Schon erstaunlich, welche Spiele-Neuheiten man alle kennenlernen kann, wenn man wie ich ein arg schlechtes Namensgedächtnis hat, das auch bei Spielenamen keine Ausnahme macht. So kam es bei mir am Messefreitag dazu, dass ich einige Spiele angespielt hat, die ich so gar nicht - oder besser gesagt, unter anderem Namen - auf meiner erinnerten Liste hatte. Wobei ich dieses Jahr gar keine Liste habe, eigentlich, aber das ist eine Story, da bitte ich um Entschuldigung und kann keine Details nennen, die würde Euch nur verunsichern. Also bleiben wir lieben bei den erlebten Fakten:
[eAlbum=12,'slideshow','left'][/eAlbum]Die Baumeister des Colosseum von Schmidt : Wilkommen mitten im Mainstream. Wir bauen ein, na, wer errät ist? Genau, ein Colosseum soll gemeinsam errichtet werden. Damit wird auch das Spielende eingeläutet und die Pappstreifen des Gebäudekomplexes ragen dann formschön reihum aus dem abgedeckten Schachtelinlay. Sieht gut aus, hat ansonsten aber keinerlei Funktion. Aber Mainstream mag schönes. Zum Bau braucht es Handkarten mit Baustoffen. Die bekommen wir in gleicher Anzahl wie unsere passenden Landschaftsplättchen in unserer persönlichen Auslage. Der Kniff ist jetzt dabei, dass wir nur immer das innen an der Wegstrecke anliegende Landschaftsplättchen unserer Auslage hinzufügen dürfen, aber es dann für das neu innenliegende Landschaftsplätten eine allgemeine Ausschüttung an Handkarten mit Baustoffen gibt. Hirnverzwirbler light.
So erweitern wir unser Auslage um diverse Landschaftstypen und der Anzahl an Landschaften eines Typs und kassieren fleissig Baukarten. Allerdings nur bis zum persönlichen Handkartenlimit, das sich allerdings auch ausbauen lässt. Baustoffe werden dann zu ausliegenden Baustreifen des Colosseums und bringen Punkte. Dass es noch eine Endwertung gibt, hat uns der Erklärbar allerdings verschwiegen, eventuell wollte er uns nicht überfordern. Hatten wir dann selbst am Ende des Spiels herausgefunden. Änderte aber nichts am Spielgefühl, weil das war angenehm, nicht überfordernd und eher freundlich geprägt, weil die Mitspieler in eigenen Zügen eben mitprofitieren können. Solides Familienspiel oder auch für etwas mehr als Wenigspieler geeignet. Wer Finca und Paläste von Carrera mag, wird auch damit zufrieden sein. Mir hat es gefallen, in meiner Sammlung brauche ich es aber nicht, weil ich da ausreichend mit solchen Lieb-und-Nett-Spielen versorgt bin.
[eAlbum=10,'slideshow','left'][/eAlbum]Emoji von Pegasus : Kleine Schachtel, günstiger Preis, ein Haufen Karten und eine Anleitung. Mehr braucht es nicht, um Spielspass zu haben und den hatten wir. Auch wenn meine Mitspieler später meinten, dass sie nicht mit mir und dem Spiel gelacht haben, sondern eher aus leichter Verzweiflung, was ich da mal wieder für Neuheiten ausgegraben habe. Mir doch egal, ich nehme auch Verzweifelungslacher, wenn die ehrlich gemeint sind. Zudem glaube ich eher, dass die schlicht nicht zugeben wollten, dass der Spassfaktor auch bei denen durchaus gegeben war.
Der Spielablauf in einem Satz. Atem holen und ab damit: Einer hält eine Karte aus einer der drei Schwierigkeiten hoch, auf der Rückseite steht die Lösung und ein Tipp, während auf der Vorderseite diese Emojis abgebildet sind, die Ihr sicher von Eurem Smartphone kennt und nutzt. Verdammt neuer Satzanfang. Alle raten wild durcheinander, was dort mit diesen Emojis gemeint ist. Kommt niemand der Lösung nahe, gibt der Kartenhalter den vorgedruckten Tipp und der Richtigrater dann die Karte als Punktesammlung. Fertig. Den Rest Regeln erzählt die Bildergalerie.
