The Gallerist von Vital Lacerda (Vinhos, CO2 und Kanban)

  • BGG 8,48 bei 63 Votern hat für mich schon was von Hype. Diese Meinung muss niemand teilen.


    Und dass einige/viele/wenige harte Arbeit am Spiel mögen, hab ich ja nicht bestritten. Ich nur bis zu einem gewissen Punkt und der war für mich beim Galleristen überschritten.


    Und auch Du hast von Deiner ersten (abgebrochenen) Partie geschrieben, dass sie nicht gerade leicht von der Hand ging, oder?

  • BGG 8,48 bei 63 Votern hat für mich schon was von Hype.

    Hmm, ich würde es nicht unbedingt "Hype" nennen. Das wäre für mich eher "hochgejubelt auf breiter Front", auch in den zielgruppen-relevanten Medien (Video-Reviews, Spielezeitschriften, etc). Beim Galeristen sind es eher weniger, aber dafür umso begeistertere eingeschworene Lacerda-Fans, die die Note hochtreiben. Bei solchen Sachen geht die Durchschnittsnote erfahrungsgemäß recht schnell runter, wenn das Spiel breitere Verbreitung findet jenseits der sowieso überzeugten frühkaufenden Fans.

  • @Horst Bei Vielspielertiteln sind die ersten 20 Noten meist von (begeisterten) Testspielern (und häufig sind’s 9er und 10er). Dem folgen dann die eingefleischten Fans des Autors oder Genres, Vorbesteller etc. Erst ab 100 bis 150 wird der Durchschnitt langsam zu einer belastbaren und aussagekräftigen Zahl. Einen "Hype" sehe ich da ebenfalls noch nicht.

  • @Horst Ich lasse jedem seine Meinung. Ich fand nur in letzter Zeit den Begriff Hype etwas inflationär gebraucht. Und ja, das Spiel hat eine Einstiegshürde. Meine abschließende Bewertung steht auch noch aus. Aber noch freue ich mich darauf, das Spiel weiter zu entdecken.

  • So, heute die erste Partie, das war aber nicht ohne. Nach dem Aufbauen, eine Stunde gemeinsames Regelstudium zu zweit, und dann 2,5 h gespielt.
    Aber es war sehr interessant und hat Appetit auf mehr gemacht. Es war ein Entdecken der Möglichkeiten und es waren eine Menge Aha-Effekte dabei. Aber jederzeit und gerne wieder.


    Gruß vom
    Spielteufel

    :jester:


    Mein Verhalten ist vielleicht manchmal taktisch unklug, dafür aber emotional notwendig

  • Was ich noch vergessen hatte: das Material ist großartig, die Regel sehr sehr gut strukturiert, (erheblich besser als bei Vinhos), und lässt keine Fragen offen, außer: Wenn ich einen Assistenten über einen Bonus (Plättchen oder Vertrag) anheure und ihn nicht bezahlen muss, bekomme ich dann eigentlich den Bonus dafür?


    fragt sich der
    Spielteufel

    :jester:


    Mein Verhalten ist vielleicht manchmal taktisch unklug, dafür aber emotional notwendig

  • Was ich noch vergessen hatte: das Material ist großartig, die Regel sehr sehr gut strukturiert, (erheblich besser als bei Vinhos), und lässt keine Fragen offen, außer: Wenn ich einen Assistenten über einen Bonus (Plättchen oder Vertrag) anheure und ihn nicht bezahlen muss, bekomme ich dann eigentlich den Bonus dafür?


    fragt sich der
    Spielteufel

    Genau die Frage hat sich vor einer Dreiviertelstunde bei uns auch gestellt. Wir haben sie mit "Ja" beantwortet, da dieser Bonus Dir die Aktion des Kaufens eines Assistenten so einschränkt, dass Du nur einen bekommst, dafür aber nichts zahlen musst. Da der Bonus aber sonst immer inkludiert, haben wir keinen Grund gefunden, warum er hier außen vor bleiben sollte.


    Edit: Siehe auch Question on "Hire" bonus | The Gallerist | BoardGameGeek

  • Bei uns ansonsten auch eine Probepartie zum Regelverstehen zu zweit. Auffallend war, dass das Spielende auf einmal sehr überraschend kam. Ich bin gespannt, wie sich insbesondere das Verdrängen mit mehreren Spielern spielt.


