Beiträge von Archibald Tuttle im Thema „Spiel des Jahres / Kennerspiel des Jahres Orakel 2023“

    Okay, das stimmt, aber kann auch "gelangweilt" aussagen

    Auch hier wieder liegt der Großteil der wahrgenommenen Aussage beim Empfänger.

    verantwortlich für die Botschaft ist aber immer noch der Sender, nicht der Empfänger

    Ähem. Rechtlich mag das stimmen, kognitions- und kommunikationswissenschaftlich ist das seit den 1980ern kein Modell mehr, dem sich die Wissenschaft verpflichtet fühlen würde. Aber ich schlage einfach vor, dass jetzt genug Befindlichkeiten ausgetauscht wurden, bevor wir hier noch eine Grundsatzdebatte über den Begriff der Störung und die Unwahrscheinlichkeit der Kommunikation nach Niklas Luhmann beginnen (auch wenn dieser Thread nachgerade ein wunderbares Beispiel dafür ist, dass gelungene Kommunikation die Ausnahme bleibt).

    ? Spielt die Höhe der Anschaffung überhaupt bei der Preisvergabe eine Rolle?

    Es gab bei Hanabi Rauschen, dass der Einzelhandel wohl mit dem preiswerten Kartenspiel nicht so ganz glücklich war. Aber allein dass Hanabi und Exit prämiert wurden zeigt ja, dass die Jury da wenig Schmerzen nach unten kennt. Das mag beim SdJ etwas anders sein, aber Familienspiele liegen ja auch selten im gehobenen Preisregister. Nach oben war wohl TfM bisher das teuerste Spiel, das kostete zum Zeitpunkt der Verleihung genauso viel wie jetzt Planet Unknown. Solange das Spiel also noch zu halbwegs regulären Preisen zu kriegen ist spielt das wahrscheinlich keine große Rolle. Revive wäre hier mit seinem hart überzogenen UVP eine spannende Frage gewesen.

    Kannst Du die These auch belegen, dass die genannten Spiele dem Preis geschadet haben? Welche Spiele sind denn über die als Beispiele genannten noch dafür verantwortlich, dass dem Preis geschadet wurde? Interessiert mich wirklich.

    Du warst damals noch nicht in der Szene oder? Tikal ist sehr oft ungespielt gebraucht weiterverkauft worden. Bei Torres gab es damals regelrecht Beschwerden aus dem Spielehandel über die unverkäuflichkeit, ich habe mal Statistiken über die verkauften Exemplaren gesehen, da lag Torres mit großem Abstand ganz hinten. Villa Paletti war damals nach Aussage eines Jurymitglieds eine Reaktion auf diese Beschwerden. Und bei Dominion habe ich Menschen erlebt die das Spiel zurückbringen wollten weil das spielbrett fehle. Wie schwer deckbuilding damals zu vermitteln war dokumentierten damals unzähligr Foreneinträge selbst in Spielerforen.

    Das ist ja alles richtig, aber die Werte sind doch titelübergreifend, und werden ausschließlich von diesen erfahrenen Leuten bei BGG gewertet, somit sind die Werte so wie sie sind erst einmal korrekt und einheitlich über die selbe Skala, für Nicht- bzw. Wenigspieler muss dann halt natürlich ein entsprechend anderer Maßstab angelegt werden, was aber die Werte an sich ja nicht in Frage stellt, sondern nur in eine passende, veränderte Relation bringt.

    Ich glaube dass das nicht funktionieren würde, da der Wert relativ vom Erfahrungshorizont zu sehen ist. Ich hab 2015 mit syrischen Flüchtlingen viel Backgammon gespielt, da haben die mich alle eiskalt abgezogen, und auch bei GIPF und Co. hatten die die Nase weit vorn - der Versuch, ein einfaches Kartenspiel vorzustellen, ging hingegen unglaublich schief, weil sie dafür in ihrer Spieleerfahrung keine Erkennungsschemata hatten. Das Beispiel The Crew hatten wir ja schon: Wer keine Stichspiele kennt, für den ist Crew (oder auch Der Fuchs im Wald etc.) mit einer erheblichen Lernkurve verbunden, über die der erfahrene Stichspieler nur lächelt, während der gleiche Spieler beim ersten Worker-Placement-Spiel seines Lebens dann Blut und Wasser schwitzt (so ähnlich war das damals, als Caylus auf den Markt kam und sehr, sehr viele Spieler völlig überfordert hat). Will sagen: Die Komplexitätsskala bei BGG funktioniert für erfahrene Spieler, aber nur durch Abziehen oder Draufschlagen vom Wert erhalte ich deswegen noch lange nicht vergleichbare Komplexitätsangaben für unerfahrenere Spieler, und das Ganze sowieso nicht ohne Berücksichtigung eines spezifischen Zeit- und Kulturraums.

