Beiträge von ravn im Thema „Hegemony - lead your class to victory“

    Braucht so ein Spiel überhaupt ein Insert? Weil die Spieldauer ist eh lang (4h+) und durch das Regelwerk eher schlecht dafür geeignet, um es spontan aufm Tisch zu bringen fernab Vorbereitung. Somit eher ein Spiel, für das man sich verabredet, um es zu spielen. Zumindest in meiner Erfahrung. Sind dann die +10 Minuten Aufbauzeit ohne Inlay und stattdessen Zippbeutel in Schälchen umgefüllt, dann nicht egal?

    Bei Arbeitern muss man im Grunde nur Wohlstand pushen soviel es geht - sorgen um die Kosten für Nahrung muss man sich kaum machen da man ja vorher Lohn bekommt

    Ich stimme da aus meinen drei Arbeiter-Partien zu. Siegpunkte macht man als Arbeiterklasse über Wohlstandsteigerung, gewonnene Abstimmungen und Gewerkschaften. Zudem sollte man nicht unterschätzen, dass am Spielende 10 Geld ein Siegpunkt wert ist. Wenn ich also im Spielverlauf mit 10 Geld keinen Siegpunkt machen kann, eventuell das Geld lieber sparen, so könnte man meinen. Wobei ich persönlich "sparen" noch nie ausprobiert habe.

    Klingt einfach. Die Herausforderung ist "nur", das alles auch umsetzen zu können in der Partie. Da haben die Mitspieler was dagegen und man selbst nur 5 Aktionen pro Spielrunde, die kaum ausreichen, um das alles zu erledigen. Die Kosten für Nahrung kann einem das Geld wegfressen, so dass ich in der Folgerunde weniger habe, somit weniger für Bildung, Gesundheit und Luxusgüter ausgeben kann, um meinen Wohlstand zu erhöhen und Siegpunkte einzufahren.


    Ich habe auch nach drei Arbeiter-Partien die Arbeiterklasse noch nicht voll ausreizen können. Da sollte noch wesentlich mehr möglich sein. BIn aber ebenso auf die anderen Fraktionen gespannt, um mal die anderen Seiten aktiv zu erleben.

    Ergänzend noch die Anmerkung, dass es dem Kapitalisten-Erst-und-Mitspieler nur so halb gefallen hat. Er meinte nach der Partie, dass er keine Ahnung hätte, wie er besser oder erfolgreicher hätte spielen sollen.


    Somit für mich ein Indiz, dass Hegemony nichts für jeden Spielertyp ist. Erste Partie ist in meiner Wahrnehmung eine klare Lernpartie der Möglichkeiten und Zusammenhänge. Um selbst erfolgreich zu sein, muss man erstmal ein Grundverständnis entwickelt haben. Ob man das dann auch so umsetzen kann, hängt auch an den Mitspielern, wie diese agieren, da die in direkter Konkurrenz stehen und nur teilweise vergleichbare Interessen haben. Diese verknüpfte Interaktion muss man mögen.


    Wer lieber ungestört für sich etwas aufbaut und dabei keine Behinderung durch Mitspieler mag, mit denen man sich arrangieren muss, sollte sich lieber mal vorab ein LetsPlay anschauen (leider hat das deutschsprachige LetsPlay-Video von Ben einige erhebliche Spielfehler wie Kartentext nutzen und Basisaktion ausführen - kann ich deshalb nicht empfehlen).

    Heute dann in entspannter 3er-Runde (weil der vierte Spieler kurzfristig aber begründet absagen musste) meine dritte Partie Hegemony mitgespielt. Ich erneut mit der Arbeiterklasse gegen Mittelschicht (gleich erfahrener Spieler, aber das erste Mal mit der Mittelschicht gespielt) und Kapitalisten (ein Erstspieler, der sich das Spiel vorab per Videos selbst erarbeitet hatte und auch gut damit zurecht kam). Drei mal hintereinander die selbe Klasse - wird das nicht langweilig? Nö, in keinster Weise. Obwohl ich erneut gewinnen konnte, allerdings nur knapp gegen die Mittelklasse und etwas abgeschlagen gegen die Kapitalisten, die ich weitaus stärker im Spielverlauf eingeschätzt hatte. Mittelklasse hat einen guten Endspurt hingelegt und den Kapitalisten überholt und mich fast eingeholt.


