Beiträge von MetalPirate im Thema „Der große "Warum sind Rabattschlachten (k)ein Problem für die Brettspielbranche"-Diskussionsfred“

    Das vom Kunden abschöpfbare Geld ist nunmal begrenzt, daran ändern auch neue Vertriebsmodelle nichts. Wenn alle Verlage z. B. gleichzeitig ihre Preise verdoppeln würden, würden die Käufer nicht automatisch doppelt soviel zahlen, sondern eher nur halb soviel kaufen und noch mehr selektieren.

    Grundsätzlich sehe ich das ganz genauso. Die zur Verfügung stehende Geldmenge der Kundschaft ist nun mal endlich. Vor allem, und das ist dann doch irgendwo ein recht spezielles Problem der Brettspiel-Blase, wächst sie nicht im gleichen Maße mit wie das durchschnittliche Brettspiel immer mehr Zeugs für immer mehr Geld wird.

    Jedoch ist das Brettspiele-(Kauf)-Hobby kein geschlossenes Bezugssystem, sondern steht im Wettbewerb mit anderen Geldausgaben. Auf dieser Ebene, d.h. letztendlich auf Kosten anderer möglicher Hobbys, würde es denjenigen, die mit Spielen ihre täglichen Brötchen verdienen, dann doch wieder helfen, wenn man ihre Arbeit mehr wertschätzen würde und z.B. den "fairen" Preis von Spielen weniger in Kilos von Spielmaterial samt ihrem Deluxifizierungsgrad bemessen würde.

    Da muss man dann doch irgendwo konstatieren, dass andere Anbieter von Hobbyleistungen offensichtlich besser von ihrer Arbeit leben können. Vielleicht ist es auch schlicht zu einfach, beliebig weit aufgemotzte Durchschnittsspiele in China herstellen zu lassen, um sie mit Influencer-Werbung und Crowdfunding zu vermarkten. Auf der einen Seite gut, dass im Prinzip jeder diesen Marktzugang hat. Auf der anderen Seite blöd für die gesamte Branche, wenn es jeder dahergelaufene Möchtegern-Autor dann auch wirklich tut...

    Warum begründen eigentlich die genau gleichen Leute, die sonst (zurecht!) gerne mit "es interessiert mich nicht, was du mal dafür gezahlt hast" ankommen, bei 5+ Jahre Spielen mit "es hat damals auch nur 30 Euro gekostet", dass es heute nur noch 10-15 Euro kosten darf?

    Zum "angemessen": Ich plädiere dafür, das viel mehr vom Spielspaß und Wiederspielreiz abhängig zu machen. Alles andere, von Ausstattung bis zum (ehemaligen) Listenpreis, ist letztendlich sekundär. Und insbesondere bei den älteren Spielen heißt das dann, dass man die besten davon (und ja, das ist ein kleiner Bruchteil!) auch ruhig schon dann hoch schätzen darf, bevor die OOP-Preise explodieren und/oder eine Zweitauflage am Horizont auftaucht.

    Die Frage ist halt, was man hier als einen fairen Preis betrachtet. Für ein Spiel, dass 2015 neu 30/40/50e gekostet hat, was wäre da für dich ein fairer Preis für ein mehrfach gespieltes Spiel?

    Wenn dir der DSP-Top-3 Titel von vor 5+ Jahren mehr Spielspaß bringt als 99% der aktuellen Neuheiten der 50-80 Euro Preisklasse ... warum diskutieren wir hier dann überhaupt noch, ob da 15 oder 20 Euro für ein gut erhaltenes Exemplar angemessen sind?!

    Die ganzen SdJ-Titel sind vll sogar nochmal Sonderfälle, da das meist Spiele sind, die in Massen produziert wurden

    Ich rede nicht von den Gewinner-Titeln. Die sind ein Sonderfall. Sondern von den Nominierungslisten oder DSP-Platzierungen. Da kannst du im Prinzip alles durchgehen und kriegst die Sachen bei Ebay für ein Appel und 'n Ei, wenn's 5+ Jahre alt ist.

    Jedem Einsteiger in unser schönes Hobby kann ich 100% sicher garantieren, dass er da mit etwas Rechercheaufwand tolle Spiele entdecken kann, die genau zu seinem Geschmack passen.

    Die teuren Preise hast du bei Sammler-Zeugs, Sachen mit Kickstarter-exclusive Minis und sowas. Gute Spiele kriegst du sehr, sehr günstig, wenn sie nicht brandneu sein müssen. Aber klar ist natürlich: Renommee auf Social Media bringt das nicht und beim Mitspielen zum öffentlichen Spieltreff wird man im Worst Case auch nur mitleidig angeschaut, der frisch ausgelieferte Kickstarter macht da oft mehr her... Da muss man dann manchmal ein bisschen drüber stehen und die Leute dazu erziehen, sich weniger von Äußerlichkeiten blenden zu lassen. Und ein Spiel mehr als 2-3 Mal auf den Tisch zu kriegen, ist oft schon ein guter Anfang, denn danach ist bei vielen Blendern schnell die Luft raus.

