Oranienburger Kanal - Startspielervorteil

  • Oranienburger Kanal - Startspielervorteil JA oder NEIN 12

    1. JA, der Startspieler hat einen Vorteil und ich hätte mir eine Regel gewünscht (1) 8%
    2. JA, der Startspieler hat einen Vorteil aber es ist mir egal (0) 0%
    3. NEIN, ich sehe da keinen nennenswerten Startspielervorteil (11) 92%

    Mit jedem Spiel verfestigt sich bei mir der Eindruck, ein objektiv vorhandener Startspielervorteil sei so gewichtig, als dass er hätte geregelt werden sollen. Eingangs eine kleine Umfrage, die Ihr ohne das Spiel gespielt und möglichst auch meine Argumentation im nächsten Beitrag gelesen zu haben aber nicht beantworten solltet.

  • Das Spiel läuft bekanntlich so viele Runden, bis der dritte Kartenstapel erschöpft ist. Eine Runde bietet dem Startspieler der Runde drei Züge, der Mitspieler hat nur zwei. Läuft das Spiel über eine ungerade Anzahl Runden, hat der Startspieler des Spiels insgesamt also einen Zug mehr machen dürfen. Das ist objektiv so und nicht weg zu diskutieren.

    Im Spiel sind 24 Gebäudekarten. Bei Spielende liegen sechs Karten im offenen Markt, die letzte Runde wird also nach Verkauf von 18 Gebäuden eingeläutet. Pro Runde erlauben die Aktionen den Bau von zwei Gebäuden. Demnach könnte dieser Fall nach 9 Runden eintreten, das Spiel nach 10 Runden beendet sein.

    Es kommt aber der Punkt, da kann ein Spieler sich in einer Runde kein Gebäude leisten, der andere nicht zwei davon. Und so bleibt diese begehrte Aktion schon einmal ungenutzt und das Spiel geht in die Verlängerung, endet nach 11 Runden. Um ehrlich zu sein, ich habe die Runden nie mitgezählt, ABER... ich erinnere mich an kein Spiel, seit ich darauf achte, wo das nicht eben genauso lief, der Startspieler also einen Zug mehr hatte.

    Bei einem Spiel, wo beide Spieler über 11 Runden mit 55 Einzelzügen zusammen etwa 300 SP sammeln ist ein Spielzug im Mittel etwa 5 SP wert. Aufgrund der Engine-Effekte und des Umstands, dass man in der letzten Runde ein Gebäude mehr erwerben kann (freigelegte Aktion unter dem dritten Kartenstapel), wird diese Aktion mit höherer Wahrscheinlichkeit ein Gebäudekauf sein und so i.d.R. deutlich mehr als 5 SP einbringen.

    Erschwerend kommt hinzu: der Startspieler hat auch ohne Extrazug den frühen Zugriff auf zwei der drei Gebäude-Aktionen und damit einen Vorteil in der letzten Runde eines Spiels mit ungerader Rundenanzahl.

    Um Spaß zu haben, muss man daran nichts ändern. Das Spiel ist elegant und jeder Regeleingriff ändert das ein wenig. Dass dieser Effekt im Playtesting nicht aufgefallen ist, kann ich kaum glauben, wohl aber, dass man ihn aus diesen Gründen nicht extra regeln wollte.

    Hausregel-Idee für Interessierte

    • Der Nicht-Startspieler erhält zu Beginn eine Marke. Betrachten wir die runden Scheiben als "Arbeiter", so nennen wir diese Marke "Kündigung". Zu Beginn der letzten Runde kann der Spieler in Besitz der Marke "Kündigung" eine graue Scheibe aus dem Spiel entfernen. Damit hat diese letzte Runde nur 4 Einzelzüge. So der Besitzer der Marke gerade Startspieler ist, wird er das nicht tun, raubt er sich doch selbst einen Zug. Anders aber, wenn der andere Spieler beginnt, der auch zu Beginn des Spiels Startspieler der ersten Runde war. Somit haben beide Spieler gleich viele Züge, egal über wie viele Runden das Spiel geht.
    • Die alternative Gebäude-Aktion unter dem dritten Kartenstapel, die den einmaligen Zukauf eines weiteren Gebäudes in der letzten Runde ermöglicht, wird ignoriert, darf also nicht verwendet werden.

    Die Diskussion ist eröffnet. Aber bitte keine Allgemeinplätze wie "Hausregeln sind schlecht, der Autor weiß es doch besser" usw. und sachlich bei diesem konkreten Fall bleiben.

    PS: Das letzte Spielergebnis - 149:147 nach ungerader Rundenzahl für den Startspieler - hat mich getriggert, mir endlich die kleine Mühe für diesen Beitrag mit Umfrage zu machen.