    Ich hatte für mich einen tollen Plan, was ich diesmal alles anders und damit eventuell sogar besser machen wollte und in der ersten Runde musste ich mehrmals von dieser Theorie abweichen. Eigentlich wollte ich diesmal verstärkt auf Bildung und Luxusgüter spielen, meine Bevölkerung bewusst gering halten, um nicht so viel für die ausgeben zu müssen. Dazu so schnell wie eben möglich Gewerkschaften aktivieren und Genossenschaften bauen. Klang alles toll, hat aber nicht so recht geklappt oder besser gesagt nur mit erheblichen Verzögerungen.


    Bildung kostete zum Spielbeginn 10 Geld. Das war mir zu teuer. Da ich zudem eine Genossenschaft auf der Hand hatte und demnach einen weiteren arbeitssuchenden Arbeiter gut gebrauchen konnte, setzte ich auf die günstigere Gesundheit. Tja, leider eröffneten meine Mitspieler ihre Betriebe und schon war ich zwei meiner drei eigentlich schon verplanten Arbeiter los. War also erstmal nix mit meiner Genossenschaft. Ok, dann eben erstmal die Zölle senken, damit Luxusgüter auf 6 Geld fallen im Import. Gesetz kam in der Abstimmungsphase durch, wurde aber eine Runde später wieder durch einen Mitspieler geändert. Damit waren Luxusgüter als Wohlstandmotor für mich wieder zu teuer.


    Also doch noch meine Genossenschaft ausgespielt und in der selben Runde direkt zwei Gesetze auf einmal per Kartenmacht zur Abstimmung gebracht, um den Woihlfahrtsstaat in Sachen Bildung und Gesundheit auszurufen - kostenlos für alle. Da der Mittelschicht-Spieler ebenso dafür stimmte, damit er ebenso davon profitieren konnte, da ich ja immer nur ein öffentliches Angebot pro Aktion plündern konnte, gab es in Folge billig Bildung oder Gesundheit zur freien Erstwahl für mich. Allerdings war die Lohnsteuer arg teuer und im Gegenzug die Umsatzsteuer auf Niedringsniveau - gut für den Kapitalisten, aber ich konnte nicht an allen Fronten kämpfen und gewinnen.


    Nebenbei stieg meine Bevölkerung vor den letzten beiden Spielrunden extrem an und sorgte dafür, dass meine Nachfrage nach Gesundheit und Bildung immer mehr stieg. Zu schnell und zu hoch, um mehr als zwei Nebenaktionen dafür nutzen zu können, um den Wohlstand und damit auch mein Punktekonto steigen zu lassen. Die Löhne waren fast durchweg auf mittlerem Niveau, was ok war, aber mir die Chance nahm, mir mehr Lohn zu erstreiken. In der letzten Spielrunde bekam ich zwar die Karte Generallstreik auf die Hand, was mir durch meine inzwischen drei Gewerkschaften vier bestreikte Firmen auch bei mittlerem Lohnniveau ermöglichte, allerdings rechnete sich das nicht für mich - auf 20 Geld verzichten was 2 Siegpunkte am Ende sind, um dafür eventuell 1 Siegpunkt durch den Streik zu gewinnen und die Gefahr, dass ein bestreikter Betrieb einfach verkauft wird, meine Arbeiter arbeitslos werden und ich einen Gewerkschafter verliere. Also doch darauf verzichtet und lieber Abstimmungen für meine Endwertung auf den Weg gebracht. Besser in meine Richtung als in die der Mitspieler.


