Was nicht in der Regel steht - Am Beispiel Brügge

  • Konnte die Tage bereits 2x Brügge spielen und bin recht angetan.
    Kein Hammer, aber ein gutes, gelungenes Spiel.
    Und vor allem: Es fällt in die Kategorie anspruchsvoller Absacker/Einsteiger in ca. 1 Stunde spielbar".
    Eine Kategorie in der ich nicht viele Spiele kenne. (Ich rede von einer 4er-Besetzung :) )


    Aber zwei Fragen/Aufforderungen eines Mitspielers haben mich überrascht:
    "Leg Dein Geld doch mal offen hin, man kann gar nicht sehen, wieviel Du hast."
    und "Fächer doch mal Deine Karten vernünftig auf, damit man sehen kann, was Du machen kannst"


    Nun, ob man dies machen muss steht nicht in der Regel.
    Und natürlich kann/muss man sich einfach (vorher) auf eine Spielweise einigen.


    Aber wie seht Ihr das: Liegt dieses "Ich muss immer alles sehen können, was der Gegner hat und machen kann" bei Brügge im Sinne des Spieles?


    Und wie ist das generell bei Euch?
    Klar, manchmal ist sowas ok und gut. So sollte man z.B. bei Tzolkin sehen, ob und wieviel Pöppel die Spieler in der Runde einsetzen können. Da kann keiner die AHnd vor seine Pöppel halten oder sie dauernd in derselben halten.
    Aber ich kenne auch Spieler, die bei Strasburg darauf bestehen, dass alle gleichzeitig ihre Häufchen auslegen und man diese sollange verdeckt in der Hand behält, bis alle fertig sind. Mich nervt das einfach. Wer für seine Entscheidung darauf gucken will, wieviel Stapel die anderen legen, um dann daraus einen Vorteil zu ziehen: Bitte schön. Aus meiner Sicht ist solchen Leuten einfach nicht zu helfen.


    Wolf

  • Wenn es um einen Punkt geht, bei dem es in diversen Spielen unterschiedliche Handhabungen gibt, würde ich bei nicht definierten Regeln auch nicht auf die eine oder andere Auslegung pochen.


    Gibt es keine Regel, verstecke ich mein Geld nicht, werde aber auch sicher keine genaue Auskunft darüber geben. Soll mein Mitspieler doch meinen offen liegenden Stapel einschätzen.

  • Zitat

    Original von LemuelG
    Für mich gilt jede Information als offen, die nicht als verdeckt definiert ist.


    Offen im Sinne von nicht versteckt?
    Oder offen im Sinne von "Ich muss jedem Mitspieler genau Auskunft geben wieviel Geld, wieviel Karten welcher Farbe etc ich habe?
    Letzteres fände ich absurd.

  • Ich sehe es wie LemuelG. Offen heißt für mich, dass man Fragen darf und Antwort bekommt.


    Gerade bei Brügge finde ich wichtig, dass die Infos offen liegen und wenn jemand wissen will welche Kartenfarben und wie viel Geld jemand hat erhält er auch Auskunft.


    Die Kartenfarben sind ja z.B wichtig für den Kanalbau, falls es mit der Mehrheit mal knapp wird.
    Brügge soll ja auch kein Memory sein, man kann nämlich auch auf seine Mitspieler achten was sie so nehmen, das würde aber das Spiel unnötig in die Länge ziehen, also sollte man auch fragen dürfen und Antwort erhalten.


    Schöne Ostern,
    Helby

  • Ich sehe es wie Lemuel und Helby.


    Alternativ kann ich mich natürlich auch mit Stift und Zettel an den Spieltisch setzen und protokollieren, was Du machst - dann kann ich es dort immer einsehen.


    Ich finde es im Sinne eines flüssigen Spiels logisch, dass man einfach Auskunft gibt (bei nicht verdeckten Informationen). Sonst grübeln die Spieler ja immer ewig, was man da macht/hat.


    @ Wolf: Weshalb bezeichnest Du denn ein solches offenes Spiel als "absurd"? Ich fände es eher absurd, die eigenen (offenen) Ressourcen versteckt/verdeckt zu halten...