    Regeldetails, die wir vergeigt haben (obwohl ich sie eigentlich alle drauf hatte):

    • Die Zwischenwertung. Steht zwar sogar noch dick auf dem Spielplan, aber ich war zu vertieft, dran zu denken
    • Ein Besucher aus der Lobby wieder auf die Plaza zu bewegen, wenn man ein Ansehensplättchen aus dem Internationalen Kunstmarkt holt
    • (fast vergeigt) Die rechte Spalte im internationalen Kunstmarkt hat als Voraussetzung beide Besucher in der Lobby.

    In dieser ersten Probepartie hat das Spiel schon richtig schöne Ansätze gezeigt. Die Verzahnung der Elemente ist Lacerda-typisch herbe, auf der anderen Seite hatte ich es hier gefühlt leichter als bei Kanban, mir die Möglichkeiten zu suchen. Super gefällt mr hier das Element der Einflussleiste und ihre variable Nutzung, insbesondere mit dem Verdrängungselement. Bei zwei Spielern ist es recht direkt, bin gespannt, wie es sich mit mehreren Spielern spielt. Trotz allen Um-die-Ecke-denkens hat es aber eine gewisse Fluffigkeit im Ablauf, obwohl das Spiel schon ein gutes Maß anstrengend ist.


    Könnte für mich ein ziemlicher Knaller werden. Ich habe auf jeden Fall große Lust, das Spiel weiter zu erkunden.

  • Ups - ja die Zwischenwertung haben wir auch beinahe vergessen.
    Besucher aus der Lobby auf die Plaza schicken bei Erwerb eines Ansehensplättchens... räusper, echt jetzt? Okay, das haben wir vergessen.


    Was mich überrascht hat: es standen unglaublich viele Besucher auf der Plaza herum, so viel Eintrittskarten hatten wir gar nicht, um die alle zu bewegen.


    Ich bin ja nicht so ein guter Gedächtniskünstler, aber bei Vinhos war aus meiner Sicht der Einstieg schwerer, bei Kanban fand ich ihn leichter. Aber der zweiten Partie war absolut klar, was wie ineinander greift. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir in der nächsten Partie The Gallerist das wirklich draufhaben, aber ich lasse mich überraschen und freue mich drauf.


    Gruß vom
    Spielteufel

    :jester:


    Mein Verhalten ist vielleicht manchmal taktisch unklug, dafür aber emotional notwendig

  • Laut Frank von der Spieleschmiede vom 23.10. ist das Verbesserungspack 2 (die fehlenden Verbesserungsziele) in Europa angekommen und es sollte nicht mehr lange dauern, bis sie in deren Lager eintreffen und an die Schmiede verschickt werden können. ;)

  • Gestern haben wir unsere erste vollständige Partie gespielt. Hat definitiv Lust auf mehr gemacht. Aber ein Regeldetail ist uns dabei durchgeflutscht. Wir haben ebenfalls versemmelt die Besucher aus der Lobby zurückzuschicken. peinlich.gif


    @unittype001 und @Spielteufel gewährt mir die Bitte,
    lasst mich sein im Eurem Bunde der Dritte.



    Rein zufällig habe ich eine sehr erfolgreiche Gewinnstrategie entdeckt. Da meine Frau sie jetzt aber kennt, lässt sie sich leider nicht mehr einsetzen. Nochmal lässt sie so etwas nicht zu.


    Eine Regelfrage kam zum Schluss bei uns auf. Kann bei der Wertung der Kunsthändler-Karten ein Set mehrfach gewertet werden. Beispiel: Für ein verkauftes Gemälde und eine verkaufte Fotografie gibt es $10, kann man für zwei verkaufte Gemälde und zwei verkaufte Fotografien dann $20 bekommen? Die Spielregel klärt das leider nicht, auf BGG sagt dazu Paul Grogan von Gaming Rules!, dass ein Set nur einmal erfüllt werden kann. Inwieweit das offiziell ist, kann ich nicht sagen.


  • @unittype001 und @Spielteufel gewährt mir die Bitte,
    lasst mich sein im Eurem Bunde der Dritte.



    Eine Regelfrage kam zum Schluss bei uns auf. Kann bei der Wertung der Kunsthändler-Karten ein Set mehrfach gewertet werden. Beispiel: Für ein verkauftes Gemälde und eine verkaufte Fotografie gibt es $10, kann man für zwei verkaufte Gemälde und zwei verkaufte Fotografien dann $20 bekommen? Die Spielregel klärt das leider nicht, auf BGG sagt dazu Paul Grogan von Gaming Rules!, dass ein Set nur einmal erfüllt werden kann. Inwieweit das offiziell ist, kann ich nicht sagen.