    Am Ende war das eine eher punktearme Partie - alles weit unter 100 Punkten, so um die 80 für die ersten Plätze. In rund fünf Stunden waren wir damit durch. Und keine Spielminute fühlte sich für mich langatmig an. Ich hab keinerlei Downtime verspürt, denn auch an den Aktionen meiner Mitspieler war ich interessant, um darauf reagieren zu können. Die Spielzeit fühlte sich weitaus kürzer an. Eben gut unterhalten durch die Spielpartie und eben ständig involviert - direkt in meiner Aktion oder was ich mit den veränderten Ausgangsbedingungen werde anfangen können in meiner nächsten Aktion. Diese fünf Aktionskarten pro Spielrunde und damit 5 Hauptaktionen (oder eben Kartenaktionen) fühlen sich viel zu wenig an, um alle Brände löschen und überall gegenhalten zu können, und zeitgleich noch den eigenen Plan durchbringen zu können.


    Gerne wieder. Dann aber bevorzugt in Vollbesetzung, weil so ganz ohne aktiv agierenden Staat fühlte sich das von dieser Seite viel zu passiv an. Da war eben keine Bewegung und nichts, was aus dem Eigenantrieb des Staates passiert ist. Zum Kennenlernen eventuell ok, weil man dann einen Mitspieler weniger beachten muss, allerdings gab es so auch keine staatlichen Hilfen und verlockende Angebote für seine freie Aktion, die zumindest bei mir oftmals unausgeführt blieb, was sich nie gut anfühlt. Für mich weiterhin eine 9 von 10 auf BGG. Für eine 10 fehlt mir eine bessere Spielübersicht für die Verwaltungsphase nach gemachten Aktionen mit Produktion, Steuern und Abstimmungen sowie die deutliche Klärung von Ablaufdetails, ohne bei BGG nachschauen zu müssen.

    Konnte jemand schon mal als Arbeiter-Fraktion seine zwei Streiks sinnvoll einsetzen? Weil bestreikte Betriebe zahlen keine Löhne und produzieren auch nichts. Zudem müssen die Voraussetzungen für Streik gegeben sein. Als Druckmittel, die Löhne zu erhöhen, durchaus interessant. Warum streiken, wenn ich stattdessen meine Arbeiter auch umsetzen kann, sofern freie und passende Arbeitsplätze vorhanden sind, die in direkter Lohnkonkurrenz stehen? Die Streik-Aktion hat sich in meinen zwei Partien bisher nicht ergeben, da schien anderes immer sinnvoller.

    [...] Mir gings nur darum, dass gefühlt alle immer sagen, dass das Spiel so ewig dauert und ich halt einfach eine komplett andere Erfahrung mit dem Spiel habe

    Unterschiedliche Erfahrungsberichte finde ich immer gut. Bereichern. Zeigt zudem, wie unterschiedlich die Spielrunden so unterwegs sind.


    Bei Erstpartien rechne ich inzwischen immer mindestens die doppelte Zeit wie die Schachtel angibt. Auch weil ich (sofern ich erkläre) meine Erklärung in solchen Erstpartien erstmal feinschleifen muss, um selbst zu wissen, welche Elemente in welcher Deutlichkeit wichtig sind. Eine fokussierte Erklärung (die nicht zwingend dem Schema der Anleitung folgen muss) kann die folgende Spielzeit enorm reduzieren, so meine Erfahrung.

    War draussen die Partie ohne wirkliche Aussenbeleuchtung. Fürs Kennenlernen reichten die 3 von 5 Runden auch locker aus. Zumal die Revanche eh schon vereinbart ist.


    Die Mittelschicht spielt sich komplexer, weil die Elemente aus Arbeiterfraktion und Kapitalisten hat. Und der Staat spielt sich komplett anders, würde ich dem Spielerklärer deshalb überlassen, weil der alle anderen Spieler im Blick haben sollte, um da zielgerichtet zu seinem Vorteil agieren zu können. Arbeiterfraktion fand ich sehr gradlinig - aber ganz sicher habe ich da auch noch nicht alle Möglichkeiten gesehen. Wenn man sich mit seiner Rolle identifizieren kann, hilft das zudem auch noch mal.

