf diese Weise bessere Enstcheidungen treffen zu können. Ein Kalender beispielsweise ist von zentraler Bedeutung für die Landwirtschaft -- dieser ist im Grund genommen ja hauptsächlich ein instrument für den Landwirt, um die Informationslage in Bezug auf Entscheidnungen über Saat, Ernste,Bewässerung usw. zu verbessern. Ein Kalender wiederum ist allerdings das Ergebnis einer systemtatischen Himmelsbeobachtungen. Ohne Astronomie gäbe es also keinen Kalender.


    Kurz gesagt: Es gibt nicht nur ganze Bücherregale voller Abhandlungen zum Thema. Entscheidungsfindung bei unvollständiger Information ist ein so zentrales Thema, dass man damit ganze Bibiotheken füllen kann. Menschliches Erkenntnisstreben zielt zentral darauf ab, die Informationsgrundlage für Entscheidungen zu verbessern.


    So. Das war die allgemeine Anmerkung hierzu. Was tut man aber nun konkret, wenn man in einem gegebenen System mit definierten Regeln (wie eben einem Spiel) mit unvollständigen Informationen zu tun hat? Man betreibt sogenmanntes "Risikomanagement" (Risikomanagement – Wikipedia). Was heißt das? Man versucht ganz allgemein, Risiken zunächst überhaupt richtig zu identifizieren, dann zu bewerten, dann zu gewichten und je nach Priorität entspechende Vorkehrungen zu treffen, die die Möglichkeit minimieren, dass ein ungünstiges Ereignis eintritt. Dazu gibt's ein paar Grundregeln. Beispielsweise sollte man versuchen, eine variable Strategie zu verfolgen, also nicht "alles auf eine Karte" zu setzen, wodurch man allerdings zwangsläufig die Chancen ebenfalls vermindert. Dabei sind in allen Schritten Erfahrungswerte und Wahrscheinlichkeiten von zentraler Bedeutung (ich glaube, mann kann in diesem Zusammenhang von "Heuristik" sprechen).


    Gut, das ist jetzt immer noch ein bisschen schwammig, vermute ich. Gehen wir mal Dein Beispiel mit den Spiel "Risiko" ein. Welche Risiken haben wir und was können wir tun?

    • Risiko 1: Ungünstige Würfelereignisse. Beobachtung: Passiert häufig. Bewertung: Mäßiges Risiko, statistische Extreme mitteln sich mit zunehmender Spieldauer aus. Gegenmaßnahme: Ausreichende Übermacht bei Angriff sicherstellen, entscheidende Postionen gut absichern, Riskante Angriffe nur, wenn entprechend hohe Gewinnaussichten. Maßnahmen je nach Spielregel anpassen.
    • Risiko 2: Mitspieler handelt irrational. Beobachtung: Passiert häufig bei Mitspieler A. Bewertung: Hohes Risiko, falls A am Tisch sitzt. Gegenmaßnahme: Mitspieler A muss entsprechend manipuliert werden. Erfordert Menschenkenntnis und Rafinesse.
    • ...


    Ich hoffe, diese Antwort war trotz bisschen Blabla halbwegs hilfreich. :)

    Soziale Medien fügen Ihnen und den Menschen in Ihrer Umgebung erheblichen Schaden zu.

  • Wenn Großbritannien schon so viele Klötze auf dem Feld hat und 2 Spieler je 5 Loyalität - wie soll ich da das Ruder kurzfristig noch rum reißen?

    In dem du das frühzeitig gesehen hast das es zudem kommt. Dadurch hast du dir den Plan zurechtgelegt ebenfalls zu Großbritannien zu wechseln sei es durch eine Anführerkarte, ein Geschenk oder einer Belohnung. Du wirst zwar nur 1 Punkt machen aber danach wird resetet. Und du wirst den Trend zu einer Fraktion hoffentlich nicht ein 2 mal verpassen. Man muss ja nicht jeden Dominanzcheck gewinnen es reicht wenn man am Schluss mit den Punkten vorne ist😉.

    Gut finde ich die oft unterschätzten blauen Karten wenn man die ausspielt darf man mehr Handkarten auf der Hand halten und kann daher schneller reagieren.

    Einmal editiert, zuletzt von s3chaos ()

  • Brettspiel Dude Also Trash-Talk gehört für mich schon ein wenig dazu. Und persönlich innerhalb eines Spiels kann man das schon nehmen. Warum auch nicht? Und wenn du einen großen Vorteil aus einer Eroberung ziehst, dann ist es doch voll in Ordnung einen Gegenschlag auszuführen. Ich nehme jetzt als Beispiel die letzte Partie Clash of Cultures. Ich hab in der letzten Runde einen für den Gegenspieler nicht ganz offensichtlichen Angriff ausgeführt. A) Die Stadt war schlechter geschützt, B) Sie brachte mir viele Siegpunkte und C) der Spieler der Stadt führte. Ich hab in dem Moment keine Sekunde daran verschwendet, wie ich den dritten Spieler angreife, weil er viel weniger Punkte hatte. Das meine ich halt. Wenn ich mich jetzt auf den Letzten stürze, einfach weil ich es kann und nichts befürchte, ist das für mich eher schlechtes Spielen. Pauschal natürlich immer schwierig, aber in Schnitt die richtige Richtung.


    Das unterscheidet sich für mich ganz stark vom zweiten Beispiel Pax Pamir. In Brettspielen mit aggressiven Möglichkeiten (insbesondere Area-Control) sollte genug Spielverständnis da sein, ansonsten hat man meist nicht so gute Partien. Das ist ähnlich, wie eine Person die in einem X-beliebigen harmlosen Euro, der einfach nur Ressourcen sammelt ohne sie auszugeben. Das kann jeder sicher anders halten, aber insgesamt gibt es gewisse Regeln, die nicht in der Anleitung stehen, nennen wir sie Mindset, die bei einem Spiel wie Cthulhu Wars, Kemet, Cry Havoc, Ankh, Der Eiserne Thron, Clash of Cultures, Twilight Imperium, New Angeles oder auch dein Risiko einfach dazugehören. Mir ist meine Zeit zu Schade um z.B. Twilight Imperium zu spielen, mit jemanden der sich in seine Büx macht, sich nur einbunkert und sein kleines Reich ohne Motivation zum eigenen Sieg verwaltet und am Ende genau seine Nachbarn damit zum Sieg führt, weil die Platz ohne Ende haben und keinen Angriff befürchten müssen.