    Blöde Nachfrage: Nach deinem persönlichen Empfinden ist die BGG-Komplexität oftmals zu hoch angesetzt? Also, du empfindest in der Regel die Spiele als weniger komplex als bei BGG angegeben? Finde ich eine interessante Aussage ... in deiner Wahrnehmung wären die Titel vom SdJ bzw. KSdJ somit von der BGG-Wertung her sogar noch niedriger als aktuell gemittelt 1.71 ( #Dorfromantik ) bzw. 1.83 ( #Challenges ) ... :/

    Nein. Meine Wahrnehmung passt oft nicht zum BGG-Wert. Das geht aber in beide Richtungen und äußert sich hier dann oft auch in interessanten Diskussionen. Lacrimosa etwa war anfangs bei 2.6 und ist mittlerweile bei 3.14 - ersteres erschien mir deutlich zu niedrig, da hat die Zeit den Wert in meinen Augen "angenähert". Yukon Airways (2,8) und Village (aktuell bei 3.1) sind imho absurd hoch bewertet - das sind fast schon Familienspiele, und erst mit den Erweiterungen erreicht Village auch nur ansatzweise einen Wert über 2.5. Aber wie gesagt, das sind individuelle Einschätzungen (die nicht mehr oder nicht weniger wert sind als die Leute, die On Mars in 15 Minuten erklären und in 90 Minuten spielen - das glaube ich denen, aber da käme ich nie hin, und will ich auch gar nicht). Und unter der Prämisse, dass dieses Weight keine empirische Relevanz hat, sondern in einem spezifischen Vielspielerdiskurs geprägt ist und noch dazu dem historischem Wandel unterliegt, halte ich es für eine ungeeignete Messlatte für die Unterscheidung in Spielekategorien.

    Dann lass es mich so formulieren: Die Bandbreite dieses Mittelwerts ist oftmals überraschend hoch, wenn man meine eigene subjektive Wertung damit abgleicht.

    Ja, aber was sagt denn das?

    Meine subjektive Meinung zu Scythe und Brass Birmingham liegt in allen Bereichen weit ab von den gemittelten Werten auf BGG. Aber das ist doch kein Nachweis dafür, dass etwas mit den Werten dort nicht stimmt ...
    (Und können wir über die Formulierung "Bandbreite des Mittelwerts" diskutieren?!? :) )

    ...die Bandbreite aus der der Mittelwert erzeugt wird... so besser?


    Und das sagt mir zumindest (darum ging es mir), dass der daraus ermittelte Mittelwert kein wirklich gutes empirisches Mittel ist, um die Komplexität eines Spiels zu bestimmen, sondern lediglich als Annäherungswert funktionieren kann und das auch nur für die, die bereits Erfahrungen mit komplexeren Spielen haben. Und damit wäre für mich die Verwendung zur Grundlage einer Preisverleihung schonmal hochgradig fragwürdig. in dem Punkt sind wir uns wahrscheinlich sogar einig, auch wenn man mehr vom BGG-Weight und der Art wie es ermittelt wird hält.

    Naja, das BGG-Weight gibt ja nur einen Mittelwert aus mehreren bis vielen subjektiven Weight-Werten an. Ich sehe hier weniger, dass der BGG-Wert subjektiv ist (dafür ist er zu sehr gemittelt), und mehr, dass dein eigener Weight-Wert sich an einem der Ränder der für den BGG-Wert eingeholten Werte befindet.

    Dann lass es mich so formulieren: Die Bandbreite dieses Mittelwerts ist oftmals überraschend hoch, wenn man meine eigene subjektive Wertung damit abgleicht.

    Ob die BGG Weights als allgemein gültiges Qualitätskriterium herangezogen werden können, ist mMn schon strittig, allein wenn man sieht, dass Flügelschlag, Exit und Paleo einen ähnlichen Wert haben. Nach meinen Erfahrungen ist Paleo deutlich komplizierter und komplexer!