    Willkommen im Bunde
    der illustren Runde.
    Wo Bilder gezeigt,
    Wertungen vergeigt
    und Kunst wird erhoben vom Schunde.


    Und bevor das jetzt noch schlimmer wird: Paul Grogan ist zuständig für das Schreiben der Regeln. Die Kuratoren- bzw. Kunsthändlerkarten haben definitiv eine Maximalausbeute. Siehe auch die Ziele des Solospiels.

  • Also wir haben es die Woche auch zum ersten Mal gespielt (zu dritt) und in der Regel bei den Kurator-Karten auf Seite 16 steht explizit:


    "Jeder Spieler kann maximal 5 Kunstwerke ausgestellt haben (inklusive eines Meisterwerks und eines ersteigerten Kunstwerks von Weltruhm). Ein einzelnes Kunstwerk kann Bestandteil zweier Sammlungen sein und kann für die Erreichung von mehreren Spielzielen eingesetzt werden."


    - Wieso sollte es dann also bei den Kuratorkarten anders sein? :) Macht doch gar keinen Sinn bzw. wäre null stringent/konsistent.
    Ohne Böswilligkeit vermute ich einfach mal, Grogan möchte sich jetzt nur rausreden und/oder vornehm aus der Affäre ziehen, indem er das Obige nachträglich behauptet, obwohl er eigentlich de facto einfach nur vergessen hat, den zweiten Satz hier bei den Kuratorkarten auch nochmal mit hinzuschreiben ;D Ohne eine Stimme von Vital zum Thema würde ich da jedenfalls noch nichts finit glauben. Bricht denke ich das Spiel auch nicht, ob man es jetzt so oder so auslegt.

  • Würde mich freuen, wenn es so wäre. Bevor Vital sich aber nicht dazu äußert, bleibe ich bei meiner Meinung. Es steht so in den Regeln (siehe Zitat) und beide Kartentypen sind exakt identisch aufgebaut. Warum diese Vorgehensweise also nicht auch bei den Kuratorkarten ebenfalls so möglich/gedacht ist, erschließt sich keinem logisch denkenden Menschen.

  • Unser Held des Tages, dankeschön :)
    Vital sagt hier "And yes, you can score all the goals on both cards. Since you can use the same artwork for more than one collection (...)" und der Fragende konkludiert "Oh okay, that clear(s) things up. So one work of art can be put in more than one set, this works for either Curator and Art Dealer cards".
    Das Regelbuch ist also hier nicht vollständig (weder die englische Originalversion noch die deutsche Übersetzung) und der Regelschreiber hatte Unrecht.


    Viel Erfolg und Spaß allen beim Weiterspielen :)

  • Hi,


    Kann es sein, dass ihr da aneinander vorbei geredet habt?
    Ich verstehe Sempres Frage so, dass ich ein und das selbe Ziel mehrfach erfüllen kann - was ich verneinen würde. Wenn das erste von drei Zielen bspw. eine Fotografie für 5 Punkte ist und ich drei Fotografien habe, kann ich mir nicht 15 Punkte nehmen. Wenn allerdings das erste Ziel eine Fotografie für 5 Punkte ist und das zweite Ziel eine Fotografie und eine Skulptur (frei erfundene Ziele) für 10 Punkte sind und ich ein Foto und eine Skulptur habe, kann ich beide Ziele werten für 15 Punkte.
    Und .ode hat auch recht - es werden zwei unterschiedliche Sachen gewertet. Sprich einmal geht's um ausgestellte und einmal geht's um verkaufte Kunstwerke - deswegen auch die Entscheidung wo ich ein ersteigertes Kunstwerk platziere. So zumindest haben wir alles ausgelegt und gespielt.


    LG

  • Also, für mich sind die Sachen relativ einfach zu entschlüsseln, wenn man es einmal verstanden hat. Und die Beispiele, die im BGG-Post behandelt werden, widersprechen auch der Aussage von Paul nicht.


    Die Kunsthändler-Karten beziehen sich auf die im Spiel verkauften Sachen. Und da kann eben eine Photographie, wenn sie verkauft wurde, sowohl für das eine als auch das andere Set gelten.4


    Und ebenso kann bei den Kuratorkarten ein Kunstwerk sowohl für das eine als auch das andere Set gelten. Hier im Bild sieht man...


