Ich hab eben im Ankündigungsthread für eine deutsche Heroquest Version folgendes Zitat von AndreMW gesehen:
Nur mit sehr viel Nostalgiebonus... dafür hat sich sehr viel weiterentwickelt.
Und eigentlich bin ich da auch genau seiner Meinung. Andererseits ... Die Frage, die ich mir seit einiger Zeit aber stelle, ist: Sind die heutigen Spiele wirklich "besser"? Ist komplexer besser? Ist "weiterentwickelt" immer besser?
Und da bin ich mir tatsächlich nicht mehr so sicher. Denn wirklich spannend waren - für mich - immer eher die seichteren Regeln. Mit Heroquest hatte ich unheimlich viel Spaß. Und das auch nicht in den 80er/90ern, sondern Anfang der 2000er, als bei meiner Spielgruppe damals ein kleiner Heroquest-Hype ausgebrochen ist. Damals kannten wir Sachen wie Descent 1st bereits. Und Descent hat uns alle einfach nur gelangweilt zurückgelassen. Aber Heroquest haben wir wie blöd gespielt - und 2/3 der Leute kannten das Spiel vorher nicht. Ausbalanciert war Heroquest auch nicht. Der Barbar war mit dem richtigen Schwert ausgerüstet quasi unbesiegbar und der Magier ist nach den Grundregeln buchstäblich nicht zu gebrauchen. Das Ganze etwas aufzubohren war aufgrund des seichten Regelkonstrukts total easy. Schnell dem Magier ein paar Magiepunkte gegeben und den Monstern die Lebenspunkte der UK-Ausgabe gegeben ... und zack war Heroquest ein völlig anderes Spiel. Descent hingegen? Für uns langweilig durch und durch. Sowohl die Aufmachung als auch das Setting als auch die Regeln. Wir sind als Helden durch alle Dungeons nur durchspaziert und sogar Elitedrachen und Elitedämonen haben kaum mehr als 2 Runden durchgehalten. Lame. Und wenn ich jetzt genauer drüber nachdenke: Mit Spielen wie Dungeon Saga, Shadows of Brimstone, Warhammer Quest, Zombicide, usw ... hatte ich rückblickend betrachtet immer sehr viel mehr Spaß als mit den komplexeren Vertretern wie Descent, Sword & Sorcery und so weiter. Vor allem das Zeitinvestment im Vergleich zum Spielspaß war bei den seichteren eigentlich immer besser. Soviel Zeit wie ich schon mit Regelstudien verschwendet habe, nur um am Ende dann im Grunde das selbe Ergebnis zu haben wie bei den seichten Spielen ... keine Ahnung. Was ist es, das komplexe Regeln besser machen soll, als seichte? Sind es taktische Möglichkeiten? Strategische Tiefe? Die kann ich aber auch bei seichten Vertretern haben. Und ein ebenso zufriedenstellendes Ergebnis bekommen. Finde ich spannend!
Nun möchte ich hier explizit nicht sagen, dass komplexe Spiele schlecht sind. Sind sie natürlich nicht. Spaß bringen die auch. Aber kann es nicht sein, dass ein Dungeon Crawler mit seichten Regeln "besser" ist? Dir gefällt das Spiel nicht, so wie es jetzt ist? Kein Problem. Füge einfach Regel XYZ hinzu und zack ... Problem gelöst. Du findest Roll to move scheiße? Kein Problem. Statt 1W6 Bewegung, hast du jetzt Bewegung 4. Ende.
Ich weiß nicht. Ich möchte das auch nicht unbedingt einfach als Geschmacksfrage abtun. Denn wie gesagt: Ob ich jetzt Heroquest spiele, mich mit dem Barbaren durch einen Haufen Orks schnetzle, Schätze zusammenklaube und am Ende dem Bossmonster den Kopf abschlage und dafür jeweils nur einen Würfel werfen muss ... oder ob ich jetzt Sword & Sorcery spiele und bis zum abgeschlagenen Kopf des Bossmonsters einen Haufen Mechaniken durcharbeiten muss ... ich sehe da tatsächlich - und das werden viele Leute vermutlich als Frevel ansehen - relativ wenig Unterschied. Spannung ist das, was man draus macht. Spannung liegt wenig an der Mechanik. Das seichte Regelkonstrukt gibt dir einfach schlussendlich mehr Möglichkeiten, als das komplexe (was fast schon verquer klingt). Meine Theorie ist deshalb "Komplexe Dungeon Crawler erreichen mit viel komplizierteren Mitteln exakt das gleiche, wie einfache Dungeon Crawler. Das einfache Spiel wird durch die Einfachheit aber modularer, was es letztendlich besser macht als komplexe Vertreter des Genres"
Disclaimer: Wir reden hier explizit nur von Crawlern, Das Mechanik in anderen Arten von Spielen sehr wohl wichtig sein kann, steht außer Frage.