Hier mal meine Eindrücke aus der Probepartie, die wir um 21 Uhr begonnen und um 4.30 abschlossen.
Gestern drei Anläufe gespielt mit zwei Spielern, um die Kampagne zu starten.
Kurzer Überblick:
Es geht darum, die Dulce Base zu verlassen, in dem man sich von - rein geographisch von unten nach oben - Level 6 zu Level 1 kämpft. Auf jedem Level muss man Räume öffnen, Encounter lesen, Tokens umdrehen und ein Computer Terminal und Portal finden. Hat man beides gefunden, kommt es zu einem Bosskampf des jeweiligen Levels, der vom Aufbau und Level skalierend in der Anleitung geschrieben steht. Dann geht es weiter ins nächste Level. Stirbt man zu häufig und kann durch Clone Tokens nicht wieder belebt werden, ist das Spiel vorbei.
Was macht es richtig gut?
Progression:
Die Encounterkarten sind sortiert auf 4 Niveaus. Jedes neue Level bietet härtere Encounter. Auf Level 4 und Level 2 tauscht sich das Loot Deck jeweils aus, so dass man immer bessere Waffen findet. Waffen/Items/Zeug findet man durch Würfelproben am Ende von jedem Kampf (oder eben auch nicht :D). Man fühlt sich dennoch an die Progression von Machina Arcana erinnert. Steh ich voll drauf. Auch, dass man die Türme nach oben klettert, erzeugt ein Gefühl des "Wir schaffen es!".
Initiativeleiste und AI-Skripte:
Zu Beginn eines Kampfencounters legt man Chips der Gegner und Helden auf die Initiativleiste. Da man selbst einen Würfel würfelt und seinen Speed für seine Ini dazu addiert, ist die Reihenfolge der Kampfrunden nicht immer gleich. Die Gegner bestehen aus Mini-Skripten, die ein wenig an Deep Madness erinnern, aber nahezu rein kampforientiert sind - man geht die Miniliste von oben nach unten durch, jeder Gegner hat Nah- und Fernkampfattacken in beliebigem Mix und sie fixieren auch immer unterschiedliche Gegner (zum Beispiel Faustschlag auf den mit der größten Stärke, dann Schuss auf den mit den geringsten Lebenspunkten).
Gegnervielfalt:
Es gibt eigentlich nur 5 Gegnertypen plus die Bosse. Für jeden Gegnertyp gibt es aber 6 Karten und für jeden Boss wiederum 4. Dadurch, dass sich auf allen Karten die Fähigkeiten und Skripte unterscheiden und durch die Progression auch immer andere Gegnerkombinationen entstehen, fühlt es sich extrem variabel an.
Waffen:
Die Kampfproben laufen zwar nur basierend auf einem D6 To-Hit-Roll, aber dafür unterscheiden sich die Waffen durch ihre Schadenswürfel: Wei0e Nahkampfwürfel, grüne Pistolenwürfel, blaue Alien-Waffen-Würfel, graue Experimentier-Waffen-Würfel, durchsichtige Psi-Waffen-Würfel (D6er, D8er etc.) Einfach sehr befriedigend. Siehe Progression.
Humor/Immersion:
Ein B-Sci-Fi-Movie-Spiel muss man können. Die Jungs von Sentient Cow Games wissen, wie man einem Setting gerecht wird. Da hören Lizardmen-Kämpfer in einem Raum Metal und werden durch Spieler überrascht oder man stellt selbst eine Musikbox mit passendem Tape in einem Raum an, um die Feinde abzulenken. Geschweige denn die abgefahrenen Helden (Doppelkopf-Kuh oder die mutierte Familie Smith). Encountertexte und Thema sind insgesamt absolut top. Auch die entstehenden Spielsituationen sind extrem unterhaltsam.
Level-Up-System:
Für Abschüsse und geschaffte Encounterkarten erhält man XP, steigt mit genügend XP ein Level auf, verbessert dadurch Werte (wie Zielgenauigkeit für To-Hit-Rolls) und hat auch immer mal wieder die Wahl, was verbessert werden soll.