    Sehr spannender Thread, aber ich würde halt Beispiel A) unter schlechtes Spielen verbuchen und Beispiel B) zur Diskussion stellen. Denn das ist der wichtige und spannende Punkt.

    Danke für die lange Antwort!

    Gegen Trash Talk hab ich nix - aber alle Spieler müssten halt in der Lage sein, im Kopf umzuswitchen von Trash Talk auf "its getting serious". Ich hab ne furchtbare Partie Siderische Konfluenz hinter mir, weil niemand mit mir tauschte, weil alle immer befürchteten, ich würde aus dem Tausch viel mehr Vorteile ziehen als sie selbst - und haben dann lieber unter sich getauscht. Keine Ahnung, was mir diese Reputation eingebracht hat, aber dann ergeben solche Spiele eben auch keinen Sinn mehr.

    Und A) und B) sind sicher unterschiedliche Beispiele - aber schlechte oder bekloppte Spielzüge von Mitspielenden gibt es ja immer wieder - und die kann man ja nicht auch noch einkalkulieren. Auf den dritten zu hacken statt den ersten ist ja durchaus halbwegs valide, wenn man hofft, ihn noch zu überholen.

  • Ich hab ne furchtbare Partie Siderische Konfluenz hinter mir, weil niemand mit mir tauschte, weil alle immer befürchteten, ich würde aus dem Tausch viel mehr Vorteile ziehen als sie selbst - und haben dann lieber unter sich getauscht. Keine Ahnung, was mir diese Reputation eingebracht hat, aber dann ergeben solche Spiele eben auch keinen Sinn mehr.

    Wow, heftiges Extrembeispiel, an dem deine Mitspieler am Spiel vorbei spielen. Denn Siderische Konfluenz basiert ja gerade auf fairem Tausch, bei dem man aber die Konsequenzen für den Mitspieler kaum abschätzen kann. Deswegen gilt: einfach immer das best mögliche für sich selbst rausholen, für sich selbst optimieren und hoffen, dass man das besser macht als die anderen. Es braucht enorm viel Spielerfahrung um abschätzen zu können, was XY dem Gegner jetzt nutzt.

    • Risiko 1: Ungünstige Würfelereignisse. Beobachtung: Passiert häufig. Bewertung: Mäßiges Risiko, statistische Extreme mitteln sich mit zunehmender Spieldauer aus. Gegenmaßnahme: Ausreichende Übermacht bei Angriff sicherstellen, entscheidende Postionen gut absichern, Riskante Angriffe nur, wenn entprechend hohe Gewinnaussichten. Maßnahmen je nach Spielregel anpassen.
    • Risiko 2: Mitspieler handelt irrational. Beobachtung: Passiert häufig bei Mitspieler A. Bewertung: Hohes Risiko, falls A am Tisch sitzt. Gegenmaßnahme: Mitspieler A muss entsprechend manipuliert werden. Erfordert Menschenkenntnis und Rafinesse.
    • ...


    Ich hoffe, diese Antwort war trotz bisschen Blabla halbwegs hilfreich. :)

    Erst einmal, toller Post! Dazu hätte ich dann aber eine Anmerkung. Die Person, die irrational spielt, handelt halt nicht unbedingt nach deinen aufgestellten Prinzipien. Denn bei der Entscheidungsfindung geht es ja immer um ein Ziel. Das Ziel ist es zu gewinnen. Rein Mechanisch betrachtet, auf so einer analytischen Ebene. Die Personen am Tisch haben sich auf ein Regelkonstrukt eingelassen, mit dem sie unter den gegebenen Regeln einen Sieger ausmachen und das erfordert von allen das "richtige" Risikomangement. Wenn aber die Intention einer Person nicht der Sieg ist, wird es schwierig bzw. kippt das eben die Balance. Da sind wir bei meinem Beispiel Twilight Imperium. Ein guter Freund von mir hat sich früher immer eigene Ziele gesetzt, weil er sich für einen schlechten Spieler hielt. So ne Art Trophy-Liste innerhalb von Spielen. Heute reichen mir 20 SP. Diesmal versuche ich X Gold. Der Spielsieg war ihm egal. Das hebelt selbst manchen Euro stark aus, weil es indirekt das Spiel aller anderen so stark beeinflusst. Furchtbar! Spiele gehen eben davon aus, dass man gewinnen will. In solchen Fällen wird es dann halt wirklich schwierig gute Entscheidungen zu treffen. Ich tendiere da leider zu deinem Punkt 3 ... (mit der Person das Spiel nicht mehr spielen).

  • Ich bin grad ein bisschen verliebt in Dich <3 Hast Du zufällig weiterführende Literatur zum Thema parat? Das hat mit dem spielerischen Thema nicht viel zu tun, aber ich frage mich wirklich, wie man sinnvolle Entscheidungen treffen soll, wenn man nicht alle Variablen kennt - und ob die Entscheidung richtig war, erkennt man erst in der Rückschau.

  • In dem du das frühzeitig gesehen hast das es zudem kommt. Dadurch hast du dir den Plan zurechtgelegt ebenfalls zu Großbritannien zu wechseln sei es durch eine Anführerkarte, ein Geschenk oder einer Belohnung. Du wirst zwar nur 1 Punkt machen aber danach wird resetet. Und du wirst den Trend zu einer Fraktion hoffentlich nicht ein 2 mal verpassen. Man muss ja nicht jeden Dominanzcheck gewinnen es reicht wenn man am Schluss mit den Punkten vorne ist😉.

    Gut finde ich die oft unterschätzten blauen Karten wenn man die ausspielt darf man mehr Handkarten auf der Hand halten und kann daher schneller reagieren.

