Beiträge von Dee im Thema „03.04.-09.04.2023“

    Ecosfera (Julibert Games, 2023)

    „Ecosfera: Rewilding the World“ wird aktuell auf Kickstarter finanziert und kann online auf Tabletopia ausprobiert werden. Da es sich um ein kooperatives Spiel handelt, gibt es natürlich auch einen Solomodus, den ich mir angeschaut habe.

    „Ecosfera“ ist ein simples Deckbauspiel. Zu Beginn hat jede Spielerin fünf Elementkarten (Erde, Wasser, Sonne, Wind und Zeit) und zwei Katastrophenkarten in ihrem Deck. Ich decke hiervon vier Karten zu Beginn auf. Mit den Elementkarten kann ich aus der allgemeinen Auslage Florakarten in meine Auslage holen, wenn ich die geforderten Elemente für diese Pflanze habe. Wenn ich zwei Florakarten mit dem gleichen Biomsymbol habe, kann ich aus der allgemeinen Auslage eine Faunakarte in meine Auslage holen, wenn das Tier dieses Biomsymbol hat. Und wenn ich zwei Tiere mit dem gleichen Biomsymbol in meiner Auslage habe, darf ich mir das zugehörige Biomplättchen holen. Dies ist auch das Ziel des Spiels, alle sieben Biomplättchen freizuschalten. Sollte ich in meinem Zug entweder keine Karte oder Biomplättchen nehmen können, muss ich eine Katastrophenkarte nehmen und mein Zug ist vorbei. Wenn ich drei Katastrophenkarten ausliegen habe, muss ich einen Aussterbensmarker nehmen. Wenn wir sieben davon gesammelt haben, haben wir die Partie verloren. Neue Elemente darf ich mir nur dann in die Auslage nehmen, wenn mir für eine Florakarte genau ein Element fehlt. Habe ich aber dreimal das gleiche Element, gibt es wieder eine Katastrophenkarte und mein Zug ist vorbei. Einige Flora- und Faunakarten haben noch Fähigkeiten, mit denen ich eine Karte nachziehen, eine Karte weitergeben oder die Auslage auffrischen kann. Der Solomodus spielt sich genauso, nur dass die Fähigkeit zum Karten weitergeben die Karte auf meinen Nachziehstapel legen lässt.

    Anhand der Erklärung merkt man vielleicht schon, dass das Thema bei „Ecosfera“ keine Rolle spielt. Bei Tabletopia ist die Umsetzung sogar so, dass viele Grafiken nur Platzhalter sind, da es einzig und allein auf die Symbole ankommt. Die Illustrationen, die ich aber gesehen habe, sind ganz hübsch. Im Gegensatz hatte ich mit der Symbolik zu kämpfen. Zum einen sind die Elementkarten bunt, die Symbole auf den Faunakarten aber schwarz-weiß. So fiel es mir oft schwer, schnell zu erkennen, welche Elemente ich benötige. Auch die Anordnung der Symbole auf den Karten brachte mich immer wieder ins Stocken. So stehen die Anforderungen der Florakarten unten und die Biomsymbole und Fähigkeiten oben. Bei den Faunakarten stehen die Biomsymbole und Fähigkeiten aber unten. Die Biome verstehe ich sogar, weil es zugleich Anforderungen an die Florakarten sind, gleichzeitig sollen diese aber für die Biomplättchen aber Voraussetzung sein. Ich konnte also sehr oft nicht mit einem Blick auf eine Karte erkennen, was diese „kostet“ und was sie „bringt“.

    Der größere Kampf war aber die Anleitung. Sicherlich ist diese noch nicht final, aber es fehlen essenzielle Regeln darin. Erst durch eine Suche auf BoardGameGeek erschlossen sich einige Abläufe. So wird beispielsweise nirgends erklärt, wann die Auslagen aufgefüllt werden. Und oft ist der Text so beschrieben, dass ich Fähigkeiten und Symbole auf Karten nur nutzen kann, wenn ich diese erhalte, also auslege. Ob und wann ich auch die Fähigkeiten der vier Karten, die ich initial zu Zugbeginn liegen habe, nutzen kann, wird nicht erwähnt. Am Ende habe ich das meiste nachgelesen oder selbst entschieden, wie es zu spielen ist – in der Hoffnung, es ist im Sinne des Spieleautors zu tun.


