Beiträge von Dee im Thema „06.02.-12.02.2023“

    UFF, da muss deine Tastatur jetzt aber mächtig abgenutzt sein, oder?

    Nein, nein, die hält das aus. Hab extra eine gekauft, die nicht nach 100.000 Zeichen kaputt geht. ;) Ich wundere mich auch jedes Mal, wenn das Rechtschreibprüftool sagt, dass ich nur 10.000 Zeichen auf einmal eintragen darf. Aber es gibt halt so viele Aspekte an den Spielen, die ich irgendwie loswerden (und über die ich hier im entsprechenden Thread natürlich gerne reden) will, dass ich da kaum etwas von streichen möchte.


    Gruß Dee

    Trolls and Princesses (Game Brewer, 2023)

    Der Spieleverlag Game Brewer bringt via Kickstarter immer mal wieder Spiele auf den Markt, die mich prinzipiell interessieren. So konnte ich zur jeweiligen Kickstarter-Kampagne „Delta“, „Oak“, „Hippocrates“ und „Stroganov“ online anspielen. Und auch die früheren Titel wie „Gùgōng“ oder „Pixie Queen“ haben mir gut gefallen. Bereits beim Lesen der Anleitung von „Trolls and Princesses“, welches via Kickstarter finanziert wird, wusste ich, dass hier auch wieder ein gutes Spiel dahinter stecken wird. Ob es zum „sehr gut“ reicht, sollte eine Online-Partie zu Dritt via Tabletop Simulator zeigen. Die offizielle Online-Implementierung gibt es auf Tabletopia. Vielen Dank an Kuro-Okami und Smuntz für die gemeinsame Partie.

    In „Trolls and Princesses“ sind wir Trolle und versuchen entweder unsere Mine zu erweitern, um dort Diamanten, Obsidian und Gold abzubauen, oder in den drei Dörfern Prinzessinnen, Kühe oder Kirchenglocken zu stehlen, Menschen anzuheuern oder Menschenbabys durch Trollbabys (Wechselbalg) zu ersetzen. Mechanisch handelt es sich dabei um einen klassischen Arbeitereinsatz-Mechanismus. Wir setzen unsere Trollfiguren in einer der eigenen drei Höhlen oder in eines der drei Dörfer ein oder verschieben diese dorthin. Je nach Anzahl der Trollfiguren (auch fremde), Menschen, eigener Außenposten und dem Trollkönig, der jeden Zug umherwandert, haben wir eine unterschiedliche Anzahl an Aktionspunkten zur Verfügung, die wir an dem Ort ausgeben dürfen. Mit den Aktionen bauen wir Ressourcen aus der Höhle ab, erweitern die Höhle und bauen Außenposten oder führen Dorfaktionen aus. 10 bis 12 Runden spielen wir auf diese Art und zählen am Ende die Siegpunkte zusammen.

    Die Fülle von 20 möglichen Aktionen erschlug mich anfangs ein wenig. Wo soll ich nur starten? Was ist der rote Faden, der mich durchs Spiel führt? Als Anhaltspunkt gibt es nur die Siegpunkte am Spielende, die mir eine Richtung vorgeben. Schade ist, dass diese nicht variabel sind. Als variable Anteil gibt es zwar einige Höhlenplättchen und Trollkarten, die Siegpunkte am Spielende bringen, den Großteil der Punkte gibt es aber über Sets von Außenposten, Kirchenglocken und Wechselbälgen. Die Komplexität von „Trolls and Princesses“ ist aber gar nicht so groß, wie die 20 Aktionsmöglichkeiten suggerieren. Vor allem anfänglich habe ich gar nicht so viele Aktionspunkte, um bestimmte Aktionen auszuführen. Und wenn ich mich entschieden habe, auf welche Art ich Siegpunkte im Spiel erzeugen möchte, ist der Weg dahin meist klar – wenn auch verwoben. Beispiel: Um eine Kirchenglocke zu stehlen, benötige ich den Platz dafür in meiner Höhle. Den erhalte ich durch den Bau von bestimmten Höhlenplättchen. Für den Bau benötige ich aber erst Obsidian. Das muss ich zuvor abbauen. Und wenn keins in meiner Höhle ist, muss ich die zuerst auffüllen.


    Trolls and Princesses (TTS).

    Als nicht so spannend sehe ich die Mechanismen an. Natürlich funktioniert das Einsetzen der Trolle, Berechnen der Aktionsstärke und Ausführen der Aktionen gut. Und dass ich gegnerische Arbeiter für eigenen Aktionen mitnutzen kann, kannte ich bisher aus keinem anderen Spiel. Der Rest wirkt aber wenig innovativ. Es ist ein „ich setze Arbeiter ein, mache Aktionen, erhalte Ressourcen, wandle Ressourcen, erhalte Siegpunkte am Spielende“-Spiel. Als ich die Anleitung gelesen hatte, musste ich die ganze Zeit an „Pixie Queen“ denken, was 2017 erschienen ist. Und irgendwie fühlt sich „Trolls and Princesses“ auch wie aus dieser Zeit an. Etwas ungewöhnlich ist der Höhlenbau mit seinen fünfeckigen Plättchen. Im Gegensatz zu quadratischen Plättchen oder Hex-Plättchen mit sechs Seiten, passen fünf Seiten nicht lückenlos aneinander. Das Höhlennetzwerk, das entsteht, weist somit Höhlenausgänge auf, die ins Nichts führen. Wer „Die Schlösser des König Ludwig“ gespielt hat, weiß aber, dass es noch verrückter geht. So neu ist die Idee also nicht und offen gestanden sagt mir dieser Art von Höhlenbau nicht so ganz zu, denn die entstehende Höhle sieht für mich unvollständig aus. Insgesamt wirkt es so, als hätte man sich für fünfeckige Plättchen entschieden, einfach nur damit es fünfeckig ist. Spielerisch hätten Hex-Felder genauso gut funktioniert.

