In rasendem Tempo bewegen wir uns durch das Spieleregal und bleiben mal wieder an irgeneinem x-beliebigen Fach hängen.
Ein genauerer Blick offenbart, dass wir offenbar an einem Fach mit einigen Spielen hängen geblieben sind, die ich allesamt sehr gerne mag. Aus ganz verschiedenen Gründen, aber jedes einzelne davon hat seinen Platz in der Sammlung verdient und darf ihn auch behalten.
Fangen wir mit dem Offensichtlichen an: Mit den zwei Boxen des besten Zweispieler-Spiels überhaupt.
#SpaceHulk wird immer einen besonderen Platz innehaben. Kurz nachdem ich Brettspiele für mich entdeckte, entdeckte ich Space Hulk - das zu dieser Zeit aber leider OOP und nur zu völlig absurden Preisen zu haben war. Dann erschien 2009 die dritte Edition, und ich habe sie mir umgehend gekauft. Ich habe mich selten so über ein Spiel gefreut, mit soviel Vorfreude die Minis gebaut, die Regeln gelesen und das absolut überragende Material ausgepöppelt. Und dann, das erste Spiel... Das Stakkato von Bolterfeuer, Symbionten die im Hagel von Explosivgeschossen zerfetzt werden, Terminatoren die unter Klauenhieben zusammenbrechen, fauchende Flammenwerfer, klaustrophobische Enge, das Gefühl konstanter Bedrohung... Was ein Spiel. Mit Freunden gespielt, die direkt im Anschluss an das erste Spiel noch eine Partie spielen wollten. Und noch eine. Und noch eine. Bevor wir das Spiel dann irgendwann völlig geflasht weggepackt haben, weil die Uhr es so verlangte. Ich liebe es.
Die zweite Box habe ich günstig ohne Minis gekauft - für den Fall, dass ich mal grössere Maps bauen möchte. War bisher noch nicht nötig, aber was solls. Geb ich trotzdem nicht mehr her.
Zwischen den zwei Space Hulk Boxen haben wir dann noch ein Spiel, das ein Jahr nach dem Re-Release von Space Hulk erst hohe Erwartungen geweckt hat, dann jedoch sehr viele Leute sehr enttäuscht hat. Weil es kein Space Hulk ist. Nichtsdestotrotz ist #Dreadfleet ein wunderbares Spiel, das allerdings eine sehr, sehr spezielle Nische bedient: Ein All-in-One Schiff-Tabletop.
Kein Spielbrett, keine Hexfelder oder Grids irgendeiner anderen Art. Nope. Tabletop, schön mit Massband, Gelände und Sichtlinien prüfen. Wunderschönes Material mit hervorragenden Modellen, alles in der Box, was man zum Spielen braucht - und damit genau das, was ich wollte, um meinen hin und wieder aufkommenden Drang nach einem Schiffchen-Tabletop zu befriedigen. Hier kann ich genau das machen: Segeln, mechanische U-Boot-Kraken steuern, mit Vampirschiffen rumschippern, fette Breitseiten abfeuern und entern, Munitionstypen ausrüsten, ein bisschen rumzaubern, mich mal wieder verzetteln und mit dem ver****ten Fels kollidieren und nicht mehr wegkommen... Und das alles noch mit diesem überaus hübschen Material. Es ist kein Turnierspiel, es ist kein erweiterbares Tabletop-System, und es ist auch kein Brettspiel, insofern kann ich die Kritik an Dreadfleet schon nachvollziehen. Aber es ist genau das Spiel, was genau diese sehr spezifische Nische bei mir füllt, und deshalb mag ich sehr.
Obendrauf auf dem Dreadfleet-SpaceHulk-Stapel liegt noch ein Spielfeld für #Bloodbowl - das Winter-Spielfeld, wenn ich mich recht entsinne. Hab ich in irgendeinem Shop mal rumliegen gesehen und hab's mitgenommen. Seitdem liegt es dort und wartet auf Einsatz.
Kommen wir zur rechten Seite des Regalfachs. Bevor wir uns dort dem Stapel Level-7-Spiele widmen, zunächst einmal das oberste Spiel.
#Titan habe ich, ähnlich wie auch #SpaceHulk, relativ früh in meiner Brettspiel-Karriere entdeckt. Und trotz der teilweise durchwachsenen Reviews - nicht jeder mag das Spiel - faszinierte es mich. Es litt jedoch am gleichen Problem wie Space Hulk: Nicht mehr produziert und nur noch extrem teuer auf dem Gebrauchtmarkt zu kaufen. Ich konnte mein Glück kaum fassen, als es dann von Valley Games neu aufgelegt wurde und ich es von meiner - damals noch Freundin - zu Weihnachten geschenkt bekam.