  • Du soll die Umfrage so einstellen, dass das Ergebnis auch ohne Abstimmung sichtbar ist. Gibt ja Leute, die das z.B. vor einer Anschaffung interessiert.

    Hab ich selbst schon bemerkt. Manche können aber einfach nicht warten, bis alles fertig ist ;) Für so Dinge, die ich nicht oft und routiniert mache, brauche ich schon einmal mehr Anlauf.

  • Bei uns hat jedenfalls nicht immer der Startspieler gewonnen und war auch nicht immer die Person, die mehr Gebäude gebaut hatte. Uns kam es auch nicht so vor als wäre es ein zu großer Vorteil.


    Die Frage ist ja viel mehr ob es Sinn macht jede Runde ein Gebäude zu bauen oder lieber die richtigen Gebäude auf dem Plan zu haben und diese zwei Mal aktivieren zu können. Ich glaube das Spiel wird nicht darüber entschieden wer mehr Gebäude baut.


    Aber das ist natürlich alles subjektives Bauchempfinden.

  • Ich glaube das Spiel wird nicht darüber entschieden wer mehr Gebäude baut.

    Denke ich auch. Generell habe ich da keinen Vorteil wahrgenommen, habe aber auch noch nicht genug Spiele, um überhaupt eine Tendenz erkennen zu können. Derzeit sehe ich da keinen nennenswerten Vorteil, schon gar nicht die Notwendigkeit, Hausregeln einzuführen.

  • Ich glaube das Spiel wird nicht darüber entschieden wer mehr Gebäude baut.

    Denke ich auch. Generell habe ich da keinen Vorteil wahrgenommen, habe aber auch noch nicht genug Spiele, um überhaupt eine Tendenz erkennen zu können. Derzeit sehe ich da keinen nennenswerten Vorteil, schon gar nicht die Notwendigkeit, Hausregeln einzuführen.

    Ich hab bei meiner ersten und bisher einzigen Partie 12 Gebäude gebaut und damit 67 Punkte gemacht. Verloren habe ich trotzdem, weil Momo95 zwar nur 7 Gebäude mit 22 Punkten gebaut hat, die aber öfter aktiviert hat und mich so über die generierten Prestigepunkte noch überholt hat. Nach einer Partie ist es zu früh sowas zu beurteilen, aber ich sehe die eine Aktion auch nicht als wichtig an ( Momo95 hingegen hat das tatsächlich auch gestört).

  • Manches geht leider komplett am Thema vorbei. Über Strategie - welches Gebäude man besser baut oder besser nicht baut - oder dass man auch als Nicht-Startspieler gewinnen kann (ja, warum denn nicht, wenn man eh besser spielt) sollte es hier nicht gehen.

    Ich habe die Kernfrage aufgeworfen, ob es rechtens empfunden wird, dass...

    • der Startspieler mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit einen Zug mehr als sein Mitspieler hat (ich sehe dafür keinen Ausgleich - ein Zug mehr bedeutet mehr Punkte, und sei es nur für genommenes Geld)
    • und diese Wahrscheinlichkeit nach bisherigen empirischen Erfahrungen (-> oft 11 Runden) oberhalb von 50% zusätzlich den Vorteil eines weiteren Gebäudebaus in der letzten Runde mit sich bringt.

    Der erste Punkt wiegt schwerer, den zweiten sollte man dann aber auch nicht außer acht lassen.

  • Läuft das Spiel über eine ungerade Anzahl Runden, hat der Startspieler des Spiels insgesamt also einen Zug mehr machen dürfen. Das ist objektiv so und nicht weg zu diskutieren.

    Korrekt. Ob es eine Rolle spielt, also der Startspieler dadurch einen Vorteil hat und öfters gewinnt, ist dann die Frage. Aber wieso mit Bauchgefühl antworten, wenn es Daten gibt? :) Ich habe die geloggten Partien bei BGG mal ausgewertet. Wichtig: Nicht jeder gibt alle Daten an und ob die Einträge korrekt sind, ist noch so ein Punkt. Wir gehen aber mal davon aus.

    • Partien mit Spielern: 794 (andere hatten keine Spieler angegeben)
    • Davon Solo: 448, und Zu zweit: 346 (die interessieren uns)
    • Zweier-Partien mit angegebener Spielreihenfolge sowie Punkten bzw. Gewinner: 80 von 346 (also nicht die Welt, aber immerhin)
    • Gewonnene Partien vom Startspieler: 46, also ca. 57,5 Prozent

    Es gibt also tatsächlich eine gewisse höhere Gewinnwahrscheinlichkeit für den Startspieler. Da die Datenbasis aber eher klein ist, weiß ich nicht, ob das schon signifikant genug ist, um von einem Startspielervorteil zu sprechen. Es kann auch sein, dass der Besitzer des Spiels mit verschiedenen Leuten spielt und öfters anfängt (weil der andere Spieler nicht weiß, was er tun soll), sodass er auch einen Erfahrungsvorsprung hat.