Wer wie ich mit Emojis nicht viel anfangen kann, weil selber nicht genutzt als SMS-Schreiber der ASCII-Generation, der betrachtet diese Ansammlungen vom Grafiken einfach als Bilderrätsel und gut ist. Schon arg einfallsreich, was man damit alles texten kann. Ein Weinglass und mehrere Achten ergibt eben Weinachten. Was sonst. Die einfache Kategorie ist dann wirklich einfach, die höchste überfordertet uns allerdings mehrfach. Da hatten wir die Colosseums-Baumeister von Schmidt besser im Griff.
Mit den richtigen Leuten, die man wohl heutzutage Jugendliche nennnt, gespielt, könnte das echt der Renner werden. Ob dann aber der Kartenstapel reicht, wenn im Sekundentakt die richtige Lösung gebrüllt wird? Denn 60 Karten ergeben nur 120 Begriffe, da doppelseitig genutzt. Für den Mitbringpreis ok. Als lustiger Zeitvertreib ebenso. Also rechtzeitig zugreifen, bevor das Spiel nächstes Jahr verrramscht und dann endgültig ausverkauft ist. Obwohl, in Handyshops wäre es der ideale Quängelartikel an den Kassen. Gekauft zwar noch nicht, sicher aber morgen!
[eAlbum=11,'slideshow','left'][/eAlbum]Undercover von Frosted Games : In meiner erinnerten, obwohl nicht vorhandenen Liste hatte ich das Spiel als Deduktion mit Verräterelement abgespeichert. War es dann doch nicht. Stattdessen Plättchenlegen mit Memory-Elemente. Klingt wenig spannend und war es bis kurz vor Spielende auch. Dann hat es klick gemacht und die Feinheiten wurden mir klar. Somit von "ganz nett" auf ein "durchaus spielenswert" gerückt. Zwar noch weit entfernt von einem ultimativen Kauftipp, aber wer das Genre der abstrakten Legespiele mit übergestülpten Thema mag, wird hier gut bedient.
Unser Erklärbar hat uns leider die Hintergrundstory verschwiegen. Sahen wir so gehetzt aus? So erfuhren wir stattdessen dann, dass wir doppelseite Plättchen von zwei Nachziehstapel anlegen können oder eben auch schon liegende Plättchen umlegen. Dafür gibt es Punkte in sechs Farbkategorien, aber eben erst, wenn man weit auf diesen Punkteleisten gewandert ist. Deshalb überspringt man gerne Zielfelder bei der Punktezählung, wenn diese von den Mitspielern besetzt sind. Ansonsten kommt man kaum voran und hat den ersten Kniff des Spiels auch nicht verstanden. Für farbpassende Anlegeseite gibt es diese Punkte, sowie für die Farbe des Plättchen selbst. Wer sich sogar traut, das Plättchen auf die Undercover-Seite zu drehen, was in der Realität aber eher ein schlichtes Umdrehen ist, bekommt sogar einen Punkt mehr. Allerdings ist nicht direkt klar, welche Farbseite die Unterseite hat, die auch vormals die Oberseite gewesen sein kann. Entweder merken oder erschliessen, weil es nur begrenzt Farbkombinationen gibt und zwei mögliche Alternativen auch immer auf der Vorderseite gedruckt sind. Das ist dann der nächste Kniff des Spiels. Den dritten Kniff ergibt die eine Farbe, die man persönlich nur indirekt über die Rückseiten und Anlegestellen bedienen kann.