    [Blockierte Grafik: https://cf.geekdo-images.com/images/pic2710700_md.jpg]
    ...auf der weißen Karte, dass sowohl der obere Auftrag als auch der untere Auftrag eine Photographie und ein Gemälde braucht. Und habe ich je eins der genannten, so kann ich das für beide Sets geltend machen. Aber mehr als die beiden Sets, also maximal 25 Punkte geht nicht.


    Und das gilt auch für die Kunsthändler-Karten. Die dort abgebildeten Kunstwerkformen kann ich genauso werten, wie sie dort stehen. Aber nur einmalig. Ich kann also nicht unter meinen verkauften Werken 5x dieses obere Würfel-Dingens-Gebilde haben um dafür 25 Punkte zu bekommen. Was die Frage von @Sempre war... Und da sind sich sowohl Vital als auch Paul einig.

  • Dann haben wir tatsächlich völlig aneinander vorbeigeredet, entschuldige. "Aber nur einmalig. Ich kann also nicht unter meinen verkauften Werken 5x dieses obere Würfel-Dingens-Gebilde haben um dafür 25 Punkte zu bekommen. Was die Frage von @Sempre war..." - das hätte ich, wenn ich mich nicht verlesen hätte, auch sofort verneint :D Wäre nie auch nur davon ausgegangen, dass das möglich ist.
    Ps: Dennoch fehlt im Regelwerk bei den Kuratorkarten die Anmerkung, dass auch hier die Karten für mehrere Sets wertbar sind; wo ich eben dachte, dass es darum geht. Pardon again :lesen: Jetzt ist wenigstens alles geklärt :)

  • Ich nochmal.


    Wäre nie auch nur davon ausgegangen, dass das möglich ist.

    Meine Frau hatte danach gefragt, weil sie fast ein zweites, gleichartiges Set an verkauften Kunstwerken zusammen bekommen hätte. Und in der Regel steht nur: "Die Spieler erhalten Geld für vollständige Sets verkaufter Kunstwerke wie auf der Kunsthändler-Karte abgebildet." Das ein Set nur einmal zusammengestellt werden kann, ist nirgendwo vermerkt, von daher wäre es nach meinem Dafürhalten erlaubt. Da wir aber davon ausgegangen sind, dass das so sicherlich nicht gemeint wäre, hatte ich dieses Regeldetail hier angesprochen. Mit der Klarstellung von Paul Grogan ist dieser Punkt aber für mich geklärt.


    Dennoch fehlt im Regelwerk bei den Kuratorkarten die Anmerkung, dass auch hier die Karten für mehrere Sets wertbar sind; wo ich eben dachte, dass es darum geht. Pardon again Jetzt ist wenigstens alles geklärt

    Ich nehme an, Du meinst die Kunsthändler-Karten, denn bei den Kurator-Karten steht es ja. Bei den Kunsthändler-Karten ist dieser Hinweis nicht notwendig, da die einzelnen Kunstarten immer in unterschiedlichen Sets vorkommen, eine Mehrfachnutzung in verschiedenen Sets daher nicht möglich ist.

  • THE GALLERIST (#thegallerist)


    THE GALLERIST ist nach CO2, VINHOS und KANBAN das vierte Spiel von Vital Laverda in meiner dynamischen Sammlung, das ich klasse finde und von mir mit einer BGG 8/10 benotet wird und zählt, wenn ich mal alle Spiele, die ich persönlich liebe, nach Autoren sortieren würde, mit u.a. z.B. Stefan Feld und Matthias Cramer zu meinen konstant überzeugenden Brettspielerfindern.


    Hatte ich in einem anderen Thread K2 und PANAMAX als gelungene Beispiele für die Kunst Euro-Mechanismen organisch aus einem Thema zu rekrutieren zitiert, möchte ich die Werke von Vital "Eusebio" Lacerda einen meiner bunten Kinder-Plastik-Orden aus dem gleichen Thesenkarton ans Revers heften. Dass sich dabei These und Antithese in der persönlichen Liebe zum Spiel nicht ausschliessen müssen, bestätigt mir der Karlsruher Geburtsgenosse Stefan Feld, der in Spieleentwicklung und Heransgehensweise ziemlich exakt das Gegenteil zu Lacerda geben dürfte und eine funktionierende Abstraktion mit einem mehr oder weniger (un)passenden (Schein)Thema versieht.