    Wunderschönes Beispiel für die Subjektivität des BGG-Weights: Auf die Einschätzung wäre ich nun wirklich nie gekommen. Paleo hab ich mit beiden Kindern durchgespielt, als sie 10 und 6 waren (der kleine natürlich mit Hilfe), und auch sonst ohne jedwede Probleme in der Gelegenheitsspielerrunde - die bei Flügelschlag mehrere Partien brauchte um die Strategien des Spiels zu verstehen.


    Mich hat das neulich noch einmal bei Three Sisters/Drei Schwestern umgehauen: Das ist auf BGG mit einer 2,68 bewertet, ist aber mindestens so komplex wie Roma & Alea (3,31) oder Hadrianswall (3,1) - in meinen Augen sogar komplexer, auch wenn die Regeln tendenziell einfacher zu verstehen sind. Das hat mir nochmal gezeigt, wie subjektiv das BGG-Weight am Ende dann doch eben ist.

    Scythe und alle anderen: Die Diskussion dreht sich doch völlig im Kreis. Damit Deine Argumentation passt muss man das BGG-Weight als Maßstab nutzen. Das tut die Jury expressis verbis nicht. Die Jury verfolgt einen strikt phänomenologischen Ansatz:Hadern die genutzten Spielegruppe beim Ausprobieren auch nur etwas mit dem Spiel (ob nun beim Lesen der Anleitung oder beim Verstehen des Spielablaufs), dann ist es ein Kennerspiel, unabhängig von dem, wie externe Quellen (Verlag, BGG etc.) das Spiel einsortieren. Das ist nicht positivistisch quantifizierbar durch ein Weight, das zu 90% nur von erfahrenen Spielern bewertet wird. Und auch mit eigenen Erfahrungen kannst du gegen diese Vorgehensweise nicht ankommen, denn deine Erfahrungen sind nunmal nicht die Erfahrungen der Jury.


    Entweder müsste die Jury ihre Arbeitsweise komplett ändern und externe Faktoren bei der Bewertung mit einbeziehen, was wohl nicht sehr wahrscheinlich ist, oder man gewöhnt sich daran, dass BGG-Weight und gefühlte Komplexität hier keine Maßstäbe sind.

    Ich teile zwar Huutini s Einschätzung überhaupt nicht, dass mehr Karten mehr Komplexität bedeuten (fast schon im Gegenteil),

    Bitte das Wort "einzigartige" nicht unterschlagen. ☝🏻

    ..aber das ist ja Bestandteil meiner Gegenargumentation. Natürlich kann ich aus beliebig vielen einzigartigen Karten immer noch eine Kombi zimmern. Das ist aber nicht von höherer Komplexität als die Entscheidung welche Karten ich bei Dominion mit welchen Karten in welchen Stückzahlen kombiniere und dafür welche Karten auf den Müll werfe. Ersteres wird in actu esse meistens etwas beliebiger und weniger strategisch gespielt werden als letzteres.

    Ich teile zwar Huutini s Einschätzung überhaupt nicht, dass mehr Karten mehr Komplexität bedeuten (fast schon im Gegenteil), aber die Art Deckbuilder gibt es schon, siehe Klong oder als besonders brutales Beispiel Ascension. Dennoch kommt es m.E. viel eher auf die Kartentexte an. Und schon aus 10 Karten können strategische Permutationen erwachsen die ins unendliche gehen (schön wenn es darum geht welche Karte ich wie oft im Deck haben will).

    Beim österreichischen Spielepreis stimmen Autor:innen ab, die sicher andere Dinge ins Auge fassen als eine SdJ-Jury. Auch haben da österreichische Autor:innen und Verlage schon öfters mal die Nase vorn gehabt, insoweit finde ich 80 Days (Piatnik, Wien) und Café del Gatto (eine der Autorinnen ist Österreicherin) jetzt eher weniger ungewöhnlich.

    Dominion hat mich damals zu Brettspielen nach fünf Jahren Pause wieder zuruckgeführt und ich spiele es heute noch gern. Mit den Erweiterungen ist das quasi endlos spielbar. Dass man aber mit einem weitgehend themenbefreiten Spiel bei Schüler:innen weniger Chancen hat glaube ich natürlich gern. In Erwachsenenrunden funktioniert es aber immer noch sehr gut als Einstieg.

