Spielwiesn 6.-8.-11. 2020

  • 50, 100 oder auch mal 200 Infizierte in direktem Zusammenhang mit einem einzelnen Infektionsereignis sind natürlich deutlich besser kontrollierbar als wenn die gleiche Anzahl von Fällen unabhängig voneinander aus den Nichts auftaucht, weil es wie am Anfang der Epidemie quasi jeden einfach so erwischen konnte, etwa ohne Maske beim Einkaufen oder bei Großereignissen.

    Genau dieser Tatsache haben wir das langsame Abfallen in den letzten Wochen zu verdanken. Auch die Ausbrüche in Schlachthöfen & Co machen keinen nachhaltigen Schaden mehr. Zwei bis drei Wochen später sind die Infektionszahlen in den jeweiligen Kreisen wieder auf dem Stand vor dem Ausbruch. Dass es die bisherigen Lockerungen so geben konnte, haben wir ganz wesentlich der Tatsache zu verdanken, dass die verbliebenen Ausbrüche wieder relativ gut kontrollier- und begrenzbar geworden sind, genau das ist der Unterschied zu früher.

    Richtig ist aber auch, dass Virus nicht so schnell tot zu kriegen ist, solange es immer wieder zu solchen mittelgroßen Clustern kommt. Diese Ausbrüche sind natürlich so gut es geht zu vermeiden, denn die entsprechenden Personen haben ja auch Sozialkontakte. Was die sich bei ihrer Religionsveranstaltung beim gemeinsamen Singen holen, können sie genauso auch auf der Arbeit an andere, incl. Risikopersonen, weiterverbreiten. Weiß jeder von uns, was seine Kollegen und Kolleginnen in ihrer Freizeit so alles machen? Ich glaube nicht.

    Oder mal umgekehrt gefragt, um das Ganze wieder etwas mehr on topic zu bringen: Was würden unsere Kollegen und Chefs wohl davon halten, wenn wir ihnen sagen, dass wir am Wochenende mit Dutzenden von Unbekannten Brettspiele gespielt haben, vier Personen am Tisch, Abstand zueinander rund ein Meter, mehrere Stunden, geschlossene Räume mit schlechter Belüftung, regelmäßiges Anfassen des gleichen Spielmaterials?

  • Stand heute würde ich sagen, dass die Pandemie von größeren Ausbrüchen am Leben gehalten wird: Schlachthof, Asylbewerber-Wohnheim, Paketlogistik-Betrieb, Restaurant Pre-Opening-Feier und diverse religiöse Zusammenkünfte (je radikaler und damit vernunftfeindlicher, umso eher). Insgesamt sinken die Zahlen eigentlich auf breiter Front von Woche zu Woche, aber einzelne Ereignisse machen immer wieder viel Fortschritt bei der Bekämpfung zunichte und sichern dem Virus das Überleben.

    Sind diese relativ kleinen, überschaubaren Ausbrüche aber nicht eigentlich genau das richtige? Damit erreicht man auf eine beherrschbare Art und Weise langsam eine Immunität in der Bevölkerung, ohne auf den hoch gepriesenen Impfstoff warten zu müssen. Diese Ausbrüche kann man in unseren Krankenhäusern relativ gut behandeln, ohne an die Kapazitätsgrenzen zu gelangen. Diese Ausbrüche kann man nachverfolgen und alle Kontaktpersonen identifizieren.

    Natürlich will keiner wieder die grassierende Epidemie, wie vor 2 Monaten. Aber diese kleinen Buschfeuer kann man gut austreten und wir gelangen als Gesamtbevölkerung schneller zur Immunität. Klar ist dabei natürlich auch, dass sich die Risikogruppe auch weiterhin von Veranstaltungen fern halten sollte.

    Das kannst du dir doch selbst ausrechnen, dass das nicht klappt. Bei 1000 Infektionen am Tag dauert das über 200 Jahre bis zur Immunität der Bevölkerung und dabei ist ja nicht mal klar wie lange die Immunität anhält, wie sehr der Virus mutiert und ob die Immunität dann noch wirksam ist.