Wir haben es dann eine Weile immer wieder gespielt, aber irgendwann schlief es dann ein - es müsste so langsam wohl mal wieder auf den Tisch. Denn #Titan ist ein sehr eigenes, sehr spezielles und sehr cooles Spiel, das auf mehreren Ebenen interssant ist. Einerseits wandert man in Form des Titans - der Spieler-Avatar - in der Welt herum, wirbt Kreaturen für seine Armee an, teilt sie bei Erreichen einer bestimmten Grösse auf und lässt die Zweit- und Drittarmeen von Lieutenants kommandieren. Jetzt kommt natürlich nicht jede Kreatur einfach so mit jeder dahergelaufenen Armee mit, sondern erwartet, das bestimmte andere Kreaturen bereits vorhanden sind. Je mächtiger die Kreatur, desto schwieriger die Voraussetzungen.
Andererseits sucht man mit seinen Armeen die Kämpfe mit anderen Armeen, um diese zu besiegen, dadurch stärker zu werden, und dem Gegner damit gleichzeitig Optionen zu nehmen. Ziel ist es immerhin, den gegnerischen Titan zu töten, und in irgendeiner der Armeen muss er sein.
Während dieser Teil des Spiels eher die strategische Ebene abdeckt, finden die Kämpfe auf kleinen Battleboards statt - je nach Gelände auf anderen. Wüste, Dschungel, Gebirge... Jedes Gelände hat sein eigenes Battleboard, und nicht jede Kreatur ist in jedem Gelände gleich gut. Es gilt also, seine Kämpfe gut zu wählen.
Als wäre das nicht genug, bewegen sich die Armeen natürlich (natürlich!) verdeckt. Soll heissen, ihre Position und Grösse (Anzahl Kreaturen) ist bekannt, aber nicht, was genau dort drin ist. Das findet man nur raus, indem man entweder sehr gut aufpasst, was der Gegner rekrutiert (zusätzlich zu den Inhalten der eigenen Armeen, versteht sich). Oder eben indem man angreift (oder angegriffen wird) - was jedoch ohne Vorwissen meist keine so gute Idee ist.
Auch heute noch ein wunderbares Spiel, dessen grösstes Problem wohl seine Dauer ist. Vor allem, wenn man es nicht regelmässig spielt.
So, nun sind wir also bei diesem Stapel Level-7-Spielen angelangt. Alle mit ihrer Erweiterung in der Box. Ausser Invasion, das hat keine Erweiterung.
Dazu vielleicht noch kurz ein paar einleitende Worte: Eher ungewöhnlich für eine Brettspiel-Reihe erzählen die 3 Spiele ein konsistente Geschichte. Sie beginnt mit Level 7 Escape, wird dort in der Erweiterung fortgeführt und endet mit der Überleitung zu Level 7 Omega Protocol. Dieses wiederum bereitet den Boden für Level 7 Invasion. In gleichem Masse wie die Geschichte immer mehr eskaliert, ändert auch die Betrachtungsskala mit den Spielen. Während in Level 7 Escape das Individuum und seine Erlebnisse im Zentrum stehen, zoomt Omega Protocol ein Stück heraus, setzt die Geschehnisse in einen etwas grösseren Kontext und wechselt auf Squad-Ebene. Invasion schliesslich zoomt noch weiter heraus und hebt das Spiel und die Geschehnisse auf eine globale Skala.
Alle drei Spiele stammen von PrivateerPress - einer Firma, die sich eigentlich einen Namen mit den Tabletop-Systemen #Warmachine und #Hordes gemacht hat.
#Level7Escape war das erste Spiel der Reihe, und es wurde als Semi-Coop beworben. Dazu direkt vorweg: Ich glaube, #Level7Escape ist das schlechteste Semi-Coop, das ist jemals gespielt habe. Es funktioniert als Semi-Coop einfach nicht. Es funktioniert auch als Coop nicht wirklich. Dem Spiel steht als (Semi-)Coop einfach alles im Weg, das Setting eingeschlossen.
Aber: Es ist das beste Solo-Spiel in meinem Besitz. Ich habe es irgendwann mal - eigentlich aus reiner Langeweile - mal solo ausprobiert. Und solo passt das Setting wie die Faust auf's Auge, passt die Mechanik, passt die Erzählweise. Man wacht auf, alleine in einem unterirdischen Labor, ohne Erinnerung wie man dorthin kam... ringsum Tanks mit anderen Menschen... Geräsuche in der Dunkelheit, man versucht seine Angst soweit in Zaum zu halten, dass diese... Wesen... einen nicht riechen. Und überall Wachen. Wachen, die nicht helfen - im Gegenteil. Ich war solo so gehooked von dem Spiel, dass ich es an mehreren aneinanderfolgenden Abenden durchgespielt habe. Und die Frage meiner Frau, ob sie denn mitspielen dürfe, verneint habe. Weil es auch zu zweit die Stimmung kaputt macht.
Ich würde jetzt vielleicht nicht gerade sagen, dass es eine absolute Kaufempfehlung ist. Dazu ist es zu speziell, man muss mit dem Setting etwas anfangen können, und das Material ist jetzt auch nicht unbedingt dem Brettspiele-Himmel entsprungen. Aber wenn man gerne atmosphärisch dichte Solospiele spielt und es grade günstig findet... Warum nicht.
