Beiträge von MetalPirate im Thema „Sind für euch zu viele Erweiterungen ein Minuspunkt?“

    Aber warum man um das sehr gute Spiel SNOWDONIA z.B. einen Bogen macht, bloß, weil es Erweiterungen gibt - das will mir nicht in den Kopf.


    Wenn von irgendeinem Spiel beim Zeitpunkt des Erstkontakts schon zu viele Erweiterungen auf unterschiedlichster Ebene (Promo bis große Schachtel) existieren, dann gibt das bei mir mehr oder weniger viele Minuspunkte, weil

    • ich zusätzliche Zeit investieren muss, um mir eine Übersicht über das Erweiterungschaos zu verschaffen
    • es die Frage aufwirft, ob dem Grundspiel ohne Erweiterungen etwas fehlt
    • ebenso die Frage aufwirft, ob die ganzen Erweiterungen das Spiel sinnvoll ergänzen (wenn es denn schon in sich geschlossen und komplett ist) -- Beispiele für überflüssige Erweiterungsorgien gibt's zuhauf
    • man den Verdacht haben kann, dass der Verlag mit dem Produkt und dutzenden von Erweiterungen den Kunden ausquetschen will bis zum geht-nicht-mehr, was mir das ganze Ding unsympathisch macht
    • ich die Sammler-Stimme in meinem Kopf kenne, die mich dann mit "kauf mich!" ärgern wird und daher immer auch den Komplettpreis des ganzen Pakets mitdenke

    Hat nichts mit Snowdonia zu tun, gilt im Prinzip für jedes Spiel. Wichtig dabei: beim Erstkontakt. Wenn man das Wachstum von Anfang an mitmacht, sieht die Sache anders aus. Aber auch da ist irgendwann das Ende erreicht (Carcasonne, Agricola-Decks).


    BTW: Snowdonia oder Among the Stars habe ich mir dann doch irgendwann gekauft. Es ist nicht so, dass die Minuspunkte durch "zu viele Erweiterungen" nicht kompensiert werden könnten. Das Snowdonia-Beispiel kam übrigens nicht von mir. Das finde ich mit einer Handvoll Zusatzstrecken zu einem absolut fairen Preis gar nicht so unübersichtlich.


    Ein anderes Beispiel, wo ein meiner Meinung nach sehr gutes Grundspiel mit einer Unmenge von mehr oder weniger überflüssigen Erweiterungen und Promos dabei ist, seine Attraktivität für Neueinsteiger zu beschädigen, ist Keyflower. Laut BGG sind das inzwischen 7 Sachen, meiner Meinung nach mit tendenziell eher schlechtem Preis/Leistungs-Verhältnis und fraglichem Mehrwert. Wenn ich Keyflower heute erst kennenlernen würde, fände ich das auch ziemlich abschreckend. Und wenn man anderen sagen muss: "Kauf dir nur das Grundspiel, aber lass die Finger von den Erweiterungen" -- ist das wirklich eine gute Werbung für ein Spiel?

    @Kermeur und @[Tom]: könnte es sein, dass der eine von euch (Kermeur) Snowdonia seit der Entstehung verfolgt hat und der andere (Tom) erst später dazu gestoßen ist? Bei fast allen Spielen, die zum Zeitpunkt meines Erstkontaktes in der Summe von dem ganzen Erweiterungsgedöns (d.h. richtige Erweiterungen, Mini-Erweiterungen, Stretch Goals, Promos, Print&Play-Ergänzungen, Fan-Erweiterungen, etc.) auf über 5 Artikel in mindestens 3 verschiedenen Gruppen kommen, finde ich das auch in aller Regel so verwirrend, dass ich erstmal abgeschreckt bin. Wenn man das Spiel aber von Anfang an kannte, vielleicht auch mal eine Erweiterung gekauft hat, und so das Wachstum eins nach dem anderen miterlebt das, dann ist das auf einmal alles gaaaaanz einfach... ;)

    Oder man sagt sich: das ist ja derart unübersichtlich, da fange ich erst gar nicht mit an.


    Das war definitiv bei Among the Stars bei mir der Fall. Das Beispiel zeigt übrigens auch, wie ein Verlag eine Unmenge an Stretch Goal und Promos wieder etwas in den Griff kriegen kann: ein Bündel schnüren aus allem, was an mehr oder weniger sinnvollem Zusatzkrempel zuvor erschienen ist. (Was bei AtS aber auch nur zu 95% gelungen ist; da gibt's immer noch 2 BGG-Store-exklusive Mini-Erweiterungen.)


    Was die Verlage aber verhindern können, indem sie die Karten selbst für zweistellige Eurobeträge anbieten.


    Wenn bei Ebay immer die gleichen Leute seltene Promos immer wieder anbieten, dann könnte man durchaus auf die Idee kommen, dass da Leute, die näher an der Quelle sitzen, ihr Einkommen etwas aufbessern.