    Ich war ja selbst GB - aber die beiden anderen, die es auch waren, haben das Rennen um die ersten Loyalitätspunkte eben gewonnen - teils, weil sie aus der Auslage "einfach" britische Loyalitätskarten kaufen konnten und ich umständlich erst über einen Spion eine Loyalitätskarte umbringen musste - teil aber auch, weil die Regeln noch nicht so saßen und ich das mit den Diamanten noch nicht geschnallt hatte.


    Alex SpieLama Ja, war ein weniger gutes Spiel. Ein Fehler war, direkt die Rasse reinzunehmen, die insgesamt wenig tauscht und häufig klaut. Und dann waren da noch zwei Spieler, die fast nur untereinander getauscht haben, weil der Output des einen fast mit dem benötigten Input der anderen übereinstimmte und umgekehrt. Da war schwer rein zu grätschen. Und zum Schluss war nur noch eine Spielerin übrig, die aber ähnliche Sachen brauchte wie ich - und die anderen lieber nicht mit mir tauschen wollte außer ich hätte ihr deutlich mehr gegeben als "fair" war.

  • Erst einmal, toller Post! Dazu hätte ich dann aber eine Anmerkung. Die Person, die irrational spielt, handelt halt nicht unbedingt nach deinen aufgestellten Prinzipien. Denn bei der Entscheidungsfindung geht es ja immer um ein Ziel. Das Ziel ist es zu gewinnen. Rein Mechanisch betrachtet, auf so einer analytischen Ebene. Die Personen am Tisch haben sich auf ein Regelkonstrukt eingelassen, mit dem sie unter den gegebenen Regeln einen Sieger ausmachen und das erfordert von allen das "richtige" Risikomangement. Wenn aber die Intention einer Person nicht der Sieg ist, wird es schwierig bzw. kippt das eben die Balance. Da sind wir bei meinem Beispiel Twilight Imperium. Ein guter Freund von mir hat sich früher immer eigene Ziele gesetzt, weil er sich für einen schlechten Spieler hielt. So ne Art Trophy-Liste innerhalb von Spielen. Heute reichen mir 20 SP. Diesmal versuche ich X Gold. Der Spielsieg war ihm egal. Das hebelt selbst manchen Euro stark aus, weil es indirekt das Spiel aller anderen so stark beeinflusst. Furchtbar! Spiele gehen eben davon aus, dass man gewinnen will. In solchen Fällen wird es dann halt wirklich schwierig gute Entscheidungen zu treffen. Ich tendiere da leider zu deinem Punkt 3 ... (mit der Person das Spiel nicht mehr spielen).

    Das Problem mit dem "rationalen" Spiel ist aber eben, dass man sich nur dann vollständig rational verhalten kann, wenn man vollständige Informationen hat. Das ist bei sehr vielen Spielen nicht gegeben – und macht in vielen Fällen sogar den Reiz des Spiels aus. Wenn ich also nicht sicher weiß, was mein Mitspieler vor hat/welche Karte als nächstes kommt/wie die Würfel fallen werden/was unter einem umgedrehten Plättchen liegt/etc., dann kann ich nicht anders als eine Entscheidung zu treffen. Und eine Entscheidung ist eben etwas anderes, als eine konsequente Ableitung offenliegender Informationen.

    Klar, wenn jemand absichtlich ein Spiel torpediert, macht das nicht so richtig Spaß. Aber auch der von Brettspiel Dude beschriebene Fall, dass er am Tisch beim Handel ausgeklammert wurde, evtl. weil er als der stärkste Spieler wahrgenommen wurde, kann in der Situation eine rational motivierte Entscheidung gewesen sein. Das mag an der jeweiligen Spielsituation gelegen haben, aber natürlich fließen da auch andere Einflüsse mit ein. Z.B. "der kennt das Spiel am besten" oder "der gewinnt doch immer" oder "der spielt die stärkste Rasse" – was vielmals auch mehr Vermutung als empirisch überprüfte Tatsache ist.


    Entscheidungen unter Unsicherheit sind ein sehr spannendes Feld und ich finde den Beitrag von Bierbart auch super. Ich würde sogar soweit gehen zu sagen, dass nicht wenig Spiele eben gerade dieses spannende Feld bewusst ausloten.


    Ich bin grad ein bisschen verliebt in Dich <3 Hast Du zufällig weiterführende Literatur zum Thema parat? Das hat mit dem spielerischen Thema nicht viel zu tun, aber ich frage mich wirklich, wie man sinnvolle Entscheidungen treffen soll, wenn man nicht alle Variablen kennt - und ob die Entscheidung richtig war, erkennt man erst in der Rückschau.

    Für den Einstieg kann man da vielleicht mit "Schnelles Denken, langsames Denken" von Daniel Kahneman anfangen. Oder mit einem der Bücher von Gerd Gigerenzer, z.B. "Bauchentscheidungen".

  • ..., aber ich frage mich wirklich, wie man sinnvolle Entscheidungen treffen soll, wenn man nicht alle Variablen kennt - und ob die Entscheidung richtig war, erkennt man erst in der Rückschau.

    Aber aus solchen Situationen besteht doch unser ganzes Leben oder vertue ich mich da?

    Ich kann eine Entscheidung halt nur auf der Basis der zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Informationen treffen und zusehen, dass sie unter diesem Aspekt halbwegs sinnvoll ist. Natürlich können danach neue Aspekte und Informationen auftauchen, die meine Entscheidung anders hätten aussehen lassen, wenn ich sie früher gehabt hätte. Dann sieht die Entscheidung im Rückspiegel vielleicht falsch aus, trotzdem war sie zu dem Zeitpunkt wo ich sie getroffen habe richtig. Ich habe mir angewöhnt das als Tatsache zu akzeptieren und mir im Nachhinein nicht das Hirn zu zermartern, dass die Entscheidung hätte besser ausfallen können und wie ich es das nächste Mal verhindern kann. Wie heißt es so schön: Eine schlechte Entscheidung ist besser als keine.