    Wenn ich bei den Partien mit Nicht-Spielereihenfolge-Angaben einfach annehme, dass der erster Spieler auch immer Startspieler ist, ergibt sich:

    • Zweier-Partien mit Punkten bzw. Gewinner: 314 von 346
    • Gewonnene Partien vom Startspieler: 160, also ca. 50,95%

    Die Annahme könnte aber falsch sein, weswegen ich das nicht weiter interpretiere.


    Damit also ein paar Daten zu den Smuntz Bauchgefühl. :)


    Gruß Dee

  • Dee : Statistik ist doch egal. Gute Spieler lassen den Neuling höflichst beginnen und gewinnen dank Erfahrung trotzdem. Ein Zug mehr ist ein Zug mehr, Spielstärke spielt für diesen Fakt keine Rolle.

  • Aber wenn Du Dich nicht einmal auf Daten berufen willst, dann ist die Abstimmung doch wirklich nur geraten. Wenn es einen Startspielervorteil geben sollte, muss der auch in der Anzahl der gewonnenen Partien sichtbar sein. Falls nicht, gibt es keinen Startspielervorteil.


    Gruß Dee

  • Ich vermute den Startspielervorteil auch schon weiter vorne: Indem ich die erste Aktion wähle UND in der ersten Runde gleich dreimal dran bin, kann ich mich besser an den jetzt ausliegenden Gebäuden orientieren und die Voraussetzungen zum Bau schneller und sicherer erreichen. Also ja, mein Gefühl ginge auch in Richtung "Der Startspieler sollte am Ende nicht noch einen Vorteil haben". Die Maßnahme, nur vier Aktionen in der letzten Runde zuzulassen, bestraft aber m.E. beide Spieler, zumal da ja extra ein Gebäude mehr ausliegt. Mit der Lösung wäre ich daher auch unzufrieden. Sinnvoller wäre es, den Startspielervorteil über zusätzliche Ressourcen für den zweiten Spieler bei Start auszugleichen, damit der die zwei Aktionen, die ihm bleiben, gleich sinnvoller nutzen kann. Wieviele müsste man ausprobieren, wahrscheinlich reicht hier schon ein Holz und/oder ein Lehm.

  • Wie ist denn Eure Meinung dazu, dass das Spiel von Uwe Rosenberg stammt, der meines Wissens viel berechnet und balanciert? Sollte ihm ein Startspielervorteil (also einer, der zu einer höheren Gewinnquote führt) nicht in seinen X Partien aufgefallen sein? (Zumal man es ja leicht ausrechnen kann mit der reinen Zuganzahl bei ungerader Rundenanzahl.)


    Gruß Dee

  • Wie ist denn Eure Meinung dazu, dass das Spiel von Uwe Rosenberg stammt, der meines Wissens viel berechnet und balanciert? Sollte ihm ein Startspielervorteil (also einer, der zu einer höheren Gewinnquote führt) nicht in seinen X Partien aufgefallen sein? (Zumal man es ja leicht ausrechnen kann mit der reinen Zuganzahl bei ungerader Rundenanzahl.)


    Gruß Dee

    Natürlich wird er denken dass das kein Problem ist, sonst hätte er es ausgeglichen. Das heißt aber ja nicht, dass sich das nach sehr vielen Partien Fremder als haltbar erweisen wird. Babel etwa wurde bei der Neuauflage auch mit Startspielernachteil ausgestattet, nachdem das Thema 10 Jahre auf BGG diskutiert wurde.

  • Wie ist denn Eure Meinung dazu, dass das Spiel von Uwe Rosenberg stammt, der meines Wissens viel berechnet und balanciert? Sollte ihm ein Startspielervorteil (also einer, der zu einer höheren Gewinnquote führt) nicht in seinen X Partien aufgefallen sein? (Zumal man es ja leicht ausrechnen kann mit der reinen Zuganzahl bei ungerader Rundenanzahl.)


    Gruß Dee

    Natürlich wird er denken dass das kein Problem ist, sonst hätte er es ausgeglichen. Das heißt aber ja nicht, dass sich das nach sehr vielen Partien Fremder als haltbar erweisen wird. Babel etwa wurde bei der Neuauflage auch mit Startspielernachteil ausgestattet, nachdem das Thema 10 Jahre auf BGG diskutiert wurde.