    Zudem würde ich sehr gerne darauf verzichten die Krankheit zu bekommen. Auch wenn das Gesundheitssystem nicht überlastet, ist die Sterblichkeitsrate bei einem schweren Verlauf sehr hoch, weil immer noch wirksame Medikamente fehlen. Zudem bringt die Krankheit üble Nachwirkungen mit sich. Die Patienten müssen danach z.T. erst mal mehrere Monate in Reha, die Lungenfunktion kann dauerhaft eingeschränkt sein usw.

  • Oder mal umgekehrt gefragt, um das Ganze wieder etwas mehr on topic zu bringen: Was würden unsere Kollegen und Chefs wohl davon halten, wenn wir ihnen sagen, dass wir am Wochenende mit Dutzenden von Unbekannten Brettspiele gespielt haben, vier Personen am Tisch, Abstand zueinander rund ein Meter, mehrere Stunden, geschlossene Räume mit schlechter Belüftung, regelmäßiges Anfassen des gleichen Spielmaterials?

    Genau aus diesem Grund würde ich ohne Medikament/Impfung dieses Jahr da nicht hingehen und auch auf sonst keine große Massenveranstaltung.

    Das ist schade für mich (weil ich ggfs. Spaß daran hätte) und die Veranstalter (weil sie ja was verdienen wollen), aber das kann ich für mich nicht verantworten.

    Ach ja? Definier mir "normal"!

  • Bei 1000 Infektionen am Tag dauert das über 200 Jahre bis zur Immunität der Bevölkerung

    ...wenn niemand mehr geboren wird und alle Menschen in unserem Land noch 200 Jahre leben. :)


    Aber du hast natürlich Recht: Erreichen von Herdenimmunität ohne Impfung und Virusbekämpfung stehen im Widerspruch. Man kann nicht beides haben, und das ist aufgrund der Bösartigkeit dieses Virusses auch so weit voneinander entfernt, dass man mit Modellen wie Durchinfizieren von Untergruppen (etwa der jüngeren Bevölkerung) auch nicht wirklich weit kommt, ohne direkt größere Risiken für die öffentliche Gesundheit eingehen zu müssen.

  • Ich denke nicht, dass Herdenimmunität durch Durchseuchung direkt erstrebenswert ist. Weil, dafür ist die Krankheit zu gefährlich. Wenn wir die Immunität sowieso durch Impfung erreichen wollen, kann ich mir das krank werden vorher gerne auch sparen. Ich will sagen: Wenn man Covid19 bekommt (und nicht ins Krankenhaus muss) ist das nicht schlimm und passiert eben, aber es ist halt trotzdem nicht "gut".


    Ich hatte eigentlich geplant die Spielwiesn dieses Jahr zu besuchen, werde aber (Stand heute) wohl nicht hin gehen.

    Und zwar aus dem Grund (Stand heute), dass ich bei der Veranstaltung war, die Woche drauf drei mal niese und mich und meine Mitmenschen dann zwei Wochen verrückt machen werde, ob ich noch zum Arbeiten darf, direkt einen Test suchen muss und so weiter ...

    Davon abgesehen hoffe ich politisch (Stand heute) auf eine weitere Lockerung im Kleinen mit Verzicht auf Super-Spreader-Veranstaltungen und da zähl ich die Spielwiesn potenziell eher dazu.

  • Sind diese relativ kleinen, überschaubaren Ausbrüche aber nicht eigentlich genau das richtige?

    Würdest du das auch dann noch denken, wenn du selbst infiziert würdest?

    André Zottmann / Thygra Spiele - u. a. viel für Pegasus Spiele tätig
    Ich gebe hier generell immer meine eigene, ganz persönliche Meinung von mir.

    Einmal editiert, zuletzt von Thygra ()

  • Wenn man Covid19 bekommt (und nicht ins Krankenhaus muss) ist das nicht schlimm

    Junge Sportlerin kämpft mit Virus-Folgen: „Im Liegen hatte ich manchmal das Gefühl, ich ersticke“ - Wissen - Tagesspiegel


    Also ich möchte das nicht bekommen und "relativ kleine, überschaubare Ausbrüche" sind allein dadurch auch keine Option.