    Das soll nicht heißen, dass ich aus der "falschen" Entscheidung nicht lernen soll und kann, ich will damit nur sagen, dass man im Nachhinein nicht zu sehr mit seiner Entscheidung hadern soll.

    Einmal editiert, zuletzt von Micknick ()

  • Wenn ich die Situation nicht überblicken kann, weil die Ausgangslage zu komplex ist oder mir schlicht Informationen fehlen, dann spiele ich meist rein intuitiv - einfach mal machen und dann sehen, was daraus passiert.


    Diese intuitive Spielweise bevorzuge ich ebenfalls, wenn es mir den Aufwand nicht wert ist, alle Informationen zeitintensiv durchzurechnen.


    Damit spiele ich zwar nicht optimal, aber erhalte mir meinen Spielspass, anstatt jede Situation zu zerdenken und Spielpartien zeitlich zu überdehnen.

    Content-Nachschlag gefällig? Brettspieltag.de – Das etwas andere Boulevard-Magazin der versammelten Brettspiel-Szene

  • Was das ganze noch schwieriger macht, ist der Umstand wenn der analytisch und rational denkende Optimierer auf den eher planlosen Bauchspieler trifft. Ersterer ist dann völlig konsterniert, wenn der andere einen für ihn total unsinnigen Zug macht. Das wiederum bringt den Planer spätestens beim zweiten mal völlig aus dem Konzept - was ja wiederum ein Plan des Bauchspielers gewesen sein könnte… :/ ^^

    Bitte senden Sie mir Ihre E-Mail doppelt, ich brauche eine fürs Archiv :/

  • Also ... :/ ... ich schreibe jetzt mal ein paar Sachen auf, an denen sich mein Bauch so orientiert ....

    Und (edit Anfang) vorab noch kurz was zur Fragestellung:

    Bei dem Thema empfinde ich ja ein paar Sachen als eher uninteressant:

    Zum Beispiel: Wie spiele ich gut, wenn ein Mitspieler das Spiel nicht verstanden hat und das kaputt machen will. Oder wie tief kann man das analysieren um möglichst Wahrscheinlichkeits-optimal zu entscheiden.


    Eigentlich interessant finde ich eher die Frage: Über was muss ich nachdenken, dass ich ein gutes Bauchgefühl bekomme?


    Und bei Euros kommt man da ja mit der Pi mal Faust Analyse für irgendwelche Kosten oder Siegpunkte ziemlich weit, bei interaktiven Spielen klappt das nicht mehr und das Hirn muss eine völlig neue Art von Bauchgefühl lernen. (Edit Ende)


    Da hab ich folgende Punkte:

    1. Nicht in Punkten, bzw. Potenzial auf zukünftige Punkte denken. Damit meine ich die Gedankengänge, die ihr anstellt um in Euro-artigen-Spielen den Führenden zu bestimmen. Bei Spielen wie Pax Pamir klappt das nur, wenn jemand offfentsichtlich führt.
    2. Stattdessen mehr in Gleichgewichten (wie beim Tauziehen -- nur mit mehr Richtungen) denken. In Pax Pamir zieht jeder in irgendeine Richtung, also z.B. keine Dominanz, Dominanz der Russen usw. Sobald sich das entscheidet, geht es um die Loyalität bzw. Stämme/Spione. Aber zuerst geht's darum, wohin verschiebt sich aktuell das Gleichgewicht und in welcher Richtung bin ich gut aufgestellt. (Dahin will ich tendenziell.)
    3. Du weißt ja auch ungefähr welche Möglichkeiten deine Mitspieler so haben. Also auf was können sie gut reagieren, auf was eher weniger. In solchen Spielen ist man nicht in allen Gesichtspunkten gut. Sind sie bei einer Fraktion richtig stark -- attackiere deren Blöcke. Haben sie einen riesigen Hof -- attackiere ihre Politikkarten ... usw. In Pax Pamir gilt dsbei: je stärker man da auf was festgelegt ist, desto weniger flexibel ist man und desto effektiver kann man angegriffen werden.
    4. Wenn man das dann alles im Gefühl hat, kann man meist ganz gut abwägen, ob es im Moment wichtiger ist einen betrunken Spieler zurecht zu stutzen (Gleichgewicht wieder herstellen) oder ob man in eine gewisse Richtung gegen kann. Dabei ist vor allem wichtig zu wissen/erfühlen was man kann (eigene Karten + Markt + Fraktionenpräsenz) und was andere nicht können (auf was können die anderen nur schlecht reagieren). Also eine Abwägung aus eigener Stäeke und Exponierung auf reaktionen der anderen.
    5. Wenn da dann alle ähnlich gut spielen, rückt wieder Timing in den Vordergrund. Und Risikomanagement. Schließlich will man dann wenn es darauf ankommt gerade stark sein, während sich die anden noch auf den Gegenschlag vorbereiten.
    6. Verschiedene interaktive Spiele haben da ganz unterschiedliche "Geschwindigkeiten". Also wie schnell geht es, sich selbst auf neue Ziele einzustellen. Also zum Beispiel auf eine andere Siegbedingung, eine andere Front, einen anderen Spieler am Sieg zu hindern. Je langsamer man sich umstellen kann, desto weiter muss man voraus denken und desto eher kann man eigene Pläne verfolgen ohne permanent auf andere zu reagieren. Kemet ist beispielsweise sehr "schnell", da kann und muss man sofort reagieren. Auch Risiko würde ich eher dort einsortieren. Pax Pamir ist eher langsamer. Es dauert drei bis vier Züge sich umzustellen und andere Ziele zu verfolgen.
    7. Nimmt man mal die Psychologie und den Zufall beiseite ... Bei "schnellen" Spielen geht es oft mehr um Engine-Building und eigene Stärke, bei langsameren Spielen kommt es eher aufs Timing an. Wichtig finde ich, dass hier die "Geschwindigkeit" für das Gewinnen bzw. das Sieg verhindern nicht komplett unterschiedlich sind. (Das kann z.B. Cole Wehrle ziemlich gut ...)
    8. Dein Bauch muss also zwei Sachen lernen: Wer kann was wie kontern und vor allem wie schnell.