    Ok, aber in einer Erstpartie möchte ich noch keine (vermeintliche) Gewinnstrategie wissen und auch die Kartenauswahl war für mich fast immer neu - Wiederholungen waren da eher selten in den gespielten 3 von 5 Runden. Zumindest für mich wurde erst im Laufe der Erstpartie klar, wie ich eventuell besser hätte spielen können und welche Karten ich besser mal nicht für eine Basisaktion abgeworden hätte.


    Aber sind eben unterschiedliche Erfahrungen und keine davon ist richtig oder falsch, sondern nur anders.

    Würde dir zustimmen, verstehe nur irgendwie nie, warum man oft liest, dass das Spiel 4+ Stunden brauchen würde. Wir haben noch in keiner einzigen Runde egal ob zu dritt oder zu viert mehr als 3h inkl. Erklärung gebraucht. Im Prinzip spielt sich das Spiel ja recht flüssig und schnell runter, und was als nächstes zu tun ist, ist auch meist klar bzw halbwegs planbar. Also woher kommt dieses "Zeitfresse-Image"?

    Was in unserer Partie zu einer längeren Spielzeit geführt hat, ohne dass es langatmig war:


    - Regeldetails klären, die in der Spielerklärung übersehen oder im Spiel vergessen wurden

    - Laut überlegen, warum man was macht und welche Auswirkungen das hat, damit alle auch die Abläufe der anderen Fraktionen in der Erstpartie verstehen konnten

    - Table-Talk um Entscheidungen und Forderungen an die anderen Fraktionen und Klärung von gemeinsamen Abstimmtendenzen

    - Spielzug-Ende war manchesmal unklar, "bist Du fertig?", weil es keine feste "letzte Handlung" in einem Spielzug gibt

    - Spielhilfe zu Rate ziehen, um abzuchecken, ob und was man sonst noch machen kann und alles eingehalten hat

    - Einzelzüge zurücknehmen, wenn sich bei der Ausführung zeigte, dass die komplett sinnlos, weil falsch verstanden in den Auswirkungen waren

    - Snack und Toilettenpausen

    - Einfach ohne Zeitdruck entspannt gespielt


    Nicht alles immer und nie alles gleichzeitig davon. Rein spielmechanisch kann man die meisten seiner Züge sicher in 30 Sekunden ausführen - Hauptaktion, Freie Aktion und fertig. Wir hatten auch Spielphasen, wo es rasend schnell ging. Dann aber auch stockende Momente, weil sich kurzfristig was geändert hatte und man in seinem Zug daraus reagieren musste und Bedenkzeit brauchte. Oder eben Table-Talk eingesetzt hat - aus seiner Fraktion heraus.


    Die angesprochenen 3 Stunden mit Erklärung finde ich sportlich. Bei vier Fraktionen und gerechneten 10 Minuten pro Fraktion für die (erfahrene) Erklärung, bleiben da nur 2 Stunden 20 Minuten reine Spielzeit - also 140 Minuten. Pro Runde dann 28 Minuten, in denen 5x4 = 20 Züge abgehandelt werden wollen plus Produktionsphase, Wahlphase, Rundenende und Vorbereitung der nächsten Runde. Also rund 1 Minute pro Spielerzug inklusive der Ausführung. Ok, kann man machen, für mich wäre das aber nix.

    Laut Info vom Spielebesitzer gestern, der seine eigene Erstpartie zu dritt ohne Staat-Spieler gespielt hat, soll es gut funktionieren. Entweder lässt man die fehlenden Fraktion ganz weg oder überlässt die eine einfach bedienbare Automata. Ideal natürlich zu viert. Als reines Zweierspiel würde ich es nur zum Kennenlernen empfehlen, da fehlt dann doch viel an Interaktion und Tabletalk mit den zwei anderen (und dann fehlenden oder nur simulierten) Fraktionen. Im Zweifel also mehr Mitspieler einladen oder anderswo in Viererrunde mitspielen.