    Thematisch ist das Entführen von Menschen grenzwertig. Die Anleitung schweigt sich leider auch darüber aus, was danach mit den Prinzessinnen und den Menschenbabys passiert. Einzig, dass es am Spielende Siegpunkte dafür gibt, ist klar. Für mich wirkte das Thema als Ganzes eher aufgesetzt. Wieso arbeiten fremde Trolle für uns? Wieso kostet der Abriss einer Kirchenglocke drei Obsidian? Und wieso kann der Bau eines Außenpostens dafür sorgen, dass sich auf magische Art und Weise (durch überbaute Bonusfelder) die Ressourcen in der Höhle wieder auffüllen? Für mich ist „Trolls and Princesses“ damit nur oberflächlich thematisch. Die Aktionen entsprechen den Tätigkeiten eines Trolls (vermute ich zumindest). Im Kern ist es aber ein rein abstraktes Spiel. Ich besorge Ressourcen, damit ich andere Ressourcen bekomme, mit denen ich Karten erfülle und Siegpunkte erhalte. Als Gegenbeispiel: In „Cellulose“ mache ich genau das Gleiche („Tausche X gegen Y, um Z Siegpunkte zu erhalten.“), aber das Spiel ist thematisch so stimmig, dass es mich nicht stört.

    Die Gestaltung (von Edu Valls) ist – wie so oft – Geschmackssache. Mich hat der Stil des Dorftableaus an eine Mischung aus „Pixie Queen“ und „Oak“ erinnert. Die Meeple wiederum … ich gebe zu, dass deren Stil nicht meinem Geschmack entspricht. Vor allem die Prinzessinnen wirken irgendwie klobig und unelegant. Die Symbolik ist größtenteils gelungen, wobei die angezeigte Mouse-over-Erklärungstexte im TTS auch geholfen haben. Die Symbolübersicht auf der Rückseite musste ich deswegen nicht zurate ziehen. Die 49 Symbole darauf können einen anfänglich aber auch etwas erschlagen.

    Alle bisherigen Punkte beziehen sich auf die statische Analyse des Spiels. Das bedeutet, vieles davon konnte ich beurteilen, ohne eine Partie gespielt zu haben. Noch wichtiger ist es aber natürlich, wie sich das Spiel auf dem (virtuellen) Tisch anfühlt. Wir spielten zu dritt eine Online-Partie via TTS. Es gab natürlich die üblichen Online-Probleme bezüglich Übersichtlichkeit und Mauswege, auf die ich nicht eingehen will. Dennoch hatte das Auswirkung auf die Spielzeit. Immerhin 2½ Stunden dauerte unsere Partie. Da wir nur 11 Runden spielen, bricht sich das auf circa 14 Minuten pro Runde herunter. Wir benötigten im Schnitt also 4,5 Minuten für einen Zug. Dies wird mit mehr Spielerinnen auch nicht besser. Im Gegenteil: Je mehr Spielerinnen teilnehmen, desto mehr Trolle stehen im Dorf und desto mehr Aktionspunkte kann ich erhalten und ausgeben. Im Spiel zu viert kann ich also im Mittel von einer Wartezeit von etwa 10 Minuten zwischen zwei eigenen Zügen ausgehen. Das ist mir definitiv zu viel.

    Problematisch wird das vor allem, weil es dabei kaum Interaktion gibt. Mich interessiert im Normalfall ganz selten, was meine Mitspielerinnen machen. Wenn ich das aber verfolge, kann ich versuchen, ihre Pläne zu durchkreuzen. Zu einem gewissen Grad funktioniert das sogar, wenn ich ausliegenden Ressourcen (wie zum Beispiel Prinzessinnen oder Menschenbabys) wegschnappe, wenn ich die Möglichkeit dafür habe. Auch ist es möglich, gegnerische Trolle zu verdrängen, wenn ein Dorf voll ist. Ansonsten beschränkt sich das Zusammenspiel darauf, dass wir uns Plättchen und Karten aus der Auslage wegnehmen. Die Nutzung der generischen Trolle im Dorf für einige Aktionen wie Glocke stehlen oder Prinzessin entführen ist dabei enorm wichtig für ein effizientes Spiel. Ebenso sollte man den Aktionspunkt durch den Trollkönig nicht verfallen lassen. Hier zeigt sich dann auch sehr stark, wie gut jemand das Spielbrett lesen kann. Unsere Partie ging 85:63:32 zu Ende, mit mir in der Mitte. Immerhin weiß ich, an welchen Stellen ich ineffektiv gespielt habe, und was ich beim nächsten Mal besser machen könnte.