    Ich habe in meinem Post oben eigentlich ins gleiche Horn gestoßen. Man will es nicht haben. Man will keine Durchseuchung durch Infektion.


    Trotzdem denke ich, dass Fälle wie die der Sportlerin in jungen Jahren nicht die Regel sind ...

  • Hui... 57 Kinder und Jugendliche. Das könnte ein Problem für die Schulen werden. Auf der anderen Seite: Wenn Kinder infiziert sind, die Mitschüler aber nicht, und deren Eltern nicht, wäre das ja ein Indiziz für die Spekulation, dass Kinder keine große Rolle spielen.

    Wenn ich es richtig gelesen habe ist der Ursprung bei einer Person, die mehrfach in der City einkaufen war, obwohl er unter Quaratäne stand? Und genau das ist der Grund solche Veranstaltungen nicht stattfinden zu lassen. Es reicht ein Idiot. Mal sehen, wie es sich weiter entwickelt.

  • Wenn ich es richtig gelesen habe ist der Ursprung bei einer Person, die mehrfach in der City einkaufen war, obwohl er unter Quaratäne stand? Und genau das ist der Grund solche Veranstaltungen nicht stattfinden zu lassen. Es reicht ein Idiot. Mal sehen, wie es sich weiter entwickelt.

    Das ist das dzt. diskutierte Superspreader Modell.

    Nicht alle sind gleich infektiös, manche aber extrem wirksame Zerstäuber.

  • Genau da liegt das eigentliche Problem im Umgang mit dem Virus. Es ist nicht wirklich greifbar und begreifbar für die Allgemeinheit. Da gibt es abstrakte Statistikzahlen auf der einen Seite und konkrete Erkrankungen auf der anderen Seite, von denen man in seinem Umfeld mitbekommt. Solange man nicht selbst betroffen ist oder von einer nahen-vertrauenswürdigen Person über Betroffene informiert wird, bleibt es eine diffuse Gefahr, die man selbst nicht so recht einschätzen kann.


    Erst vor zwei Tagen erzählte mir meine Schwester, die in einer Reha-Klinik arbeitet (alle dort zum Glück mehrfach negativ getestet) und deshalb wesentlich direkt informierter im Thema ist als ich, dass zwei Bekannte ohne erkennbare Vorerkrankungen und unabhängig voneinander unter erheblichen Nachwirkungen der durchlittenen Corona-Infektion leiden. Genau solche Schilderungen machten mir erneut klar, dass ich mich nicht infizieren möchte, es aber kaum in der Hand habe, weil ich von der Vernunft der Anderen abhängig bin, sofern ich nicht in kompletter Selbst-Isolation die nächsten Monate verbringen möchte, was faktisch nicht möglich ist und auch nicht erstrebenswert.


    Ich vergleiche das mal mit dem Fahren auf einer kurvigen Landstrasse. Vor jeder Kurve musst Du schlicht darauf vertrauen, dass Dir niemand auf Deiner Spur entgegenkommt und damit einen Unfall provoziert. Dabei hindert eigentlich physisch nichts daran, dass jemand aus welchen Grund auch immer, die Gegenfahrbahn benutzt. Es ist eine gegenseitige Vereinbarung (in der StVO festgeschrieben), weil jeder weiss, dass nur so ein gegenläufiger Verkehr auf engen uneinsehbaren Raum möglich ist, der das Risiko eines Unfalls minimiert.


    Wenn ich durch Masken, Abstand und Hygiene-Massnahmen dafür sorgen kann, dass ich eine potentielle Ansteckungsgefahr für Andere minimiere, muss ich schlicht darauf vertrauen, dass mein Umfeld genauso dafür sorgt ... oder eben dieses Umfeld meiden, wenn mir persönlich die Gefahr zu gross erscheint. Und genau deshalb halte ich solche Massenveranstaltungen wie die geplante Spielwiesn für zu gefährlich nach meinem aktuellen Wissensstand.