    Bei Village ist das BGG-Weight mittlerweile durch die Erweiterungen verzerrt, die viele da bei der Bewertung mit einfließen lassen. Das hatte damals noch ein Weight von 2,5. Vergleichbares gilt für Andor und Istanbul, die waren auch ursprünglich niedriger.


    Broom Service gehört übrigens immer noch zu den regelmäßiger gespielten Titeln in meinem Umfeld, da würde ich jetzt nicht behaupten dass da niemand positiv drüber spricht.

    Interessant, das habe ich noch nicht gehört! Woher stammt dieser Fakt?

    Aus vielen Äußerungen der Jury selbst. Torres und Dominion (und mit Abstrichen auch El Grande) sind berüchtigt dafür, viele Gelegenheitskäufer damals völlig überfordert zu haben. Ich selbst kann gerade zu Dominion viele Beispiele bringen, wo die Anleitung und der Spielablauf damals Menschen massiv überfordert hat.

    Ich hätte auch lieber Planet Unknown auf dem Treppchen gesehen, aber Challengers ist jetzt auch kein totaler Ausreißer. Man denke an Exit oder Ganz schön clever. Und ja, Challengers hat diese eine Hürde, die für mich darin liegt dass man aushalten muss in der ersten Runde nur sehr wenig tun zu können. Das ist tatsächlich ein Konzept das man erstmal vermitteln muss.


    Schlimmer finde ich da Dorfromantik, weil das in meinem Umfeld nirgends gezündet hat. Aber das scheint ja sehr subjektiv zu sein.

    ich hab im Leben erst ein Spiel veröffentlicht

    Und welches war das? :)

    Es gab ein nettes Spiel namens Zahlenschach in den 80ern, das als Listing zum Abtippen in der Happy Computer war. Effektiv sind in Zahlen in Spalten und Reihen aufgeführt, wähle ich eine Zahl in einer Reihe, muss der Gegner eine Zahl in der gleichen Spalte wählen. Das kam dann nochmal mit Nacktbildern von Roboterfrauen raus, und als ich in den 1990ern einen Kurs zu Spieledesign besucht habe war es dann ein Projekt, dieses Spielprinzip auf aktuellen PCs spielbar zu machen (diesmal ohne nackte Robots). Leider war es zu abhängig von Windows-OOP und ließ sich dann ab WinXP nicht mehr spielen. Das war superbasal und schnell vergessen, ab und zu war es - als CD-Rom aufkam - noch auf diesen "1000 Spiele"-Samplern mit drauf.

    Ok, aber eine Startauflage von 10.000 Exemplaren beim PD-Verlag (!), der davor erst einen richtig großen Hit mit Concordia hatte, fände ich jedendalls sehr sehr mutig. Das würde zumindest dem widersprechen was ich so über deutsche Startauflagen bisher gelernt habe.

    Sehe ich genauso.

    Aber Du als Autor kennst doch die Anzahl der Startauflage? Oder?

    Ich bin doch nicht der Autor von Pictures? ;)

    da ist dann aber auch die Phase drin wo das Spiel nominiert war, dafür werden ja auch schon Exemplare produziert. Insoweit ist immer noch unklar, was die eigentliche Startauflage war.

    Lies mal weiter auf der Seite, war wohl aus einem Spielbox-Artikel. Scheint so, als sind nach der Nominierung eben haufen Bestellungen eingegangen, d.h. auf einmal war der Bedarf von 150.000 weiteren da.

    Ok, aber eine Startauflage von 10.000 Exemplaren beim PD-Verlag (!), der davor erst einen richtig großen Hit mit Concordia hatte, fände ich jedendalls sehr sehr mutig. Das würde zumindest dem widersprechen was ich so über deutsche Startauflagen bisher gelernt habe.

    "Der Verlag produzierte bis zur Verleihung der Auszeichnung als Spiel des Jahres etwa 10.000 Exemplare, danach musste er aufgrund des Erfolges zum Weihnachtsgeschäft 2020 weitere 150.000 Exemplare herstellen."


    https://de.wikipedia.org/wiki/…)#cite_note-Duksch_2021-3

    Das wäre aber das 15 Fache nicht das 100 Fache

    da ist dann aber auch die Phase drin wo das Spiel nominiert war, dafür werden ja auch schon Exemplare produziert. Insoweit ist immer noch unklar, was die eigentliche Startauflage war.