    Der Übergang zwischen "richtiger Erweiterung" und kostenloser Promo ist doch völlig fließend. Bei der Messe in Essen habe ich z.B. festgestellt, dass man sich über einen Preis von ~5 EUR für einen "Promo"-Artikel nicht mehr wundern sollte. Was am Ende zählt, ist der Gegenwert, den man für sein Geld erhält. Da fallen mir manche Verlage positiv auf und manche eher negativ. Interessanterweise sind die Verlage, die tendenziell übertrieben viele Erweiterungen rausbringen, auch die gleichen, bei denen dann auch das Preis/Leistungs-Verhältnis der (Promo-/Mini-)Erweiterungen dann auch eher schlecht ist. (HiG und insbesondere Queen dürfen sich da angesprochen fühlen.)

    Die ursprüngliche Frage hier, ob auch andere Spiele pauschal ablehnen, nur, weil es Erweiterungen für sie gibt, scheint derweil beantwortet worden zu sein: Nein.


    Als Ersteller des Startpostings erlaube ich mir eine kleine, aber wichtige Korrektur: ich frage, ob die Existenz von zwei und mehr Erweiterungen für ein Spiel als kritisches Zeichen zu bewerten seien, denn dass eine Erweiterung oft (meistens?) einen Mehrwert bietet, dürfte unstrittig sein.


    Für mich hat sich dieser Eindruck, 2+ Erweiterungen eher kritisch zu sehen, im wesentlichen bestätigt, auch wenn ein paar Anpassungen zu machen sind. Vor allem diese: Wenn ein Grundspiel von vorn herein als eine Art "Baukastensystem" ausgelegt ist, dann können viele Erweiterungen der Form Karten/Szenarien/ähnliches absolut sinnvoll sein.

    Die Existenz einer Erweiterung ist aber selbstverständlich auch hier ein guter Indikator für überzeugende Verkaufszahlen.


    So isses. Gute Verkaufszahlen => Erweiterung. Und da SjJ fast automatisch schon gute Verkaufszahlen garantiert, haben seit Siedler von Catan (was sich um Größenordnungen öfter verkauft haben dürfte als alle SdJs davor) die SdJ-Titel fast alle Erweiterungen.



    Beim Blick auf ausgezeichnete Spiele der letzten Jahre, z.B. über SdJ-Liste, z.B. unter http://de.wikipedia.org/wiki/Spiel_des_Jahres hier, kann man übrigens auch sehen, dass die Anzahl von Erweiterungen (nicht in der Liste, muss man kennen) durchaus mit dem Verlag korreliert. Zoch, Ravensburger oder Huch sind eher zurückhaltend, bei Kosmos ist es gemischt (Erweiterung nur bei sehr erfolgreichen Titel, dann aber auch gerne exzessiv), während am anderen Extrem Hans im Glück und Queen Gamen das Potenzial, Erweiterungen bis zum Erbrechen nachzuschieben, schon ziemlich ausreizen: Bei Ohne Furcht und Adel, Stone Age, Brügge oder St. Petersburg kann man über den Mehrwert der Erweiterung noch streiten, aber bei 2x El Grande, 2x Thurn & Taxis, 9x ? Carcassonne; 5x ? Alhambra, 3x Fresko oder 2x Kingdom Builder ist es fraglich, ob es da immer mehrere Erweiterungen bedurft hätte. Für mich sind das Beispiele für sinnlose Erweiterungsorgien, die meine Meinung zu dem entsprechenden Verlag sicher nicht erhöhen.

    Ich denke, dass der Anspruch einer Erweitung nicht unbedingt ist, ein Spiel noch besser zu machen, sondern es variabler zu gestalten.


    Wenn vorher mangelnde Variabilität ein klarer Minuspunkt eines Spiels war, dann ist "steigern der Variabilität" doch gleichbedeutend mit "besser machen", oder? Es ist gar nicht soooo selten, dass Erweiterungen fehlende Variabilität ausgleichen. (Beispiele: Säulen der Erde, Archon - Glory and Machination)


    Beim Ziel "variabler machen" würde ich dir auch nur halb recht geben. Meine Feststellung ist, dass ich insbesondere die Erweiterungen mag, die ein Spiel komplexer machen. Sowas wie z.B. Tzolk'in oder Dungeon Petz (DP + Erweiterung Dunkle Gassen gibt ein Strategie-Schwergewicht, das sich vor den üblichen Verdächtigen wie Vinhos & Co nicht verstecken muss, ganz im Gegenteil). Werden nur Mechanismen auf gleicher Komplexitätsstufe hinzugefügt, dann wird das Spiel nach meiner Erfahrung oft nur fummeliger, aber nicht interessanter. Daran kranken viele der Erweiterungsorgien erfolgreicher Spiele (Alhambra, Carcasonne, Agricola-Decks, ...) oder auch Zeugs wie die Brügge-Erweiterung (eine Handvoll aufgesetzt wirkender Module, eines überflüssiger als das andere).