    Für mich ist in einem Spiel auch noch die Spannungskurve sehr wichtig. Da glänzt „Trolls and Princesses“ nicht, aber es gibt definitiv monotonere Genrevertreter. Durch den Bau von Außenposten verstärke ich meinen Aktionen im Dorf, durch das Anheuern von Menschen die Aktionen in meiner Höhle. Beides früh umgesetzt, erleichtert mir im späteren Verlauf das Spiel ungemein. Auch das Freischalten der Boni durch Außenposten und Wechselbälge fühlt sich gut an, da ich dadurch mehr von etwas bekomme. Von den Aktionsabläufen her ändert sich aber sehr wenig im Laufe einer Partie. So muss ich für ein Wechselbalg zwei Aktionspunkte, zwei Trollstärke und einen Diamant (oder zwei Gold) ausgeben. Und wenn ich die nicht habe, muss ich sie mir erst besorgen. Das fühlt sich in den ersten Runden genauso wie in den letzten Runden an.


    Trolls and Princesses – Mein Spielertableau mit finalem Höhlensystem (links) (TTS).

    Auch wenn das Spielmaterial komplett sprachneutral ist und nur mittels Symbolen funktioniert, wird es eine Version mit deutschsprachiger Anleitung von der Spieleschmiede geben, deren Kampagne am 9. Februar 2023, überlappend mit der Kickstarter-Kampagne, startet. Eine Solo-Version gibt es – Stand jetzt – nicht.

    Mich hat „Trolls and Princesses“ in Summe nicht ganz überzeugt. Es ist definitiv ein gutes und unterhaltsames Spiel. Die Dreierpartie hat mir mehr Spaß gemacht als ich anfangs nach dem Lesen der Anleitung erwartet hatte. Es ist mir aber zu wenig innovativ und das Thema ist nur oberflächlich zu spüren. Da habe ich bessere Arbeitereinsatzspiele im Schrank stehen, auch wenn ich das Mitnutzen gegnerischer Arbeiter einen spannenden Ansatz finde. Dazu stören mich aber noch die geringe Interaktion verbunden mit einer eher hohen Downtime. (7,0)
    #TrollsAndPrincesses

    Arborea (Alley Cat Games, 2023)

    Ein weiteres Kickstarter-Projekt aus Februar 2023, welches das Arbeitereinsatz-Genre sicherlich nicht neu erfindet, aber interessant aussieht, ist „Arborea“ von Alley Cat Games. Der Verlag hatte mich letztes Jahr mit „Chocolate Factory“ begeistert und auch „Dice Hospital“ besaß ich einmal. Eine Online-Partie via Tabletop Simulator sollte zeigen, wie sich „Arborea“ spielt. Vielen Dank erneut an Kuro-Okami und Smuntz für die gemeinsame Partie.

    In „Arborea“ sind wir Waldgeister und überwachen das Erblühen eines neuen Ökosystems. Auf dem Spielplan stehen uns hierfür vier Arbeitereinsatzleisten zur Verfügung, auf die wir unsere Dorfbewohner (Junge, Erfahrene und Ältere) einsetzen können. Die Leisten selbst sind verschiebbar, sodass sich auch alle Bewohner darauf im Laufe einer Partie bewegen. An jeder Leiste gibt es jeweils oben und unten ein Wegenetz mit fünf Startpunkten, die alle zum gleichen Ziel führen. Wenn sich eine Leiste bewegt, kann ich meine Dorfbewohner an einem Wegpunkt aussteigen lassen und danach die Aktionen darunter ausführen, indem ich den Weg abschreite. Je länger ich warte und später ich einen Weg beschreite, desto stärker werden die Aktionen. Mit den Aktionen sammele ich Biom-Punkte, die auf einem gemeinsamen Tableau festgehalten werden. Die sechs Biome stehen dabei allen Spielerinnen zur Verfügung, wenn sie damit Ökosystem-Karten erfüllen wollen. Erfüllte Karten wandern am Ende eines Zuges in die eigene Auslage und erzeugen dort ein neues Ökosystem. Durch andere Aktionen kann ich Kreaturen anlocken, die ich auf diese Auslage stellen kann, um am Spielende hoch zu punkten. Aber auch das Erzeugen von Biom-Punkten – ohne diese in meinem Zug auszugeben – gibt mir Siegpunkte während der Partie.


    Arborea (TTS).

    Was mir zuerst ins Auge stach, als ich mich mit „Arborea“ beschäftigte, war der Spielplan. Sehr bunt und farbenfroh – und leider auch etwas unübersichtlich – kommt er daher. Mich hat das ein bisschen an die Illustration von „Bitoku“ (von Edu Valls, der wiederum das oben erwähnte „Trolls and Princesses“ illustriert hat) oder „Euphoria“ erinnert. Anfangs hat mich die Fülle an Symbolen erschlagen: Wo bekomme ich neue Ökosystem-Karten? Und wo steckt diese eine spezielle Kreatur, die ich gerne anlocken würde? 61 Symbole auf den Wegenetzen und zusätzlich 32 bei den Weisen, die ich als Bonus nutzen kann, wollen durchsucht werden, um aus den 93 Symbolen dann genau die drei zu finden, die beispielsweise einer Eulenkreatur entsprechen. Aber auch wenn es sehr viel auf dem Spielplan wirkt, hat Javier González Cava eine recht klare und generische Struktur erstellt, die sich nach einer Partie erschließt. Danach wusste ich zumindest, wo ich in etwa was wiederfinden kann. Ob die Wahl des sehr bunten Hintergrunds beim Wiederfinden hilft, ist fraglich. Sprache gibt es keine auf dem Spielmaterial, alles wird durch Symbole gelöst. Immerhin 45 Stück davon sind auf der Symbolübersicht in der Anleitung abgebildet. Diese sind aber gut verständlich. Somit ist das Spiel auch ohne englische Sprachkenntnisse spielbar, wenn jemand die Regeln erklären kann. Ob es eine deutschsprachige Version gibt, ist noch nicht abschließend geklärt.