    Ich hab inzwischen noch ein paar Artikel nachgerüstet. :)


    Außerdem weiß ich auch immer noch nicht, warum der Vergleich angeblich nicht passen soll, wenn es kleine Studios wie A24 gibt, die allein aufgrund ihrer Oscarerfolge überhaupt so "groß" geworden sind, wenn man beim SdJ sehr leicht mit kleinen Verlagen wie Feuerland oder Strohmann argumentieren kann, für die der Preis exakt dasselbe tut.

    Das ist eine andere Analogie, und die finde ich tatsächlich passend. Die großen Studios selbst lächeln eher über die finanziellen zugewinne der Oscarfilme und erfreuen sich eher an zukünftiget Vermarktungsunterstützung, und die beteiligten freuen sich über bessere paychecks. Und sorry, aber ich glaube in der Materie bin ich nach 15 Jahren Forschung zu Blockbustern etwas tiefer drin als ein paar Zeitungsartikel die eher auf Boxoffice schauen denn auf die Effekte hinter den Kulissen.


    P.s. das ganze müsste auch historisiert werden. Die Academy Awards hatten in einer Zeit, wo wiederaufführungen im Kino an der Regel waren, auch aufs Box Office andere Auswirkungen. Heute hat es eher etwas damit zu tun, filme fürs streaming attraktiver zu machen.

    Die Analogie zum oscar funktioniert nicht. Der Oscar ist ein Prestige-Preis, der nur begrenzte immanente Auswirkungen auf den Filmerfolg hat, aber in der Branche quasi zur Beschäftigungsgarantie mit völlig neu ausgehandelten Gehältern führt. Keine Ahnung ob Menschen die das SdJ gewinnen hinterher mehr Prozente fürs Nachfolgespiel aushandeln können, aber das ist zumindest nicht der vordergründige Haupteffekt.

    Mag sein - aber bei der Bewertung muss man ja eigentlich von der UVP ausgehen, nicht von irgendwelchen Thalia-Rabattschlachten. An die 20% bekommt man bei denen ja irgendwie immer, also wäre das hier schon 14€ weniger. Oder meinst Du, dass die UVP an sich nach unten geht?

    Das ist zwar auch schon passiert (bei 7 Wonders ging der UVP gleich um 10 Euro runter nach Gewinn des Preises), aber ich sprach auch weniger von Rabattschlachten als eher besseren Handelspreisen aufgrund größerer Auflage aufgrund größerer Nachfrage. Wobei ich nicht weiß ob ein kleiner Verlag wie Strohmann so etwas stemmen kann.

    Sehr schöne Gegenüberstellung. Ich würde aus Deinen Anmerkungen für mich (!) sehr genau erkennen, warum mir IKI damals und heute sehr viel besser gefällt. Ein wichtiger Punkt kommt m.E. noch hinzu: Flamecraft ist hart an der Grenze zur Beliebigkeit, was die in Anschlag zu bringenden Strategien angeht - da gibt es so gut wie keinen Entscheidungsraum (siehe auch den Verriß von Udo Bartsch), da bietet IKI viel mehr langfristige Motivation durch den viel verschachtelteren Mechanismus, den man erstmal überblicken muss (also für den Bereich eines Kennerspiels). Dadurch kann man es dann halt auch falsch spielen und sich frustrieren - aber das würde ich im Bereich Kennerspiel nicht als Nachteil sehen wollen (das kann man z.B. bei Village, bei Isle of Skye, und selbst bei Flügelschlag auch).

    Also Ben vom Brettspielblog meinte, man merkt IKI sein Alter schon an... Und er sagt meines Erachtens zu Recht: "Muss das sein? Hatte der Jahrgang keine anderen Alternativen"? Und die Frage muss man sich meines Erachtens schon stellen, wenn man ein 8 Jahre altes Spiel nominiert: gabs im aktuellen Jahrgang nichts, was preiswürdiger gewesen wäre?