    Ich greife mal einen Satz raus, wohlwissend, dass es die Diskussion in eine komplett andere Richtung bringen kann

    Dass die logosche Folge ist, dass sich hier nur die absoluten Toptitel (oder zumindest die mit dem besten Marketing) durchsetzen, ist ja klar.

    Ohne gutes Spiel bringt auch das beste Marketing nichts, und ohne Marketing wird das beste Spiel zum kommerziellen Rohrkrepierer. Soweit logisch. Trotzdem habe ich den Eindruck, dass "Toptitel" und "bestes Marketing" immer weiter auseinanderlaufen. Wir sehen immer öfter gnadenlos gehytpe Durchschnittsware, die dann mit zwei Jahren Abstand die BGG-Rankings runterrauscht wie ein nasser Sack, und wir sehen gute Spiele oft kleinerer Verlage, die ums Verrecken niemand zur Kenntnis nehmen will. Das gab es früher nach meinem Gefühl so krass nicht.

    Und so ein bisschen bringt das dann auch zusätzliche Unordnung in den Markt, wenn eben Hypes nicht nachhaltig sind und sich Stückzahlen für die Produktion schlechter abschätzen lassen.

    Aktuell habe ich auch den Eindruck, dass gebrauchte Spiele nicht mehr so gut weg gehen wie noch vor 10 Jahren.

    Das kommt schlicht und einfach auch daher, dass in den letzten 10 Jahren wesentlich mehr neue Spiele erschienen sind als in den 10 Jahren zuvor. Völlig logisch, dass das auch Auswirkungen auf den Gebrauchtmarkt hat. Auch ohne Berücksichtigung von Corona, Social Media Beeinflussung oder sonstiger Faktoren.


    die Preisvorstellungen, die viele für ihre gebrauchen Spiele haben, sind oftmals viel zu hoch. Bei nur 10€ unterschied plus Porto (!), kauf ich dann oftmals lieber das neue Spiel

    Das ist sicher richtig für den Bereich der 1-2 Jahre alten Neuheiten, erklärt aber noch lange nicht, warum 5+ Jahre alte Spiele, die den Vergleich mit aktuellen Neuheiten meiner Meinung absolut nicht scheuen müssen, bei Ebay & Co regelmäßig für 10-20 Euro weggehen. Und da rede ich nicht von den Sachen, die es halt damals auch noch gab und für die sich damals schon kaum jemand interessiert hat, sondern von Sachen auf Nominierungs- oder Empfehlungslisten beim SdJ oder Top-10-Platzierungen beim DSP. Also die Jahrgangs-Besten, ganz egal mit welcher Metrik gemessen. Zumindest die Besten sollten meiner Meinung nach auch in Zeiten der Neuheiten-Fluten mit allerlei Zeugs, das gerne in der Vergessenheit versinken darf, trotzdem dauerhafter gefragt sein. Sind sie aber irgendwie nicht.

    Wenn man das erklären will, muss man dann IMHO doch über Social Media reden und die jüngere Spielergeneration, die oft werbegetriebene Berichterstattung von Fremden für unabhängige Empfehlungen von netten Leuten hält. Totaler Humbug. Bei Social Media Influencern kommt alles, was keine Clicks bringt, einfach nicht mehr vor und das passiert schneller als der Neuheiten-Status endet.

    Haben wir eine freie Marktwirtschaft?

    Nein, wir haben (bisher) eine soziale Marktwirtschaft. Die ist nicht optimal, aber (bisher) besser als alles andere, was sonst so in der Vergangenheit ausprobiert wurde.


    Ich will eigentlich keine politische und wirtschaftliche Diskussion führen.

    Eben. Und deshalb ist von meiner Seite aus jetzt hier auch Schluss.

    Das ist auch bei Büchern so, die Buchpreisbindung bedeutet ja nur, dass der Endkunde nicht auf Schnäppchenjagd gehen muss. Amazon kann durch seine Marktmacht den Verlagen schon eine höhere Marge abpressen als der örtliche Buchladen.

    Marktmacht durch gutes Wirtschaften und Nutzung von Computern ist das eine. Das andere sind Fehlentwicklungen wie die, dass der "Vorzeige-Europäer" Jean-Claude Juncker in seiner Zeit als luxemburgischer Finanzminister dafür gesorgt hat, dass Amazon in Europa quasi keine Steuern zahlt.

    Ums mal plakativ für mich auf den Punkt zu bringen: Ich sehe den Versuch, dass Verlage mit unterschiedlichen Methoden, die Preise kontrollieren/unter Kontrolle halten wollen.

    Und das kann ich am Ende als Konsument nicht befürworten. Freier Preiskampf ist ein zentrales Argument der freien Marktwirtschaft.

    Da bin ich ganz bei dir. Aber suche die "Bösen" bitte nicht nur unter den Verlagen; auch im Handel ist die Marktmarkt einiger weniger Big Player längst nicht mehr gesund für einen echten Wettbewerb. Und der Konsument darf sich ruhig auch mal überlegen, was wohl mit den Preisen passiert, wenn ein Monopolist alle Konkurrenz erstmal plattgemacht hat.