    Gut zu wissen, das mit dem Babel-Startspielernachteil. Da gehe ich gleich mal auf Regelsuche…

  • Das ist schnell erzählt: in der Neuauflage von 2016 startet der Startspieler mit 3 (statt 5), der Gegenspieler mit 5 Karten. Die Änderung ist nicht spielentscheidend und eigentlich nur relevant für eine bestimmte Strategie, aber so ist man das Problem jedenfslls los.

  • Wie ist denn Eure Meinung dazu, dass das Spiel von Uwe Rosenberg stammt, der meines Wissens viel berechnet und balanciert?

    Früher hätte ich gesagt: Uwe Rosenberg weiß, was er tut. WIMRE hat er auch mal Statistik studiert. Aber seit ich Nusfjord als 5er-Spiel erlebt habe und in dieser Spielerzahl für komplett unbalanciert halte (*), halte ich da alles für möglich.


    (*) Kurzform: 7 Runden, reihum wechselnder Startspieler, und wie so oft in Worker Placement Spielen ist die Reihenfolge in der/den erste(n) und letzte(n) Runden am wichtigsten. Also im 5er-Spiel: nicht nur zwei Spieler doppelt Startspieler, sondern auch ein Spieler am Anfang/Ende immer vorn dabei und andere in den entscheidenden Runden niemals.

  • Auch wenn es nicht die Frage vom Threadersteller beantwortet, hier ein Zitat aus der Redaktion des Verlages zu der Thematik:


    Well, please trust Uwe and the development team here. There is a ton of variability in the game (which actions are chosen, which cards are in the game, which ones you pick, where do you place them etc. etc.) that this has no notable effect.



    Uneven number of turns: first player advantage? | Oranienburger Kanal
    i]Disclaimer: I backed this game because I really love Uwe designs, especially if they have a strong spatial element, resource management, a touch of city…
    boardgamegeek.com



  • Aber wenn Du Dich nicht einmal auf Daten berufen willst, dann ist die Abstimmung doch wirklich nur geraten. Wenn es einen Startspielervorteil geben sollte, muss der auch in der Anzahl der gewonnenen Partien sichtbar sein. Falls nicht, gibt es keinen Startspielervorteil.

    Die Umfrage ermittelt nur das Befinden / Meinungen und beweist so wenig wie Ergebnisse von noch so vielen Partien. In einem Spiel, wo der letzte Zug noch immer SP einbringt, sollte die Zuganzahl pro Spieler gleich sein. Was ist daran falsch? Das ist doch in unzähligen anderen Spielen auch so designt. Ich könnte es ja noch verstehen, wenn Eröffnen ein Nachteil ist, ist es hier eher nicht. Deine Argumentation im letzten Satz ist nicht so zwingend kausal, wie du es schreibst, eben weil man z. B. oft einen unerfahrenen (schlechteren) Spieler beginnen lässt und dieser dann meist doch nicht gewinnt. Sowas und noch mehr sieht man doch einer einfachen Zahl nicht an.

  • Vielleicht liegt der Ausgleich für den zweiten Spieler darin, dass man schon nach zwei Zügen das Produktionsrad kostenlos drehen darf, statt nach drei Zügen und so eher hochwertige Rohstoffe für lau produzieren kann?

    we are ugly but we have the music

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  • Vielleicht liegt der Ausgleich für den zweiten Spieler darin, dass man schon nach zwei Zügen das Produktionsrad kostenlos drehen darf, statt nach drei Zügen und so eher hochwertige Rohstoffe für lau produzieren kann?

    Das ist eine sehr gute Überlegung, zumindest für den unmittelbaren Startvorteil. Tatsächlich kann sich der zweite Spieler eher ein teures Gebäude leisten, weil er schneller an die wertvollen Ressourcen kommt (aufgrund der Talerverteilung kann Spieler 1 in der ersten Runde nicht Holz, Erz und eine kostenpflichtige Produktion erreichen) und dann zuerst bauen darf. Das macht gerade im A-Deck viel Sinn. Überhaupt müsste man die Decks genauer angucken. Beim B-Deck geht es ja mehr um Gebäudesynergien, da kommt es mehr darauf an die richtigen Gebäude zusammen zu bekommen denn mehr zu haben als der Mitspieler.

  • Ich finde es eher ungewöhnlich, den unerfahren Spieler beginnen zu lassen, zumal ich mit meinem ersten Zug gleich viel erklären kann.

    Wenn schon, dann sage ich ihm, was er in seinem ersten Zug tun soll, daran kann man ja dann auch wieder viel erklären – aber sein Zug ist es dann nicht.

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