    Auch hier setzen Ben und Du voraus, dass Spiele sich immer weiter entwickeln und immer besser werden. Das mag vielleicht für bestimmte Mechanismen gelten, die weiterentwickelt werden, aber doch weniger für Spiele selbst. Warum sollte ich nicht ein Spiel nominieren, dass 2015 aufgrund seiner Qualität auch nominiert worden wäre, wäre es damals erschienen wäre? Gäbe es seitdem vergleichbare Spiele, die mit gleichen Mechanismen ein besseres Spiel erzeugen, könnte ich den Gedanken verstehen. Aber mir zumindest fällt nichts ein, was ich direkt mit IKI (das ich auch 2016 erstmals gespielt habe) vergleichen könnte, und seitdem ist auch nicht allzuviel Vergleichbares mit diesem Grundmechanismus herausgekommen, das sich ähnlich genug anfühlt und besser wäre.


    Ein anderes Beispiel: Wäre Burgen von Burgund 2011 nicht auf Deutsch erschienen und würde jetzt erstmals hierzulande veröffentlicht, würde ich schwer davon ausgehen, dass die deutsche Fassung nominiert werden würde. Da ist auch nicht viel danach rausgekommen, was sich ähnlich anfühlt, und das Spiel ist nicht schlechter als alles, was aktuell fürs Kennerspiel nominiert wurde.

    Dorfromatik wird ja scheinbar schon als großer Favorit auf den Titel gehandelt.

    Ich frage mich da ja schon, welche Vorteile die Brettspielversion hat, wenn ich das Original auch auf dem PC spielen kann.. :/

    Das sind im Kern zwei doch sehr unterschiedliche Spiele, zwar atmet die Brettspielversion den Geist der Vorlage (und leider auch die verwaschene Optik), aber ganz viele Ideen sind dann eben doch typisch Brettspiel. Das Brettspiel spielt sich jedenfalls definitiv anders.

    Ich denke, dass Next Station London durchaus ein Kandidat ist, der beim Hinweis auf teilweise suboptimale Regeln bzw Redaktionsleistungen durchaus mitgemeint. Ich finde jetzt nichts grob falsches o.ä. aber man hat doch die ganze Zeit das Gefühl, dass das einfacher / kürzer hätte erklärt werden können.

    Ich sehe bei vielen der nominierten Spiele Probleme mit Anleitung und Artwork, insoweit konnte ich da beim Kommentar der Jury nur zustimmend mit dem Kopf nicken. Challengers etwa hat nicht nur eine schlechte Kartenqualität, sondern auch insgesamt eine ziemlich irreführende (und prototypige) Optik, bei den zusätzlichen Plättchen von Dorfromantik hatte ich recht viele Fragen, die auf einem eigenen Beiblatt besser aufgehoben gewesen wären, und Iki ist sogar so schludrig übersetzt, dass ich da die englische Anleitung parallel neben mir liegen hatte.

    Mal ne Frage zum SdJ-Anwärter "Next Station London" ...


    Wenn ich als allererste Karte die Weiche aufdecke, wie soll ich die einzeichnen? Es gibt ja noch keine Strecke, von der ich aus eine Weiche einzeichnen kann. Bei unserer letzten Partie kam das zweimal vor. Als Spielebesitzer konnte ich die Situation nicht auflösen und habe auf die Schnelle auch keine Info dazu in der Anleitung gefunden. Wir haben dann einfach eine neue Karte gezogen und die Weiche wieder eingemischt.


    Bin ich der Einzige, der mit der Anleitung ein Problem hat? Irgendwie vermisse ich da eine klare Struktur und finde zu Detailfragen die einzelnen Passagen nur mit viel Sucherei wieder. Eventuell liegts auch an der Faltung der Anleitung. Liegts an mir oder ist da was schief gelaufen?

    Die Faltung ist furchtbar, die Aufteilung auch. Aber es hilft wenigstens etwas mit der PDF zu arbeiten: Next Station London Anleitung DE (hcm-kinzel.de)

    Challengers könnte ich problemlos mit meinen Kindern spielen

    Ich glaube, in dieser Aussage liegt dein Problem. Du gehst davon aus, dass das auch für andere Familien mit ihren Kindern gilt. Und das ist falsch.

    Dir fehlt die Erdung, über die ich früher in diesem Thread schon mal sprach.

