Beiträge von Kuh des Grauens im Thema „Der Herr der Ringe - Das Kartenspiel“

    Ich habe endlich die ersten Schritte im Herr der Ringe LCG unternommen. Lange Zeit bin ich um das Spiel herumgeschlichen, bis ich letztes Jahr im Zuge der Neuauflage dann doch schwachgeworden bin und das Grundspiel gekauft habe. Und direkt danach noch den Harad Zyklus, da dieser komplett zu haben war und mich das Setting einfach krass reizt. Wieso habe ich nicht eher zugeschlagen? Ich hatte Angst vor dem Deckbau und vor dem Puzzle, für jedes Szenario ein eigenes Deck zu bauen bzw. zu optimieren.


    Regeln

    Die Regeln finde ich FFG LCG typisch nervig. Mich stört ja schon immer diese Aufteilung in Spielanleitung und Referenzheft. Wobei ich das Herr der Ringe Regelwerk deutlich eingängiger finde, als die beiden anderen großen kooperativen LCGs. Das Referenzheft wurde deswegen seltener bemüht. Es liegt aber immer noch neben dem Spieltisch aus, damit ich die Aktionszeiträume im Blick habe. Sprachlich finde ich manche Übersetzungen wie bspw. Aufmarschzone nervig, weswegen ich den Spielanstieg auch etwas sperrig beurteile.


    Erster Eindruck

    Die erste Partie habe mit zwei von den vier vorgeschlagenen Monosphärendecks gespielt. Zweihändig solo werde ich auch weiterhin beibehalten. Die erste Partie war vor allem durch das Nachschlagen von vielen Regeln geprägt. Ein richtiger Spielfluss kam kaum auf und die Partie habe ich auch leicht gewonnen. Die zweite Partie mit den zwei anderen Sphärendecks war hingegen richtig cool. Ich musste viel länger überlegen, öfters schwierige Entscheidungen treffen und war lange Zeit im Hintertreffen, da die vielen Gegner erbarmungslos auf meine Helden eingedroschen haben und ich auch schnell 2 Helden verlor. Dank Glorfindel und Gandalf habe ich das Szenario aber noch einmal herumgebogen und die Bedrohung mit 49 knapp eingehalten. Nach einem kurzen einhändigen Testlauf ging es mit Szenario zwei weiter.


    Weitere Partien

    Hierfür habe ich solo zweihändig mit den jeweils 2 Sphärendecks aus dem Regelwerk gespielt. Und bin hart auf die Fresse geflogen. Direkt in der ersten Runde war ich mit zwei Trollen konfrontiert und leider war mein Bedrohungslevel hoch genug, weswegen ich auch ziemlich schnell verkloppt wurde. Im Nachhinein wäre hier wohl ein Mulligan sinnvoll gewesen. Habe das Szenario ziemlich schnell verloren. Direkt noch einmal probiert und dieses Mal lief es deutlich besser und wog richtig lange hin und her, bis ich am Ende knapp gewinnen konnte. Die Bedrohungsbeschränkung von 50 als Niederlagenbedingung klappt bisher hervorragend bei mir. Tolles Pacing.


    Das dritte Szenario hat mich dann kopfkino technisch umgehauen. Direkt der schöne Kniff am Anfang und hier hat einfach alles gepasst. Wie in den Büchern kam Gandalf immer wieder kurz für eine Phase reingerauscht, hat irgendetwas episches fabriziert und war dann wieder weg. Durch ihn konnte ich im letzten Moment den Hügeltroll abblocken und u.a. in einem richtig hirnverbruzzelnden Kampf den Nazgul besiegen. Auch hier konnte ich wieder mit einem Bedrohungslevel von 49 gewinnen. Danach habe ich noch mit einer Kampagne begonnen und selbst etwas Deckbau betrieben. Szenario 1 lief wie geschmiert. Im Szenario 2 sah es auch sehr lange gut aus. Letztendlich bin ich gegen eine Kombination aus unglaublich vielen Orten und einem Hügeltroll / Warge mit mehreren Verratskarten krass abgeschmiert. Da habe ich direkt die ersten Probleme in meinem Deck erkannt.