    Die Kunst, ein unorthodoxes, peripheres Thema als Brettspiel umzusetzen und dabei girlandenhaft eine Realität zu simulieren, darf man inzwischen als "Handschrift" von Vital Lacerda bezeichnen, die er diesmal in THE GALLERIST sogar thematisch wörtlich nimmt: es gilt sein Geld in der Kunstwelt mit dem Kauf und Verkauf von modernen Kunstwerken zu machen. Auf der Basis von nur acht Galerist Placement Aktionen verlinkt sich wie von VL gewohnt allerhand Kleinteiliges in alle Richtungen zu einem organischen High End Erlebnis für Freunde von Optik, Haptik und Sinnlichkeit. Dabei erlebte ich meine erste Partie THE GALLERIST wie auch KANBAN als viel taktischer als es einem die vielen Verzahnungen vorgaukeln.


    Das Überbordende, Üppige und potenziell Überladende seiner Spiele, das in THE GALLERIST auch materialistisch seinen sympathisch dekadenten Hochglanz erhalten hat, mag manchem Spielertyp, der geneigt ist, Mechanismen effizient entschlackt zu sehen, nicht gefallen, aber mir persönlich spielt der Kerl damit mitten in die Seele. Die vielen Plättchen, das ganze Gemachs und fizzelige Gefummel ist mir eine wahre Freude! Nichts am Vielerlei ist redundant und wird auf augenzwinkernde Art der beobachteten Wirklichkeit gerecht. Ich bin mir sicher: der Mann liebt Wein, sortiert seinen Müll, fährt gerne die sonnige Algarveküste im Cabrio rauf und runter und malt Bilder.


    Alles andere als ein softeispastelliges, gebundenes artsy fartsy Hochwertprodukt wäre THE GALLERIST nicht gerecht geworden. Nie klebte das Wort Gesamtkunstwerk markenlabelhafter und in selbstironischer Feinheit auf einem Brettspiel als auf diesem übertriebenen, topkonfektionierten Wuchtkarton. Edel geht die elitäre Kunstwelt zugrunde in diesem - (Achtung Texterreflex!) - Meisterwerk der Spielekunst.


    Ich bin gespannt auf das thematisch-historisch für mich nicht einzuschätzende LISBOA.

  • Zurück vom Spieletreff. The Gallerist als 3er. Für mich das erste Spiel, für die anderen beiden das zweite. Ohne Erklärung knapp 3 Stunden Spielzeit. Haushoch gewonnen. Spiele mit Zielen und Zwischenzielen auf unterschiedlichem Zeithorizont liegen mir einfach, erst recht, wenn man sich wie bei The Gallerist seine Zwischenziele selbst definieren muss und dabei einen Plan B und Plan C nicht vernachlässigen sollte, weil durch Aktionen anderer Spieler taktische Zwänge und Chaos reinkommen.


    Trotzdem bin ich nicht so 100% glücklich mit dem Spiel. Es erzählt keine Geschichte, es ist zuviel reine Mechanik. Beispiel: 8 Hauptaktion, jeweils bestehend aus bis zu 7 oder 8 Einzelpunkten, abzuarbeiten nach Checkliste, Reihenfolge teilweise wichtig. Das alleine ist schon nicht so ganz mein Fall. Außerdem: Gestörter Spielfluss durch viele Sonder-Aktionen einzelner Spieler außerhalb der Spielerreihenfolge. Allerlei Ressourcen bekommt man im wesentlichen durch Boni, die mit einem Haufen zufällig verteilter Plättchen und ein paar festen Symbolen an alles Mögliche drangetackert sind. Wenn du einen Künster von Stufe 1 auf Stufe 2 promoten willst, gebe 2 Einflusspunkte ab und verdiene dafür als Bonus einen Einfluss für jeden Sammler in deiner Galerie plus zwei Einfluss für jeden VIP; wenn du ihn aber von Stufe 2 auf Stufe 3 promotest, dann gebe 3 Einfluss und kriege dafür als Bonus zwei Tickets für zwei unterschiedliche Besuchergruppen. Äh ja. Verdient sowas wirklich noch den Stempel "thematisch", nur weil die Aktionen "Künstler promoten" heißt?


    Rein mechanisch funktioniert's allerdings super, das Spieldesign wirkt definitiv durchoptimiert, aber eine gewisse Leere ist trotzdem da. Komplex ja, aber ganz genauso auch unnötig (?) kompliziert. Ist mir zuviel Beliebigkeit und deutlich zu wenig Streamlining. Null Eleganz. Ganz im Gegensatz übrigens zum Artwork. Das hat mit der radikalen Reduktion auf wenige Farben und wenig (klare!) Symbole und Bezüge (braun-Geld, rosa-Einfluss, weiß-Ruhm) genau das, was ich am Spiel irgendwie vermisse...


