Beiträge von Navarre im Thema „Spielmechaniken die ihre Beste Zeit hinter sich haben“

    Man kann aber eben auch nicht allgemein ableiten, dass Schmerzen etwas sind, das objektiv keine Freude bereitet.

    Schmerz ist per Definition etwas, das als unangenehm empfunden wird.

    Freude ist per Definition der Gemütszustand / die primäre Emotion, die als Reaktion auf eine angenehme Situation (...) entsteht.

    Über die Ausnahme einer Regel abzuleiten, die Regel sei objektiv falsch, ist schon etwas schräg.



    Schmerz hat auch Gutes, denn er warnt uns vor einem möglichen größeren Schaden … Stichwort „heiße Herdplatte“.

    Seelischer Schmerz lässt uns später „schöne Dinge“ mehr genießen/schätzen.


    Aber darüber müssen wir meiner Meinung nach jetzt wirklich nicht mehr weiter diskutieren. Ich sehe leider keinerlei Fortschritt in dieser Diskussion. Daher gerne zurück zum eigentlichen Thread-Thema.

    Irgendwann wird's halt mit der Geschmackssache bzw. Meinung schon etwas extrem und damit auch halbwegs objektivierbar merkwürdig.


    Wenn man das konkrete Beispiel nimmt: Sollte in einem Spiel wirklich absichtlich als Mechanismus eingebaut sein, dass man mit reinem Glück bald uneinholbar vorne liegt, dann kann man das denke ich schon *objektiv* als schlechtes Spieldesign werten. Ob das dann ein paar Hanseln nix ausmacht oder sogar noch Spaß bereitet, tut dann eher wenig zur Sache. Oft liegt's auch daran, dass sie einfach nix Anderes kennen. Ich vermeide bewusst das Wort "Besseres", weil wenn sie erst mal was Anderes kennen, ihnen auch schnell selbst klar wird, dass das auch das Bessere ist.


    IMO lässt man heutzutage mit diesem "solange es irgendjemand gefällt" eh zu viel durchgehen. Aber da wird's jetzt arg OT.


    In Sachen Geschmack darf man jedem „Hansel“ … Menschen alles durchgehen lassen, solange dieser Geschmack niemand anderem schadet.

    So und nicht anders sehe ich es ja auch. Subjektivität ist für eine wie auch immer geartete versuchte Objektivität irrelevant. Dennnoch glaube ich, dass es diese Kriterien, die Du nicht benennst, nicht wirklich gibt (außer so was wie "Spielmaterial ist nicht vollständig, Völlig unbalancierte Spielerkräfte, unleserliche Anleitung). Es gibt hier schon einen Thread (oder mehrere?) über genau dieses Thema - und dort verliert es sich immer wieder bei "Ein gutes Spiel ist dann gut, wenn es Spaß macht".

    Will sagen: Es gibt nicht "Das gute Spiel" - sondern nur "ein gutes Spiel für MICH" (oder Dich). Und selbst wenn es solche Kriterien gäbe: Wem nützten sie was? Dann gibt es eben ein gutes Spiel, das Du nicht magst und dafür 3 schlechte Spiele, die Du magst. Und nun?

    Warum soll es unmöglich sein, etwa Mechanismen bzw. ein Zusammenspiel von Mechanismen zu benennen, die objektiv eine funktionierende oder nicht funktionierende Designqualität begründen? Reine Glücksabhängigkeit plus runaway leader zB? Du nennst selbst objektive Kriterien, die Du dann aber wieder beiseite wischst mit "gut ist, was Spaß macht" (was ja schon hart an der Grenze zum Zirkelschluss ist -> "gut ist, was gefällt" -> "was gefällt, gefällt").

    Manche Spiele machen offenbar Spaß aus Gründen, die mit dem spielemechanischen oder sogar spielerischen Design rein gar nichts zu tun haben (z.B. Nostalgie - die liegt aber nicht im Spiel selbst begründet). Mich stört einfach die Vermischung dieser Ebenen im Stil von "Monopoly ist gut, weil es viel verkauft wird" oder "Monopoly ist meistverkauftes Spiel, also muss es vielen Leuten Spaß machen".

    Du tappst gerade voll in das, was du selbst bei anderen kritisiert.

    Du kannst nicht zwischen Meinung und Fakt unterscheiden.

    Es gibt nun mal Menschen, denen Glücksabhängigkeit plus Runaway Leader nichts ausmacht bzw. sogar Spaß macht. Also ist das kein objektives, allgemeingültiges Merkmal für (nicht) funktionierende Designqualität.

    Glücksabhängigkeit mit Runaway Leader mag für viele Menschen schlecht sein (besonders in der Vielspiel-Szene), aber bei weitem eben nicht für alle. Somit war‘s das mit deiner objektiven Bewertung und wir sind bei Geschmack.

    Das halte ich absolut für einen Irrtum.

    Auch bei Essen, Filmen, Musik sind das überwiegend keine objektiven Einordnungen in gut oder schlecht, sondern einfach subjektive Geschmäcker.

    Mit gesundem/ungesundem Essen darf man es wie gesagt nicht vergleichen, weil Spiele nicht bzw. selten aufgrund ihrer Mechaniken allgemein ungesund sind.

    Wenn der Faktor Ethik einbezogen wird, ist es was anderes. Aber der wird wie gesagt eher selten als Güte-Faktor bei Spielen berücksichtigt. Du hast ihn in deiner „schlecht“-Beispielaufzählung leider auch nicht erwähnt.