    Jetzt darf das Herr der Ringe LCG erst einmal wieder in den Schrank. Es hat mir viel Spaß gemacht und wird in den nächsten Jahren öfters auf den Tisch kommen. Unerwartet tolles Spiel.


    8,5 von 10 auf BGG


    Vergleiche

    Ein Vergleich mit den anderen beiden Fantasy Flight Living Card Games bietet sich natürlich an. Das Marvel Champions Grundspiel habe ich ziemlich oft gespielt. Aufgrund der Übernahme eines größeren Pakets habe die ersten drei Erweiterungen und die dazugehörigen Helden und Szenarien Packs zwar auch daheim, das ganze Material ist aber noch unbespielt. Das Arkham Horror LCG Grundspiel habe ich ebenfalls schon öfters gespielt. Dazu auch einige Szenarien (Mord im Hotel, Blob) ausprobiert. Die ersten drei komplette Zyklen Erweiterungen sind da. Allerdings wiederrum noch nicht gespielt.


    Am Marvel Champions LCG gefällt mir besonders gut:

    • der schnelle Auf- und Abbau: Heldendeck herausholen, ein paar Karten rausnehmen, Schurke + Nebendeck + Gegenspielerkarten heraussuchen, beides mischen und schon geht es los. Das passiert in kürzester Zeit.
    • Die kurze Spielzeit. Marvel Champions kriege ich mit Auf- und Abbau in 45 Minuten gespielt und habe dabei jedes Mal eine gute Zeit.
    • True Solo habe ich das Arkham Horror LCG und Lotr zwar auch ausprobiert, aber bei Marvel finde ich dieses Vorgehen vom Schwierigkeitsgrad deutlich einfacher als die anderen beiden LCGs. Ebenso habe ich hier den Eindruck, dass nicht viele möglichen Synergien durch True Solo verloren gehen. Marvel spiele ich also True Solo, die beiden anderen Spiele hingegen solo zweihändig.
    • Ich mag die vorgefertigten Heldendecks und die Tatsache, dass sich die Helden wirklich deutlich anders voneinander spielen. Die Helden verfügen über 15 eigene Heldenkarten und schaffen hierdurch schon eine große Abgrenzung zu anderen Helden.
    • Durch die Paarung von Schurken mit unterschiedlichen Nebendecks ergeben sich immer wieder neue Kombinationen, die man zusätzlich mit den diversen Helden ausprobieren kann. Jedes Spiel unterscheidet sich durch die vielfältigen Kombinationsmöglichkeiten von den vorherigen Partien.
      Gefühlt hat die Grundspielbox das beste Preis-Leistungsverhältnis der LCGs, da die Schurken durch die Nebendecks immer wieder einen besonderen Kniff bekommen. Es steckt somit einiges an Varianz im Grundspiel drin.
    • Spielmechanisch finde ich den Kniff mit der Alter Ego Seite und der Heldenseite am interessantesten. Das ergibt sowohl im Rahmen der Vorlage Sinn und sorgt für einige spannende Entscheidungsoptionen.
    • Marvel Champions spielt sich insgesamt ausgesprochen fluffig und schnell.
    • Das Spiel ist mMn deutlich leichter als die beiden anderen LCGs.



    Am Herr der Ringe LCG gefällt mir besonders gut:

    • Das Thema. Während ich mit dem ganzen Lovecraft Gedöns und mit Superhelden nichts anfangen kann, zählt Herr der Ringe zu meinen absoluten Lieblingsfranchises. Auch wenn das Spiel nicht wirklich vor Atmosphäre und Immersion trieft, so finde ich es doch cool mit Glorfindel und Denethor in ein Abenteuer zu ziehen. Ebenso finde ich die meisten Kartenauswirkungen passend zur Ihrem Namen bzw. der Herr der Ringe Vorlage.
    • Die grafische Gestaltung (mal abgesehen von den Rückseiten der Karten) weiß zu begeistern und bringt das Setting sehr gut rüber.
    • Mir macht es sehr viel Spaß drei verschiedene Helden zu steuern, deren jeweilige Eigenschaften gut zu nutzen und sinnvolle Synergien zu finden. Alleine schon die Wahl der drei Helden will gut vorbereitet werden, da diese sich teils deutlich unterscheiden.
    • Dadurch fühlt sich das Spiel auch sehr danach an, mit einer Abenteuertruppe durch die Wildnis Mittelerdes zu reisen, Gefahren zu trotzen und feindliche Pläne zu stürzen.
    • Dieses Abenteuergefühl wird durch die verschiedenen Phasen des Spiels mit der Aufmarschzone, der Reisephase und den Kämpfen gut unterstützt. Spielmechanisch ergibt das auch alles Sinn finde ich.
    • Mir gefällt die Entscheidungstiefe des Spiels. Ich finde das Herr der Ringe LCG in seinen Entscheidungen deutlich komplexer als das Marvel Champions LCG und auch insgesamt fordernder als das Arkham Horror LCG. Alleine die Planungsphase fordert mir öfters mehrere Minuten ab, weil genau abgewägt werden muss, welche Helden bzw. Charakter für welche Aktion (Abenteuer stellen, Verteidigung, Angriff) eingesetzt werden sollten. Des Weiteren ist oft das richtige Timing der ausspielenden Karten wichtig, da hier viel Optimierungspotenzial liegt.
    • Die Unterschiedlichkeit der vier Sphären ist deutlicher ausgeprägter als bei Marvel Champions, weswegen der Deckbau mMn um einiges wichtiger ist. Außerdem macht es wirklich Spaß, die verschiedenen Sphären miteinander zu kombinieren.
    • Den thematischsten Deckbau finde ich hier vor. Durch die Helden, Charaktere, Verstärkungen usw. stelle ich mir es leicht vor (viele Karten vorausgesetzt) verschiedene thematische Decks zu bauen. Und dann wird einfach mal ein Deck rund um die Elben entwickelt. Oder um die Ents mit Merry/Pippin (hoffentlich geht das mit den Erweiterungen).



    Am Arkham Horror LCG gefällt mir besonders gut:

    • Die Kampagnenstruktur überzeugt. Je nachdem wie gut oder schlecht ich in einem Szenario abgeschnitten habe, ergeben sich Änderungen für die nachfolgenden Szenarien. Dadurch gibt es auch einen gewissen Wiederspielwert, weil es verschiedene Auflösungsmöglichkeiten der Szenarien ermöglicht. Außerdem werden manche Status von einem Level ins nächste Level übernommen.
    • Während ich in den beiden anderen LCGs die Immersion vor allem über das Kopfkino erlebe, so gibt mir Arkham eine Story mit Texten, Auflösungen, Twists und Überraschungen an die Hand. Und das macht es in meinen Augen richtig toll. Ich will immer wissen, wie es weitergeht und harre gespannt den nächsten Szenarien.
    • Durch das Erfüllen von bestimmten Aufträgen, Töten von Monstern und abschließen von Missionen bekommt man Erfahrungspunkte und nutzt diese zwischen den Szenarien zum aufleveln und bekommt hierdurch bessere Karten in sein Deck.
    • Man spielt nicht nur Karten aus bzw. aktiviert diese, sondern hat immer drei Aktionen pro Runde und kann damit bspw. Karten und Ressourcen nachziehen, sich zu anderen Orten begeben oder eben Karteneffekte auslösen.
    • Die Reise- bzw. Ortsbewegungen sind wirklich auf einer Art „Karte“ abgebildet. Ich reise von Ort zu Ort, schaue erst einmal nach, was sich hinter einem Ort verbirgt, löse Hinweise und mache spezielle Ortsaktionen. Für mich fühlt sich das viel realer als die Reisemöglichkeit im Herr der Ringe LCG.
    • Während im MC sich die Helden u.a. auch durch die 15 einzigarten Heldenkarten anders spielen, so sind die Charaktere im Arkham Horror Kartenspiel auf eine subtilere Art unterschiedlich. Jeder Held hat zwar etwas andere Stats, eine spezifische Eigenheit, ein einzigartiges Item und eine dazugehörige Schwäche. Die Andersartigkeit der Helden kommt allerdings, vor allem durch den Deckbau um die Merkmale des Helden herum, zum Tragen. Deswegen empfinde ich hier die Deckbaumöglichkeiten bzw. das Zusammenstellen des Decks am spaßigsten.
    • Dadurch fühlen sich die Charaktere sowieso schon unterschiedlich an. Durch die fünf verschiedenen Spezialisierungen (Wächter, Mystiker usw.) kommt nochmal richtig Pfeffer ins Spiel, weswegen sich die verschiedenen Heldenklassen vollkommen divers spielen lassen können. Das gefällt mir total und toppt in meinen Augen die anderen beiden LCGs.
    • Generell mag ich den Chaosbeutel lieber als die Kartenzieh- und Aufdeckmechanik bei der Bestimmung der Gegnerangriffe in den anderen beiden LCGs. Auch bin ich ein Freund von den vielen durchzuführenden Tests anhand der verschiedenen Eigenschaften der Charaktere.
    • Fan Made Content gibt es für alle LCGs. Hier finde ich die Bandbreite am interessantesten. Ehrlich gesagt habe ich richtig Lust die coolen Settings der Fan Szenarien wie bspw. Eldritch Pokemon, Alice im Wunderland und Against the Wendigo auszuprobieren.


