Beiträge von Archibald Tuttle im Thema „Tipps fürs Heimkino“

    Neva Kee Irgendwann tauchen die dann mal auf irgendeinem Streamingkanal auf. Für Hundreds of Beavers (der in den USA leider keinen Kinoverleih gefunden hat, was ich ein Verbrechen finde) gibt es ja schon einen deutschen Vertrieb, der seine Titel oft auch ans Streaming lizensiert; für Riddle of Fire hat sich bislang noch niemand für die deutschen Rechte erbarmt, aber das FFF-Label hilft da meistens irgendwann mal, teilweise Jahre später. Ich mach gern auf solche Filme trotzdem aufmerksam, so hat man vielleicht schonmal davon gehört und sie fallen einem dann auf, wenn sie verfügbar sind. Auf die gleiche Art erfahre ich ja auch von verpassten Filmen. Ich selbst hab die bei meinen VOD/Streamanbietern in den USA geguckt (mit VPN).

    Ich muss Euch kurz heiß machen auf zwei Filme, die bisher in Deutschland nur beim Fantasy Filmfest zu sehen waren, die aber beide nix mit Horror zu tun haben und ohne Probleme mit FSK 6 oder 12 durchgehen würden:


    Hundreds of Beavers: Bitte guckt hier in den Trailer rein und dann sagt mir, dass Ihr das nicht sehen wollt...



    Ich habe seit Jahren nicht mehr so laut und oft bei einem Film gelacht. Die Mischung aus Slapstick, Cartoon und Videospiel ist einfach absolut genial umgesetzt. Klar hält das Teil die Gagdichte nicht über die ganzen 108 Minuten, aber wenn Anfang und Ende derart furios sind, kommt man auch über die 20 Minuten Leerlauf in der Mitte gut hinweg. Die Rechte hat sich Lighthouse gesichert, übersetzen muss man hier nur ein paar Dialogfetzen und Texttafeln, aber die Bilder sprechen auch so für sich. Kann ich wirklich nur jedem, den der Trailer anspricht, dringend empfehlen.


    Riddle of Fire



    Ein Kinder-Biker-Paintball-Hexen-Western-Abenteuerfilm (oder besser ein Film mit Kindern auf der Suche nach dem besten Blaubeerkuchen), der in Cannes in der prestigeträchtigen Debutreihe gezeigt wurde. Gedreht im Stil von A24, mit Filmmusik aus Cannibal Holocaust. Nicht alles was man machen kann sollte auch getan werden, aber hier kommen soviele schräge Ideen zusammen, dass man den Film gut seinen Kindern zeigen könnte, wollte man sie auf The Lighthouse oder Beau is afraid vorbereiten. Die Kinder sind offensichtlich Laien und keine von diesen dressierten Affen, die uns gerade der Disney Channel so gerne serviert, dabei aber immens natürlich und spielfreudig. Wer die Welt nochmal als Abenteuerspielplatz aus den Augen von Kindern sehen will, oder schon immer vom unehelichen Kind von Goonies und Hereditary geträumt hat, wird hier fündig. Sollte ebenfalls dieses Jahr noch im Heimkino ankommen, in den USA ist es das bereits.

    Oder eine bessere Möglichkeit zur Verdunklung...

    Meiner Erfahrung nach WOLLEN Menschen, die so eine Fensterfront haben und dann nur weiße Vorhänge verwenden kein dunkles Zimmer, kein Rollo oder andere dunkle Dinge im Zimmer - da wird dann lieber auf den Beamer verzichtet als auf den Lichteinfall. Wobei man angesichts der Klimakrise das vielleicht nochmal zwangsweise überdenkt in den nächsten Jahren... ;)

    Süd-West-Ausrichtung der Fensterfront. Das heißt Mittags-Abendsonne. Je nach Jahreszeit knallt die Sonne ab einer bis zwei Stunden vor Untergang genau auf den Fernseher drauf. Alleine deswegen ist dies nicht praktikabel.

    Der LG hat Auto-Ausrichtung per Dreifachlasersystem. Das Hinstellen wäre somit kein Problem. Ansonsten könnte ich bei einem anderen Beamer über dem Sofa eine Wand-/Deckenhalterung montieren.

    Dann bräuchtest Du 4500-5000 ANSI. Das geht in HD bei 1000 Euro los. Aber dann hast Du keinen Flüsterkasten mehr, die Geräte sind aufgrund der stärker notwendigen Kühlung meistens nicht gerade leise und Stromfresser.

    Mit 3,5m Abstand auf eine normale Wozi-Fläche (2x3,50 oder so) kommt eigentlich fast alles in Frage, was der Beamermarkt so hergibt. Wann scheint die Sonne durchs Fenster? Solange das nicht zur Filmguckzeit der Fall ist, reichen 2500-3000 ANSI bei weißen Vorhängen völlig aus. HD ist da wichtiger. Und Auf-/Abbau solltet ihr vermeiden, bzw. wenigstens ein festes Plätzchen haben, wo man ihn dann hinstellt. Sonst macht man es doch nicht.

    Archibald Tuttle wir sind ja bei unknowns da muss es doch irgendwelche Regeln geben. Wie ist der Zeitraum? Kalenderwoche? Sollen die Filme bewertet werden?


    Wie alle brauchen doch unsere Bürokratie. 😆

    Ich hab ein bisschen was dazu ans Ende des neuen Threads geschrieben, zu finden unter

    Je nachdem um welchen Film es sich handelt (nicht zu speziell, zu "art-housig" oder obskur) wäre ich dabei. Würde das halt von Fall zu Fall entscheiden.

    ...das ist halt immer die Frage. Was dem einen "völlig obskur" ist, ist dem anderen gute Abendunterhaltung. Ich will das auch gar nicht jedes Mal vorgeben, wollte nur zum Start einen Film nennen. mein Gedanke ging in Richtung "alt aber gut", vor allem aber "mit Laberpotenzial", und vielleicht auch ein bisschen "an den hätte ich jetzt nicht gedacht". Ich hätte drei Kandidaten im Auge:


    - Mein Name ist Nobody, Tonino Valerii/Terence Hill, ARD Mediathek

    - Die Zeit der Unschuld, Martin Scorsese/Daniel Day-Lewis/Michelle Pfeiffer, 3Sat Mediathek

    - Cartouche der Bandit, Jean-Paul Belmondo, ARTE Mediathek


    Alle drei sind "Klassiker", jeder auf seine Art, und alle drei sind schwer unterhaltsam. Wenn ihr wollt, könnten wir uns ja gemeinsam auf einen Film einigen?