    Content-Nachschlag gefällig? Brettspieltag.de – Das etwas andere Boulevard-Magazin der versammelten Brettspiel-Szene

  • Hallo,

    die Spielwiesn soll heuer anders ausfallen. Viele der größeren Verlage haben gemeinsam beschlossen, die Teilnahme dieses Jahr auszusetzen.

    Zitat von Rundschreiben Spielwiesn

    Corona setzte diesem alljährlichen Wachstum ein jähes Ende. Waren Anfangs noch so gut wie alle Verlage mit an Bord des Live-Events flatterte nach einer Sitzung des Spieleverlage e.V. eine Absage nach der anderen der Mitglieder ins Haus, trotz eines aufwändig konstruierten Hygiene-Konzepts.

    Um die ausfallenden Kosten zu kompensieren und die Veranstaltung als Spielefest trotzdem durchziehen zu können, werden nun Sponsoren gesucht. Diese sollen medial präsentiert werden.

    Liebe Grüße
    Nils

  • Ich war schon eine Zeit nicht mehr auf der Spielwiesn. Wie gut ist denn inzwischen deren Lüftungsanlage? Ich denke, auf einer solchen Veranstaltung dürfte der Schutz durch eine Maske eine Illusion sein.



    Vor fast zehn Jahren habe ich zwei Mal die Turnier-Arena dort ausgerichtet. Wenn 's richtig zuging, meine ich, war schon dicke Luft. :/

  • Wenn Veranstalter trotz weiterhin hoher Corona-Zahlen ihre Veranstaltungen am Rande des Erlaubten durchziehen wollen, als ob Corona nicht mehr existieren würde, dann freue ich mich über alle Aussteller und Besucher, die dem durch Nichterscheinen die rote Karte zeigen.

    Genehmigtes Hygiene-Konzept hin oder her. Realistisch betrachtet sind diverse andere größere Publikumsveranstaltungen vorher dran, den Pionier bei der Rückkehr zu einer neuen Normalität zu spielen, bevor es sinnvoll ist, sich mehrere Stunden lang in geschlossenen Räumen mit Wildfremden an einen Tisch zu setzen und gemeinsames Spielmaterial anzufassen. Soweit sollten doch eigentlich auch Brettspiel-Veranstalter denken können.

  • Ich freue mich sehr auf die Spielwiesn und werde wie jedes Jahr hingehen, es sei denn sie wird nicht zu sehr eingestampft.

  • Die Spielwiesn wurde nun abgesagt. Es ist wohl vernünftig. Mit Corona und abgespeckter Form hat es mich auch nicht mehr so wirklich gereizt.


    Hoffentlich wird 2021 ein besseres Jahr.

    Ich liebe nur Solo-Spiele mit Gewinnen-Verlieren Voraussetzung (keine reinen Highscore-Jagden)

  • Flohmarkt gibt es bei Darmstadt spielt, der Bring&Buy Flohmarkt wird es nur nicht geben. Wenn es wie letztes Jahr ist, dann ist der Flohmarkt aber auch wieder in einem separaten Gebäude.

  • Stuttgart scheint stattzufinden...


    Spielemesse | Messe Stuttgart

    Und jetzt mit 4 statt 2 Messe-Themen in einer Halle. Klingt schwer danach, dass da dieses Jahr auch viele Aussteller abgesagt haben.

    Das klingt jetzt leider nicht danach, dass es für die einzelnen Stände mehr Platz gibt um ein wenig Abstand zu ermöglichen. ?(

    Ich Frage mich auch wie das stattfinden soll. Bin seit Jahren dort Erklärbar und dieses Jahr will ich eigentlich nicht, mit mir Fremden an einem Tisch sitzen ..

    Wen ich hier im Forum lese das öffentliche Spieltreffs so gut wie nicht stattfinden bzw. da keiner da hin will, wer soll da kommen?

    Die Querdenker? Grusliger Gedanke..