    Es kommt hochgradig selten vor, dass eine Erweiterung nur deshalb erscheint, weil das Grundspiel sie braucht.


    Dass eine Erweiterung ein Spiel von mittelmäßig auf gut hebt, ist tatsächlich eher selten (da fällt mir nur Speicherstadt/Kaispeicher ein), aber dass eine Erweiterung gezielt an den Schwächen arbeitet, ist nicht ungewöhnlich. Beispiel-Problem: Kunden und Reviewer bemängeln, dass immer die gleichen 12 XYZ-Plättchen im Spiel sind. Lösung: Erweiterung enthält 12 weitere XYZ-Plättchen und in Zukunft sind 12 zufällig gewählte Plättchen aus den jetzt 24 Plättchen zu nehmen.


    Gesteigerte Auswechslung durch "mehr vom gleichen". Klassisches Muster bei Erweiterungen, z.B. "Neue Gesetze" bei Lancaster, was ich nie ohne eine zufällige Auswahl aus allen Gesetzen spielen würde. Ebenso üblich ist, dass bei Kritik an fehlender Interaktivität die Erweiterung klar darauf eingeht. Beispiele: Dominion Intrige oder die Ballonfahrerin/Riese Mini-Erweiterung von Helios. Die Verlage wären ja auch blöd, wenn sie beim Design der Erweiterungen die Kritikpunkte am Grundspiel nicht aufgreifen würden.


    Was ist aber an einer Erweiterung schlimmer als an einem neuen Spiel? Entscheidend ist doch nur, ob es genügend Menschen gibt, die sich über die Erweiterung freuen und sie gerne kaufen und spielen.


    Jein. Ich kann mich recht gut von Sammlertendenzen fernhalten und muss nicht alles haben. Wenn ich eine Erweiterung für unverhältnismäßig halte beim Verhältnis zwischen spielerischem Mehrwert und Preis, dann kaufe ich sie nicht. Wenn sie trotzdem anderen gefällt: ist doch gut, sollen diese anderen damit glücklich werden, betrifft mich nicht.


    Was ich aber sehr wohl mache, ist, den Verlag nach seinem respektvollen Umgang mit den Kunden zu beurteilen und wenn da jemand z.B. wie jetzt kürzlich Rio Grande Games eine "Dominion Fan Edition 1" für 35 EUR UVP (!!) herausbringt, die nichts anderes enthält als 60 Kupferkarten, 40 Leerkarten, Sortierhilfen, ein paar Promoartikel und eine leere Pappschachtel ("Reisebox"), dann ist dieser Verlag bei mir unten durch. Auch wenn mich das Produkt selbst kein bisschen interessiert.

    Wenn ich mich für ein Spiel interessiere und dann sehe, dass es zwei und mehr Erweiterungen dafür gibt, dann sinkt mein Interesse rapide. Gute Spiele sind schon als Grundspiel gut und vollständig, sie brauchen keine Erweiterung. Im Einzelfalle ist eine Erweiterung durchaus interessant, insbesondere wenn sie die Komplexität des Spiels um eine Stufe erhöht. Ein gutes Beispiel wäre für mich die Tzolk'in Erweiterung, die für mich einen klaren Mehrwert hat, und zwar für Kenner das an sich schon guten Grundspiels. Aber gibt es überhaupt irgendein gutes (Euro-)Spiel mit mehr als einer guten Erweiterung?


    Sobald für irgendein Spiel zwei und mehr Erweiterungen existieren, frage ich mich immer, ob das überhaupt noch sinnvoll sein kann. Entweder die Erweiterungen sind unnütz oder das Grundspiel ist unvollständig, eines von beiden, dazwischen ist wenig Platz. "Viele Erweiterungen" hat immer etwas von Geldmacherei und auch "unvollständiges Grundspiel" ist dabei keinesfalls abwegig, denn das ist exakt das Konzept von den ganzen (versteckten) Sammelspielen, bei denen der Kunde mit einem Basisset angefixt wird und dann für viel Geld immer wieder überteuerte Erweiterungen kaufen soll, in dem verzweifelten Versuch, ein unvollständiges Spiel zu vervollständigen. Motto: "Das Spiel XY ist dir zu eintönig und seicht geworden? Ja, du bist jetzt der große XY-Meister, das ist normal, aber kein Problem, hier sind die Erweiterungen B, C und D für XY, alle nur 30 EUR, mit denen hast du wieder von vollen Spielspaß!" (mein Musterbeispiel: Dominion). Sowas mag ich überhaupt nicht. Die Existenz allzu vieler Erweiterung ist für mich daher ein klarer Minuspunkt. Wie seht ihr das?