    Btw, ich weiß das ist ein Spieleforum. Aber falls Lust dazu besteht könnte man sich ja auf eine Art "virtueller Filmclub" hier einlassen: einmal pro Woche einen interessanten Film benennen, der aktuell per Streaming verfügbar ist, am besten kostenlos in einer Mediathek, und dann darüber schreiben, wenn man ihn gesehen hat. Gäbe es da Interessent:innen für? Dann würde ich zum Start einen Film vorschlagen und wenn gewünscht ein paar Infos vorab dazu aufschreiben.

    Ich schreibe hier so oft von UHDs und 4K-Fassungen, dass ich selbst aus den Augen verliere, wie gut schon eine gute BluRay aussehen kann, wenn man nicht versucht, sie auf eine 10qm-Leinwand und größeres zu projizieren. Auf meinem 3qm-Fernseher gab es "dank" Erkrankung heute und gestern jedenfalls noch einige Highlights, die vielleicht noch nicht jeder kennt, die ich aber wirklich jedem nur wärmstens ans Herzen legen kann (kennt ihr das, wenn man krank ist, will man irgendwie nur die Highlights sehen, auch wenn es zum tausendsten Mal ist?):


    Der Mann, der König sein wollte : Sean Connery und Michael Caine, die beide in den 1970ern eher im darstellerischen Tal der Tränen festsaßen, in ihrem großen gemeinsamen Highlight von 1975: Zwei britische Soldaten reisen nach Afghanistan, um sich dort zu "Königen" zu erklären. Ein grandioser Abenteuerfilm, der heute völlig zu Unrecht vergessen ist, und einer der wenigen Filme der Zeit, der in seiner Kolonialismuskritik "schlauer" als seine Textvorlage von Kipling ist. Hier gibt es keine zu domestizierenden "Wilden", sondern eher eine große Lektion in Sachen Demut - was aber der Unterhaltsamkeit des Geschehens keinen Abbruch tut. Die Farben knallen, die Action ist auch aus heutiger Sicht noch beachtlich. John Huston hatte das Talent, zu jeder Zeit wie ein "junger" Regisseur zu wirken, der das Handwerk immer weiter vorangebracht hat - so auch hier.


    Der Wind und der Löwe: Gleich nochmal Sean Connery, gleich nochmal 1975, und gleich nochmal ein Film im David-Lean-Modus: Die Witwe eines amerikanischen Diplomaten wird inmitten der Berberaufstände in Marokko entführt, und der Scheich (Connery) liefert sich sowohl mit den Politikern wie mit der resoluten Witwe so einige Kämpfe. Milius ist der seltsamste, aber auch bemerkenswerteste Vertreter des New Hollywoods, sein Einfluss auf seine Zeitgenossen Spielberg, Lucas und Coppola kann gar nicht unterschätzt werden, zugleich ist er politisch so an den Rändern des Diskurses, dass es ein Wunder ist, dass er überhaupt so viele Filme drehen konnte. Hier aber ist seine krude Mischung aus idealistischer Verehrung der klugen Wilden und des Imperialismus in eine wunderbar altmodische Abenteuerunterhaltung eingebunden, an deren Erfolg Connery maßgeblichen Einfluss hat, der nie in Gefahr läuft, in eine kolonialistische Karikatur zu kippen.


    Meuterei am Schlangenfluss: Antony Manns zweiter großer psychologischer Western mit James Stewart (drei weitere sollten vor dem großen Zerwürfnis noch folgen): Ein ehemaliger Bandit begleitet einen Treck nach Oregon. In all diesen wunderbaren Mann/Stewart-Kollaborationen sieht man den Keimboden für den italienischen Italowestern ebenso wie für den us-amerikanischen Spätwestern. Rock Hudson hat eine extrem niedliche Fast-Noch-Teenie-Nebenrolle, bei der man schon gut erkennt, wieso er kurze Zeit später der größte Frauenschwarm des US-Kinos sein würde. Mann war immer ein Regisseur der großen epischen Bilder, hier zum letzten Mal in Academy Ratio, bevor er zu einem der besten Breitwandregisseure Hollywoods aufstieg. Gottseidank hat die BluRay wieder die alte deutsche Synchro (und alternativ die neue mit Andy Garcia auf James Stewart, wenn das wirklich jemand will).


    The Seven-Ups: Kennt keine Sau, ist aber eigentlich die "echte" Fortsetzung zu French Connection (dessen zweiter Teil hatte außer Gene Hackman nichts mehr mit dem Vorgänger gemeinsam). In The Seven-Ups aber spielt nicht nur Roy Scheider quasi die gleiche Rolle wie im Vorgänger, auch das Drehbuch stammt vom gleichen Autor, und die Regie übernahm der Produzent von French Connection, der auch für Bullitt verantwortlich war, und dessen Autoverfolgungsjagd hier quasi alles tut, um den Vorgänger noch einmal zu übertreffen. Und dennoch merkt man, dass das Original von Friedkin und die Fortsetzung von Frankenheimer schlicht die talentierteren Regisseure hatte - alles wirkt hier ein wenig beiläufig erzählt - aber was hier erzählt wird, ist schon ein grandioser Plot, der bei The Shield noch eine ganze Staffel gefüllt hätte. Wer das Genre mag und neben Prime Cut, French Connection, Dirty Harry und Serpico nach mehr 70er-Krimiaction sucht, sollte hier (und in Italien beim Poliziotteschi) noch einmal genauer hinsehen.

    Kleiner Tipp für heute Abend (die Oppenheimer-Ignoranten oben wissen wahrscheinlich bereits dass sie ihn ignorieren sollten): Arte zeigt den viel zu selten zu sehenden "Morituri" mit Marlon Brando vom deutschen Regisseur Bernhard Wicki um 20:15. Brando wird als alliierter Saboteur an Bord eines deutschen Kriegsschiffs unter Führung von Yul Brynner eingeschmuggelt, um dessen Sprengladungen zu entschärfen. Nicht nur schauspielerisch toll, und mit grandioser Kamera, sondern auch ziemlich spannend und moralisch interessant. Damals ein Flop, weil den Amis der deutsche Kapitän nicht böse genug und den Deutschen Wickis Antikriegseinstellung suspekt war.

    wenn man die aus heutiger Sicht vielleicht etwas langatmige Einführungssequenz überstanden hat

    Echt, danach wird es besser?? Noch während dieser Sequenz hatte ich den Film vor Jahren als hoffnungslos veraltet abgetan (und dann auch nie mehr weitergesehen) und den Anfang habe ich wirklich (!) als quälend einschläfernd in Erinnerung.