    Ich weiß noch nicht so recht, was ich von dem Spiel halten soll.


    (Trotzdem: Bitte keine abschließende Wertung reinlesen! Es ist ein Ersteindruck und Spiele mit einem solchen Ersteindruck bei mir können nach 5-10 Spielen irgendwo landen, von super bis verzichtbar. Aber zumindest mal ist das ein Ersteindruck, über den es sich zu berichten lohnt.)



    #TheGallerist

  • Äh ja. Verdient sowas wirklich noch den Stempel "thematisch", nur weil die Aktionen "Künstler promoten" heißt?

    Viele andere haben das Narrativ in den Aktionen durchaus gesehen. Eine selbst kunstinterssierte Mitspielerin grinste mal ein einer meiner Partien und meinte, dass das Spiel mit ein bisschen Abstraktion einige sehr drollige Geschichten in Bezug auf den Kunstmarkt erzählen würde. Ist wohl etwas Geschmackssache hier, wie deutlich man es ins Gesicht gedrückt haben möchte.


    Zur Mechanik: In meinen Augen ist es gerade die Stärke des Spiels, die Abhängigkeit von Aktionen nutzen zu müssen anstatt "Aktion 9: Bekomme fünf Einflusspunkte" zu spielen. Die Verteilung muss man dabei schon etwas lesen (wie z.B. auch bei Marco Polo), aber aufgrund Deines glorreichen Sieges gehe ich mal davon aus, dass Dir das vollkommen klar ist.


    Für mich ist es mit Kanban zusammen mein derzeitiges 10/10-Gestirn aufm Geek. Dennoch würde ich das Spiel - wohlgemerkt wegen seiner Art, nicht allein wegen der Komplexität - diversen Spielern meiner regelmäßigen Gruppen nicht empfehlen, da ich ziemlich genau weiß, dass es nichts für sie ist.

  • [...] anstatt "Aktion 9: Bekomme fünf Einflusspunkte" zu spielen [...]

    Es gibt ja auch noch Zwischenstufen... Ein paar Boni hier und da ist immer gut. Das ist eine einfache und elegante Form, den spielerischen Anspruch zu erhöhen, weil es den Wert einer Aktion variabel macht. Trotzdem sollte für meinen persönlichen Geschmack die eigentliche Aktion immer noch die Hauptsache bleiben und der Bonus nur eine kleine Modifikation davon. Mein Ersteindruck (!) ist, dass da das Verhältnis bei The Gallerist nicht so recht stimmt. Da hängt das Einkommen an Spielressourcen derartig extrem an relativ beliebig, oft sogar zufällig, verteilten Bonus-Ausschüttungen dran, dass es die thematische Einbindung für mich schon erkennbar herunterzieht.


    Wenn ich einen Künstler in erster Linie wegen des zufällig draufgelegten Bonusplättchens zur Wertung der VIPs in meiner Galerie "entdecke" oder ein Bild kaufe, weil an dieses Bild-Plättchen zufälligerweise gerade zwei Galerie-Tickets als Bonus drangetackert sind, dann ist die Sache für mich eben nicht mehr thematisch okay.

  • Rein mechanisch funktioniert's allerdings super, das Spieldesign wirkt definitiv durchoptimiert, aber eine gewisse Leere ist trotzdem da. Komplex ja, aber ganz genauso auch unnötig (?) kompliziert. Ist mir zuviel Beliebigkeit und deutlich zu wenig Streamlining. Null Eleganz. Ganz im Gegensatz übrigens zum Artwork. Das hat mit der radikalen Reduktion auf wenige Farben und wenig (klare!) Symbole und Bezüge (braun-Geld, rosa-Einfluss, weiß-Ruhm) genau das, was ich am Spiel irgendwie vermisse...


    Ich weiß noch nicht so recht, was ich von dem Spiel halten soll.

    Du beschreibst Da ziemlich genau auch meinen Ersteindruck. Abgesehen davon dass ich in meiner bislang einzigen Partie vom Gewinnen ganz weit weg war.

    Gruß aus dem Münsterland
    Herbert

    ______________________________

    I'm old enough to know what's wise
    and young enough not to choose it


  • Es erzählt keine Geschichte, es ist zuviel reine Mechanik.

    Ich finde es sehr spürbar, dass Lacerda über das Thema kommt und aus dem Thema heraus sein mechanisches Gerüst entwickelt, das natürlicherweise seine Handschrift trägt. Man merkt GALLERIST an, dass es eine persönliche Zuneigung zum Thema hat, auch wenn ich die branchenspezifischen Gepflogenheiten auf dem Kunstmarkt selbst nicht kenne und auch nicht beurteilen kann.