    Zumindest kann ich so in vielen interaktiven Spielen mehr oder weniger gut lernen, sinnvolle Entscheidungen ohne Wissen über die Persönlichkeit der Mitspieler treffen. Und die Mitspieler sollen sich so zwar nicht berechenbar, aber auch nicht zufällig anfühlen. Falls doch, versuche dich zwischen deinen Zügen mehr mit deren Spiel zu beschäftigen.


    Ich hoffe, ich hab mich halbwegs verständlich ausgedrückt... ist nicht leicht, das zu erklären.

  • Als thematisch orientierter Bauchspieler habe ich es da in der Regel einfacher.


    Wenn ich Entscheidungen zu treffen habe, mache ich das fast immer rein intuitiv, ich rechne nicht. Ich habe ohnehin fast nie alle Informationen, die ich für eine exakt rationale Entscheidung bräuchte. Ich gehe auch nicht davon aus, dass Mitspieler in meinem Sinne "rational" entscheiden, machten sie das, wäre das für mich auch eher langweilig; ich nehme einfach hin, was sie tun, und arbeite damit weiter.


    Ich mag es auch nicht, wenn ich z.B. alle Karten schon kenne. Die kommen sowieso nicht so, wie ich sie gerne hätte, und wenn sie kommen, bekommt sie womöglich ein anderer.

    Spielerische Grüße Ernst-Jürgen


    TOP 10: 1. Viticulture - Compl. Coll. Ed., 2. Martians - A Story of Civilization, 3. Scythe, 4. Anachrony, 5. Snowdonia: Deluxe Master Set, 6. Räuber aus Skythien, 7. Age of Industry, 8. Nieuw Amsterdam, 9. Siedler von Catan - Entdecker&Piraten, 10. Alubari - A nice cup of Tea

  • Aber aus solchen Situationen besteht doch unser ganzes Leben oder vertue ich mich da?

    Ich kann eine Entscheidung halt nur auf der Basis der zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Informationen treffen und zusehen, dass sie unter diesem Aspekt halbwegs sinnvoll ist. Natürlich können danach neue Aspekte und Informationen auftauchen, die meine Entscheidung anders hätten aussehen lassen, wenn ich sie früher gehabt hätte. Dann sieht die Entscheidung im Rückspiegel vielleicht falsch aus, trotzdem war sie zu dem Zeitpunkt wo ich sie getroffen habe richtig. Ich habe mir angewöhnt das als Tatsache zu akzeptieren und mir im Nachhinein nicht das Hirn zu zermartern, dass die Entscheidung hätte besser ausfallen können und wie ich es das nächste Mal verhindern kann. Wie heißt es so schön: Eine schlechte Entscheidung ist besser als keine.

    Das soll nicht heißen, dass ich aus der "falschen" Entscheidung nicht lernen soll und kann, ich will damit nur sagen, dass man im Nachhinein nicht zu sehr mit seiner Entscheidung hadern soll.

    Völlig richtig - im Grunde ist das Spielen hier in solchen Konstellationen das Leben "nur in klein" - und es wird einem eben recht schnell vor die Augen geführt, ob man sich richtig entschieden hat oder nicht (weil man eben verloren hat oder nicht). Und oftmals ist es im Leben gar nicht klar, ob Entscheidungen die richtigen sind oder nicht. Wäre eine Person, die ihren Partner verlassen hat, heute ggf. glücklicher, wenn sie ihn doch nicht verlassen hätte? Das ist in der Rückschau egal, aber in der Entscheidungsfindung eben nicht: Werde ich mit Entscheidung A oder B glücklicher sein? Und wie viele Variablen da rein spielen... persönliches Glücksempfinden / sich selbst Madig-Reden / Motivation des Partners. Wenn das Ergebnis der Entscheidung schlecht ist, dann war auch die Entscheidung selbst falsch - oder es war das Beste, was man raus holen konnte und mehr war einfach nicht drin...

  • Mit unbegrenzter Zeit könnte ich wohl fast jede Spielsituation möglich nahe am möglichen Optimum entscheiden. Allerdings bin ich dann weit im Gebiet der Wahrscheinlichkeits-Berechnung mit zu vielen Variablen und einer potentiellen Denktiefe, die x zukünftige Situationen weit berücksichtigt. Dazu bräuchte ich wohl technische Unterstützung und Begleitliteratur.


    Für wissenschaftliche Arbeiten eventuell die richtige Herangehensweise, aber am Spielbrett möchte ich genau diese Ungewissheit erleben und Entscheidungen wagen, ohne deren Auswirkungen wirklich vollständig abschätzen zu können. Genau diese Überraschungen machen für mich auch einen Reiz von Brettspielen aus - einfach mal machen, ohne dass Entscheidungen wirkliche Konsequenzen fernab der Spielpartie haben.


    Manch einer nimmt da das Spiel wohl zu ernst, ich versuche es entspannter zu nehmen, was mir aber auch nicht immer gelingt. Ich will ja auch nicht beliebig spielen, aber ebenso auch nichts zerdenken, was nicht zerdacht werden kann. Eine Gradwanderung. Aber zu viel Ehrgeiz und Verbissenheit auf perfekte Lösungen tun einem Spielablauf in meiner Wahrnehmung nicht wirklich gut. Am Ende sollte ein Spiel allen Beteiligten Spass machen und wenn man das nicht schafft, ist es wohl das falsche Spiel in der falschen Spielrunde. Also Spiel oder Spielrunde wechseln oder die Spielweise überdenken und ansprechen, wenn was dauerhaft nervt, das den Spielspass hemmt oder nimmt. Das kann auch die Denktiefe und Entscheidungszeit sein.

    Content-Nachschlag gefällig? Brettspieltag.de – Das etwas andere Boulevard-Magazin der versammelten Brettspiel-Szene

  • Gerade bei Pax Pamir braucht man schlicht Erfahrung um alles überhaupt zu sehen.