    Empfohlen wurde „Lohn der Angst“ damals als Actionfilm (deswegen war ich auch nicht allzu zimperlich, während ich Filmen aus anderen Genres eher eine zweite Chance zugestehe).

    Na gut, man muss zugeben, dass diese "Einführungssequenz" 40-50 Minuten des 150-Minuten-Films einnimmt - aber der Film braucht diese existentialistische Fallhöhe, um uns seine Figuren und ihre Verzweiflung so ans Herz zu legen, dass die folgenden 100 Minuten tatsächlich an den Nerven zerren. Wir sonst würde man glauben, dass sich vier Männer auf ein solches Selbstmordkommando einlassen?


    Aber nicht umsonst war die alte deutsche Fassung um 20 Minuten gekürzt und kam schneller zur Sache, wie ja auch Die sieben Samurai von 210 auf 150 Minuten eingekürzt wurden. Gerade aus heutiger Sicht würde ich den ersten Teil des Films als Sartre light sehen, so wie viele von Clouzots weniger bekannten Filmen. Danach aber packt dich der Film an der Gurgel und lässt dich nicht mehr los. Ich habe bei vielen "Tipps" älterer Cineasten nicht verstanden was den empfohlenen Film besonders machen soll, hier aber liegt eine zeitlose Aktualität in der Verzweiflung und dem Spannungsaufbau, den ich so für unerreicht halte.

    Schöne Grüße aus Nerdistan. Das British Film Institute scheint sich etwas von seinen starken Reglementierungen der letzten Jahre erholt zu haben (man hatte unter den Tories zunächst große Probleme, das Archivprogramm fortzuführen), und bringt aktuell als 4K-Premiere ausgerechnet einen der ganz großen Klassiker des französischen Kinos raus: "Lohn der Angst" aka "La Salaire de la peur" oder auch "Wages of Fear".


    Lohn der Angst ist ein wunderschönes Beispiel dafür, wie Kanon und Kanonisierung in der Filmgeschichte funktioniert. Jahrzehntelang wurde Clouzots Film als reiner Unterhaltungsfilm gesehen, was er ja auch ist. Seine Geschichte von den verzweifelten Männern, die für wenig Geld Dynamit auf klapprigen LKWs zu einer brennenden Erdölquelle transportieren sollen, ist immer noch einer der spannendsten Filme aller Zeiten (wenn man die aus heutiger Sicht vielleicht etwas langatmige Einführungssequenz überstanden hat). Erst das Remake von William Friedkin (The Sorcerer aka Atemlos vor Angst, damals von den Kritikern zerrissen, heute ebenfalls im Rang eines New-Hollywood-Klassikers), überführte das "Original" in den Klassikerstatus, den es heute noch innehält, und mittlerweile wird Clouzot, der lange Zeit als reiner Unterhaltungsfilmer gesehen wurde, zu den Großen des französischen Nachkriegskinos gezählt. Er war in jedem Fall ein Großmeister der Spannung, der Hitchcock in nichts nachstand, und "Lohn der Angst" steht auf meiner persönlichen "Filme, die jede/r einmal gesehen haben sollte"-Liste.

    Meine erste Erfahrung mit dem Film war eine klapprige VHS aus der Stadtbücherei - wie so oft bei Kopien aus dem Bestand von Leo Kirch basierte sie auf einer schrabbeligen Kinokopie des Films, das Schwarzweiß des Films löste sich wie bei den "sieben Samurai" in ziemlichen Graumatsch auf. Lange ging ich davon aus, dass der Film nicht viel besser aussehen könne, denn auch spätere Veröffentlichungen (zumindest die auf DVD) waren nur begrenzt besser. Da ist diese 4K-Restaurierung jetzt eine echte Offenbarung: In hartem Schwarzweiß-Kontrast wird die Hitze des Handlungsorts fast körperlich spürbar, und Dolby Vision bewirkt auch hier wieder Wunder, solche Grauabstufungen kenne ich sonst nur aus dem Kino. Wer einen Einblick in die unglaubliche Bildqualität haben will, dem empfehle ich einen kurzen Blick auf die Stills unter https://www.avforums.com/revie…-4k-blu-ray-review.21601/


    Man merkt vielleicht dass ich versuche, nicht allzu viel über den Film selbst zu verraten - in der Hoffnung, dass ihn eben doch noch nicht jeder kennt. Ich beneide jede/n, der/die ihn zum ersten Mal sehen kann. Und das dann gleich in solcher Qualität. Es steht zu hoffen, dass das irgendwann auch auf Deutsch verfügbar sein wird, wobei der Sprachenmischmasch des Originals schon eine besondere Qualität hat. Wahrscheinlich aber wird man wohl mit der (wohl ebenfalls guten) deutschen BluRay, die 2022 erschienen ist, Vorlieb nehmen müssen.


    Und ebenfalls auf UHD erschienen: Zwielicht, ein Thriller mit Richard Gere, der Edward Norton einst berühmt machte. Es geht um einen Kriminalfall, in dem ein Messdiener den Bischof ermordet haben soll. Einer der besten und intelligentesten Gerichtsthriller der an Gerichtsthrillern nicht gerade armen 1990er, hat der Film zweieinhalb Probleme: Wenn man das Ende kennt, ist nach dem zweiten Sehen dann doch ein wenig die Luft raus. Zweitens ist es zwar großes Schauspielerkino, aber schlicht ein visuell nicht sonderlich aufregender Film, der hier in 4K über weite Strecken wie frisch vom Kameranegativ wirkt, dann aber stellenweise unter Encodingproblemen leidet, die im Vergleich zu so vielen anderen Abtastungen der letzten Jahre eher unnötig erscheinen (ein "Klassiker" bei Paramount sind leider Jalousien, warum auch immer packt deren Algorithmus es nicht, ihr Lichtspiel ohne Schmiererei zu digitalisieren). Im Vergleich zur Referenz von "The Untouchables" oder auch "In the Line of Fire" leider kein Meisterstück. Und das halbe Problem ist die deutsche Synchro: Es tut mir leid das sagen zu müssen, aber Andreas Fröhlich (Bob von den ???) ist schlicht ein wenig überfordert mit Nortons Performance. Lohnt sich natürlich trotzdem für Fans des Films (und ist immer noch Meilen der letzten BluRay überlegen).

    Japp. Und er fasst gut zusammen was man an dem Film bei aller Misogynität so spaßig ist. Auf der US-UHD gibt es ein nettes Making-Of, in dem sehr klar wird, dass keiner am Set den Film ernst nahm und er absichtlich in Richtung Beinahe-Parodie gedreht wurde - so wie ja etwa auch Death Wish 3.