    Dass dabei die Art von Spiel immer ein wenig "mechanisch" bleibt, liegt in der Natur der Sache des Eurogames. Das Gegenteil von Lacerda ist Stefan Feld, der auf funktionierende Mathegleichungen ein Thema stülpt. Wenn Du bei Lacerda schon Geschichte vermisst, so müsstest Du bei Feld oder WYG geradezu thematischen Liebeskummer bekommen, wenn Thema für Dich ein Kriterium ist, dass Du magst.


    Spiele sind wie Menschen, weil von Menschen gemacht: ein individueller, künstlerischer Ausdruck, der eben das eine (Thema/das Konkrete) oder das andere (Abstraktion/das Unkonkrete) betont - in allen Mischformen, wie der Farbmixer von Hornbach in Polar Weiß (Hausmarke).

  • Mir gefiel The Gallerist beim ersten Mal auch gut von den Mechanismen und vom Thema her, nur schreckt mich persönlich "Fürst Pückler, das Spiel" von der Farbwahl her
    doch ziemlich ab

    Ich gebe hier, auch wenn ich es im Text nicht explizit erwähne, immer meine persönliche Meinung wieder.

  • Für mich fühlt sich das Abarbeiten von einem Haufen unterschiedlicher Checklisten, bei denen die Reihenfolge wichtig ist, wesentlich mechanischer an als alles, was ich von Stefan Feld kenne. Beispiel: Kick-Out-Aktion auf dem internationalen Kunstmarkt, bei dem man die Aktion selbst mit Einfluss bezahlt, das Geld für die Aktion ebenfalls mit Einfluss bezahlt, und während der Aktion auch noch Einfluss bekommt. Dadurch dass das Bezahlen mit Einfluss nicht-linear ist, sondern durch Zurückfallen auf verschachtelte Stufen passiert, ist das Ergebnis je nach Reihenfolge der Durchführung höchst unterschiedlich. Auf sowas soll man bei The Gallerist hinoptimieren! Das ist es, was The Gallerist im Kern vom Spieler verlangt.


    Also wirklich. Dagegen ist doch Stefan Feld absolut einfach zu verstehen. Ich nehme mal meinen Lieblings-Feld, Bora Bora, also definitiv ein "dicker Brocken". Zentraler Mechanismus ist: Wenn du X gewürfelt hast, darfst du ein Aktionsfeld nutzen, aber nur, wenn X kleiner ist als alle bisher auf dem Feld liegenden Würfel. Mit dem Aktionsfeld sind verschiedene Aktonen verbunden, die unterschiedliche Würfelwerte Y_1 bis Y_N erfordern. Damit du eine gewünschte Aktion machen kannst, muss X mindestens so groß sein wie das gewünschte Y_i. Aus der Spannung zwischen "X kleiner als alle bisherigen Würfel" und "X mindestens so groß die gewünschte Aktionsstärke" zieht Bora Bora seine Spannung. Hohe Würfel sind für starke Aktionen da (bzw. größere Auswahl), aber wenn man sie nicht sofort nutzt, kann man sie evtl gar nicht mehr nutzen. Kleine Würfel taugen dagegen nur für schwächere Aktionen (bzw. eine kleinere Auswahl), blockieren dafür aber die Mitspieler sofort spürbar. Sowas finde ich genial. Ein kleiner, eleganter Mechanismus, der auch nicht Gefahr läuft, ein zugegeben schwaches Thema zu überlagern. Hier gilt das manchmal inflationär gebrauchte "easy to understand, hard to master".


    Und dann denke ich zum Vergleich jetzt an The Gallerist. Hard to understand, hard to master. Und das soll jetzt besser sein?! Wie man da daraufhin optimiert, zuerst Einfluss für Geld zu opfern, um so auf eine Stufe knapp über einer Ruhm-Rückfallstufe zu landen, so dass man dann mit weniger Schritten auf die nächste Ruhmesstufe zurückfallen kann, um dann mit einer anschließenden Kunstmarktaktion Ruhm zu kriegen, die einen wieder knapp über eine Geldrückfallstufe bringt, mit der man dann im nächsten Zug das Kunstwerk teilweise bezahlt. Ob man mir das jetzt glaubt oder nicht: solche Optimierungen habe ich schon im meiner Erstpartie gemacht. Ich kann sowas, das liegt mir durchaus. Aber mit "spielen" hat das für mich rein gar nichts mehr zu tun. Wo ist da die gewisse "spielerische Leichtigkeit", die ein gutes Spiel meiner Meinung nach auszeichnen sollte? Hardcore-Optimierungsüberungen brauche ich nicht auch noch in meiner Freizeit.