    Arborea – Die Kreaturen warten auf ihre Abholung (TTS).

    Das Zweite, was mir sofort auffiel, ist die Verwandtschaft der Arbeiterbewegung zu „Tzolk'in“. Dort über Zahnräder gelöst, die alle Arbeiter an allen Standorten um einen Schritt bewegen, bewegen sich in „Arborea“ die Leisten nur, wenn ich dort am Zugende Dorfbewohner stehen habe (je nach Dorfbewohnertyp verschieden weit) oder wenn ich dies als Aktion separat ausführe. Hier gilt es gut vorzuplanen und zu entscheiden, wann ich aussteige, da ich am Ende meines Zuges bzw. während die Mitspielerinnen die Leisten bewegen, entscheiden muss, welche Aktion ich in meinem nächsten Zug ausführen möchte. Ein Zug, bei dem ich mit keinem Arbeiter Aktionen ausführen kann, kann als verschwendet angesehen werden. Das ist ähnlich zu „Tzolk'in“, bei dem ich es vermeiden sollte, Arbeiter wegnehmen zu müssen, weil ich keine mehr zum Einsetzen habe. Im Gegensatz zu „Tzolk'in“ habe ich durch die Leisten gefühlt mehr Kontrolle, wie weit ich gehe. Aber: Ich fühle auch etwas Kontrollverlust, wenn eine Mitspielerin plötzlich nach mir die Leiste verlässt und ich damit gerechnet habe, nächste Runde weiter vorne zu stehen. Das kann die Pläne durcheinander werfen. Ebenso, wie der Fall, dass eine Mitspielerin zwar ihren Dorfbewohner von der Leiste nimmt, dann aber nicht wie erwartet in ihrem nächsten Zug die Aktionen durchführt, wodurch mir dann die Ressourcen zur Erfüllung einer Auftragskarte fehlen. Die Interaktion ist bei „Arborea“ schon hoch.

    Das Wandern auf den Wegen macht Spaß, dauert aber seine Zeit. Nach dem Lesen der Anleitung dachte ich, dass die Downtime eher gering sein würde, schließlich bin ich zu einem gewissen Teil in die Züge der Mitspielerinnen involviert, wenn sie die Leisten bewegen. Ebenso findet das Erweitern des Ökosystems mit erfüllten Auftragskarten und angelockten Kreaturen nach meinem Zug, parallel zu den Zügen der anderen Mitspielerinnen statt. Effektiv machte dies aber nur einen kleinen Bruchteil der Zugzeit aus. Wenn jemand drei Dorfbewohner aktiviert und sie jeweils über bis zu sechs Aktionen verfügen, von denen wiederum welche Bonusaktionen auslösen, dann kann ein Zug auch gerne fünf Minuten oder mehr in Anspruch nehmen. Ich kann in der Zeit zwar ein bisschen meine nächsten Aktionen planen, aber aufgrund der gemeinsamen Ressourcen, Zugriff auf Kreaturen und Verschieben der Leisten musste ich sehr oft erst zu Beginn meines Zuges meine Pläne über den Haufen werfen und – im wahrsten Wortsinn – andere Wege zum Ziel suchen.

    Eine weitere Besonderheit des Spiels sind die Biom-Punkte, die wir im Laufe der Partie gemeinsam sammeln und gemeinsam ausgeben. Es handelt sich hier um x-beliebige Ressourcen, aber sie erzeugen eine schöne spielerische Interaktion, weil ich den Mitspielerinnen natürlich keine Vorlage geben will, selbst aber Nutznießer der Biom-Punkte der anderen sein möchte. Zusätzlich bringen unverbrauchte Biom-Punkte Siegpunkte in meinem Zug, sodass ich ab und zu sogar gerne meinen Mitspielerinnen eine Vorlage gebe, wenn ich dadurch gut punkten kann. Ansonsten hält sich die Interaktion in Grenzen. Da ich bei jeder Leistenbewegung meinen Arbeiter aussteigen lassen kann und auch frühere Weganfänge nutzen darf, muss ich keine Panik haben, irgendwo zu landen, wo ich nicht möchte. Ebenso sind alle Weganfänge von mehreren Arbeitern besetzbar, sodass wir uns auch hier nichts wegnehmen. Einzig um die Biom-Karten und ausliegenden Kreaturen haben wir uns etwas gestritten. Mir hat der Kampf um die gemeinsamen Ressourcen jedenfalls sehr gut gefallen.


    Arborea – Biom-Ressourcen (links) und Jahreszeiten-Marker für die Endabrechnung (rechts) (TTS).

    Der Hauptmechanismus des Spiels ist in meinen Augen das Puzzeln des Ökosystems (was mich sehr stark an „Obsthain“ oder „Sprawlopolis“ erinnerte) und das Platzieren der Kreaturen. Durch geschicktes Überbauen kann ich die Ökosystem-Auslage gut beeinflussen, was ich aber in der Partie kein einziges Mal wirklich genutzt habe, weil es sich nicht ergab. Irgendwie wirkt „Arborea“ auf mich, als hatte man den Ökosystem-Puzzle-Mechanismus zusammen mit den Kreaturen gefunden und suchte noch einen – sehr komplexen – Weg, wie ich dieses Ökosystem mit seinen Kreaturen erstellen kann. „Arborea“ ist sicherlich nicht kompliziert, aber die vier Leisten mit je zwei Wegenetzen mit je fünf Weganfängen (also 40 Arbeiteraktivierungsmöglichkeiten) erfordern schon eine gewisse Planung. Für Analyse-Paralyse-Spielerinnen ist daher auch die erste Entscheidung, wo die Arbeiter eingesetzt werden sollen, eine endlose Qual – für die Mitspielerinnen, die warten müssen, natürlich auch.