    Merke: wenn keine Pandemie ist und trotzdem ein Film direkt ins streaming kommt, der für einen Kinostart gedacht war, kann man ziemlich sicher sein, dass da Grütze rausgekommen ist. Das war ja schon zu VHS-Zeiten nicht anders.

    Ach komm, Lighthammel ... Road House ist einer jener "Klassiker", dass selbst abgebrühte Feministinnen Spaß an der völlig absurden Inszenierung von männlichkeit in dem Streifen haben. Wann immer man jemand das Konzept der Homosozialität im Actionkino der 1980er erklâren will, ist Road House die perfekte Wahl. Selbst 1989 war die Wahrnehmung des Films auf den Schulhöfen die ich so besucht habe mit Camp affiziert. Will sagen: Man kann mehr spaß mit dem Teil haben als du ihm gerade zuschreibst.

    Tja, das erinnert mich an meinen Studienaufenthalt in Paris, bei dem ich nie in Vorlesungen, dafür jeden Tag ins Kino gegangen bin, da die Franzosen damals schon Abomodelle hatten, wo man für ziemlich wenig Geld beliebig oft ins Kino gehen konnte. Und da stand auch in jeder zweiten Veranstaltung jemand auf, rief "Merde!" zur Leinwand und ging raus - das passierte so oft, dass ich es damals für ein Ritual hielt, dass in der Pariser Kinotradition offenkundig fester Bestandteil war.


    Aber warum ich das oben schrieb: Weil das toll ist, dass ein Film das kann, Menschen derart zu verärgern, sie dazu zu bringen, sich ablehnend mit etwas auseinander zu setzen. Wenn er das schafft, kann er so schlecht nicht gewesen sein, und ist allemal interessanter als langweiliger Durchschnittsquark.


    Ich komme gerade mit den Kindern aus Prinzessin Mononoke (und muss feststellen, dass die FSK 12 doch sehr gerechtfertigt ist, die Arm-ab-Kopf-ab-Szenen hatte ich so nicht erinnert und waren für meinen Achtjährigen dann doch drüber): Ein Fest für die Sinne, der Film ist nicht nur wunderschön handgezeichnet, sondern auch extrem laut, selbst beim Rauschen im Wald, und ein großartiges Naturmärchen mit düster-pessimistischem Ausgang trotz des vermeintlichen Happy Endings, und irgendwo zwischen den ökologischen Sorgen der 1990er und heute immer noch aktuell. Ich weiß noch, dass mich die Plotstruktur 1997 ziemlich verwirrt hat; heute war alles ganz klar, da merkt man, wie sehr auch ich damals noch auf Hollywood-Erzählmodelle gebürstet war. Und man vergisst wie gut Miyazaki damals mit jedem einzelnen Film war, wie stilbildend seine Filme waren und wie sehr sie Anime zu ihrer Zeit international popularisiert haben. Die deutsche Synchro hingegen ist pure Nostalgie: Lauter Hamburger Sprecher, die man gut aus den ??? und anderen Hörspielkassetten und Fernsehsynchros der Zeit kennt, besonders aufgefallen ist mir dabei Mady Rahl, die ja schon in den 1930ern zu sehen war und hier eine ihrer letzten Rollen spricht, mit einer derart knarzigen und alten, trotzdem beeindruckenden Sprechperformanz, dass sogar Gisela Trowe neidisch werden würde.

    Nun habe ich mir mit meiner Frau den "Film" Poor Things angesehen. Ich habe jede Minute gehasst. Sie ebenso. Alle paar Szenen dachte ich, ich muss es beenden. Wollte aber wissen, ob da noch was kommt... ob das noch gut wird. Am Ende war ich absolut fassungslos, was für einen Krampf ich mir da komplett angesehen habe.

    Einfach nix. Totale Grütze in meinen Augen.

    und genau dafür liebe ich Kino.

    Barb Wire ist ein Film, bei dem ich nie so genau weiß ob es mehr Spaß macht ihn zu sehen oder darüber zu reden. Die UHD des Films ist soeben auf Deutsch erschienen, und dokumentiert, dass der Film bei aller mangelnder Qualität immer noch eine Fangemeinde hat, die größer ist als Pamela Andersons Brüste. Zwei Dinge haben mich immer am Film fasziniert (nein, nicht die offensichtlichen): Zum einen das Marketing. Der Film war weder finanziert noch existierte eine einzige Zeile des Drehbuchs, als in Cannes riesige Plakatwände Pamela Andersons Hauptrollendebut bereits groß anpriesen. Hintergrund: Cannes ist nicht nur ein Kritikerfestival, sondern auch der wichtigste Filmmarkt in Europa, hier werden hinter den Türen unzählige Filmdeals abgeschlossen. Und so konnten für Barb Wire nur aufgrund dieses Plakats (bis heute das Filmplakat) unzählige internationale Vorabkäufe erzielt werden, und der Film hatte ein vermeintliches Budget von 50 Mio. Dollar. Wer den Film gesehen hat, weiß wieviel davon auf der Leinwand gelandet ist (Hint: Nicht allzu viel). Allein 400.000 Dollar kostete es, die Aquarien eines benachbarten Sea Worlds zu reinigen und die toten Fische und Seepferdchen zu ersetzen, die der Seifenschaumszene mit Anderson zum Opfer fielen. Und so rannten in den ersten Tagen die Filmfans ins Kino - nur um wieder rauszurennen und alle anderen vor dem vermeintlichen C-Schrott zu warnen, der da auf sie wartete. Der gleichnamige Comic wurde durch den schlechten Ruf des Films gleich mitgetötet.


    Dann aber erreichte Barb Wire auf Video doch noch jenes Publikum, für den er gemacht zu sein scheint: Den geübten Camp-Afficionado, der natürlich schon nach wenigen Minuten erkennt, welchen Scherz sich der Drehbuchautor mit seinem Produzenten und Pamela Anderson geleistet hat. Barb Wire ist nahezu ein Scene-by-Scene-Remake von ... tadaaa! ausgerechnet Casablanca, mit Udo Kier als Sam und Pamela Anderson als Humphrey Bogart. Barb Wire ist einer der witzigsten und seltsamsten Trashstreifen aller Zeiten, wenn man sich darauf einlassen kann (zugegeben hilft eine große Menge Alkohol dabei). Die neue UHD ist fehlerfrei, zeigt den Film in ungeahnter Qualität, da direkt vom Kameranegativ abgetastet, und ist auch sonst liebevoll gemacht, die Extras sind etwas kurz, da hätte ein kritischerer Blick auf die Produktionsgeschichte (vermutlich einer der großen Hustles der Filmgeschichte) nicht geschadet, aber gut, sowas muss man ja immer auch mit dem Lizenzinhaber abklären, und der hört das wahrscheinlich nicht so gern. Will man das wirklich jemand empfehlen? Besser nicht, aber wer es haben will weiß jetzt dass es das gibt. Ich hatte jedenfalls wieder viel Spaß mit dem Teil.