    Ist aufgrund der Spielzeit (4h+) eh mehr ein Event-Spiel für das man sich Zeit nehmen muss. Nix für spontan am Freitagabend - zumindest wenn man noch alle Regeln aller Fraktionen erklären muss. Ideal, wenn sich die Mitspieler vorab ein Regelvideo angeschaut haben, um einen Grobeindruck von den Abläufen zu bekommen.


    Für politische Gesellschaftssimulations-Fans ist das Spiel aber in meiner Wahrnehmung schon fast ein "must buy". Weimar könnte da eventuell noch in eine vergleichbare Kerbe schlagen. Hatte bisher vor Hegemony noch kein Spiel gespielt, dass das Wirtschaftsgeschehen aus den verschiedenen Perspektiven so gut aufs Brett gebracht hat. Arkwright im Vergleich ist da wesentlich mechanischer und abstrakter.

    ravn Würfest du es einschätzen wie Root? Das fand ich zwar interessant, aber (persönlich) nur so lang, bis man alle Fraktionen mal durch hatte. Da lag das Interessante daran, zu verstehen. Sobald das einmal getan war, hat sich das Spiel als solches bei mir gar nicht mehr tragen können.


    Siehst du die Gefahr hier auch? Oder ist das Spiel an sich im Kern interessanter?

    Die eigentlichen zu Verfügung stehenden Grundmechaniken einer Fraktion, wobei ich die Arbeiterfraktion weniger komplex als die Mittelschicht einordnen würde, sind für jede Partie gleich. Die Varianz kommt über den eigenen Aktionskartenstapel dazu, weil man nicht beeinflussen kann, wann man was auf die Hand bekommt. Zudem ebenso, wie die Mitspieler agieren und reagieren. Da so viel mit den Mitspielern verzahnt ist und damit interagiert, wird sich wohl nur eine Wiederholung einschleichen, wenn sich ein Gruppendenken einer vermeintlich idealen Spielweise etabliert hat und keiner gewollt ist, davon auszubrechen.


    Das Interessante an Hegemony sehe ich im Zusammenspiel der Fraktionen, mal mit gleichen Interessen und dann wieder auch gegenläufig. Eine Fraktion verstanden zu haben, ist da für mich erst der Grundstein auf dem man aufbauen kann. Wobei ich meinte, meine Arbeiterfraktion nach 2 von 5 Spielrunden rein spielmechanisch verstanden zu haben. Ob ich die Fraktion damit optimal gespielt habe? Sicher nicht, weil dazu auch die Erfahrung gehört, welche Kartentypen man im Deck hat und welche somit kommen können und welche Ausgangsbedingungen erstrebenswert sind, um die überhaupt ausspielen zu können. Von seinen 40+ Karten kommen immer nur 27 ins Spiel über die Runden verteilt.


    Im Vergleich zu Root ist Hegemony freundlicher und weniger komplett konfrontativ, weil auch vordergründig positiv mit den Mitspielern verknüpft. Dadurch kommt für mich viel mehr eine interaktive Komponente ins Spiel, dass man eben teilweise mit seinen Mitspielern zusammenarbeiten muss, wenn auch aus unterschiedlichen Interessen: z.B. Wenn ich nicht in den Firmen des Kapitalisten arbeite, dann produziert der nichts. Aber als Arbeiter brauche ich den Lohn und der öffentliche Sektor bezahlt schlechter. Also könnte der Kapitalist aus Anreiz die Verkaufspreise seiner Produkte senken oder mehr als den Mindestlohn zahlen, damit Arbeiter nicht aktiv abwandern.