    Dass bei BGG unter den Gallerist-Threads knapp die Hälfte Regelfragen sind, kommt auch nicht von ungefähr. Das Spiel ist eine wahre Fundgrube für Regeljuristen. Was ist, wenn man irgendwo steht und keine der 3x2 anderen Aktionen machen kann, weil einem die Voraussetzungen fehlen? Was passiert, wenn man einen eigenen Assistenten verdrängt, aber schon vier Assistenten im Büro stehen hat? Wann darf ich Assistenten, die ich durch Boni bekomme, zum Bezahlen der Aktionen nutzen? Muss man einen Besucher aus der Lobby schmeißen, wenn man das Endbonus-Plättchen nimmt, das man am Spielanfang auf seinen dritten Bild-Aufhängplatz legt? Wieviel ist ein ersteigertes Bild wert, wenn von der entsprechenden Kunstrichtung noch kein Künstler entdeckt wurde? An was muss man denken, wenn man das letzte Ticket eines Ticketstapels nimmt? Kann man anschließend noch weitere Tickets dieser Farbe bekommen, z.B. bei freier Auswahl? Wenn ich Leute aus Galerie oder Lobby rauswerfen soll Richtung Plaza und habe keine, was dann? Oder umgekehrt: ich darf welche (ggf: einer bestimmten Farbe) in meine Galerie stellen, aber es gibt gar keine (bzw keine der gewünschten bzw keine einer möglichen Farbe) mehr auf der Plaza? Überall kommt's auf kleinste Feinheiten und Reihenfolgen der Durchführung an!


    Bei sowas sind die Regeln auch leider nicht so wirklich konsistent. Mal darf ich die Aktionen gar nicht erst machen, mal gibt's Sonderregelungen (Beispiele: nimmt ein nicht vorhandenes Ticket ersatzweise vom Abwurfstapel und entsorge dafür ein Ticket einer falschen Farbe nach Wahl ; nimm den Besucher aus dem Beutel statt von der Plaza -- was dann nebenbei dazu führen kann, dass freie Auswahl schlechter ist als ein Bonus für die gewünschte Farbe), mal entfällt der drangepappte Zwang ersatzlos (keinen Besucher rauswerfen, wenn keiner da). The Gallerist finde ich hier schrecklich unelegant und regeltechnisch derart aufgedunsen, dass das eigentlich gar nicht mal schlecht umgesetze (und definitiv originelle und interessante!) Thema leider ziemlich überlagert wird.


    Ich habe bei dem Spiel insgesamt sehr deutlich den Eindruck, dass die tolle Materialqualität und der hohe Preis doch stark dazu führen, dass die Käufer das Spiel vielfach besser finden wollen als es ist. Etwas, was bei Kickstarter-Sachen definitiv nicht unüblich ist, nur hier halt in besonders starker Form, weil hier einfach alles zusammenkommt, was es einem erleichert, sich ein Spiel schön zu reden. Um es nochmal zu betonen: das Spiel funktioniert rein mechanisch absolut super. Aber es fühlt sich für mich Stand heute überhaupt nicht spielerisch an und wer am besten in der Lage ist, auf das völlig vom Himmel gefallene krude Stufen-Rückfall-Zeugs hin zu optimieren, der wird hoch gewinnen, runaway leader Problem inklusive. Hmmm. Da hätte ich doch etwas mehr erwartet.



    @yzemaze: Könnte man evtl. die Gallerist-bezogenen Sachen hier Richtung [Spieleschmiede] The Gallerist von Vital Lacerda (Vinhos, CO2 und Kanban) verschieben?

  • @MetalPirate Natürlich, insbesondere wenn das passende Thema schon pfannenfertig serviert wird :)

  • Mir gefiel The Gallerist beim ersten Mal auch gut von den Mechanismen und vom Thema her, nur schreckt mich persönlich "Fürst Pückler, das Spiel" von der Farbwahl her
    doch ziemlich ab

    Ich hab dran gedacht, dass da kein Illustrator, sondern ein Grafik Designer dran saß. Kann man mögen. Die Geschmäcker sind unterschiedlich. Ich fand die Spieleikonographie gut. Den Rest eher nicht so...