    Ich meinte weniger aus filmischer Sicht, sondern eher deshalb, weil der eine ziemlich unnötig lange Vergewaltigungs-Szene hat, die damals wohl noch als edgy durchging und es sich dabei gleichzeitig recht einfach macht, Homosexualität in eine perverse Ecke zu stellen. Und natürlich Tarantinos Rolle selbst, in der er nicht nur mäßig schauspielert (das hat man damals schon so gesehen) sondern auch unnötigerweise eine N-Wort-Bombe nach der anderen dropt. Will sagen: in dem Skript sind einige Entscheidungen drin, die aus heutiger Sicht mehr als fragwürdig sind.

    Das sind gut Argumente, die kann ich so akzeptieren. Tarantino holt sich in seiner Zitierwut öfter mal kulturelle Stereotypien aus der Filmgeschichte rein, die man so besser nicht ungefiltert stehen lassen sollte - ein weiteres gutes Beispiel dafür ist Death Proof. Auch deshalb war ich froh, dass Once upon a time in Hollywood einigen Fortschritt in dieser Hinsicht zeigte.

    (Interessanterweise ist vermutlich ausgerechnet Pulp Fiction der Tarantino, der aus heutiger Sicht am schlechtesten gealtert ist. Aber das ist ein anderes Thema.)

    Au Contraire Monsieur. Er ist nur derart zu Tode zitiert worden, und hat derart viele separate Genrestränge im US- und Indiekino ausgelöst, dass sich ein "frischer Blick" nicht mehr so recht einstellen mag. Auch sind wir aktuell der Postmoderne etwas überdrüssig, ohne dass sich etwas Neues wirklich durchsetzen konnte (Dogme, neuer Realismus, Retro-Formalismus, Meta-Modernism, Post-Post-Modernism etc. etc. sind alle gekommen und gegangen ohne allzu tiefe Spuren zu hinterlassen). Aber dieses Schicksal teilt er mit vielen Filmklassikern, bei denen man sich heute fragt, warum sie diesen Klassikerstatus haben, wie Citizen Kane, Das siebente Siegel, Psycho, Easy Rider, French Connection, Indiana Jones etc. Alles Filme, die massiv stilbildend waren, und die dann so oft kopiert und zitiert wurden dass man sie gesehen hat auch wenn man sie nie gesehen hat.

    So etwas sollte man heutzutage einfach als ein Stück Zeitgeschichte betrachten.

    Ja, aus dem Blickwinkel sicherlich interessant, aber trotzdem bleibt es ein billiger Rumpel-Film. ;)

    Der Unterschied ist halt: Es gibt billige Rumpelfilme, die Zeitgeschichte sind, und die keinen Spaß beim Gucken machen. Und es gibt billige Rumpelfilme, die Zeitgeschichte sind, und die viel Spaß beim Gucken machen. Foxy Brown sähe ich irgendwo dazwischen, der ist ziemlich stilbildend für unser Bild von Blaxploitation gewesen, gerade weil Tarantino ihn so stark zitiert hat, aber um wirklich zu wissen was an Blaxploitation bis heute noch funktioniert und gut zu gucken ist, sind die o.g. Filme m.E. besser geeignet, auch und gerade weil da die Weißen viel eher als Bösewichter rüberkommen.

    ...und es gibt eine große Zahl besserer Blaxploitation-Filme, wenn man da wirklich einsteigen will. Nur als Einsteigertipp:

    - Coffy ist der bessere Pam-Grier-Film, ebenso Friday Foster

    - Across 110th Street (Straße zum Jenseits) ein brillanter Polizei-Actioner mit Film-Noir-Anklängen

    - Shaft in Africa ist einfach eine absolute Spaßbombe, da hat man versucht aus Shaft James Bond zu machen, und ihn gleichzeitig das Flüchtlingsproblem in Äthiopien und weibliche Genitalverstümmelung lösen lassen

    - Cleopatra Jones ist grandios, wenn man ihn nicht mit der miesen deutschen VHS-Synchro guckt (das gilt leider für die meisten Titel hier)

    - Take a hard ride (dt. Einen vor den Latz geknallt) ist schwarzer Italowestern pur

    - Truck Turner: Großartiger Klassiker um einen Kopfgeldjäger, der vor Uhura (ihrerseits Puffmutter) fliehen muss.

    - Three the Hard Way: Alles was Rang und Namen hatte (Jim Brown, Fred Williamson, Jim Kelly) in einem vielzitierten Film, in dem Weiße die gesamte schwarze Bevölkerung der USA vergiften wollen. Außerdem die beste Vorbereitung auf "I'm gonna git You Sucka", die wohl beste Blaxploitation-Parodie.

    Weil es vielleicht nicht alle mitbekommen haben: Dass Scott Stuber gestern bei Netflix geschasst wurde (bzw. "gekündigt hat"), ist ein Signal für den Streamer, das man nicht unterschätzen sollte. Stuber ist der Mann, dem man zu verdanken hat, dass Netflix überhaupt Filme ins Kino geschickt hat, er wollte damals Glass Onion mit größerem Verleihfenster starten, und er ist maßgeblich an den awardträchtigen (und bei Netflix dann meistens erfolglosen) Arthausfilmen "Schuld", mit denen Netflix bei den Oscars mitmischen wollte (zuletzt Maestro). Der Untergang von Zack Snyders Rebel Moon dürfte ein übriges dazugetan haben. Gleichzeitig ist publik geworden, dass Netflix die eigene Filmproduktion quasi halbiert, und nurmehr 35 überwiegend niedrig budgetierte Eigenproduktionen in 2024 plant. Ob das mit Fremdeinkäufen aufgefüllt wird ist fraglich, zudem geht es gerade mit der Serienproduktion in den USA stetig bergab, nicht zuletzt wegen des Streiks, der wieder einmal gezeigt hat, dass die Zuschauer:innen eben auch bei billiger zu produzierenden Formaten en masse einschalten.