    Unsere Dreierpartie dauerte 200 Minuten. Wie üblich lag dieser hohe Wert zum Teil an der Online-Umsetzung in TTS (die Ökosystem-Karten rasteten am falschen Raster ein und die Leisten blieben beim Verschieben an den Köpfen der Meeple hängen), aber auch in der Realität würde ich von 60 Minuten pro Spielerin ausgehen. Für mich ist das eine zu lange Spielzeit, auch wenn ich mich den Großteil der Zeit ganz gut unterhalten fühlte. Es spielt sicher auch mit rein, dass die Spannungskurve eher flach ist. Durch immer mehr Geschenke an die Weisen darf ich auf den unterschiedlichen Wegen dann zwar Boni nehmen, aber ansonsten fühlt sich die Abarbeitung der Aktionen eines Weges im ersten Spielzug genauso an wie im letzten. Auch die Biom-Ressourcen werden mehr, aber dann auch gleich wieder ausgegeben. Es gibt also keine Steigerung in einer Partie, ich mache immer das gleich. Wie die Variabilität über mehrere Partien hinweg aussieht, weiß ich nicht, aber Hauptunterschied sind eigentlich nur die vier Ziele auf den vier Jahreszeiten, die am Spielende Punkte bringen. Die Punkteverteilung war zumindest bei uns recht einheitlich aufgeteilt, mit jeweils einem Drittel auf Biom-Punkte während der Partie, Jahreszeiten-Punkte am Spielende und Ökosystem-Punkte durch Kreaturen ebenfalls am Spielende. Ob das bei jeder Partie so ist, weiß ich nicht. Vermutlich kann man den Fokus auf zwei der drei Punktegeneratoren legen. Der Punktesalat am Ende des Spiels ist aber sicher auch nicht jeder Persons Sache.


    Arborea – Mein finales Ökosystem mit Kreaturen (TTS).

    Normalerweise schaue ich auch zuerst auf das Thema eines Spiels, da dies (außer bei abstrakten Spielen) für mich wichtig ist. Hier punktet „Arborea“ leider nicht. Im Gegenteil: Ich fand das Spiel recht schwer zu erlernen, da das Thema nicht herauskommt. Sprachlich will „Arborea“ zwar thematisch sein („Geschenk an Weise“), aber es fühlt sich alles abstrakt und austauschbar an. Wir erzeugen einfach nur Ressourcen in sechs verschiedenen Farben, zu denen ich mir die korrekten Begriffe nicht merken kann. Und damit erfüllen wir Auftragskarten, die andere bunte Felder auf der Rückseite haben, und setzen bunte Kreaturen daneben, die ich ebenfalls nicht benennen könnte. Somit fiel es mir eher schwer, die Anleitung zu lesen und zu verstehen, auch wenn sie im aktuellen Kickstarter-Entwurf gut strukturiert wirkt. In unserer Partie hatten wir anfänglich auch immer wieder Probleme bei der Unterscheidung der schwarzen und weißen Dorfbewohner, was deren Bedeutung angeht. Das Spiel unterscheidet zwischen kleinen schwarzen Meeple (Junge), kleinen weißen Meeple (Erfahrene) und großen schwarzen Meeple (Ältere). Was ist deren Besonderheit: Die Älteren dürfen einen der vier Boni bei den Weisen nicht nutzen und kommen immer zurück in den Vorrat. Die Jungen und Erfahrenen dagegen können alle Boni nutzen, sind danach aber verbraucht und müssen erst neu freigeschaltet werden. Zusätzlich bewegt sich eine Leiste bei einem Erfahrenen um zwei Felder, bei den anderen nur um eins. Ich frage mich, ob es diese Unterscheidung zu Kosten der Komplexität gebraucht hätte. Eine thematische Verbindung zwischen den drei Generationen an Dorfbewohnern und den Einschränkungen bzw. Möglichkeiten, die sie mitbringen, sehe ich zumindest nicht.

    Zu unserer konkreten Partie noch ein paar Anmerkungen: Ich schaltete sehr früh alle meine Dorfbewohner frei, sodass ich diese Aktion bis zum Ende des Spiels nicht mehr nutzen musste. Das war prinzipiell gut, gleichzeitig verbrauchte ich aber auch all meinen Spirit (eine Währung, mit der ich mehr Arbeiter einsetzen und/oder aktivieren darf). Ohne Spirit konnte ich aber lange Zeit jede Runde nur einen Arbeiter einsetzen, sodass ich von der Fülle gar nicht so viel hatte. Es ist sinnvoll, den Spirit zu verbrauchen, um Extra-Aktionen durchführen zu können, aber er sollte nie auf das maximal Negative fallen. Etwas spielhemmend war, dass Wasser sehr kostspielig ist (kostet den besagten Spirit), aber zu einem Zeitpunkt alle Auftragskarten Wasser benötigten. Zusätzlich ist Wasser eine Joker-Ressource und wurde dementsprechend schnell auch immer gleich ausgegeben. Wasser-Habitate einzubauen lohnt sich aber, da Kreaturen am Wasser doppelt punkten und Wasser ein Joker-Habitat ist. Und wir hatten ein Jahreszeiten-Ziel, welches drei Siegpunkte pro reservierter, aber unerfüllter Ökosystem-Karte brachte. Mit einem hohen Multiplikator lohnte es sich also kaum zum Spielende hin, noch eine Ökosystem-Karte zu erfüllen, selbst wenn dies möglich war, weil das Erfüllen weniger Punkte brachte. Das fühlte sich irgendwie falsch an.