Ausreichend zügig gespielt, weil vorausschauende Mitspieler denken in den Zügen fernab der eigenen Aktion, kann sich so ein flottes Plättchengelege und Belauere um Punktevorlagen ergeben. Wer allerdings einfach so und irgendwie ohne ohne Kniff legt, lässt das Spielgeschehen verflachen. Somit braucht es die richtige Zielgruppe an Mitspielern, die so ein Spiel mag und den abstrakten Ansatz mit Logik und Erinnerung und Überblick zu schätzen weiss. Das war unsere Runde allerdings nicht und somit ist es bei 3 von 4 Spielern durchgefallen. Wären 4 Spieler meines Schlages am Tisch gesessen, es wäre sicher ein Kauftipp gewesen. Stattdessen muss man eben "mit dem" spielen, was einem so "zur Verfügung" steht. Und da ich inzwischen die Welt der Emoijs kennengelernt habe, kann ich hier sicher auch das passende setzen, um ja nicht missverstanden zu werden. Was also bedeutet das hier?
Persönliches Fazit des Messe-Freitags: Mit Fields of Green und in der absoluten Steigerung dann Bios Genesis habe ich dann noch die besten Spiele des Tages anspielen können. Von Fields of Green war ich angenehm überrascht, hatte ich es doch mit Cottage Garden verwechselt und erst später gemerkt, als es schon zu spät war, dass es die Neuinterpretation von Among the Stars ist. Das habe ich nie gemocht und hätte damit auch einen grossem Bogen um Fields of Grenn gemacht - zu unrecht. Tolles Spiel, weil die Kartenfunktionen direkt verständlich sind, denn was so ein Kornfeld macht, dass weiss man eben als Agricola-Jünger der Neuzeit. Spielt sich flüssig und man baut schön was auf. Durch das Drafting gibt es auch Interaktion, wenn auch wenig. Somit stören die Mitspieler dann auch nicht. Bei einer angepeilten Spielzeit von 45 Minuten aber für mich durchaus ok.
Dann Bios Genesis mit Termin (danke an AllThatJazz!) von Phil Eklund persönlich erklärt bekommen, bis dann sein Co-Erklärer eingesprungen ist. Die Anleitung ist dick und wie immer jedes Wort jedes einzelnen Satzes wichtig. In der Stunde unserer Anspielsession haben wie die kooperative Variante gewählt und wurden bestens durchs Spiel geleitet, weil uns so das Regelwerk nach und nach an direkten Spielbeispielen gezeigt wurde. Da steckt eine enorme Tiefe und Durchdachtheit drin. Danach könnt Ihr sicher problemlos als wissenschaftliche Assistenz im Bio-Gen-Chemie-Labor durchgehen.
Mal wieder steckt das Spiel voller Fakten, die alle bestens recherchiert sind. So zumindest mein Eindruck als Laie, bestätigt von einer Doktorin am Tisch. Spielerisch gibt es diesmal auch gute Mechanismen, die im Kern auf Würfelchancen beruhen und im Überstehen von Widrigkeiten. Gekauft und signiert lassen, weil solche Spiele unterstütze ich gerne. Da es jetzt schon dreifach im Freundeskreis gekauft wurde, wird es trotz aller Regelhürden sicher bald auf den privaten Spieletisch kommen. Wer sich da reinbeissen will, sollte ebenfalls kaufen!
Negativpunkt des Tages war die Partie Airlines von Golden Egg Games. Die Regelerlärung war schlicht in wichtigen Details falsch und unvollständig, so dass wir uns das Spiel mühsam anhand der Anleitung dann selbst Stück für Stück erarbeiten mussten, als wir auf immer mehr unklare Situationen trafen. Das Kartendesign ist von der Symbolanordnung schlicht unintuitiv, denn wer beschreibt zum Beispiel die allererste Aktion jeder Karte per Icon in der linken, unteren Ecke. Das Material ist billigst, denn die Plastikflieger sind arg deformiert. Ob da kochendes Wasser noch helfen kann? Der Spielablauf ist dazu dann noch langweilig und arg dem Zufall unterworfen. Nach City Council erneut ein Spiel, das im Prototypstadium steckengeblieben und vorschnell veröffentlicht wurde. Eine gute Redaktion würde dem Verlag gut tun. Aber warum Geld investieren, wenn man auch so Laufkundschaft bedienen kann? Dieser Verlag schadet der Branche und das muss so deutlich gesagt werden!
Euer Ralf "ravn" Rechmann