  • Zitat

    Original von Wolf


    Offen im Sinne von nicht versteckt?
    Oder offen im Sinne von "Ich muss jedem Mitspieler genau Auskunft geben wieviel Geld, wieviel Karten welcher Farbe etc ich habe?
    Letzteres fände ich absurd.


    Inwiefern ist das nicht genau Auskunft geben etwas anderes als versteckt halten? Der Einfachheit halber kann man die Sachen doch einfach einsehbar hinlegen, dann muss auch keiner nachfragen.

  • @ Wolf: Weshalb bezeichnest Du denn ein solches offenes Spiel als "absurd"? Ich fände es eher absurd, die eigenen (offenen) Ressourcen versteckt/verdeckt zu halten...[/quote]


    Hmm, ist eine gefühlsmäßige Sache.
    Es gibt Spiele, da steht bewußt in der Regel, dass Dinge offen liegen. Dann gibt es Spiele z.B. mit Sichtschirmen, um Dinge geheim zu halten.
    Bei allen anderen Spielen muss man sich wohl vorher einigen.


    Klar guckt man bei Tzolkin auf den gegner ob dieser genug Gold hat, um einem das Monument vor der Nase weg zu bauen etc.
    Aber im Prinzip gehe ich davon aus, dass man sich darauf konzentriert, aus seinen Möglichkeiten das Beste zu machen und dabei nicht dauernd auf den geegner schielt.
    Das ist auch der Grund, warum ein Spiel dann 3 Stunden statt 90 Minuten dauert. Oder warum das AP-Problem existiert.


    Ich verstecke meine Materialien nicht, aber ich stapel z.B. mein Geld gerne. Und wenn jemand nicht erkennt, ob da nun 6 oder 5 Geld gestapelt sind, mein Gott.
    Oder ich lege meine Karten bei Brügge einfach mal im Stapel auf den Tisch wenn ich nicht dran bin und bin verwundert, wenn dann jemand wissen will, ob ich eine rote Karte habe.


    Ist für mich halt eine Frage des Spielgefühls, ich kümmere mich eben gerne um mein Spiel. Die gegnerischen Möglichkeiten beziehe ich primär aufgrund der Spielbrettsituation mit ein.
    Die (in meinen Augen) Unsitte vom Gegner all seine Möglichkeiten wissen zu wollen, kann ein Spiel kaputt machen, vor allem eben von der Spieldauer.

  • Auch ich kann Deiner Argumentation nicht folgen.
    Es ist doch gerade der Mitspieler, der (theoretisch) offen liegende Informationen "versteckt", der die Spieldauer in die Länge zieht. Anstatt einfach auf die Frage, ob Du eine rote Karte hast, mit "ja" oder "nein" zu antworten, führst Du einen Affentanz auf... Das ist in meinen Augen eine Unsitte! :)

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  • Ich verstehe die Diskussion hier nicht so richtig.


    Wenn es in der Regel keine Regel gibt, ob ich mein Geld, Karten, Pöppel usw. offen oder verdeckt halten soll (und man sich im Vorfeld nicht darüber geeinigt hat), dann kann ich doch meine Schätze offen oder verdeckt halten, Türmchen bauen oder sie in einer langen Reihe bis zum Kühlschrank auslegen.


    Ich kann nun dem Beispiel Brügge nicht folgen, in wie weit es nun wichtig ist. Aber wenn man bei Monopoly (um ein bekanntes Beispiel zu nehmen) sein Geld stapelt (die 10.000 gaaaaanz nach unten) und es zu Versteigerungen kommt, dann ist es doch auch dem Spieler überlassen, ob er auf die Frage "wieviel Geld hast du noch?" 50.000, weiß nicht, oder 0 antwortet. Natürlich macht es wenig Sinn seine Straßenkarten hinter einem Schirmchen zu verstecken.


    Es gehört doch auch zum Spiel dazu, dass man die Gegner beobachtet, die Züge "analysiert" und seine Schlüsse daraus zieht. Es ist doch auch Sinn eines Spieles die Unwägbarkeiten aus fehlenden Informationen abzuschätzen und spielerisch Risiken in Kauf zu nehmen.


    Möglicherweise kann man diese Frage ja auch gar nicht pauschal beantworten und sicherlich gibt es Spielanleitungen in die diese Regel auch noch nachträglich hineingehört.