    Das ist dieselbe Frage, warum ein Anfänger in irgendwas nicht so fit ist wie ein Profi; will schlicht die Erfahrung fehlt.


    Bei Risiko kommt das nicht zum tragen, weil die Lernkurve nicht steil genug ist.

  • Mit unbegrenzter Zeit könnte ich wohl fast jede Spielsituation möglich nahe am möglichen Optimum entscheiden. Allerdings bin ich dann weit im Gebiet der Wahrscheinlichkeits-Berechnung mit zu vielen Variablen und einer potentiellen Denktiefe, die x zukünftige Situationen weit berücksichtigt. Dazu bräuchte ich wohl technische Unterstützung und Begleitliteratur.


    Für wissenschaftliche Arbeiten eventuell die richtige Herangehensweise, aber am Spielbrett möchte ich genau diese Ungewissheit erleben und Entscheidungen wagen, ohne deren Auswirkungen wirklich vollständig abschätzen zu können. Genau diese Überraschungen machen für mich auch einen Reiz von Brettspielen aus - einfach mal machen, ohne dass Entscheidungen wirkliche Konsequenzen fernab der Spielpartie haben.

    Es gibt übrigens Studien zum Thema Schach, die zeigen, dass Schach-Experten ihren Vorteil nicht dadurch erlangen, dass sie mehr Züge im Voraus durchdenken können. Stattdessen denken sie nur relevante Spielzüge durch. Sie können auf Grund ihrer Erfahrung nicht lohnenswerte Spielzüge schneller als solche Erkennen und verfolgen diesen Zweig dann gar nicht erst weiter.


    Gerade zu Schach gibt es viele Studien, die sich für Entscheidungsfindung aber auch Expertenwissen interessieren. Und Schach war ja auch lange Zeit der Maßstab für künstliche Intelligenz und man war der irrigen Annahme, dass man etwas über Intelligenz lernt, wenn man einen Computer bauen könnte der den Schachweltmeister schlägt. Hat auch nicht so viel gebracht. (Das neue Ziel ist meines Wissen ein Roboter-Team zu erschaffen, das den amtierenden Fußball-Weltmeister schlägt.)

  • Also ... kurzer Nachtrag, nachdem ich den Rest gelesen habe ...

    Bei dem Thema empfinde ich ja ein paar Sachen als eher uninteressant:

    Zum Beispiel: Wie spiele ich gut, wenn ein Mitspieler das Spiel nicht verstanden hat und das kaputt machen will. Oder wie tief kann man das analysieren um möglichst Wahrscheinlichkeits-optimal zu entscheiden.


    Eigentlich interessant finde ich eher die Frage: Über was muss ich nachdenken, dass ich ein gutes Bauchgefühl bekomme?


    Und bei Euros kommt man da ja mit der Pi mal Faust Analyse für irgendwelche Kosten oder Siegpunkte ziemlich weit, bei interaktiven Spielen klappt das nicht mehr und das Hirn muss eine völlig neue Art von Bauchgefühl lernen.


    (Oder technisch ausgedrückt: Bei den Euros hat man sich an gewisse Heuristiken gewöhnt, aber auf einmal sind da völlig andere Parameter relevant. Und wie bringt man das Hirn jetzt auf eine gute neue Heuristik ... )


    Oder nochmal anders: Was hilft, um die steile Erfahrungs-Lernkurve möglichst gut zu meistern.


    (Edit: Ich hab das in meinem ersten Post jetzt auch ergänzt.)

  • Das Problem mit dem "rationalen" Spiel ist aber eben, dass man sich nur dann vollständig rational verhalten kann, wenn man vollständige Informationen hat. Das ist bei sehr vielen Spielen nicht gegeben – und macht in vielen Fällen sogar den Reiz des Spiels aus. Wenn ich also nicht sicher weiß, was mein Mitspieler vor hat/welche Karte als nächstes kommt/wie die Würfel fallen werden/was unter einem umgedrehten Plättchen liegt/etc., dann kann ich nicht anders als eine Entscheidung zu treffen. Und eine Entscheidung ist eben etwas anderes, als eine konsequente Ableitung offenliegender Informationen.


    Ich bin grad ein bisschen verliebt in Dich <3 Hast Du zufällig weiterführende Literatur zum Thema parat? Das hat mit dem spielerischen Thema nicht viel zu tun, aber ich frage mich wirklich, wie man sinnvolle Entscheidungen treffen soll, wenn man nicht alle Variablen kennt - und ob die Entscheidung richtig war, erkennt man erst in der Rückschau.

    Für den Einstieg kann man da vielleicht mit "Schnelles Denken, langsames Denken" von Daniel Kahneman anfangen. Oder mit einem der Bücher von Gerd Gigerenzer, z.B. "Bauchentscheidungen".

    Schnelles, langsames Denken ist ein wirklich grandioses Buch. Unbedingt lesen!

    Zum anderen, da will ich dir gar nicht widersprechen. Im Gegenteil, ich stimme dir zu. Nur sollte man den Aspekt das man gewinnen will nicht vergessen. Den sehe ich in Punkt 1) halt weniger. Darum ging es mir. Es nützt die beste Bauchentscheidung unter den besten offenen und verstecken Informationen nichts, wenn ich andere Maßstäbe anlege als andere am Tisch. So werden nämlich selbst offene Informationen zu verdeckten, weil irrationale Entscheidungen eben dafür sorgen. Dagegen sich zu wappnen ist halt sehr schwierig. Dein Einwand, das vollständig offene Informationen für rationale Entscheidungen (in Maßen) sorgen, ist halt nicht gegeben. Du brauchst nur jemanden am Tisch haben, dem Gewinnen egal ist und er sein eigenes Spielziel fabuliert oder dem deine Nase nicht gefällt. Das kann man halt nicht beeinflussen und für mich ist das in Teilen eben schlechtes Spielen.