    „Benennbare Designdefizite“ … als ob es da eine objektive, allgemeingültige Formel gäbe …

    Und die meiner Meinung nach sehr guten Vergleiche mit unterschiedlichen Kunst- oder Musikgeschmäckern werden völlig ignoriert


    Die Top 100 der BGA würde sehr wahrscheinlich sehr viel mehr Menschen die Lust auf Brettspiele verderben als Monopoly … vorausgesetzt mehr Menschen kämen mit der Top 100 in Berührung.

    Was sagt das dann deiner Meinung nach über die Qualität dieser Spiele aus?


    Also bei mir hängen spielerische Güte und Spielspaß äußerst stark zusammen.

    Und Spaß hatte der Junge bei Monopoly offenbar.


    Dein Essensvergleich hinkt hier leider für mich. Denn anders als beim Essen ist Spielspaß in meinen Augen in jeglicher Form gesund - vorausgesetzt, das Spiel vermittelt keine schlechten/unsozialen Werte! Aber um die geht es bei Monopoly-Hate ja so gut wie nie. Meist wird nur spöttisch über die altmodischen Mechaniken des Spiels gesprochen, die eigentlich niemandem Spaß machen dürften, der „Besseres“ kennt. Es geht so gut wie nie um die vermittelten Werte.

    Navarre Ich weiß nicht, ob man "Spaß an einem Spiel haben" zwingend auf die intrinsischen Eigenschaften des Spiels zurückführen muss, das kann auch Ursachen haben, die zwar im Zusammenhang mit dem Spiel stehen, nicht aber mit seiner Qualität im Sinne eines ausgewogenen (oder bewusst unausgewogenen Designs), Stichwort u.a. Nostalgie.


    Dann erübrigen sich ja sehr viele Diskussionen hier im Forum eigentlich komplett ;)


    Noch ein Beispiel aus meinem Freundeskreis:

    Der 9-jährige Sohn eines absoluten Vielspieler-Freundes ist mit Catan, Sternenfahrer, 7 Wonders, Zug um Zug, Kingdom Builder uvm. aufgewachsen. Nun lernte er vor einiger Zeit bei einem Schulfreund Monopoly kennen und wollte es dann immer und immer wieder auch daheim spielen.

    Wie ist das zu erklären? :/

    Ich äußere mich noch ein Mal, mehr Zeit möchte ich für das Thema nicht mehr aufwenden.


    Ich halte Monopoly für ein objektiv schlechtes Spiel, weil es rücksichtslosen Kapitalismus spielerisch verharmlost und somit fördert.

    Ich halte es aber nicht aufgrund seiner spielerischen Qualität für objektiv schlecht.

    Ich sehe es als Fakt, dass es sehr vielen Menschen Spaß macht, es zu spielen.

    Denn warum sollten Menschen (wiederholt) Spiele spielen, die ihnen keinen Spaß machen? Das ist eine freiwillige Freizeitbeschäftigung. Warum sollten da hauptsächlich Menschen zusammensitzen, die alle dieses Spiel doof finden und es trotzdem spielen?

    Ja, wie Einstein sagte „die menschliche Dummheit ist unendlich“, aber beim besten Willen kann ich mir nicht vorstellen, dass Millionen von Menschen ungezwungen in ihrer Freizeit ein Brettspiel, das sie doof finden, immer und immer wieder spielen.


    Ich habe den Eindruck, dass ich Fakt von Meinung sehr viel besser trennen kann als die meisten Monopoly-Hater hier.


    Aber das sollte man vielleicht lieber im direkten Chat erörtern, falls man Zeit und Lust dafür hätte. Scheitert bei mir gerade besonders an Ersterem.

    Ich glaube, die große Zeit der Legacy-Spiele war einmal. Die Produktionskosten und die damit verbundenen Retail-Kosten sind so hoch, dass die Spiele im Retail vermutlich nicht so viel Erfolg haben werden. Denke, dass auch Frosthaven noch einen Nachfolger bekommt - aber in den letzten Jahren war da doch deutlich mehr am Markt.

    Ich würde die Gloomhaven-Reihe aber auch nicht in die Legacy-Riege einordnen. Ja, es gibt definitiv Legacy Elemente, aber die sind nicht so definierend für das Spielerlebnis, als dass man das Spiel nicht zurücksetzen könnte, ohne dafür einen Riesenaufwand zu betreiben (z.B. removable Sticker oder Campaign Tracker), anders als z.B. Pandemic Legacy, wo ein Zurücksetzen oder ein Spielen mit einem zukünftigen Zurücksetzen im Hinterkopf meiner Ansicht nach kompletter Nonsens ist.



    Wurde „Legacy“ schon mal wirklich klar definiert?

    Legacy heißt übersetzt Vermächtnis.

    D. h. für mich, dass der Kern dieses Genres ist, dass Ergebnisse und/oder Entscheidungen aus der aktuellen Partie Einfluss auf die Folgepartie(n) haben - es wird also etwas in die nächste Partie „vermacht“.

    So entstehen von Gruppe zu Gruppe individuell unterschiedliche Spielerlebnisse - aber eben nicht nur basierend auf den Entscheidungen der aktuellen Partie (wie bei nicht Legacy-Spielen), sondern auch basierend auf den Entscheidungen aus den Vorgängerpartien.

    Ob ein Spiel dabei materialmäßig verändert und damit nicht mehr zurücksetzbar wird, halte ich für kein definierendes Genre-Kriterium. Das ist nur ein auffälliges Merkmal der bekanntesten Genrevertreter.