    Gerrit



    PS
    Und wer Spieler kennt, die ewig über Spielzüge grübeln, denen schenkt man eine Schachuhr oder legt vorher eine Bedenkzeit fest. Zu irgendwas muss doch die Tabu-Eieruhr noch gut sein, wenn sie zum Eierkochen schon nicht taugt ;)

    Mit Gewaltlosigkeit hat noch nie jemand etwas erreicht. (Montgomery Burns)

    Ich habe zwar keine Lösung, aber ich bewundere das Problem. Präsident der EZB. (Das Känguru)


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  • In Spielen, in denen es zu Interaktion kommt, gehört es zum Wesen des Spiels, die Strategien und damit auch die Ressourcen des Gegners in die eigenen Planungen mit einzubeziehen. Das zu unterbinden, indem man dem Mitspieler bewusst Informationen vorenthält, widerspricht eben dem interaktiven Grundprinzip. Lustiger Weise muss der Mitspieler in dem Fall für wesentlich mehr Situationen planen (je nachdem, welche Ressourcen der geheimnisvolle Mitspieler nun tatsächlich hat), als wenn er das einfach sehen könnte, und wird daher in aller Regel LÄNGER für seine Züge brauchen, als wenn er einfach sehen kann, was der Mitspieler angehäuft hat.


    Aus meiner Sicht kann man in aller Regel am Spielmaterial recht gut erkennen, was sich der Autor und der Verlag dabei gedacht haben. Sind die Geldscheine nur einseitig bedruckt und von der Rückseite her nicht zu unterscheiden, so soll die entsprechende Information auch geheim bleiben. Sind sie beidseitig bedruckt, so ist diese Information offen. Entsprechend gilt das für Karten mit farbigen Rückseiten.

  • Zitat

    Original von LemuelG
    In Spielen, in denen es zu Interaktion kommt, gehört es zum Wesen des Spiels, die Strategien und damit auch die Ressourcen des Gegners in die eigenen Planungen mit einzubeziehen. Das zu unterbinden, indem man dem Mitspieler bewusst Informationen vorenthält, widerspricht eben dem interaktiven Grundprinzip. Lustiger Weise muss der Mitspieler in dem Fall für wesentlich mehr Situationen planen (je nachdem, welche Ressourcen der geheimnisvolle Mitspieler nun tatsächlich hat), als wenn er das einfach sehen könnte, und wird daher in aller Regel LÄNGER für seine Züge brauchen, als wenn er einfach sehen kann, was der Mitspieler angehäuft hat.


    Es gibt aber auch Gegenbeispiele in Form von Spielen, bei denen man gerade durch die offenen Informationen alles ausrechnen kann und damit viel länger für seinen Zug braucht, als wenn diese Informationen verdeckt wären. Das ist der Grund, weshalb in manchen Spielen Sichtschirme zum Einsatz kommen und Dinge verdecken, die man mit einem perfekten Gedächtnis mithalten könnte. Das mag zwar wiederum Spieler mit gutem Gedächtnis bevorteilen, aber die Anzahl solcher Spieler ist im Verhältnis zu der Anzahl der Spieler, die ein solches Spiel kaufen, eher gering und somit zu vernachlässigen. Allen kann man es sowieso nicht Recht machen.

  • Ein schönes Beispiel für die ewige Grübelorgie ist NIEUW AMSTERDAM. Ja, hängt natürlich von der Runde ab - aber gerade zum Ende hin rechnet man mehr und mehr durch, was wohl der andere Spieler machen will - wie viel Ressourcen wird er (oder sie) bieten; wie viel zurückhalten. Wie viel kann ich zurückhalten, wie viel sollte ich bieten, usw...


    Da würde das Grübeln sehr viel geringer ausfallen, wären die Ressourcen verdeckt.


    Schön zu beobachten bei KEYFLOWER. Da ich die Meeples meiner Mitspieler nicht sehen kann (und ICH es mir nicht merken kann, wer wie viele einer Farbe hat) geht das Bieten dort viel schneller vonstatten.


    Das mag in anderen Spielrunden als unserer anders sein...


    Prinzipiell finde ich es dem Spielfluss förderlich, wenn man sich über die eigenen Ressourcen unterhalten kann. Dann kann man auch mal über die Strategien und Taktiken Anderer sprechen...