    Im schlimmsten Fall zerstört es Partien. Sehr anfällig sind da eben Eroberungs/Area-Control-Spiele. Ich kann da nicht nur Twilight als Beispiel nennen, sondern eine Partie Root. Dort wurde mir einmal offensichtlich ein Sieg geschenkt, weil ein Spieler am Tisch partout eine Aktion nicht machen wollte und mit mir als Flussvolk am Ende sinnlos handelte. Es war der beschissenste Sieg aller Zeiten und dafür sitzt man dann seine Stunden am Tisch?

  • Es gibt übrigens Studien zum Thema Schach, die zeigen, dass Schach-Experten ihren Vorteil nicht dadurch erlangen, dass sie mehr Züge im Voraus durchdenken können. Stattdessen denken sie nur relevante Spielzüge durch. Sie können auf Grund ihrer Erfahrung nicht lohnenswerte Spielzüge schneller als solche Erkennen und verfolgen diesen Zweig dann gar nicht erst weiter.


    Gerade zu Schach gibt es viele Studien, die sich für Entscheidungsfindung aber auch Expertenwissen interessieren. Und Schach war ja auch lange Zeit der Maßstab für künstliche Intelligenz und man war der irrigen Annahme, dass man etwas über Intelligenz lernt, wenn man einen Computer bauen könnte der den Schachweltmeister schlägt. Hat auch nicht so viel gebracht. (Das neue Ziel ist meines Wissen ein Roboter-Team zu erschaffen, das den amtierenden Fußball-Weltmeister schlägt.)

    Erinnert mich daran, wie ich als 12-jähriger in einen Schachverein gekommen bin und meine ersten 10 Partien gewonnen habe - gegen verblüffte Gegner. Stellte sich heraus, dass sie offenbar irgendwas besonders cleveres erwarteten und ich aber nur Unfug gemacht habe, der nur deshalb zum Erfolg führte, weil die nicht wussten, DASS ich Unfug mache. Danach hab ich dann nur noch sehr selten gewonnen...

  • Erinnert mich daran, wie ich als 12-jähriger in einen Schachverein gekommen bin und meine ersten 10 Partien gewonnen habe - gegen verblüffte Gegner. Stellte sich heraus, dass sie offenbar irgendwas besonders cleveres erwarteten und ich aber nur Unfug gemacht habe, der nur deshalb zum Erfolg führte, weil die nicht wussten, DASS ich Unfug mache. Danach hab ich dann nur noch sehr selten gewonnen...

    Wenn du rechtzeitig wieder ausgetreten wärst, würdest du dort jetzt als Wunderkind gelten und dein Bild gerahmt an der Wand hängen. ;)

  • Wenn das Ergebnis der Entscheidung schlecht ist, dann war auch die Entscheidung selbst falsch

    Das sehe ich so nicht. Es gibt so viele Gründe, aus denen man sich für oder gegen etwas entscheiden kann, wohl wissend, dass das Ergebnis für einen selbst oder andere schlecht ist.


    Du brauchst nur jemanden am Tisch haben, dem Gewinnen egal ist und er sein eigenes Spielziel fabuliert oder dem deine Nase nicht gefällt. Das kann man halt nicht beeinflussen und für mich ist das in Teilen eben schlechtes Spielen.

    Auch das sehe ich so nicht. Was hat das mit "schlechtem Spielen" zu tun? Es mag ein anderes Spielen sein, als Du es bevorzugst, ist aber deshalb nicht gleich schlecht. Ich nehme Spielen durchaus ernst, habe aber eine ganz andere Vorstellung davon.

    Nicht ohne Grund war und bin ich in keinem Schach- oder Go-Verein und spiele auch sonst keine Turniere, weil die dafür vielleicht sinnvolle Grundhaltung zum Spielen mir eher persönlichkeitsfremd ist.

    Gewinnen mag ja ganz nett sein, wenn es sich so ergibt, ist beim Spielen aber nicht mein Ziel, nehme ich allenfalls mit. Gerade bei Spielen mit einem gewissen thematischen Gehalt sind mir etwa Punkte als solche unwichtig, wichtig ist das Erlebnis mit dem Spiel, wozu auch selbstgesetzte Spielziele gehören können; erreiche ich diese, ist das ein sehr viel befriedigenderes Spielgefühl als Sieger nach Punkten zu sein.

    Mit Leuten, deren Nase mir nicht gefällt, spiele ich ohnehin nicht.

    Spielerische Grüße Ernst-Jürgen


    TOP 10: 1. Viticulture - Compl. Coll. Ed., 2. Martians - A Story of Civilization, 3. Scythe, 4. Anachrony, 5. Snowdonia: Deluxe Master Set, 6. Räuber aus Skythien, 7. Age of Industry, 8. Nieuw Amsterdam, 9. Siedler von Catan - Entdecker&Piraten, 10. Alubari - A nice cup of Tea

  • Damit sortierst du dich doch selber aus? Im Prinzip nennst du doch selber solche Gründe. Du fährst auf kein Schachturnier, super, denn mit einer thematischen Einstellung gegenüber dem Spiel oder selbst gesteckten Zielen (heute bewege ich nur dreimal einen Bauer), machst du das Turniererlebnis der anderen kaputt.


    Das wirft eine neue interessante Frage auf. Spielen ist Gesellschaft. Sollte man sich dann nicht an gewisse Normen halten? Wie sehr darf und sollte ich mein Spiel auf fast egoistische Weise anpassen, wenn es konträr zum Spielprinzip und der Gruppenerwartung liegt? Wie sehr ist dein selbst gesetztes Spielprinzip fair, wenn du damit anderen total in den Spielspaß reingrätscht? Praktisches Beispiel, du spielst Cthulhu Wars als Schwarze Ziege und dein selbst gestecktes Ziel sind vier Zauberbücher und thematisch willst du einfach nur Europa halten, weil du in einer Novelle gelesen hast, wie der Kult in Berlin wütete. Damit veränderst du die Spielbalance aller Teilnehmer:innen gewaltig. Je solitärer ein Spiel ist, desto weniger schlägt solch ein Verhalten aus. Wenn man sich aber für ein Spiel verabredetet, das aus seinem Regelwerk gewisse Verhaltensweisen gebärt, dann sollte eine gewisse Einigkeit darüber herrschen. Es gibt genügend Brettspiele, wo das alles kein Problem ist, je interaktiver ein Brettspiel, desto größer kann hier aber falsches Spielen die Partie absolut versauen. Nicht so ein bissl, sondern man kann eigentlich direkt einpacken. Ist das Erstrebenswert? Sollte man sich da nicht selber hinterfragen, ob man der Typ für solch ein Spiel ist? Du selbst schließt ja Spiele für dich fairerweise aus. Um zurück zu Brettspiel Dude und seinem Risiko zu kommen. Wenn die Spielerin 2 nie Spieler 3 angreift, weil das ihr Partner ist, dann braucht sie kein Risiko mehr spielen. Und der gute Brettspiel Dude braucht sich nicht den Kopf über irrationale Entscheidungen und deren Lösung zermartern.