    Es gibt auch noch eine Erweiterung (auch in TTS enthalten) und eine Soloversion (nicht im TTS enthalten), die ich nicht getestet habe. Mir hat die Partie „Arborea“ zwar Spaß gemacht, aber vermutlich wird es meine erste und letzte gewesen sein. Spielzeit und Downtime sind mir zu groß, ebenso wie die Komplexität (etwas wiederzufinden). Da bevorzuge ich das weniger komplexe „Tzolk'in“, wenn ich einen ähnlichen Arbeitereinsatzmechanismus spielen will. Gerne wiedersehen würde ich das gemeinsame Nutzen von Ressourcen, bei dem die Erzeugung aber auch etwas Positives (hier: Siegpunkte) hat. „Arborea“ ist in Summe ein gutes Spiel, dass aber an der ein oder anderen Stelle für mich etwas Weniger hätte sein können. (8,0)
    #Arborea

    Flamecraft (Cardboard Alchemy/Lucky Duck Games, 2022)

    „Flamecraft“ war im September 2021 via Kickstarter in aller Munde. Kein Wunder, hat es doch mal locker 2 Millionen US-Dollar Unterstützung eingefahren. Ich habe das Spiel damals nur mit einem Euro unterstützt und lange überlegt, ob ich später im Pledgemanager den vollen Preis von 53 Euro (inkl. Versand und VAT für die Standardversion) bezahlen möchte. Die Grafik sprach mich sehr an, das Spielprinzip wirkte aber eher flach und repetitiv. Eine Online-Version zum Antesten gab und gibt es nicht. Jetzt, anderthalb Jahre später, gibt es das Spiel für 34 Euro im Handel (Versand ist meist kostenlos). Und das war mir das Spiel ungetestet dann doch wert.

    In „Flamecraft“ mimen wir ganz liebe Drachen, die durch das Dorf laufen und verschieden Läden aufsuchen. Im Standardfall geben uns die Läden und anwesenden Drachen Ressourcen und ich kann dort Drachenkarten ablegen und Effekte von ausliegenden Drachen und des Ladens selbst nutzen. Alternativ dazu kann ich einen Laden aufwerten und eine Verzauberung anlegen, damit der Laden mehr Ressourcen produziert. Daneben gibt es noch Auftragskarten über Schmuckdrachen, die ich während des Spiels oder nach Spielende werten kann, wenn ich bestimmte Bedingungen erfüllt habe. Dazu gesellt sich noch ein netter Solomodus, bei dem ich versuche, eine möglichst hohe Punktzahl zu erreichen. Gespielt wird so lange, bis entweder der Stapel der Drachenkarten und/oder der Verzauberungen aufgebraucht ist.

    „Flamecraft“ punktet definitiv über die Aufmachung und die liebevollen Illustrationen von Sandara Tang. Die Ladenkarten sind sehr groß und wunderschön und mit viel Liebe zum Detail gezeichnet. Dazu kommen noch witzige Namen wie „Smaugs Kleinode“ mit vielen popkulturellen Referenzen. Die Drachenkarten sind ebenso schön illustriert. Auch wenn jeder Drachentyp die gleiche Fähigkeit hat, wurde jedem Drachen ein Name und ein eigenes Bild gegeben. Das trägt enorm zum Eintauchen in das Thema ein. Aber, wenn ich ehrlich bin: Das Thema ist beliebig und austauschbar. Das Spiel hätte genauso mit Menschen in einem mittelalterlichen Dorf, mit holzverarbeitenden Elfen im Wald oder lustigen Aliens auf einem fremden Planeten und ganz anderen Ressourcen funktioniert. Aber: Das Setting mit Drachen ist zum einen nicht total verbraucht und wie gesagt wirkt es zum anderen grafisch einfach sehr hübsch. Aber auch hier habe ich gemerkt, dass bei Wenigspielerinnen die durch das Thema verdeckte Abstraktheit das Erlernen des Spiels eher erschwert. Wieso die anwesenden Drachen in einer Bäckerei mir plötzlich ein Stück Fleisch oder eine Pflanze in die Hand drücken, erschließt sich thematisch leider nicht.

    Die Symbolik ist in meinen Augen sehr gut und eindeutig gelungen. Einzig über die Unterscheidung zwischen Drachenfigur und Drachenkarte sind Wenigspielerinnen anfangs gestolpert. Wichtig: Das Spiel selbst ist nicht sprachneutral. Von den Bezeichnungen der Läden und Drachen abgesehen, enthalten die Auftragskarten und auch einige Läden erklärenden Text, der für Nicht-Sprachbeherrschende nicht verstanden werden würde. Das ist auch der Grund, wieso ich eine Version in deutscher Sprache geholt habe. Ein Nachteil: Als ich Fragen zu bestimmten Läden hatte, half mir die Suche auf Boardgamegeek nicht weiter, da dort logischerweise die englischen Shop-Bezeichnungen benutzt werden.