    Die Chose kann nun mehrere Folgen haben: Entweder nimmt Netflix Geld in die Hand, um wieder mehr "einzukaufen", was andere produziert haben (unwahrscheinlich), oder aber das Angebot anderer Streamingplattformen wird für Film- und Serienfans attraktiver. Bin gespannt in welche Richtung es geht. Ich selbst bin seit über einem Jahr nicht mehr bei Netflix und hatte in der Zwischenzeit genau zwei Filme, die ich mir von dort ansehen wollte - so dolle war es bereits in letzter Zeit um die EIgenproduktionen nicht bestellt.

    PalioDeMonte Nur als Hinweis: Prime zeigt ein uraltes Master von Glengarry Glen Ross, es existiert aber schon länger eine BluRay von Turbine mit drastisch besserem Ton und Bild. Ist ihre 8 Euro völlig wert.


    Irgendwie ja auch faszinierend, dass die Streamer so oft auf minderwertige Master setzen, weil die Lizenzierung dann billiger ist, in dem festen Glauben dass es sich bei alten Filmen nicht lohnt - was dann wieder bei den Kunden den Eindruck verstärkt, dass alte Filme schrabbelig aussehen müssen. Dabei ist das echte Problem das digital gedrehte Kino der frühen 2000er, wo viel mit 1k in der Postproduktion gearbeitet wurde und man jetzt entweder quasi die Post komplett wiederholen muss oder mit dem in 2k oder 4k miserabel aussehenden Master leben muss.

    Da im Kino die seit Jahrzehnten übliche Januarsauregurkenzeit regiert, hier noch ein paar Tipps fürs gepflegte Heimkinoprogramm, nachdem ich heute bei meiner Freundin die drei großen Streamer mal durchscollen konnte:


    Der wunderbare "Nice Guys" mit Russell Crowe und Ryan Gosling ist auf Prime im Stream aufgetaucht. Die Bildqualität ist zwar unter aller Sau, aber das ist bei Prime ja nichts Neues. Ansonsten ist das immer noch ein ideales Double Feature mit Kiss Kiss Bang Bang und ein sehr spaßiger Comedy-Noir. War dieser Film früher jahrelang auf Netflix, so ist jetzt der alte Prime-Liebling "Galaxy Quest" zu Netflix rübergewandert - so ein bißchen albern ist das ja schon, dass die sich die Filmlizenzen regelmäßig gegenseitig wegkaufen. Da lobt man sich doch, wenn aktuell endlich mal Titel aus der MGM-Library im großen Stil bei Prime (und Freevee) landen, die man schon ewig nicht mehr sehen konnt (außer man abonnierte den MGM-Channel). So etwa aktuell mein liebster Shirley-MacLaine-Jack-Lemmon-Film "Das Mädchen Irma la Douce". Billy Wilder mit seinem wohl schlüpfrigsten Film, ein Mann will nicht, dass die Prostituierte, in die er sich verliebt hat, weiterarbeitet, und gibt sich fortan als ihr bester Kunde aus. Ein immer noch ziemlich großer Spaß, MacLaine ist hinreißend (und hat nie verstanden, wieso sie ausgerechnet dafür eine Oscarnominierung bekam).

    Disney hingegen hat es offenbar endgültig aufgegeben, Kunden mit alten Filmen anzulocken - immer mehr verschwinden aus dem Programm, ohne dass andere ältere Titel wieder auftauchen. Das betrifft insbesondere das Starz-Angebot, das ja nur in Europa via D+ verfügbar ist und im Kern aus dem Fox-Archiv besteht. So hat etwa Cameron seine bei Fox liegenden Filme selbst restauriert und lieber an Amazon lizensiert, wo man jetzt in den USA totgefilterte 4k-Abtastungen von Abyss und Aliens sehen kann. Was bei T2 noch wie ein Versehen wirkte, ist jetzt also Gewissheit: Cameron hasst Filmkorn so sehr, dass er die Schauspieler lieber in Wachsköpfe verwandelt. Da kann man froh sein, dass Titanic noch so gut geworden ist. Wobei es auch sein kann, dass Amazon beim Streaming derart stümperhaft vorgeht, dass die die digitale Überschärfung zu verantworten haben. Na, wenn da mal eine UHD kommt, werden wir es ja sehen...

    Arme alte Akademiker artikulieren absolut ausgiebig abenteuerliche Alliterationen. Mit 13/14 war es diese absurde Triebhaftigkeit des Bösen die mich fasziniert hat. Und die ist ja tatsächlich in allen vier filmen vorhanden, da bin ich bei dir.

    Mich erinnert der tatsächlich am meisten an Eiskalte Engel, was fairerweise, glaube ich, auch für Emerald Fennel eine Referenz war, insofern dass er Machtverhältnisse (sexuell und anderweitig) in einem Setting von Ultrareichtum behandelt und dabei stylisch, bisschen kinky und frech ist und sich an ein junges Publikum richtet. Wäre ich noch 16, würde ich den bestimmt total abfeiern.

    tbh fand ich schon Eiskalte Engel eine eher schwache Neuverfilmung von Gefährliche Liebschaften - den überstrahlen in meinem Kopf dann sowohl Valmont von Milos Forman wie auch die Hollywodversion von Stephen Frears. Aber zugegeben an die empörende Echsenhaftigkeit eines John Malkovich, den ich mit 13/14 gefeiert habe, kam ein inzestuöser Ryan Philippe mit 25 natürlich nicht mehr ran.

    Ich fühle mich tatsächlich etwas wie der alte Mann hier, das ist mir schon bewusst.

    Das Gefühl teile ich, wenn es um Saltburn geht. Meine Güte ist das ein Non-Event, das gefühlt auf allen Social-Media-Kanälen abgefeiert wird als hätte es noch nie provozierende Filme gegeben. Der Film ist völlig ok, das Ende aber m.E. ziemlich missglückt, da viel zu breit ausgewalzt, und tatsächlich ist mir der Klassenkampf als Thema viel zu platt eingebaut, das ist ja schon auf dem "hihihi, wir vergiften den Adel"-Ealing-Niveau der 1950er. Insoweit verstehe ich aktuell genau was Du meinst.


    Dann noch ein paar neue UHDs in der Sammlung, die endlich geguckt wurden:


    Der weiße Hai 2 : Wirklich gut war der Film noch nie, aber wenn man den Vergleich zu Spielbergs Original mal weglässt ist er routinierte Unterhaltung mit einem guten Finale. Was mir früher nie aufgefallen ist: Jaws 2 funktioniert wie ein klassischer Slasher, der Hai wird andauernd bei der Arbeit gezeigt und seine menschlichen Raubzüge sind viel detaillierter und splatteriger als im ersten Film (wahrscheinlich lief deshalb in den 1980ern auch nur eine gekürzte Fassung im TV). Jaws 2 ist viel mehr Tierhorror als Jaws 1 das je war - der hat noch deutlich größere Anteile an Abenteuerfilm in sich.