  • brettundpad : Diese ganze Diskussion ums thematische Spiel gab es schon mal.

    Ich erinnere mich schwach. :lachwein: Hab ich da auch in die Tasten gehauen? Wahrscheinlich. Ich liebe thematisches und schönes Spielen, wirklich! Ich mag auch atmosphärische Spiele. Bin ich absolut dafür, aber eben in einem gewissen Rahmen und je konfliktreicher und aggressiver ein Brettspiel ist, desto mehr sollte man sich da wirklich hinterfragen. Bei uns haben sich zum Glück die Personen selbst aus solchen Runden genommen oder ihr Spielverhalten z.T. angepasst. Ich brauche auch nicht immer Mord & Totschlag und eine Partie Clash of Cultures oder Eclipse kann relativ friedlich laufen. Man kann nur eben wirklich Partien zerstören, wenn man zum Regelkorsett, Spielsieg und der Spielnorm der Gruppe ein sehr konträres Spielverhalten an den Tag legt. Wie gesagt, damit schreibe ich das zum dritten Mal, Punkt 1 beim Beispiel von Brettspiel Dude ist aus meiner Sicht eine andere Baustelle (noch mehr wenn der Grund wirklich der Partner ist. das ist ein No-go!).

  • brettundpad

    Das passt schon alles.

    In meiner Spielegruppe gewinne ich häufiger als alle anderen zusammen und das schon seit Jahrzehnten. So abseitig spiele ich ja gar nicht.

    Gegen meine Frau verliere ich in mehr als der Hälfte der Partien, sie optimiert halt gerne, ich weniger gerne. Meiner Frau kommt es aber auch nicht aufs Gewinnen an, sie will nur möglichst optimal spielen. Deshalb reicht es ihr auch nicht, mit einem Punkt Vorsprung zu gewinnen, sie will das Bewusstsein haben, die bestmögliche Punktzahl erreicht zu haben. Wenn sie verliert und dabei das Gefühl hat, ihr Bestes gegeben zu haben, freut sie sich auch an meinem Sieg. Meine Frau kämpft um jeden Punkt, ich nicht. Wir spielen trotzdem gern und oft zusammen.

    Spielerische Grüße Ernst-Jürgen


    TOP 10: 1. Viticulture - Compl. Coll. Ed., 2. Martians - A Story of Civilization, 3. Scythe, 4. Anachrony, 5. Snowdonia: Deluxe Master Set, 6. Räuber aus Skythien, 7. Age of Industry, 8. Nieuw Amsterdam, 9. Siedler von Catan - Entdecker&Piraten, 10. Alubari - A nice cup of Tea

  • Hast Du zufällig weiterführende Literatur zum Thema parat?

    Vermutlich eher Sttichworte. Schwierige Entscheidungen mit vielen Unsicherheiten treffen wir ja -- sehen wir einmal vom Privatenleben ab -- ja vor allem im sozio-ökonomischen Bereich: Gesetzgebung und Regierungsentscheide im politischen, Investitionen im wirtschaftlichen Bereich. Im wirtschaftlichen Bereich dachte ich bei Deinem Eingangsbeitrag sofort an heuristische Entscheidungsmethoden (das habe ich nämlich einmal genauer gelernt, ist aber eine Weile her): Heuristik in Urteils- und Entscheidungsfindung • de.knowledgr.com. Politischer Bereich? Kein Plan. Ehrlich. Vermutlich Machiavelli, Max Weber und Co.

    "Risikomanagement" ist auch eher so ein Stichwort, das ich am ehesten mit Ökonomie in Verbindungt bringe. Gibt's vermutlich haufenweise Bücher, die sich mit Risikobewertungen in jedem Fachbereich beschäftigen. Ich könnte Dir beispielsweise wahrschejinlich eines zum Thema "Risikomanagement in bewirtschafteten Waldökosystemen der gemäßigten Klimazone" nennen, aber ich glaube nicht, dass das so wirklich weiterhelfen würde. :)


    Wenn aber die Intention einer Person nicht der Sieg ist, wird es schwierig bzw. kippt das eben die Balance. (...) Spiele gehen eben davon aus, dass man gewinnen will. In solchen Fällen wird es dann halt wirklich schwierig gute Entscheidungen zu treffen. Ich tendiere da leider zu deinem Punkt 3 ... (mit der Person das Spiel nicht mehr spielen).

    Für diese Art Spieler gibt es, falls dieses Verhalten anderen Leuten den Spielspaß verdirbt (denn das tut es ja nicht zwangsläufig), konsequenterweise ja auch das treffende Wort: "Spielverderber".


    Aber falls das passiert, muss man halt drüber reden. Ausschluss eines Mitspieler sollte immer die letzte noch verbliebene Option sein. :)

    Soziale Medien fügen Ihnen und den Menschen in Ihrer Umgebung erheblichen Schaden zu.

  • meeple Auch wenn das vielleicht anders rüberkommt, ich mag Turniere deswegen auch nicht. Ich bin da jetzt kein radikaler Spieler.

    Bierbart Nein, das muss natürlich nie zwangsläufig so sein. Da muss man unterscheiden, darum schrieb ich ja, dass das pauschal schwer zu beurteilen ist.