    Um gleich mal die Phänomenologie hier kaputt zu machen: Meine Kinder (8 und 12) würden trotz einiger Spielerfahrung Challengers nicht mitspielen können bzw. wollen, auch weil es ihnen schlicht keinen Spaß machen würde, selbst wenn ich es dann nach 2-3 Runden vermittelt hätte. Die wollen selbst viel aktiver ins Spiel eingreifen, passives Kartenaufdecken ist so überhaupt nicht das, was die bei einem Brettspiel erwarten. Auch solche Stirnrunzelmomente bei Wenigspielern darf man da nicht vergessen.

    Wieso? Wofür?
    Gott, es gibt ja kaum eine "objektifizierbare" Defintion von "Spiel", und jetzt willst du eine trennscharfe, falsifizierbare, immer und universal gültige Tabelle haben, ab wann ein Spiel "Familienspiel" und ab wann es ein "Kennerspiel" ist?

    Was würde dir eine derartige Trennschärfe denn bringen? :/

    Na dann weiß er noch vor der Jury und ihren Spielerfahrungen, wie welche Spiele zu definieren sind!


    Nein im Ernst, lieber Brettspiel Dude (den ich übrigens wirklich sehr schätze, also bitte cum grano salis nehmen): Um 1900 war in der Philosophie eine Denktradition namens Phänomenologie sehr beliebt, und genau das beschreibt was die Jury tut: Sie schätzt Spiele grob vorab ein, ob sie für SdJ oder KsdJ preisrelevant sein können, und probiert dann in den Spielerunden aus, wie gut Nicht- und Wenigspieler damit klarkommen. Das ist ein Prozess, der nicht klar logisch verifzierbar oder falsifizierbar ist, sondern der im Einzelfall statistische Unwägbarkeiten mit sich bringt (die jeweilige Gruppenzusammensetzung etc.), der aber über mehrere Versuche hinweg ein relativ klares Bild einbringt, welches Spiel Menschen vor ungeahnte Hürden stellt, die sich der Vielspieler beim Regelstudium nicht vorstellen kann. Challengers halte ich da für ein großartiges Beispiel: Wer Deckbau kennt und wer damit leben kann, dass man zum Einstieg keine wirkliche Handlungsmacht besitzt, der wird sehr schnell mit dem Spiel klarkommen; wer weder Deckbau kennt oder bereits bei Spielstart ungeduldig nach Möglichkeiten sucht, das Spiel zu beeinflussen, wird seine Schwierigkeiten mit dem Spiel bekommen. Und letzteres ist halt eine recht große Gruppe von Spielern, so dass das Spiel sicher eher mit einer leichten Hürde versehen ist, trotz der insgesamt eher niedrigen Komplexität.

    Carnegie halte ich für eines der besten Spiele der letzten Jahre, aber dass das wohl nichtmal auf die Empfehlungsliste kommen kann war mir denn auch klar.

    Also als einzelne Ausnahme wäre das schon denkbar gewesen. In einer groß anderen Liga als Arche Nova letztes Jahr spielt es ja auch nicht. Aber dafür braucht es wahrscheinlich wirklich flächendeckenden Rückhalt von der Jury.

    BGG gibt Dir Recht (3,7 zu 3,9), aber für mich liegen da gefühlte Welten der Zugänglichkeit dazwischen. Aber da kommt dann ja noch der Ausnahmecharakter von Arche Nova dazu (auch wenn ich den ebenfalls nicht ganz nachvollziehen kann).

    . Ein Revive ist noch nicht erhältlich, aber ein Woodcraft, Tiletum, Darwin‘s Journey, Frostpunk oder Carnegie wurde bei den Influencern gerne in die Kamera gehalten

    Die liegen aber alle weit, weit über dem was die Jury unter Kennerspiel versteht. Carnegie halte ich für eines der besten Spiele der letzten Jahre, aber dass das wohl nichtmal auf die Empfehlungsliste kommen kann war mir denn auch klar.

    Wenn ich mich recht entsinne, ist das Auswahlkriterium hier recht simpel: wenn ein Spiel x Daumen hoch bekommt, landet es auf der Liste.

    Also ja, die Jury hat wohl nicht genug Anwärter als würdig empfunden, was für einen eher schwächeren Jahrgang spricht (oder eine sehr uneinige Jury).

    Letzteres ist, wenn man die Blogposts verfolgt hat, im Bereich Kennerspiel diesmal nicht sonderlich überraschend. Selbst mindbug und council of shadows hatten da ja einige Negativstimmen auf sich vereint.