    Root ist ein niedlich aussehendes Wargame. Hegemony ist eine Wirtschaftssimulation, bei der es stellenweise auch heftig zugehen kann. Sind zwei verschiedene Spiele und bis aus die verschiedenen Fraktionen kaum miteinander vergleichbar für mich. Beides tolle Spiele, die eine spezielle Nische bedienen und keine "lass mal eben spielen"-Spiele sind.

    Die historischen Karten, die alternativen Events für den Staat, die Alternativen Effekte für den IWF, sowie die 5 zusätzlichen aktionskarten pro Klasse

    Ah, ja danke. Ich habe die (außer die historischen Ereignisse) beim Sleeven gleich mit einsortiert und daher als Bestandteil des Spiels betrachtet.

    Gerrit : Genau die haben wir auf Anraten des Spielbesitzers in unserer Erstpartie aussen vor gelassen. Die 5 zusätzlichen Aktionskarten wurden u.a. als zu offensiv-destruktiv angesehen und eher empfehlenswert, wenn man das Spiel schon kennt.

    Heute in entspannter 4er-Runde meine Erstpartie Hegemony. Bis auf den Spielebesitzer war das für uns alle die erste Partie. Ein Mitspieler hatte sich vorab schon mal ein Regelvideo angeschaut, ansonsten gab es kein Vorwissen, so dass die Erklärung etwas länger dauerte. Da wir uns aber alle einig waren, dass das hier wohl das einzige Spiel des Tages sein wird, haben wir uns auch die nötige Zeit genommen. Die Einstiegshürde war schon heftig, da sich die Zielsetzung und die Aktionsmöglichkeiten der vier Parteien schon extrem unterscheiden. Bei der Mittelschicht gibt es zwar Überschneidungen, aber ansonsten waren das mehrere verzahnte Spiele in einem - für jedem Mitspieler sein eigenes. Da braucht es schon Durchhaltevermögen beim Erklärer und ausreichend Sitzfleisch bei den Mitspielern, denn eigentlich will man doch wissen, was die anderen so vorhaben und können, den wir sind ja kompetetiv unterwegs. Am Ende werden Siegpunkte gezählt und nur Einer gewinnt.


    Ich hatte die Arbeiterfraktion. Hat sich so ergeben. Fand ich gut. Die vielen Aktionen lichteten sich dann auch bald im Laufe der ersten von fünf Spielrunden. Wobei wir aus Zeitgründen und einsetzender Dunkelheit am Ende der dritten Runde vorzeitig abgebrochen haben. Bis dahin zeigte sich aber schon, dass mit fortschreitender Spieldauer die Aktionen flotter von der Hand gingen, zumal ich am prima in den Zügen der Mitspieler vorplanen konnte und zeitgleich trotzdem an deren Geschehen interessiert war. Denn das Spiel ist schon heftig unter den Spielern verzahnt und sorgt so für gute indirekte und teils auch sehr direkte Interaktion.


    So komplex die Arbeiterfraktion am Anfang aussah, so gradlinig spielte sich die nachher. Im spielerischen Kern möchte ich für Nachschub an Arbeiter sorgen, die ich dann teilweise in ihre Berufe ausbilde, weil es für ungelernte Kräfte nur begrenzte Beschäftigung gibt. Zudem steigert der Arbeiternachschub und die Ausbildung den Wohlstand der Arbeiter und bringt mir Siegpunkte ein. Blöd nur, dass ich nur fünf Aktionen plus jeweils eine der freien Aktionen pro Runde habe und zudem mein Geld pro Runde durch den Lohn und eventuelle Aktionskartentexte aufgebessert, aber stets begrenzt und immer zu wenig ist. Weil zudem will ich auch noch Gewerkschaften gründen und dafür sorgen, dass die aktuelle Gesetzeslage in 7 Kategorien zu meinem Vorteil ist, was die Mitspieler aber nur teilweise zulassen wollen. Die haben ihre ganz eigenen Interessen. Nachschub und Ausbildung ist an Gesundheit und Bildung geknüpft und die muss ich mühsam und teuer erwerben, wenn ich nicht darauf einwirke, dass die billiger werden. Zudem konkurriert der Mittelstand-Spieler ebenso mit mir um diese Ressourcen auf dem öffentlichen Sektor.