Looting:
Wie schon oben angedeutet, gibt es drei Loot-Stapel mit sehr vielen Karten. Vielfalt ist stark gegeben. Aber auch die Gegenstände und Waffen sind extrem vielseitig. So findet man neben Alien-Waffen auch Plüschtiere, die man in den Raum werfen kann, um die Gegner abzulenken (werden gestunned auf der Ini-Leiste), oder Karten, die es Helden erlauben, andere Karten auszurüsten, weil man sie vorher nicht tragen konnte.
Was macht es nicht gut?
Taktik und Positionsspiel:
Es erinnert an Brimstone. Es geht nicht um Positionsspiel. Der Kampf ist rein von der Bewegung sehr statisch - man steht zusammen in einem oder angrenzenden Räumen und wirft sich die Würfel um die Ohren. Das lockern die Skripte halt extrem auf, aber wer taktische Tiefe sucht, wird sie hier ebenso wenig finden wie in Brimstone oder Secrets of the lost tomb. Aber um ehrlich zu sein, spielt Positionsspiel ja bei Sword & Sorcery auch keine Rolle. Secret Unknown Stuff macht da dem Spieler auch nichts vor. Da ist einem beim Lesen der Regeln schon klar, dass es darum nicht geht. Es geht nur darum, Raum zu Raum zu durchqueren und aufzuräumen.
Glücklastigkeit:
Das Spiel ist Amitrash pur - es ist nichts für Taktiker, nichts für Eurogamer. Hier wird alles über die Würfel entschieden. Und auch, wenn man Stats verbessert, läuft eben alles über Würfelproben. Pech beim To-Hit-Roll - schade. Pech beim Ini-Wurf - schade, bist du halt als letztes dran. Der Gegner hat immer Critical Hits und du nicht - schade. Klar gibt es Re-Rolls, aber die sind selten. Wer Würfelkämpfe hasst, wird hier nicht glücklich werden.
Regelbuch:
Insgesamt ist das Regelbuch verständlich geschrieben. Allerdings sind manche Passagen nicht ausführlich genug. Beispielsweise ist das Searching nicht klar genug geregelt und auch nicht, ob man mehrere Räume direkt "encountern" kann. Auch Tippfehler fallen negativ auf.
Fazit:
Es deutete sich an - für Leute wie mich, die Spiele wie Secrets of the lost tomb, Fortune & Glory und Brimstone mögen, ist Secret Unknown Stuff richtig, richtig gut. Die Progression der Encounter und des Loots motivieren, die Kämpfe sind kurz, knackig und fühlen sich trotz nicht existentem Positionsspiel abwechslungsreich an, was den Gegnerskripten geschuldet ist, und das Spiel bietet Höhen und Tiefen, weil eben vieles durch Würfelproben läuft und es dadurch extrem "swingy" ist. Sterben beide Helden, wodurch sie ihre gesamte Ausrüstung verlieren (je nach Level zumindest), kann das schon mal das Ende bedeuten, wenn danach nicht auch was zufällig Gutes für die Spieler bereit steht. Oder man findet genau die richtigen Waffen zur richtigen Zeit und knallt mit One-Shots sogar Bosse weg, weil alles richtig zusammen gelaufen ist.
Secret Unknown Stuff ist für Amitrash-Leute definitiv einen Blick wert. Es fühlt sich an wie ein Kampagnencralwer auf Crack, bei dem man in 4 Stunden eine komplette Kampagne gespielt hat und das Gefühl der Progression deutlich spürbar ist. Es taugt extrem für Leute, die das Gefühl eines Kampagnenspiels haben wollen, aber eben keine Zeit für lange und regelmäßige Sessions haben.
Das Spiel wird mindestens zwei weitere Teile bekommen, bei denen ich sowas von drin bin. Das Spiel hat Potential ein Klassiker in meinem Schrank zu werden, zu dem man immer und immer wieder gerne zurück kehrt. Die Einzel-Szenarien habe ich noch nicht gespielt - aber die lesen sich auch interessant und sind sicher eine zusätzliche willkommene Abwechslung zum "Roguelike"-Kampagnenmodus, der in 4 Stunden abgeschlossen ist.
Geiles Spiel! Hat sich gelohnt.