    Da ich die Standard-Edition von „Flamecraft“ besitze, sind die Drachenmeeple aus bedrucktem Holz statt Plastikminiaturen, die Ressourcen sind Pappmarker statt bedrucktem Holz und die Münzen ebenfalls aus Pappe anstatt aus Metall wie in der Deluxe-Edition. Mir selbst reicht die Standard-Variante vollkommen aus, da sich am Spielgefühl nichts wirklich ändert. Das Material ist sehr wertig, vor allem die Karten fühlen sich gut in der Hand an. Mein einziger Kritikpunkt ist die Stadtmatte aus Neopren. Die ist zwar hübsch und hat für alles einen Platz, aber mit 107 cm passt sie gerade so auf meinen Tisch. Den Spielaufbau wie in der Anleitung (mit den Ressourcen an einem Ende und den Ladenkarten am anderen Ende) kann ich nicht umsetzen. Ich bin auch unsicher, ob ich das Spiel zu fünft auf meinem Tisch aufbauen kann. Zumindest wird es dann sehr kuschelig.


    Flamecraft benötigt eine große Auslage.

    Komplex ist „Flamecraft“ sicherlich nicht, aber ich gebe zu, dass ich in der ersten Partie nicht wirklich wusste, was ich sinnvoll tun soll. Anfangs hatte ich nur ganz viele Ressourcen, wusste aber nichts damit anzufangen. Während der Partie lernte ich dann, dass die Ressourcen für Verzauberungen oder bessere Läden (wenn diese denn einmal ins Spiel kommen) genutzt werden können. Es gibt also eine kleine Einstiegshürde aufgrund der Fülle an Optionen zu Spielbeginn, aber die Zusammenhänge sind relativ schnell erlernt. Die Anleitung lässt dabei auch kaum Fragen offen – im Gegensatz zu den Läden und Schmuckdrachen (die in der Anleitung aber näher erläutert). Hier ist die Wortwahl oft so, dass ich es verschieden interpretieren kann, was in Erstpartien nicht hilft. Interessanterweise stolperten Wenigspielerinnen auch über die kleinsten Abläufe oder Sätze. Konkret ist der erste Satz auf der Hilfekarte „Erhalte Waren, Geldmünze und Drachen“ missverständlich, weil die Spielerin dann ihre Waren, eine Goldmünze und eine Drachenkarte nehmen wollte, weil das exakt so da steht. Dass es Läden gibt, die Münzen oder Drachenkarten geben, konnte die Person ja noch nicht wissen.

    Bei mir hat die Regellektüre ungefähr 45 Minute inklusive Aufbau in Anspruch genommen. Während des Spiels halfen mir die Rundenübersicht, die ich – vor allem fürs Solospiel – auch jeden Zug benötigte, um nichts zu vergessen. Nach der dritten Partie musste ich aber nicht mehr auf die Hilfekarte schauen. Auch wenn es die Aufbauzeit erhöht, finde ich schön, dass pro Ressource nur einer von drei Läden ins Spiel kommt. Auf die Art gibt es eine ausreichende Variation an ausliegenden Läden und wie ich was in Ressourcen oder Siegpunkte umwandeln kann. Ich habe aber festgestellt, dass ich einige Läden (die mit Münzwurf) nicht mag, da mir das zu viel Zufall ist.

    Mechanisch erfindet „Flamecraft“ das Aktionswahl-Genre nicht neu. Das Bezahlen der Mitspielerinnen am gleichen Ort und auch das Nutzen von Aktionen ist altbekannt. Auch die Zielkarten oder Ladenverbesserungen sind nicht neu. Ich würde die Mechanismen daher als solide, aber nicht innovativ beschreiben. Was sie auf alle Fälle sind, ist belohnend. Im späteren Verlauf des Spiels erhalte ich mit einer Ladenaktion bis zu sieben Ressourcen, kann dann noch eine Drachenfähigkeit und zusätzlich die Ladenfähigkeit nutzen. Gefallen hat mir auch die Abwägung zwischen Ladenaktion und Ladenverbesserung: Möchte ich Ressourcen erhalten plus die zwei Aktionen oder erhalte ich lieber den Bonus der Ladenverbesserung (meist Siegpunkte) und darf zusätzlich die Aktionen der bis zu drei ausliegenden Drachen nutzen. Diese Abwägung hat mir bis zum Ende Spaß gemacht. Durch die Ladenaktionen gibt es auch ein paar kleinere Kettenzüge, die sich noch belohnender anfühlen. Dennoch ist die Spannungskurve eher flach. Die Läden werden zwar immer besser mit der Zeit und werfen mehr Ressourcen oder Aktionen ab, aber ab der Mitte des Spiels gibt es kaum noch eine Steigerung. Es kommen zwar immer neue Läden hinzu, aber diese mit Drachen zu füllen und zu nutzen, fühlt sich im ersten Zug genauso wie im letzten an.

    Gestartet bin ich mit dem Solospiel, bei der es sich um eine reine Highscore-Jagd handelt. Die Soloaktionen sind dabei sehr clever und zugleich simpel gelöst, sodass es keinerlei Fragen oder Hänger während der Partie gab. Nach meinem Zug wird eine Drachenkarte aufgedeckt, die dann an den ersten Laden passend angelegt wird, die farblich passende Drachenfigur bewegt sich dorthin und liegt eine passende Verzauberung aus, wird auch diese an den Laden angelegt. Sehr schön dabei ist, dass alle fünf anderen Drachenfiguren auf Läden gesetzt werden und mich so ein bisschen behindern. Dazu werden Drachenkarten und Verbesserungen so gut vom Solomechanismus verbraucht, dass eine Solopartie in schnellen 30-45 Minuten beendet ist. Einziger Kritikpunkt: Das reguläre Solospiel hat einen aufwändigeren Aufbau, bei der zu Beginn bestimmte Läden und Schmuckdrachen für Ziele herausgesucht werden müssen. Dies war mir anfangs zu aufwändig gegenüber dem normalen Aufbau, sodass ich mit dem Standardaufbau und allen Schmuckdrachenkarten gespielt habe. Dadurch ergeben zwar nicht alle Ladenaktionen und Ziele einen Sinn, weil die Mitspielerinnen fehlen, aber ich konnte schneller starten. In Summe gefällt mir die Soloversion sehr gut, wobei ich sie vermutlich nach drei Partien nicht mehr spielen werde. Eine Solovariante gegen einen echten Gegner hätte ich herausfordernder gefunden.