    Dafür ist Bruce diesmal allzu offensichtlich ein schlecht funktionierendes Modell, das sich andauernd den Kiefer verrenkt. Auf 4K sieht der Film sehr typisch für seine Zeit aus: Viel Filmkorn, sehr weichgezeichnete Unterwasserszenen (das ging damals nicht anders und wird uns noch bei den anstehenden 4K-Veröffentlichungen von Feuerball und The Deep begleiten), und eine gedeckte Farbpalette, die aber dank HDR-Grading und DV deutlich leuchtender rüberkommt als das bei früheren Veröffentlichungen der Fall war.


    Das 4K-Remaster von Ronin ist jetzt auch in Deutschland erschienen und man hat die US-Veröffentlichung weit übertroffen, indem man das Quellmaterial anders kodiert und ein eigenes Grading erzeugt hat. Ronin ist und bleibt der Film mit den besten Autoverfolgungsjagden der Filmgeschichte, und die Abtastung des Kameranegativs holt hier gerade in den langsameren Momenten unglaublich viele Details raus (man kann jetzt Straßenschilder lesen und so nachvollziehen, wo die in Paris und Nizza herumstromern, was bei Ortskenntnis ziemlich witzig ist, aber anders als bei vielen anderen Filmen ergibt die Geographie des Films sogar Sinn). Aber auch wer die Tränensäcke De Niros und Renos in Großaufnahme betrachten will hat jetzt die Gelegenheit dazu. Nein im Ernst, eine irrsinnig gute Veröffentlichung, die die bereits sehr gute US-Veröffentlichung nochmal deutlich übertrifft. Schön wenn wir auch mal die weltweit beste Scheibe eines Films haben ;).


    Und zuletzt trafen ein paar Scheiben aus dem Ausland ein:

    D.A.R.Y.L. : Ein sentimental favorite, da einer der ersten Filme, die ich als Kind im Kino "allein" (also nur mit einem Schulfreund) gesehen habe. D.A.R.Y.L. handelt von einem kindlichen Cyborg, der aus dem Labor abhaut und bei einer Durchschnittsfamilie unterkommt, bis das Militär ihn findet. Völlig durchschnittliche Unterhaltungskost, die damals massiv im Kino gefloppt ist, nur in Deutschland etwas besser lief, da die "Unendliche Geschichte" mit dem gleichen Hauptdarsteller ein derart großer Kassenerfolg war. Manchmal habe ich den Eindruck, dass Filme dann in 4K rauskommen, wenn entweder sehr lange kein Master für eine Heimkinoauswertung erstellt wurde (man also quasi DVD und/oder 2K übersprungen hat) und jetzt den Film "retten" will - oder es irgendwelche Filmverleihchefs gibt, die den Film gerne selbst wiedersehen würden und ihn deswegen rausbringen (lacht nicht, ich hab bei und mit genug Verleihern gearbeitet, das war in absurd vielen Fällen der Grund für Wiederaufführungen). Braucht das irgendjemand? Nein, wahrscheinlich nicht. Aber ich war doch sehr überrascht, wie tief sich der Film in mein Gedächtnis eingebrannt hatte; an vieles konnte ich mich fast 40 Jahre später noch 1:1 erinnern.


    JFK : Definitiv ein anderes Kaliber. Das dürfte einer der am schwierigsten digital abzutastenden Filme der FIlmgeschichte sein, da hier unzähliges Filmmaterial quer durcheinander verwendet wurde, manches auf alt getrimmt, manches beschleunigt oder verlangsamt, und quasi alles im Labor nachbearbeitet. Und dafür sieht die UHD (die den noch längeren Director's Cut beinhaltet, die Kinofassung gibt es nur auf BD) tatsächlich absolut exzellent aus. Da JFK über weite Strecken ein Gerichtsfilm ist, ist er einer jener Filme, die ich immer wieder sehen kann, und so hab ich ihn schon unzählige Male in verschiedensten Heimformaten zu Gesicht bekommen. Das hier ist 1:1 das Erlebnis einer exzellenten Kinokopie aus dem Veröffentlichungsjahr. Keine komischen Artefakte wie auf DVD, keine Farbfehler und Filter wie auf BluRay, sondern eine exakte Wiedergabe des originalen Seherlebnisses von einst. Auch wenn Oliver Stone zu einem Putin den Arsch küssenden Idioten verkommen ist, und ich keine Ahnung habe wieviel hiervon reine Verschwörungstheorie ist, und der DC (auch dank der schrecklichen Costner-heult-Szene) die schlechtere Filmfassung ist: So muss das aussehen, wer einen UHD-Player hat, findet hier einen der Pflichtkäufe des Jahres vor.


    Apu-Trilogie: Drei der wichtigsten Filme der Filmgeschichte, von denen in Deutschland noch kaum jemand je gehört hat. Satyajit Ray, bengalischer Filmemacher, übernahm in den 1950er Jahren den Stil des italienischen Neorealismo, entkleidete ihn seiner melodramatischen Anteile und schuf mit diesen drei Filmen Meisterwerke der Filmgeschichte, die seit Jahrzehnten auf der Sight&Sound-Liste in den Top 10 der wichtigsten Filme aller Zeiten vertreten sind. In Deutschland ist die Musik von Ravi Shankar so ziemlich das einzige, was man davon kennt - die Filme liefen nie im Kino und m.W. zuletzt in den 1990ern auf ARTE im Spätprogramm. Sie sind herzzereißend, schön, schlicht, und einfach überwältigend wenn man sich darauf einlässt. Ich kann es jedem, der sich als Filmfan versteht, nur empfehlen, sich einmal darauf einzulassen. Erschienen als UHD-Set bei Criterion (wo sonst). In Deutschland kann man sie zumindest mit englischen Untertiteln kostenlos über Plex.TV streamen (https://watch.plex.tv/de/movie/pather-panchali).

    verv Witzig, dass Du bei Deiner "alter-Mann-Tirade" (nicht böse gemeint) ausgerechnet einen Film nennst, der sich derart auf Filme aus den 1970ern bezieht (inhaltlich auf Wicker Man, Blood on Satan's Claw und andere Folk-Horror-Titel, stilistisch auf das Indie-Horrorkino der Zeit). Gerade bei Midsommar lesen sich viele Rezensionen so, als sei das irgendwas Neues, in völliger Unkenntnis der alten Filme, die hier zitiert werden.