#Level7OmegaProtocol, der Nachfolger.
Sehnlichst erwartet, und dann erstmal von dem eher nüchternen Material (grau wohin das Auge blickt), den dünnen Pappteilen und den nicht gerade tollen Minis enttäuscht.
Aber das Spiel dahinter... Wow. Kompetitiver Skirmish-Dungeoncrawler gesucht? Ja? Dann bitte nicht weitersuchen, sondern hier zuschlagen. Omega Protocol ist ein Taktikspiel erster Güte, das von beiden Seiten gutes, durchdachtes Spiel verlangt. Die Spieler sind keine gerade dem Bettlertum entstiegenen Helden, die ihre Grossartigkeit erstmal an ein paar Ratten beweisen müssen, sondern Mitglieder einer Spezialeinheit, die für besonders heikle BlackOp-Einsätze geholt wird. Und die Fähigkeiten spiegeln das auch wieder. Der Overseer dagegen hat die Kontrolle über den Level, die Gegner, die Umwelt - wo sind blockierte Türen, wo sind Fallen, wo sind die Objectives und was bedeutet das für die Trigger-Conditions im Spiel, etc.
Bei Omega Protocol ist das Finden eines Objectives eine gute Sache, es triggert aber auch neue Missionsregeln, in der Regel zu Gunsten des Overseers. Das Spiel wird für die Helden also sukzessive schwerer. Wann und wo das passiert, ist vom Overseer durch die Positionierung der Objectives steuerbar. Gleichzeitig ist es so, dass die Heldenaktionen bestimmen, wieviel Aktionen der Overseer machen kann - machen die Helden viel, hat auch der Overseer viele Ressourcen. Machen wie wenig, muss er haushalten. Es ist aber nicht alles wunderbar im Overseer-Land, denn die Spawns, Spezialfähigkeiten etc. sind teuer und haben einen Cooldown. Auch Monster wollen aktiviert werden und benötigen dafür genauso Ressourcen - blind Monster spammen führt also auch nirgends hin.
Und dabei ist es thematisch auch noch sehr, sehr stark. Wenn dieses Spiel etwas besseres Material hätte und nicht ganz so nüchtern daher käme, dann hätte es sicherlich mehr Erfolg gehabt.
#Level7Invasion ist dann das letzte Spiel der Reihe.
Statt eines Squads Spezialsoldaten sind wir nun verantwortlich für einen ganzen Kontinent, und statt einem Ausbruch aus einem Labor haben wir es nun mit der Invasion der Erde zu tun. XCom lässt grüssen.
Hier kann ich leider nicht soviel dazu sagen. Wir haben Invasion nur zweimal gespielt, denn das Spiel hat ein grosses, sehr grosses Problem: Es braucht ZWINGEND fünf Spieler. Nicht drei, nicht vier. Fünf. Keinen mehr, keinen weniger. Spiel man mit weniger Spielern, übernimmt ein Spieler (oder zwei, wenn man nur zu dritt ist) mehrere Kontinente. Das wäre nicht weiter schlimm, wenn die Kontinente nicht zu unterschiedlichen Zeiten im Spiel wichtig werden würden und danach effektiv keine Rolle mehr spielen. Spielt man nun also zwei Kontinente, so sorgt man sich eben genau so lange um den einen Kontinten, bis dieser seinen Zweck erfüllt hat. Danach kann der von den Invasoren überrannt werden - ist egal, man hat ja noch den anderen Kontinent.
Spielt man zu fünft, ist die Motivation eine andere - denn niemand will frühzeitig aus dem Spiel ausscheiden und wird ab einem gewissen Bedrohungslevel im eigenen Kontintent den Teufel tun und selbstlos irgendwelche Ressourcen zur Verfügung stellen. Und dann wird das Spiel interessant. Aber eben nur dann.
Es hat viel Potential, und es könnte zu fünft wohl richtig gut sein. Das ist aber sicherlich auch sehr subjektiv: Meine Frau schlägt es beispielsweise auch so regelmässig vor, weil sie es auch zu dritt und zu viert sehr gut fand (im Gegensatz zu mir). Und ich lehne regelmässig ab, weil mich das Kontinte-Sterben-Lassen so stört.
So gut die Tabletop-Systeme von PrivateerPress auch sein mögen, bei ihren Brettspielen ist immer irgendwo der Wurm drin. Beim Konzept, beim Material, bei der fehlenden Flexibilität in Bezug auf die Spielerzahl... Das haben sie irgendwie nicht im Griff. Trotzdem sind alle drei Spiele jedes für sich und auch in der Gesamtheit einzigartig, und jedes hat seine Stärken, die zumindest in meiner Sammlung von keinem anderen Spiel so abgedeckt werden. Und deshalb haben wir erst vor ein paar Tagen mal wieder Omega Protocol gespielt.
Das ist jetzt doch etwas länger geworden als gedacht... Wer es bis hierher geschafft hat: Danke für das Lesen dieser Wall of Text.