    Flamecraft aus der Nähe.

    Zu dritt konnte ich eine Partie spielen, bei der auch Wenigspielerinnen vertreten waren. Oben hatte ich bereits auf die Probleme bezüglich Regelverständnis aufgrund unthematischer Zusammenhänge und Wortwahl hingewiesen. Zusätzlich zeigte sich auch, dass die Optionsfülle für Einsteiger und für Analyse-Paralyse-anfällige Spielerinnen erschlagend ist. Das alles zusammen hat zu einer Spielzeit von zwei Stunden geführt – also doppelt so lange wie offiziell angegeben. Ich war auch eher von 60 Minuten ausgegangen, da ich die Solopartie recht schnell herunterspielen kann, wobei der Soloautomatismus mir aber auch jede Runde eine Drachenkarte und eine Verzauberung gibt, was das Spielende beschleunigt. Auf alle Fälle ist die Spielzeit im Mehrpersonenspiel dynamisch, da nicht gesagt ist, wie schnell Drachenkarten oder Verzauberungen aufgefüllt werden. Durch die Optionsfülle dauert die Auswahl einer Aktion und dann die Ausführung einige Zeit, vor allem bei einer Verzauberung, wenn drei Drachen ausliegen (beispielsweise wenn drei Diamantdrachen ausliegen und überlegt wird, welche neun Ressourcen für die ausliegenden Verzauberungen sinnvoll sind). Wenn alle im Spiel firm sind, gehen die Züge aber sicherlich etwas schneller. Aber jemand, der die Züge optimieren will, wird länger über seine Aktionen nachdenken als jemand, der aus dem Bauch heraus spielt.

    Die Interaktion hat mir sehr gut gefallen. Zumindest meine Pläne für Verbesserungen oder Läden, die ich besuchen wollte, wurden sehr oft behindert. Und umgekehrt habe ich auch geschaut, ob jemand die vier Sets für acht Siegpunkte vorrätig hat und habe diese Verbesserung vorher weggenommen, wenn dies möglich war. Einzig bei den Geschenken bin ich nicht sicher, was ich davon halten soll. Einerseits ist es ein sehr positiver Mechanismus, der zwar wie eine Bestrafung wirkt, der Empfängerin aber Freude bereitet. Anderseits kann es zum Königsmacher-Effekt kommen, weil einer Person Ressourcen geschenkt werden, mit denen sich die Empfängerin erst eine entsprechende Verzauberungen leisten kann. In Summe habe ich mit meinem letzten Zug selbst entschieden, bei 65:64:49 nur Zweiter zu werden. Hätte ich anstelle einer 0-Punkte-Schmuckdrachen-Siegpunktkarte die alternativen, sicheren zwei Siegpunkte genommen, hätte ich gewonnen. Spaß hat es natürlich dennoch gemacht.

    Flamecraft zu dritt.

    „Flamecraft“ sitzt für mich irgendwie zwischen den Stühlen. Das Material und die Illustration sorgt dafür, dass fast jeder mitspielen möchte. Wenigspielerinnen sind aufgrund der unthematischen Abläufe, Missverständnis einiger Beschreibungstexte und Optionsvielfalt aber anfangs teilweise überfordert oder zumindest sehr gefordert. Für Expertenspieler wiederum sind die Abläufe zwar klar, aber wenig abwechslungsreich und sehr wiederholend. Analyse-Paralyse-Spielerinnen erhöhen dafür die Spiel- und Wartezeit enorm. Schade finde ich, dass das Thema so wenig herauskommt und so beliebig ist. In Summe haben mir die Partien aber dennoch gefallen. Vor allem die Solovariante spielt sich schnell und gut herunter und bleibt durch die Mini-Kampagne auch herausfordernd. (7,5)
    #Flamecraft

    Und über die Materialqualität muss man nicht wirklich sprechen.

    Wieso denn nicht? Ist sie so gut und über jeden Zweifel erhaben? Oder so grottig, dass Du lieber den Mantel des Schweigens drüber legst? Mir als Leser würde es helfen, wenn Du sagst, warum man - bzw. genauer du - nicht drüber sprechen willst.


    Gruß Dee

    Fehlende Lesekompetenz oder wie immer man das hier nennen möchte, kann man aber nicht der Anleitung anlasten.

    Zu einem gewissen Grad doch. Eine sehr gute Anleitung schafft es, die Regeln zu vermitteln, ohne dass etwas übersehen wird. Und wenn ein Spielfehler häufiger bei unabhängigen Gruppen vorkommt, ist das ein Indiz dafür, dass die Anleitung an der Stelle ggf. verbessert werden müsste, auch wenn rein regeltechnisch gesehen alles darin vorkommt.


    Gruß Dee