    Ecosfera

    Mein allergrößter Kritikpunkt betrifft aber den Kernmechanismus des Spiels. Die Idee ist, dass wir mittels Deckbau unser Deck zuerst um Flora- und dann um Faunakarten erweitern, um die Biomplättchen zu ergattern. Dabei entsteht automatisch bei der Häufigkeit der Karten eine Pyramide. Sprich, am Ende einer Partie werde ich in der Regel am meisten Elementkarten im Deck haben, dann Florakarten und am wenigstens Faunakarten. Dies führt aber wiederum dazu, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ich initial mit meinen vier Karten zwei Tiere ziehe (oder durch eine Fähigkeit zumindest nachziehen kann), um ein Biom-Plättchen zu nehmen, sehr gering ist. Zusätzlich müssen diese zwei Tiere dann auch noch im gleiche Biom leben, was die Wahrscheinlichkeit für einen Treffer noch mehr verringert. Der Deckbau funktioniert in meinen Augen nicht, weil ich jede Runde einfach nur neue Karten hinzufüge, aber nicht ausdünnen kann. Somit ist das Erreichen des Ziels sehr schwer und extrem vom Zufall abhängig. In meinen beiden Solopartien konnte ich kein einziges Biomplättchen erhalten.

    Das zweite Problem mit dem Deckbau ist eine mögliche Abwärtsspirale. Meine erste Solopartie startete mit zwei Element- und zwei Katastrophenkarten in der Auslage, für die ich mir nichts kaufen konnte. Ich musste also eine weitere, dritte Katastrophenkarten nehmen, was mir den ersten Aussterbensmarker brachte. Das passierte mir dann auch in Runde 3, 7, 10 und 11 – und die Wahrscheinlichkeit hierfür steigt immer weiter, je mehr Katastrophenkarten ich erhalte. Zusammen mit Florakarten aus ungleichen Biomen wird im Laufe des Spiels die Hürde immer größer, etwas Sinnvolles tun zu können. Das Spiel ist meines Wissens absichtlich so gestaltet, aber es fühlt sich falsch an, wenn ich in einem Deckbauspiel mit der Erweiterung des Decks immer wenig machen kann.

    Meine erste Solopartie war wenigstens nach 15 Minuten vorüber. Bis auf 11 Florakarten hatte ich nichts erreicht. Die zweite Partie zog sich dann schon 30 Minuten mit über 30 Runden, in denen ich immer wieder das Gleiche mache: Vier Karten ziehen, jede dritte Runde war nichts Vernünftiges dabei, ansonsten Flora- oder Faunakarte dazulegen. In der zweiten Partie schaffte ich es zumindest auf 17 Flora- und 7 Faunakarten. Mein Deck hatte aber auch eine riesige Größe von 63 Karten mit 18 Katastrophenkarten. Spannung kam dabei wenig auf, die Partie zog sich einfach nur. Zusammen mit der Abwärtsspirale und dem extremen Zufall machte es einfach keinen Spaß, bis zum Ende zu spielen. Ich tat es dennoch und verlor mit dem siebten Aussterbensmarker. Dem standen null Biomplättchen gegenüber. Die Spielzeit kann dabei sehr stark variieren. Per Zufall kann das Spiel auch schon nach 10 Minuten vorbei sein. In anderen Fällen kann es sein, dass ich die Florakarten leer kaufe, aber zufällig nie etwas zusammenpasst, um passende Tiere ziehen zu dürfen.

    Was das Spiel dagegen gar nicht hat, ist Variabilität. Klar liegen andere Flora- und Faunakarten aus, aber das war es schon. Selbst das Spielziel ist immer gleich: Sieg oder Niederlage. Es gibt zwar in der Anleitung eine – in meinen Augen sehr konfuse – Zusammenrechnung von Punkten. Es wird aber nicht erwähnt, was ich damit machen soll. Normalerweise gibt es eine Skala, welche erreichte Punktzahl gut oder schlecht ist. Auch die in der Anleitung erwähnten Herausforderungen wirken eher wie eine Randnotiz, die noch schnell hinzugefügt wurde, aber nicht wie ein fertig entwickeltes System.

    Ich habe „Ecosfera“ nur solo gespielt und ich sehe keinen Grund, es mit mehr Personen zu spielen. Obwohl es kooperativ sein will, ist die einzige kooperative Komponente die Sternfähigkeit, mit der ich eine Karte aus meiner Auslage in die Auslage einer Mitspielerin schieben kann. Vielleicht ist es auf die Art tatsächlich einfacher, passende Kombinationen für die Faunakarten und Bioplättchen zu erhalten. Aber die Sternfähigkeit kann ich auch nicht beliebig einsetzen (konkret nur einmal, dann wird sie erschöpft und kann durch Erhalt einer Faunakarte wieder aufgefrischt werden), sodass ich vermute, dass die Interaktion zwischen den Spielerinnen nicht sehr hoch sein wird.

    Alles in allem merke ich dem Spiel an, dass etwas redaktioneller Feinschliff nicht geschadet hätte. Die Anleitung sollte komplett sein, Symbole sollten auf den Karten leicht und auf der gleichen Weise auffindbar sein und die Mechanik sollte nicht dafür sorgen, dass jeder zweite Zug ein toter Zug ist. Mit der Erfahrung und wenn das Spiel bis zur Fertigstellung nicht ausgebessert wird, möchte ich „Ecosfera“ nur ungern noch einmal spielen. (4,0)

    #Ecosfera