    Fazit

    Insgesamt gefallen mir alle drei LCGs sehr gut. Sie spielen sich zumindest mechanisch öfters ähnlich, aber dann sind doch wieder viele Nuancen anders gelöst worden. Deswegen unterscheidet sich das Spielgefühl jeweils deutlicher voneinander, als ich im Vorfeld angenommen hatte. Insofern möchte ich auch keines der drei LCGs missen, sondern diese in den nächsten Jahren weiter erkunden. Das Arkham Horror LCG gefällt mir aufgrund der thematischen Story sowie der Ortsreisemöglichkeiten am besten. Das Marvel LCG werde ich aufgrund der kurzen Auf- und Abbauzeit wahrscheinlich am häufigsten spielen.


    Allerdings verspüre ich das etwas seltsames Gefühl, den LCGs nicht wirklich gerecht zu werden. Alleine mit den bereits bei mir vorhandenen Erweiterungen, könnte ich mindestens ein Jahr nichts als diese drei LCGs spielen. Gerade für das Lotr LCG und Arkham Horror LCG gibt es noch Unmengen an Material im Handel. Davon habe ich nicht einmal ein Drittel zu Hause liegen. Wahrscheinlich machen alle drei Spiele am meisten Spaß, wenn man sich wirklich mit Ihnen beschäftigt, Zeit in den Deckbau investiert und diese Decks dann ausprobiert, analysiert und weiter verbessert. Also klare Life Style Games. Bisher sind meine Bewertungen 8,5 – 8,5 – 8 nach BGG und ich denke jedes LCG könnte noch einmal einen deutlichen Sprung machen, wenn ich mich in das Erweiterungsmaterial stürze, neue Mechaniken, Helden und Schurken erlebe und mehr Zeit in den Deckbau investiere.


    Gleichzeitig habe ich auch ein Faible für Bossbattler wie KDM / ATO sowie Dungeon Crawler wie Middara und Gloom-/Frosthaven hier rumliegen. Ebenso gibt es für mich noch viel in Spirit Island, Frostpunk, Etherfields und Robinson Crusoe zu entdecken. Und alle diese Spiele machen wir dann noch einen Tick mehr Spaß. Und das sind auch alles Riesendinger. Und alles möchte ich spielen. Da noch Zeit für mehrere LCGs einzuplanen? Mhm schwierig. Aber: Irgendwie finde ich die LCGs trotzdem einfach cool und möchte immer mal wieder ein Päckchen aufmachen, einsortieren und mich an der wachsenden Sammlung erfreuen. Spielen werde ich das ganze sowieso irgendwann. Hoffentlich. Auch wenn es erst in 5 Jahren sein sollte.


    Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Ich bin die Kuh des Grauens und ich mag kooperative LCGs.

    Alle kooperativen LCGs.

    Leider.