    Ich habe nach langer Zeit mal wieder TV und Soundanlage neu kalibriert, bedingt durch eine neue Lichtumgebung, zwei neue Regale und eine Couch hatte sich da einiges geändert. Mir war zudem bisher völlig entgangen, dass der TV bei UHDs ohne HDR in einen eigenen Bildmodus schaltet, der Pseudo-HDR erzeugt, das sieht absolut gruselig aus und sollte (wie alle anderen Bildverbesserungen) unbedingt abgeschaltet werden. In jedem Fall konnte ich dabei nochmal feststellen, wie sehr Dolby Vision Filme verändert - im Guten wie im Bösen. Wenn ich ehrlich bin - so leuchtend sahen Filme im Kino nur dann aus, wenn man eine pristine Technicolor-Kopie aus der Glanzzeit des Hollywoodkinos vorführt. Und entsprechend sieht Dolby Vision für mich immer dann besonders passend aus, wenn man es mit einem alten Film wie "Die 10 Gebote", "Spartacus", "Apocalypse Now" oder gar neueren, speziell über Farbdramaturgie agierenden Filmen wie "Im Land der Raketenwürmer" und "Matrix" zu tun hat - das vermittelt dann wirklich die Farbbrillianz, die seinerzeit die spezifischen Technicolor-Filmkopien (die ja auch bis in dei 1980er noch genutzt wurden) besaßen. Der "ausgebleichte Farben auf der Basis von blau"-Look, der die Filmindustrie von 2000-2018 (+/- ein paar Jahre) fest im Griff hielt, führt dazu, dass Filme aus dieser Zeit heute auf UHD in HDR10 und speziell in Dolby Vision komplett anders aussehen als seinerzeit im Kino, besonders eklatant beispielsweise bei den Bourne- und Mission-Impossible-Filmen. Einerseits gefallen mir die Filme so besser, andererseits ist das halt auch einfach nicht der Look, den diese Filme zu ihrer Zeit hatten, und ich bin unsicher, ob das ein Problem ist oder nicht. HDR-Farbgrading (das die Streamingnutzer bei Prime, Netflix und Disney+ in 2K und 4K ja auch automatisch geboten bekommen, wenn der TV es unterstützt) wird gefühlt immer wilder eingesetzt, nicht nur um Nuancen und Zwischenfarbtöne zu setzen, sondern gleich um Filme wie leuchtende Reklametafeln aussehen zu lassen. Historisch gesehen sind solche Farbenspiele ein alter Hut: Vom Winde verweht sah bei jeder einzelnen Wiederveröffentlichung völlig anders aus, da sind die Techniker im Labor angewiesen worden, die neuen Kopien so zu entwickeln wie es jeweils dem Farbgeschmack der Zeit entsprach. Und Filme wie Aquaman 1 und 2, Godzilla vs. Kong etc. beweisen ja, dass wir im Kino zurück in die Zeit leuchtender (fast schon Neon-)Farben zurückkehren, wenig verwunderlich also, wenn Filme der letzten 20 Jahre dem neuen Zeitgeschmack angepasst werden.


    Ist Euch das bei DV-Wiedergabe (2K oder 4K) schonmal aufgefallen, dass ein Film völlig anders aussah als in der Erinnerung?

    Gerade nochmal getestet: keine Werbung bei Youtube mit ublock origin. Ich habe allerdings auch alle Cookies und den Verlauf abgeschaltet, bin also quasi anonym auf YouTube unterwegs, bekomme daher auch keine Videos mehr vorgeschlagen.


    Private geben kein Geld für Oton aus, das kostet extra. Wenn dann nur in den Mediatheken gehen Aufpreis.

    Von der Nichte väterlicherseits eines Schwippschwager von einem ehemaligen Studienkollegen habe ich gehört, dass es total praktisch ist, wenn man sich in Übersee ein billiges Youtube Abonnement snackt und dann ein paar Familienmitglieder dazu einlädt.


    Hat man mir mal erzählt. Wirkt besser als jeder Werbeblocker. Bis jetzt.

    2 Euro im Monat via Brasil ist immer noch teurer als ein adblocker. Just sayin'

    Da kamen pro Folge drei oder vier Werbeunterbrechungen. Zwar immer nur ein Spot, aber trotzdem nervig.

    Ich finde Werbung generell nervig und brauche keine Pausen, auch in langen Filmen nicht, aber... wenn, dann doch bitte wenige lange Blöcke. Da kann man dann wenigstens aufs Klo, Süßes nachlegen, eine Decke holen. Aber diese 20 Sekunden Breaks ala YT sind das Schlimmste, was es gibt. X/

    Ich weiß, es ist offensichtlich, aber genau deshalb setzt die Werbeindustrie ja auf diese Formate - damit Du die Werbung auch siehst und nicht aufs Klo gehst.


    Ich bin mal gespannt, was wird wenn Netflix wie angekündigt zukünftig auch im Standardpaket (was ja jetzt immerhin auch schon 13 Euro kostet) Werbung für andere Filme/Serien vorschaltet. Ehrlich gesagt glaube ich gar nicht, dass das Leute stört, die werden ja gerade schleichend an die Wiedereinführung der Werbung gewöhnt.


    Ich persönlich kann nur beobachten, dass mir Streaming und Youtube 2023 endgültig abhanden gekommen sind, wenn ich bei letzterem nicht gerade am PC sitze (wo dank Adblocker auch keine Werbung zu sehen ist). Das liegt aber auch und vor allem daran, dass fast alle Filmproduktionen der Streaminganbieter uninteressanter Trash waren (mit ein paar hochgelobten Ausnahmen). Die wenigen guten Sachen erscheinen dann dankenswerterweise auch im Heimmedienbereich, so wie jetzt Prey (der einfach hundertmal besser aussieht als im Streaming, meine Güte, hat D+ da die Kompression versemmelt).

    Ich habe den Verdacht, dass Freevee Werbung solange steigert bis man aussteigt - hatte Babylon 5 angefangen, in der ersten Staffel noch gar keine Werbung außer zu Beginn, in der zweiten Staffel dann schon 3x pro Folge, bis es mir dann irgendwann zuviel wurde (4-5x pro Folge). Als ich dann neulich nochmal was probiert habe, waren es 12 Unterbrechungen beim (dreistündigen) Urteil von Nürnberg - nein Danke.