    Kurz gesagt, viel und eigentlich zu viel zu tun und viel zu wenig Aktionen dafür, dass alles unter einen Hut zu bringen. Zumal ich anstatt einer Basisaktion auch die Kartenaktion selbst ausspielen kann und da gibt es etliches, was ich da so auf die Hand bekomme. In der gespielten dritten Runde war mein Aktionsradium fast schon zu klar: Abchecken, ob ich tolle neue Handkarten bekommen habe, die zu meiner Spielweise und dem Geschehen passen oder meine Spielweise und das Geschehen entsprechend der Handkarten anpassen, falls das mehr Erfolg verspricht. Zudem per Gesetzesvorschlag dafür sorgen, dass die Ausgangslage für mich besser wird, sofern ich mir da erfolgreiche Abstimmungen erhoffe durch Stimmenmehrheit und gemeinsame Interessen. Um Siegpunkte und ausreichend Lohn zu bekommen, für Nachschub und Ausbildung sorgen und vorab die nötigen Ressourcen möglichst preiswert besorgen. Dann die unbeschäftigten Arbeiter noch verteilen und da das alles limiert ist und zudem alles immer teurer wird, kann ich sowieso nicht alles machen.


    So kompliziert und komplex die Arbeiterfraktion zunächst klang, ab der Mitte der Erstpartie war das alles schon zu klar geworden. Zumal ich weder Streiks noch Demonstrationen einsetzen konnte, weil die Grundvoraussetzungen dazu nicht gegeben waren und ich aus eigener Kraft die auch nicht so einfach dahin verändern konnte. Wenn es Maximallohn gibt, darf ich eh nicht streiken. Und warum sollte ich das ändern wollen, wo das Geld eh knapp bei mir war, da kaum Preis gesenkt wurden von den Mitspielern, ich aber trotzdem auf die Waren angewiesen war für meine Aktionen. Fast schon spielte sich meine Rolle zu locker und fast schon vorgegeben, entweder durch meine Handkarten oder dem Geschehen auf dem Brett.


    Nicht falsch verstehen, dass war eine echt spannende und interessante Partie ohne jegliche Langeweile. Aber von den reinen Spielmechanismen ist es recht einfach gestrickt , wenn man diese erst einmal verstanden hat in der Ausführung und den Konsequenzen - zumindest das, was ich so als zielführend für meiner Arbeiterfraktion gesehen habe. Kann sein, dass sich die anderen Fraktionen da komplexer spielen oder ich durch andere Spielweise mehr aus meiner Rolle hätte herausholen können. Da frage ich mich dann, wann so eine Fraktion ausgereizt scheint? Allerdings haben wir keinerlei des Zusatzmaterials im Spiel gehabt. Eventuell wird es dadurch komplexer oder es will gar nicht so komplex, sondern nur mit den Mitspielern verzahnt sein.


    Gerne wieder. Auch weil es thematisch so perfekt passt. Die Einstiegshürde muss man allerdings erst einmal nehmen (wollen). Eine Revanche-Partie ist längst geplant und die wird aufgrund des Vorwissens auch wesentlich flotter laufen fernab tagesfüllend zu sein. Da das Spiel zweifach in meinem Spielerumfeld vorhanden ist, brauche ich es nicht zwingend selbst besitzen. Mitspielen reicht mir da. Obwohl es ist wirklich ein tolles Spiel, das es verdient hätte, auch in anderen Spielrunden getragen zu werden. Mal sehen.

    Ich habe in einem anderen Thread gelesen, dass die Materialqualität von Hegemony durchwachsen sein soll - "Playerboards die schlecht verklebt sind und sich um cm von der Tischplatte heben und teils aussehen als wäre einer mit Nägeln drübergerutscht" waren die Formulierungen. Kann jemand mehr dazu und zur Übersetzungsqualität was sagen?